Hypereosinophiles Syndrom

VonJane Liesveld, MD, James P. Wilmot Cancer Institute, University of Rochester Medical Center
Überprüft/überarbeitet Jan. 2024
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Das hypereosinophile Syndrom ist ein Zustand, der durch periphere Bluteosinophilie mit Manifestationen der Beteiligung des Organsystems oder einer Dysfunktion gekennzeichnet ist, die direkt mit der Eosinophilie zusammenhängt, wenn keine parasitären, allergischen oder anderen sekundären Ursachen von Eosinophilie vorliegen. Die Symptome können vielfältig sein, je nachdem, welche Organe in ihrer Funktion gestört sind. Die Diagnose beinhaltet den Ausschluss anderer Ursachen einer Eosinophilie plus Knochenmark- und zytogenetische Tests. Die Behandlung kann Kortikosteroide und manchmal Imatinib umfassen, hängt jedoch von der spezifischen Unterform des hypereosinophilen Syndroms ab.

Das hypereosinophile Syndrom wird traditionell definiert als periphere Bluteosinophilie > 1500/mcl (> 1,5 × 109/l), die 6 Monate anhält und Anzeichen einer Organfunktionsstörung aufweist. (Siehe auch Bildung und Funktion der Eosinophien.)

Das hypereosinophile Syndrom wurde früher als idiopathisch angesehen, aber die molekulare Charakterisierung hat gezeigt, dass viele Fälle spezifische klonale Störungen haben (1). Eine Einschränkung der traditionellen Definition besteht darin, dass sie nicht diejenigen Patienten mit einigen der gleichen Anomalien (z. B. Chromosomenstörungen) einschließt, die als Ursache des hypereosinophilen Syndroms bekannt sind, die jedoch die traditionelle Definition des hypereosinophilen Syndroms in Bezug auf Grad oder Dauer der Eosinophilie nicht erfüllen. Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass einige Patienten mit Eosinophilie und Organschäden, die für ein hypereosinophiles Syndrom charakteristisch sind, bereits innerhalb der ersten 6 Monate, die für die Bestätigung der Diagnose nach den gängigen Kriterien nötig sind, eine Behandlung benötigen. Eosinophilie jeglicher Ätiologie kann die gleichen Arten von Gewebeschäden verursachen.

Klonale hypereosinophile Syndrome

Es gibt zwei große Subtypen des klonalen hypereosinophilen Syndroms (siehe Tabelle Klonale hypereosinophile Syndrome):

  • Myeloproliferative Variante

  • Lymphoproliferative Variante

Die myeloproliferative Variante ist oft begleitet von einer kleinen interstitiellen Deletion in Chromosom 4 an der Lokalisation CHIC2, die das FIP1L1/PDGFRA-assoziierten Fusionsgen (das für die Tyrosinkinaseaktivität und damit die Transformation hämatopoetischer Zellen steht) verursacht. Patienten haben oft

  • Anämie

  • Erhöhte Tryptase-Spiegel im Serum

  • Erhöhte Vitamin-B12-Serumspiegel

  • Hypogranuläre oder vakuolisierte Eosinophilen

  • Myelofibrose

  • Splenomegalie

  • Thrombozytopenie

Patienten mit diesem myeloproliferativen Subtypus bekommen oft eine endomyokardiale Fibrose oder können selten eine akute myeloische Leukämie oder eine akute lymphatische Leukämie entwickeln. Patienten mit FIP1L1/PDGFRA-assoziiertem Fusionsgen sind häufig männlichen Geschlechts und sprechen auf Behandlung mit niedrig dosiertem Imatinib an (ein Tyrosinkinase-Hemmer).

Ein kleiner Teil der Patienten mit der myeloproliferativen Variante des hypereosinophilen Syndroms weist zytogenetische Veränderungen auf, die den Plättchen-abgeleiteten Wachstumsfaktor-Rezeptor beta (PDGFRB) betreffen und auch auf Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Imatinib reagieren (2). Andere zytogenetische Anomalien umfassen das Rearrangement des Gens für Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor 1 (FGFR1) oder Janus-Kinase 2 (PCM1-JAK2). In jüngster Zeit sind ETV6-ABL1 und verschiedene FLT3-Fusionen zu den mit Hypereosinophilie assoziierten Gen-Rearrangements hinzugekommen.

Einige Patienten haben eine chronische eosinophile Leukämie, bei der die Zahl der Blastenzellen bei der Untersuchung des Knochenmarks erhöht ist, aber nicht mehr als 20% beträgt.

Die lymphoproliferative Variante zeigt sich durch eine klonale T-Zell-Population mit aberrantem Phänotyp aus. Polymerase-Kettenreaktion zeigt eine klonale T-Zell-Rezeptor-Umstellung. Patienten haben häufiger

  • Angioödem, Hautveränderungen oder beides

  • Zirkulierende Immunkomplexe (gelegentlich mit Serumkrankheit)

  • Hypergammaglobulinämie (insbesondere hoch IgE)

Patienten mit der lymphoproliferativen Variante sprechen auch häufiger günstig auf Kortikosteroide an und entwickeln gelegentlich ein T-Zell-Lymphom.

Andere Varianten des hyperesosinophilen Syndroms umfassen das Gleich-Syndrom (episodisches Angioödem mit Eosinophilie), das familiärs hypereosinophiles Syndrom (lokalisiert auf 5q 31–33) sowie andere organspezifische Syndrome. Bei organspezifischen eosinophilen Syndromen ist die eosinophile Infiltration auf ein einziges Organ beschränkt (z. B. eosinophile gastrointestinale Krankheit, chronische eosinophile Pneumonie3).

Hyperleukozytose kann bei Patienten mit eosinophiler Leukämie und sehr hohen Eosinophilenwerten (z. B. > 100.000/mcl [> 100 × 109/l]) auftreten. Eosinophile können Aggregate bilden, die kleine Blutgefäße verstopfen, wodurch es zu Gewebeischämie und Mikroinfarkten kommt. Häufig tritt eine Hypoxie des Gehirns oder der Lunge auf (z. B. Enzephalopathie, Dyspnoe oder respiratorische Insuffizienz).

Tabelle
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Idiopathisches hypereosinophiles Syndrom

Das idiopathische hypereosinophile Syndrom ist selten, hat eine unbekannte Prävalenz und betrifft meist Menschen zwischen 20 und 50 Jahren. Nur einige Patienten mit prolongierter Eosinophilie entwickeln Organschäden, die ein hypereosinophiles Syndrom charakterisieren. Obwohl jedes Organ involviert sein kann, sind typischerweise Herz, Lunge, Milz, Haut und Nervensystem betroffen. Eine kardiale Beteiligung kann beträchtliche Morbidität und Mortalität verursachen.

Allgemeine Literatur

  1. 1. Wang SA, Orazi A, Gotlib J, et al: The international consensus classification of eosinophilic disorders and systemic mastocytosis. Am J Hematol 98(8):1286–1306, 2023. doi:10.1002/ajh.26966

  2. 2. Apperley JF, Gardembas M, Melo JV, et al: Response to imatinib mesylate in patients with chronic myeloproliferative diseases with rearrangements of the platelet-derived growth factor receptor beta. N Engl J Med 347:481–487, 2002.

  3. 3. Shomali W, Gotlib J : World Health Organization-defined eosinophilic disorders: 2022 update on diagnosis, risk stratification, and management. Am J Hematol 97:129–148, 2022.

Symptome und Beschwerden des hypereosinophilen Syndroms

Die Symptomatik ist vielseitig und hängt davon ab, welche Organe beeinträchtigt sind (siehe Tabelle Veränderungen bei Patienten mit hypereosinophilem Syndrom).

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Gelegentlich entwickeln Patienten mit sehr schwerer Eosinophilie (z. B. Eosinophilenzahl > 100.000/mcl [> 100 × 109/l]) Komplikationen einer Hyperleukozytose wie Hypoxie des Gehirns oder der Lunge (z. B. Enzephalopathie, Dyspnoe, respiratorische Insuffizienz). Andere thrombotische Manifestationen (z. B. Herzwandthromben) können ebenfalls auftreten.

Diagnose des hypereosinophilen Syndroms

  • Ausschluss einer sekundären Eosinophilie

  • Untersuchungen auf Organschäden

  • Knochenmarkuntersuchung mit zytogenetischen Tests, wenn sekundäre Ursachen der Eosinophilie nicht identifiziert werden

Abklärung auf ein hypereosinophiles Syndrom sollte in Betracht gezogen werden, wenn die Eosinophilenwerte im periphere Blut mehrmals aus unerklärlichen Gründen bei > 1500/mcl (> 1,5 × 109/l) liegen, insbesondere wenn sich Organschäden zeigen.

Die Bewertung von Organschäden sollte chemische Blutuntersuchungen (einschließlich Leberenzyme, Kreatinkinase, Nierenfunktion und Troponin), EKG, Echokardiographie, Lungenfunktionstests und CT von Brust, Bauch und Becken umfassen. Um das FIP1L1/PDGFRA-assoziierte Fusionsgen und andere mögliche Ursachen der Eosinophilie nachzuweisen, sollte eine Knochenmarkaspiration und -biopsie mit Durchflusszytometrie, Zytogenetik und Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion oder Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) erfolgen oder andere häufige Fusionsprotokolle und die Klonalität des T-Zell-Rezeptors zu bewerten, um die lymphozytäre Variante des hypereosinophilen Syndroms und andere mögliche Ursachen der Eosinophilie auszuschließen (1).

Diagnosehinweis

  1. 1. Klion AD: Approach to the patient with suspected hypereosinophilic syndrome. Hematology Am Soc Hematol Educ Program 2022; 2022(1):47-54. doi: 10.1182/hematology.2022000367

Behandlung des hypereosinophilen Syndroms

  • Kortikosteroide bei Hypereosinophilie und oft zur Behandlung von Organschäden

  • Imatinib bei Patienten mit der FIP1L1/PDGFRA-assoziiertem Fusionsgen oder anderen ähnlichen Genfusionen

  • Manchmal Medikamente zur Kontrolle der Eosinophilzahl (z. B. Hydroxyharnstoff, Interferon alfa, Etoposid, Cladribin)

  • Supportive Pflege

Die Behandlungen umfassen eine sofortige Therapie, definitive Therapien (Behandlungen der Erkrankung) und supportive Therapien (1). Es gibt keinen festen Wert für die Eosinophilie, bei dem Organschäden auftreten oder bei dem eine Behandlung eingeleitet werden muss, aber die meisten Experten empfehlen den Beginn der Therapie bei einer absoluten Eosinophilenzahl von 1500 bis 2000 Eosinophilen/mcl (1,5 bis 2 × 109/l).

Sofortige Therapie

Bei Patienten mit sehr schwerer Eosinophilie können Komplikationen der Hyperleukozytose wie Dyspnoe oder Veränderungen des mentalen Status auftreten (in der Regel bei Patienten mit eosinophiler Leukämie). In diesen Fällen sollte so schnell wie möglich mit hochdosierten Kortikosteroiden (z. B. Prednison 1 mg/kg oder gleichwertig bis 1 Gramm Methylprednisolon) begonnen werden. Wenn der Eosinophilenwert nach 24 h geringer ist (z. B. um 50%), kann die Kortikosteroidgabe täglich wiederholt werden; ist die Therapie ineffektiv, wird eine alternative Behandlung (z. B. Hydroxyharnstoff) begonnen. Sobald der Eosinophilenwert zu sinken beginnt und unter besserer Kontrolle ist, können zusätzliche Medikamente begonnen werden.

Es ist wichtig, eine mögliche Strongyloides-Infektion vor der Verabreichung von hochdosierten Kortikosteroiden in Betracht zu ziehen, da Kortikosteroide eine potenziell tödliche disseminierte Infektion (Hyperinfektionssyndrom) auslösen können.

Definitive Therapie

Patienten mit dem FIP1L1/PDGFRA-assoziierten Fusionsgen (oder ähnlichen Fusionsgenen, an denen PDGFA/B beteiligt ist) werden in der Regel mit Imatinib (2) und, insbesondere bei Verdacht auf Herzschäden, auch mit Kortikosteroiden behandelt. Imatinib, das bereits bei der Diagnose eingesetzt wird, kann Organschäden vorbeugen. Wenn Imatinib unwirksam ist oder schlecht vertragen wird, kann ein weiterer Tyrosinkinaseinhibitor (z. B. Dasatinib, Nilotinib, Sorafenib) gegeben oder eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation angewandt werden. Fallberichte deuten darauf hin, dass Ruxolitinib, ein JAK2-Inhibitor, in den seltenen Fällen, die mit der JAK2-Mutation assoziiert sind, nützlich sein kann (3).

Patienten ohne FIP1L1/PDGFRA-assoziiertem Fusionsgen erhalten oft, selbst wenn sie asymptomatisch sind, eine Dosis von 60 mg Prednison (oder 1 mg/kg) p.o., um die Wirksamkeit von Kortikosteroiden (d. h. Abnahme der Eosinophilenzahl) zu bestimmen. Bei Patienten mit Symptomen oder Organschäden wird Prednison in der gleichen Dosis einmal täglich für 2 Wochen fortgesetzt und dann ausgeschlichen. Für mindestens 6 Monate werden Patienten ohne Symptome und Organschäden hinsichtlich der Entwicklung von Komplikationen überwacht. Wenn Kortikosteroide nicht ohne Weiteres ausgeschlichen werden können, kann ein kortikosteroidsparende Arzneimittel (z. B. Hydroxyharnstoff, Interferon alpha) verwendet werden.

Mepolizumab, ein vollständig humanisierter monoklonaler IgG-Antikörper, der die Bindung von IL-5 an seinen Rezeptor hemmt, kann zur Behandlung der idiopathischen Hypereosinophilie eingesetzt werden (4, 5). Reslizumab (anti-IL-5), Benralizumab (anti-IL-5-Rezeptor) und Dupilumab (anti-Il-4-Rezeptor) sind weitere Biologika, die beim hypereosinophilem Syndrom eingesetzt wurden. Für viele dieser Biologika laufen derzeit klinische Studien.

Supportive Pflege

Eine supportive Arzneimitteltherapie und Operation können bei kardialen Manifestationen erforderlich werden (z. B. infiltrative Kardiomyopathie, Klappenläsionen, Herzinsuffizienz). Thrombotische Komplikationen können den Einsatz von Thrombozytenaggregationshemmern notwendig machen (z. B. Acetylsalicylsäure, Clopidogrel, Ticlopidin); eine Antikoagulation ist dann notwendig, wenn ein muraler linksventrikulärer Thrombus vorliegt oder falls transiente ischämische Attacken trotz Gabe von Acetylsalicylsäure persistieren.

Therapie in der Erprobung

Neuartige FGFR1-Inhibitoren werden derzeit bei dieser seltenen Patientengruppe mit Hypereosinophilie untersucht.

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Ogbogu PU, Bochener BS, Butterfield HJ, et al: Hypereosinophilic syndromes: A multicenter, retrospective analysis of clinical characteristics and response to therapy. J Allergy Clin Immunol 124:1319–1325, 2009. doi:10.1016/j.jaci.2009.09.022

  2. 2. Cortes J, Ault P, Koller C, et al: Efficacy of imatinib mesylate in the treatment of idiopathic hypereosinophilic syndrome. Blood 101:4714–4716, 2003. doi:10.1182/blood-2003-01-0081

  3. 3. Klion AD: Approach to the patient with suspected hypereosinophilic syndrome. Hematology Am Soc Hematol Educ Program 2022; 2022(1):47-54. doi: 10.1182/hematology.2022000367

  4. 4. Roufosse F, Kahn JE, Rothenberg FE, et al: Efficacy and safety of mepolizumab in hypereosinophilic syndrome: a phase III, randomized, placebo-controlled trial. J Allergy Clin Immunol 146: 1397–1405, 2020. doi: 10.1016/j.jaci.2020.08.037

  5. 5. Rothenberg ME, Klion AD, Roufosse FE, et al: Treatment of patients with the hypereosinophilic syndrome with mepolizumab. N Engl J Med 358:1215–28, 2008. doi:10.1056/NEJMoa070812

Prognose für hypereosinophiles Syndrom

Üblicherweise tritt der Tod infolge von Organstörungen (insbesondere des Herzens) ein. Eine kardiale Beteiligung lässt sich nicht durch den Grad oder die Dauer der Eosinophilie vorhersagen. Die Prognose hängt vom Ansprechen auf die Behandlung ab. Das Ansprechen auf Imatinib verbessert die Prognose bei Patienten mit dem FIP1L1/PDGFRA-assoziierten Fusionsgen und anderen responsiven Genfusionen.

Wichtige Punkte

  • Das hypereosinophile Syndrom ist eine periphere Bluteosinophilie (> 1500/mcl [> 1,5 × 109/l]), die nicht durch parasitische, allergische oder andere sekundäre Ursachen der Eosinophilie verursacht wird, für 6 Monate angedauert hat und Organschäden oder Funktionsstörungen auslöst.

  • Das hypereosinophile Syndrom scheint eine Manifestation einer Reihe von hämatopoetischen Störungen zu sein, von denen einige eine genetische Ursache haben.

  • Obwohl jedes Organ involviert sein kann, sind typischerweise Herz, Lunge, Milz, Haut und Nervensystem betroffen; die Beteiligung des Herzens kann eine erhebliche Morbidität und Mortalität verursachen.

  • Testungen zur Bestimmung einer Organbeteiligung, einschließlich Leberenzyme, Kreatinkinase, Kreatinin und Troponin; EKG, Echokardiographie, Lungenfunktionstests und CT-Aufnahmen des Thorax, des Abdomens und des Beckens werden durchgeführt.

  • Eine Knochenmarkuntersuchung mit einer zytogenetischen Testung wird zur Identifizierung der Ursache durchgeführt.

  • Kortikosteroide werden bei schwerer Eosinophilie und/oder Organschäden verabreicht. Tyrosin-Kinase-Inhibitoren, wie niedrig dosiertes Imatinib, können bei Untertypen, die mit unterschiedlichen Chromosomenanomalien in Verbindung gebracht werden, hilfreich sein.