Sarkoidose ist eine chronisch entzündliche/granulomatöse Multisystemerkrankung, die häufig das Herz betrifft und Erregungsleitungsstörungen, Bradyarrhythmien, Tachyarrhythmien und manchmal eine Kardiomyopathie verursacht. Der Verdacht auf eine Sarkoidose besteht bei Patienten mit bekannter Sarkoidose oder bei jungen Patienten mit ansonsten unerklärlichem Herzblock, Arrhythmien oder Kardiomyopathie. Die Behandlung besteht in einer Immunsuppression und manchmal in einem implantierbaren Kardioverter-Defibrillator (ICD).
(Siehe auch Überblick über arrhythmogene Kardiomyopathien und Überblick über Herzrhythmusstörungen.)
Die systemische Sarkoidose wird an anderer Stelle im MSD-Manual besprochen. Dieser Abschnitt befasst sich mit den kardialen Auswirkungen der Sarkoidose.
Der Entzündungsprozess bei der Sarkoidose führt zur Bildung von nichtverkäsenden Granulomen und Fibrose in jedem Gewebe. Bei Patienten mit klinisch offensichtlicher kardialer Sarkoidose sind in der Regel das Leitungssystem und/oder das Myokard betroffen, aber auch eine Beteiligung der Herzklappen, der Papillarmuskeln und des Perikards ist möglich. Bei fast allen Patienten mit kardialer Sarkoidose sind auch andere Organe (typischerweise die Lunge) betroffen, aber die kardiale Sarkoidose kann selten isoliert auftreten. Etwa 25% der Patienten mit systemischer Sarkoidose haben eine Herzbeteiligung, die mit bildgebenden Verfahren festgestellt werden kann, aber nur bei etwa 20% dieser Patienten (5% aller Sarkoidosepatienten) ist die Herzbeteiligung symptomatisch (1). Die systemische Sarkoidose weist deutliche regionale Unterschiede in der Inzidenz auf und tritt häufiger bei Patienten nordeuropäischer oder afrikanischer Abstammung auf, insbesondere bei afroamerikanischen Frauen. Dennoch ist es bei Patienten mit systemischer Sarkoidose wahrscheinlicher, dass Männer eine kardiale Sarkoidose aufweisen, und in nordamerikanischen Studien ist kein Unterschied in Bezug auf die ethnische Herkunft bei kardialer Sarkoidose erkennbar. (2).
Die Prädilektion des kardialen Sarkoidbefalls des interventrikulären Septums führt bei vielen Patienten mit kardialer Sarkoidose zu Blockierungen des atrioventrikulären (AV) Reizleitungssystems. Die Beteiligung des Leitungssystems kann einen AV-Block ersten, zweiten oder dritten Grades, einen linken anterioren oder linken posterioren Hemiblock und einen Links- oder Rechtsschenkelblock verursachen. Die Beteiligung der Sinusknotenarterie kann zu den Bradyarrhythmien einer Sinusknotenstörung führen.
Eine Myokardbeteiligung kann zu Tachyarrhythmien führen, vor allem zu ventrikulären Tachykardien (VT), aber auch Vorhoftachykardien, Vorhofflattern und Vorhofflimmern können auftreten.
Die Infiltration des Herzmuskels kann eine isolierte linksventrikuläre, eine isolierte rechtsventrikuläre, eine biventrikuläre, dilatative oder restriktive Kardiomyopathie verursachen. Eine Beteiligung des Perikards kann einen Perikarderguss verursachen oder zu einer restriktiven Physiologie beitragen. Eine multifaktorielle pulmonale Hypertonie ist ebenfalls häufig.
Allgemeine Literatur
1. Birnie D, Ha AC, Gula LJ, et al: Cardiac Sarcoidosis. Clin Chest Med 2015;36(4):657-668. doi:10.1016/j.ccm.2015.08.008
2. Duvall C, Pavlovic N, Rosen NS, et al: Sex and Race Differences in Cardiac Sarcoidosis Presentation, Treatment and Outcomes. J Card Fail 29(8):1135–1145, 2023. doi:10.1016/j.cardfail.2023.03.022
Symptome und Anzeichen der kardialen Sarkoidose
Die meisten Patienten mit kardialer Sarkoidose sind asymptomatisch, aber die damit verbundenen Bradyarrhythmien und Tachyarrhythmien können zu Palpitationen, Synkopen und manchmal zu Herzstillstand oder plötzlichem Tod führen.
Eine beträchtliche Anzahl von Todesfällen infolge systemischer Sarkoidose ist auf den plötzlichen Herztod zurückzuführen, auch bei vielen Patienten, bei denen es zuvor keine Anzeichen für eine Herzbeteiligung gab.
Die Kardiomyopathie kann jedes Symptom der Herzinsuffizienz verursachen, einschließlich Belastungsdyspnoe, Müdigkeit und periphere Ödeme.
Bei den meisten Patienten manifestiert sich die Krankheit im Alter zwischen 25 und 60 Jahren.
Diagnose der kardialen Sarkoidose
Klinischer Verdacht
EKG, Echokardiographie und manchmal Herz-MRT mit später Gadoliniumanreicherung und/oder Fluordesoxyglucose (FDG)-Positronenemissionstomographie (PET)
Biopsie von nicht-kardialem Gewebe, das von systemischer Sarkoidose betroffen zu sein scheint
Seltener Herzbiopsie
Bei etwa 35 % der Patienten mit kardialer Sarkoidose ist bereits eine systemische Sarkoidose bekannt oder es gibt klinische Hinweise auf eine extrakardiale Sarkoidose zum Zeitpunkt der Vorstellung (1). Bei Patienten mit bekannter Sarkoidose und ohne kardiale Symptome sollten in der Regel regelmäßige EKGs und Echokardiographien durchgeführt werden, um eine kardiale Beteiligung auszuschließen. Bei Vorliegen von Herzsymptomen, Anzeichen oder Testanomalien sollte auch eine kardiale MRT mit Gadolinium durchgeführt werden. Eine ambulante EKG-Überwachung sollte durchgeführt werden, wenn die Symptome auf eine Rhythmus- oder Leitungsstörung hindeuten. Eine FDG-PET-Untersuchung liefert zusätzliche Informationen über aktive Entzündungen und wird in der Regel ebenfalls durchgeführt.
Bei Patienten, bei denen noch keine systemische Sarkoidose diagnostiziert wurde, ist die Diagnose einer isolierten kardialen Sarkoidose häufig schwierig. Bei jungen Patienten mit Herzblock, ventrikulären Tachyarrhythmien und/oder Herzinsuffizienz ohne offensichtliche Ursache sollte eine kardiale Sarkoidose vermutet werden. Alle diese Patienten sollten ein EKG und ein Echokardiogramm haben. Bei Patienten mit einer ungeklärten Kardiomyopathie sollte auch ein MRT des Herzens durchgeführt werden.
Wenn die Ergebnisse dieser Untersuchungen auf eine kardiale Sarkoidose hindeuten oder ein starker Verdacht darauf besteht (z. B. bei jungen Patienten mit ungeklärtem AV-Block), sind weitere Tests auf kardiale Sarkoidose (ambulante EKG-Überwachung, FDG-PET-Scans) und Tests auf extrakardiale Sarkoidose (Thoraxröntgen, Thorax-CT, Ganzkörper-FDG-PET-Scan) erforderlich. Mit umfangreichen Untersuchungen wurde festgestellt, dass > 80% der Patienten mit einer offensichtlichen isolierten kardialen Sarkoidose auch eine extrakardiale Sarkoidose haben.
In einem internationalen Konsensdokument (2) wird darauf hingewiesen, dass die Diagnose einer kardialen Sarkoidose eine Herzbiopsie erfordert, die ein nichtverkäsendes Granulom ohne alternative Erklärung zeigt, oder eine extrakardiale Gewebebiopsie, die ein nichtverkäsendes Granulom ohne alternative Erklärung zeigt, sowie eine oder mehrere der folgenden Bedingungen ohne alternative Erklärung:
Auf Kortikosteroide ansprechende Kardiomyopathie oder Herzblock
Ungeklärte reduzierte linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 40%
Ungeklärte spontane oder induzierte ventrikuläre Tachykardie
Mobitz-Typ II AV-Block zweiten Grades oder AV-Block dritten Grades
Kardialer PET-Scan mit lückenhafter Aufnahme
Kardiales MRT mit spätem Gadolinium-Enhancement
Positive Galliumaufnahme bei einer nuklearmedizinischen Untersuchung
In den meisten Fällen wird die Diagnose durch eine extrakardiale Biopsie in Verbindung mit suggestiven kardialen Anomalien bei nichtinvasiven Tests gestellt. Die Herzbiopsie hat eine geringe Sensitivität, da der Krankheitsprozess lückenhaft ist und pathologisches Gewebe möglicherweise nicht entnommen wird. Die Empfindlichkeit der Herzbiopsie wird jedoch verbessert, wenn sie mit Hilfe fortschrittlicher bildgebender Verfahren durchgeführt wird oder wenn Bereiche mit niedriger Spannung anvisiert werden.
Ähnliche, aber nicht identische Kriterien für die Diagnose der kardialen Sarkoidose wurden von der World Association of Sarcoidosis and Other Granulomatous Disorders (WASOG) (3) und der Japanese Circulation Society (JCS) veröffentlicht (4).
Literatur zur Diagnose
1. Kandolin R, Lehtonen J, Airaksinen J, et al: Cardiac sarcoidosis: epidemiology, characteristics, and outcome over 25 years in a nationwide study. Circulation 131(7):624–632, 2015. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.114.011522
2. Birnie DH, Sauer WH, Gogun F, et al: HRS Expert Consensus Statement on the Diagnosis and Management of Arrhythmias Associated with Cardiac Sarcoidosis. Heart Rhythm 11:1304–1323, 2014. doi: 10.1016/j.hrthm.2014.03.043
3. Judson MA, Costabel U, Drent M, et al: The WASOG sarcoidosis organ assessment instrument: An update of a previous clinical tool. Sarcoidosis Vasc Diffuse Lung Dis 31:19‒27, 2014.
4. Terasaki F, Azuma A, Anzai T, et al: JCS 2016 guideline on diagnosis and treatment of cardiac sarcoidosis‒digest version. Circ J 83:2329‒2388, 2019. doi 10.1253/circj.CJ-19-0508
Behandlung der kardialen Sarkoidose
Corticosteroide
Manchmal andere Immunsuppressiva
Manchmal permanenter Herzschrittmacher und/oder implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD)
Manchmal Antiarrhythmika (Vermeidung von Medikamenten der Klasse I)
Manchmal Transkatheterablation
Therapie der Herzinsuffizienz (einschließlich Transplantation) soweit erforderlich
Die Standardbehandlung bei Sarkoidose selbst umfasst Kortikosteroide und manchmal andere Immunsuppressiva (z. B. Methotrexat). Tumornekrosefaktor-alpha-Inhibitoren können bei refraktären Fällen eingesetzt werden. Diese Modalitäten verbessern oft auch die Herzanomalien und sollten optimiert werden (1).
Die Herzbehandlung konzentriert sich auf die Behandlung und Prävention von Herzrhythmusstörungen. Die Empfehlungen zur Behandlung von Bradyarrhythmien oder Tachyarrhythmien entsprechen denen für andere arrhythmogene Kardiomyopathien. Speziell bei kardialer Sarkoidose wird bei qualifiziertem AV-Block ein Schrittmacher empfohlen (Empfehlungsklasse IIa), auch wenn sich der AV-Block spontan zurückbildet (2).
Wenn ein permanenter Schrittmacher indiziert ist (siehe Tabelle Indikationen für permanente Schrittmacher), wird ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator bevorzugt (Klasse IIa-Empfehlung). Das Heart Rhythm Society Cardiac Sarkoid Consensus Document empfiehlt einen ICD für Patienten mit vorangegangener anhaltender VT, reanimiertem Herzstillstand oder einer linksventrikulären Ejektionsfraktion von ≤ 35% trotz optimaler medizinischer Therapie (einschließlich einer Phase der Immunsuppression bei Patienten mit aktiver Entzündung) (jeweils eine Empfehlung der Klasse I) (2) (siehe Tabelle Indikationen für einen ICD). Das Konsensusdokument der Heart Rhythm Society zu kardialen Sarkoiden schlägt außerdem vor, dass ein ICD bei Patienten mit kardialer Sarkoidose mit ungeklärter Synkope oder Beinahe-Synkope, bei denen eine arrhythmische Ätiologie vermutet wird, und bei Patienten mit induzierbarer anhaltender VT/VF bei einer elektrophysiologischen Studie mit programmierter Stimulation (jeweils eine Empfehlung der Klasse IIa) nützlich sein kann (2). Das Dokument schlägt außerdem vor, dass bei Patienten mit kardialer Sarkoidose und einer linksventrikulären Ejektionsfraktion im Bereich von 35 % bis 49 % und/oder einer rechtsventrikulären Ejektionsfraktion < 40% trotz optimaler medikamentöser Therapie der Herzinsuffizienz und der Verwendung von Immunsuppressiva bei Patienten mit aktiver Entzündung (2) ein ICD in Betracht gezogen werden kann (Empfehlung der Klasse IIb). Ähnliche, aber nicht identische Empfehlungen für die ICD-Therapie wurden von der Japanese Circulation Society (3), der American Heart Association/American College of Cardiology/Heart Rhythm Society (4) und der European Society of Cardiology (5) vorgeschlagen. Da das ventrikuläre Late Gadolinium Enhancement (LGE) im kardialen MRT (ein Marker für ventrikuläre Vernarbung) lebensbedrohliche ventrikuläre Arrhythmien vorhersagt, wird bei Patienten mit signifikantem LGE trotz einer LVEF > 35% die Platzierung eines ICD empfohlen (Klasse IIa-Empfehlungen) (4, 5).
Antiarrhythmika wie Amiodaron und Sotalol können bei Bedarf verabreicht werden, um häufig wiederkehrende Kammertachykardien und/oder andere Tachyarrhythmien zu kontrollieren. Wenn Medikamente (und eine angemessene entzündungshemmende Therapie) die VT nicht unter Kontrolle bringen, können elektrophysiologische Untersuchungen durchgeführt werden, um den Ursprung der Arrhythmie (häufig eine Reentrantstelle) zu identifizieren, die dann mit einer Transkatheterablation behandelt werden kann.
Die Therapie der Herzinsuffizienz umfasst in der Regel einen Betablocker (wobei auf die Möglichkeit einer Verschlechterung der AV-Überleitung zu achten ist), einen Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmer oder einen Angiotensin II-Rezeptorblocker sowie einen Mineralocorticoid-Rezeptor-Antagonisten. Pharmakologische Behandlungen für dilatative Kardiomyopathie, einschließlich Angiotensin-Rezeptor/Neprilysin-Inhibitoren und Natrium-Glucose-Cotransporter-2-Inhibitoren, wurden bei Patienten mit kardialer Sarkoidose weniger gut untersucht. Die häufige Koexistenz eines Linksschenkelblocks bei Patienten mit sarkoidose-bedingter dilatativer Kardiomyopathie macht eine kardiale Resynchronisationstherapie attraktiv. Eine Herztransplantation kann in Betracht gezogen werden.
Literatur zur Behandlung
1. Ribeiro Neto ML, Jellis CL, Cremer PC, et al: Cardiac Sarcoidosis. Clin Chest Med 45(1):105–118, 2024. doi: 10.1016/j.ccm.2023.08.006.
2. Birnie DH, Sauer WH, Gogun F, et al: HRS Expert Consensus Statement on the Diagnosis and Management of Arrhythmias Associated with Cardiac Sarcoidosis. Heart Rhythm 11:1304–1323, 2014. doi: 10.1016/j.hrthm.2014.03.043
3. Terasaki F, Azuma A, Anzai T, et al: JCS 2016 guideline on diagnosis and treatment of cardiac sarcoidosis‒digest version. Circ J 83:2329‒2388, 2019. doi 10.1253/circj.CJ-19-0508
4. Al-Khatib SM, Stevenson WG, Ackerman MJ, et al: 2017 AHA/ACC/HRS Guideline for Management of Patients With Ventricular Arrhythmias and the Prevention of Sudden Cardiac Death: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines and the Heart Rhythm Society. Circulation 138(13):e272–e391, 2018. doi: 10.1161/CIR.0000000000000549
5. Zeppenfeld K, Tfelt-Hansen J, De Riva M, et al: 2022 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death. Eur Heart J 43(40):3997–4126, 2022. doi.org/10.1093/eurheartj/ehac262
Wichtige Punkte
Bei etwa 25% der Patienten mit systemischer Sarkoidose ist das Herz betroffen, aber nur etwa 5% haben kardiale Symptome.
Ein unverhältnismäßig hoher Prozentsatz der Todesfälle bei Sarkoidose-Patienten ist auf eine Beteiligung des Herzens zurückzuführen.
Die Diagnose erfordert eine Kombination aus klinischen, elektrokardiographischen und bildgebenden Befunden; eine Herzbiopsie kann diagnostisch sein, wird aber normalerweise nicht durchgeführt.
Kardiale Manifestationen erfordern häufig einen Herzschrittmacher/implantierbaren Kardioverter-Defibrillator (ICD) und manchmal Antiarrhythmika.
Die Sarkoidose selbst wird mit Kortikosteroiden und manchmal auch anderen Immunsuppressiva behandelt.
Weitere Informationen
Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.
Malhi JK, Ibecheozor C, Chrispin J, et al: Diagnostic and management strategies in cardiac sarcoidosis. Int J Cardiol 403:131853, 2024. doi: 10.1016/j.ijcard.2024.131853
Ribeiro Neto ML, Jellis CL, Cremer PC, et al: Cardiac Sarcoidosis. Clin Chest Med 45(1):105–118, 2024. doi: 10.1016/j.ccm.2023.08.006.