Eosinophilie

VonJane Liesveld, MD, James P. Wilmot Cancer Institute, University of Rochester Medical Center
Überprüft/überarbeitet Jan. 2024
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Eosinophilie ist definiert als eine Eosinophilenkonzentration > 500/mcl (> 0,5 × 10/l) im peripheren Blut. Die Ursachen und assoziierten Störungen hierfür sind zahlreich, doch liegen oft allergische Reaktionen oder eine parasitäre Infektionen vor. Die Eosinophilie kann eine reaktive (sekundäre) oder eine primäre Manifestation einer hämatologischen Störung sein. Die Diagnose umfasst selektive Untersuchungen in Abhängigkeit von den klinisch vermuteten Ursachen. Die Behandlung richtet sich nach der jeweiligen Ursache.

Die Eosinophilie hat Merkmale einer Immunantwort: Ein Agens wie Trichinella spiralis löst eine primäre Antwort mit relativ niedrigen Eosinophilenwerten aus, wohingegen wiederholte Expositionen in einer verstärkten oder sekundären eosinophilen Antwort resultieren. Verschiedene von Mastzellen und Basophilen freigesetzte Substanzen induzieren eine IgE-vermittelte Bildung von Eosinophilen. Hierzu gehören eosinophiler chemotaktischer Faktor der Anaphylaxie, Leukotrien B4, Komplementkomplex (C5/C6/C7) und Histamin (über einen engen Konzentrationsbereich).

Periphere Eosinophilie wird charakterisiert als

  • Schwach: 500–1500/mcl (0,5-1,5 × 109/l)

  • Mäßig: 1500 to 5000/mcl (1,5-5 × 109/l)

  • Schwer: > 5000/mcl (> 5 × 109/l)

Die leichte Eosinophilie selbst ist symptomlos, aber Werte von ≥ 1500/mcl (> 1,5 x 109/l) können bei anhaltender Eosinophilie zu Organschäden führen. Organschäden treten typischerweise aufgrund einer Gewebeentzündung und der Reaktion auf Zytokine und Chemokine, die von den Eosinophilen freigesetzt werden, sowie auf Immunzellen, die zum Gewebe rekrutiert werden, auf. Obwohl jedes Organ involviert sein kann, sind typischerweise Herz, Lunge, Milz, Haut und Nervensystem betroffen (für Manifestationen siehe Tabelle Anomalien bei Patienten mit hypereosinophilem Syndrom).

Gelegentlich entwickeln Patienten mit sehr schwerer Eosinophilie (z. B. eosinophile Zählungen von > 100.000/mcl [> 100 × 109/l]), meist mit eosinophiler Leukämie, Komplikationen, wenn Eosinophile Aggregate bilden, die kleine Blutgefäße verschließen und zu Gewebeischämie und Mikroinfarkten führen. Manifestationen sind typischerweise Hirn- oder Lungenhypoxie (z. B. Enzephalopathie, Dyspnoe, Atemstillstand).

Das idiopathische hypereosinophile Syndrom ist eine Erkrankung, die durch eine Eosinophilie des peripheren Blutes mit Manifestationen einer Beteiligung von Organsystemen oder Funktionsstörungen gekennzeichnet ist, die in direktem Zusammenhang mit der Eosinophilie bei Patienten stehen, die keine parasitäre oder allergische Erkrankung, keine klonale Störung der Hämatopoese oder eine andere Ursache der Eosinophilie haben.

Klinischer Rechner

Ätiologie der Eosinophilie

Eosinophilie kann sein

  • Primär: Durch klonale Proliferation von Eosinophilen, die mit hämatologischen Erkrankungen wie Leukämien und myeloproliferativen Neoplasmen assoziiert sind.

  • Sekundär: verursacht durch oder assoziiert mit nicht-hämatologischen Störungen (siehe Tabelle Wichtige Störungen und Behandlungen bei Eosinophilie)

  • Idiopathisch: Ursachen können nicht identifiziert werden

Die häufigste Ursache der Eosinophilie in den USA ist

  • Allergische oder atopischer Erkrankungen (in der Regel der Atemwege oder der Haut)

In Fällen, die durch allergische oder atopische Erkrankungen verursacht werden, ist die Eosinophilie oft leicht bis mittelschwer (1).

Andere häufige Ursachen der Eosinophilie sind

  • Infektionen (typischerweise parasitäre)

  • Bestimmte Tumoren (hämatologische oder solide, gutartige oder bösartige)

Fast jede parasitäre Gewebeinvasion kann eine Eosinophilie hervorrufen; Ausnahmen sind üblicherweise Einzeller (Amöben) und nichtinvasive Mehrzeller.

Unter den hämatologischen Tumoren kann das Hodgkin-Lymphom eine ausgeprägte Eosinophilie auslösen, während eine Eosinophilie bei Non-Hodgkin-Lymphomen, chronischer myeloischer Leukämie und akuter lymphatischer Leukämie seltener auftritt.

Die pulmonalen Infiltrate, die bei peripherer Eosinophilie auftreten können, sind Teil eines Spektrums klinischer Erkrankungen, die infektiöser, autoimmuner oder entzündlicher Natur sein können.

Patienten mit eosinophiler Arzneimittelreaktion können asymptomatisch sein oder verschiedene Syndrome aufweisen, darunter interstitielle Nephritis, Serumkrankheit, cholestatischen Ikterus, Hypersensitivitätsvaskulitis und immunoblastische Lymphadenopathie.

Das Eosinophilie-Myalgie-Syndrom ist selten; die Ursache ist unbekannt. Es liegen Berichte aus dem Jahr 1989 über einige hundert Patienten vor, die nach Einnahme von L-Tryptophan zur Sedierung oder psychotropen Unterstützung dieses Syndrom entwickelt haben, das wahrscheinlich aber eher durch Verunreinigung als durch L-Tryptophan verursacht wurde. Die Symptome, einschließlich starker Muskelschmerzen, Tendovaginitis, Muskelödem und Ausschlag dauerten Wochen bis Monate, und auch einige Todesfälle traten auf.

Eine Medikamentenreaktion mit Eosinophilie und systemischen Symptomen (DRESS) stellt ein seltenes Syndrom dar, das sich durch Fieber, Hautausschlag, Eosinophilie, atypische Lymphozytose, Lymphadenopathie und die Zeichen und Symptome, die mit der Beteiligung des jeweiligen Endorgans zusammenhängen (in der Regel Herz, Lunge, Milz, Haut, Nervensystem) auszeichnet (2, 3).

Die eosinophile Ösophagitis ist eine zunehmend anerkannte Erkrankung, die durch Erbrechen und Dysphagie gekennzeichnet ist. Um die Diagnose zu stellen, sollte die Ösophagusbiopsie mindestens 15 Eosinophile pro Hauptgesichtsfeld aufweisen. Die Behandlung umfasst Protonenpumpenhemmer, Budesonid, Studien zur Elimination von Lebensmitteln und manchmal Ösophagusdilatation (4).

Tabelle
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Allgemeine Literatur

  1. 1. Klion AD: Approach to the patient with suspected hypereosinophilic syndrome. Hematology Am Soc Hematol Educ Program 2022; 2022(1):47-54. doi: 10.1182/hematology.2022000367

  2. 2. Wei BM, Fox LP, Kaffenberger BH, et al. Drug-induced Hypersensitivity Syndrome/Drug Reaction with Eosinophilia and Systemic Symptoms. Part I. Epidemiology, Pathogenesis, Clinicopathological Features, and Prognosis [published online ahead of print, 2023 Jul 27]. J Am Acad Dermatol 2023;S0190-9622(23)02402-7. doi:10.1016/j.jaad.2023.02.072

  3. 3. Wei BM, Fox LP, Kaffenberger BH, et al. Drug-induced Hypersensitivity Syndrome/Drug Reaction with Eosinophilia and Systemic Symptoms. Part II. Diagnosis and Management [published online ahead of print, 2023 Jul 27]. J Am Acad Dermatol 2023;S0190-9622(23)02403-9. doi:10.1016/j.jaad.2023.02.073

  4. 4. Muir A, Falk GW: Eosinophilic esophagitis: a review. JAMA 326: 1310–1318, 2021. doi: 10.1001/jama.2021.14920

Bewertung der Eosinophilie

Zahlreiche Erkrankungen können eine Eosinophilie verursachen. Zunächst sollten die häufigen Ursachen (z. B. allergische, infektiöse oder neoplastische Erkrankungen) in Betracht gezogen werden; aber auch sie sind oft schwer zu identizieren. Eine gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung sind daher immer erforderlich.

Anamnese

Die hilfreichsten Fragen betreffen die folgenden Bereiche:

  • Reisen (möglicher Parasitenkontakt in Erwägung ziehen)

  • Allergien

  • Verwendung von Arzneimitteln

  • Einnahme von pflanzlichen Präparaten und Nahrungsergänzungsmitteln einschließlich L-Tryptophan

  • Systemische Symptome (z. B. Fieber, Gewichtsverlust, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Hautausschläge, Lymphadenopathie)

Systemische Symptome deuten darauf hin, dass eine geringfügige allergische oder medikamentöse Ursache weniger wahrscheinlich ist, und es sollte eine eingehende Untersuchung auf eine infektiöse, neoplastische, systemische rheumatische Erkrankung oder eine andere systemische Erkrankung durchgeführt werden. Weitere wichtige Bestandteile der Anamnese sind die Familienanamnese von Blutkrankheiten und eine vollständige Untersuchung der Organsysteme, einschließlich auf Symptome von Allergien und pulmonalen, kardialen, gastrointestinalen (GI) und neurologischen Funktionsstörungen.

Körperliche Untersuchung

Eine allgemeine körperliche Untersuchung sollte vor allem das Herz, die Haut sowie die neurologischen und pulmonalen Organsysteme umfassen. Bestimmte körperliche Befunde können einen Hinweis auf die Ursachen oder assoziierten Erkrankungen geben. Beispiele dafür sind Hautausschlag (allergische, dermatologische oder vaskulitische Krankheiten), abnorme Befunde der Lunge (Asthma, Infektionen der Lunge oder Syndrome mit pulmonaler Infiltration mit Eosinophilie) und generalisierter Lymphadenopathie oder Splenomegalie (myeloproliferative Erkrankungen oder maligne Tumoren).

Tests

Die Eosinophilie wird typischerweise entdeckt, wenn ein Blutbild aus anderen Gründen gemacht wird. Zusätzliche Tests beinhalten oft (1):

  • Stuhluntersuchung auf Wurmeier und Parasiten

  • Andere Tests zum Nachweis von Organschäden oder auf spezifische Ursachen der klinischen Befunde

Wenn das klinische Bild nicht für eine allergische oder arzneimittelbedingte Ursache spricht, sollten 3 Stuhlproben auf Wurmeier und Parasiten untersucht werden, obwohl negative Befunde eine parasitäre Ursache nicht ausschließen (z. B. erfordern Trichinosen eine Muskelbiopsie;Toxocariasis und Filarieninfektionen erfordern andere Gewebebiopsien; Untersuchungen des Duodenalsafts können notwendig sein, um spezifische Parasiten, wie z. B. Strongyloides, auszuschließen).

Weitere spezifische diagnostische Tests richten sich nach dem klinischen Befund (insbesondere der Reiseanamnese) und können Röntgenthorax, Urinanalysen, Leber- und Nierentests sowie serologische Tests auf parasitäre und systemische rheumatische Erkrankungen umfassen. Bluttests sollten bei Patienten mit generalisierter Lymphadenopathie, Splenomegalie oder systemischen Symptomen durchgeführt werden. Ein erhöhter Vitamin-B12-Spiegel im Serum oder Anomalien im peripheren Blutausstrich deuten auf eine zugrunde liegende myeloproliferative Neoplasie hin, und eine Knochenmarkspunktion und -biopsie mit zytogenetischen Untersuchungen kann hilfreich sein.

Wenn die routinemäßige Untersuchung keine Rückschlüsse auf die Ursache erlaubt, werden Tests durchgeführt, um Organschäden zu erkennen. Zu diesen Tests gehören einige der zuvor beschriebenen Tests sowie die Bestimmung der Laktatdehydrogenase- und Lebertests (was Hinweise auf Leberschäden oder möglicherweise eine myeloproliferative Erkrankung geben kann). Bei Verdacht auf ein hypereosinophiles Syndrom werden Echokardiographie, Serumtroponinspiegel und Lungenfunktionstests durchgeführt.

Evaluationshinweis

  1. 1. Klion AD: Approach to the patient with suspected hypereosinophilic syndrome. Hematology Am Soc Hematol Educ Program 2022; 2022(1):47-54. doi: 10.1182/hematology.2022000367

Behandlung von Eosinophilie

  • Gelegentlich Kortikosteroide

Die Kortikosteroidbehandlung des hypereosinophilen Syndroms wird an anderer Stelle besprochen (siehe Behandlung des hypereosinophilen Syndroms).

Absetzen von Arzneimitteln, von denen bekannt ist, dass sie mit Eosinophilie assoziiert sein können. Andere identifizierte Ursachen werden behandelt. Durch Eosinophile vermitteltes Asthma kann manchmal mit Antikörpern gegen Interleukin-5 (z. B. Mepolizumab, Reslizumab) oder mit Antikörpern gegen den Interleukin-5-Rezeptor wie Benralizumab behandelt werden (1). Dupilumab, ein IL-4/IL-13-Inhibitor, kann zur Behandlung von chronischer eosinophiler Lungenentzündung und allergischer bronchopulmonaler Aspergillose eingesetzt werden (2).

Falls keine Ursache festgestellt wird, wird der Patient nachbeobachtet, um Komplikationen zu erkennen. Ein kurzer Versuch mit niedrig dosierten Kortikosteroiden kann die Eosinophilenzahl senken, wenn die Eosinophilie nicht primär, sondern sekundär ist (z. B. aufgrund einer Allergie, einer systemischen rheumatischen Erkrankung oder einer parasitären Infektion). Eine solche Behandlung ist angezeigt, wenn die Eosinophilie in Abwesenheit einer behandelbaren Ursache persistiert oder progredient ist. Da die Eosinophilie mehrere Organsysteme betreffen oder Ausdruck einer systemischen Erkrankung sein kann, sind unter Umständen mehrere Spezialisten für die Diagnose und Therapie erforderlich (3).

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Pelaia C, Calabrese C, Vatrell A, et al: Benralizumab: from the basic mechanism of action to the potential use in the biological therapy of severe eosinophilic asthma. Biomed Res Int 2018;2018:4839230. doi:10.1155/2018/4839230

  2. 2. Eldaabossi SAM, Awad A, Anshasi N: Meprolizumab and dupliumab as a replacement to systemic glucocorticoids for the treatment of chronic eosinophilic pneumonia and allergic bronchopulmonary aspergillus-Case series, Almoosa specialist hospital. Respir Med Case Rep 34:201520, 2021. doi: 10.1016/j.rmcr.2021.101520

  3. 3. Thomsen GN, Christoffersen MN, Lindegaard HM, et al: The multidisciplinary approach to eosinophilia. Front Oncol 13:1193730, 2023. doi:10.3389/fonc.2023.1193730