Die Polyarteriitis nodosa ist eine systemische nekrotisierende Vaskulitis, die in der Regel muskuläre Arterien mittlerer Größe und gelegentlich auch kleine muskuläre Arterien betrifft und die zu sekundärer Gewebeischämie führt. Nieren, Haut, Gelenke, Muskeln, periphere Nerven und Gastrointestinaltrakt sind am häufigsten betroffen, aber jedes Organ kann betroffen sein. Allerdings bleiben die Lungen gewöhnlich verschont. Die Patienten präsentieren sich in der Regel mit systemischen Symptomen (z. B. Fieber, Müdigkeit). Die Diagnose wird mittels Biopsie oder arterieller Angiographie gestellt. Die Behandlung erfolgt mit Kortikosteroiden zusammen mit anderen Immunsuppressiva.
(Siehe auch Übersicht über Vaskulitis.)
Die Polyarteriitis nodosa (PAN) ist selten (ca. 1 Fall pro Million) (1). Sie betrifft vor allem Erwachsene im mittleren Lebensalter; die Inzidenz nimmt mit dem Alter noch zu und erreicht ihren Höchststand bei Menschen im 6. Lebensjahrzehnt.
Allgemeine Literatur
1. Mohammad AJ, Jacobsson LT, Westman KW, Sturfelt G, Segelmark M. Incidence and survival rates in Wegener's granulomatosis, microscopic polyangiitis, Churg-Strauss syndrome and polyarteritis nodosa. Rheumatology (Oxford) 48(12):1560-1565, 2009. doi:10.1093/rheumatology/kep304
Ätiologie der Polyarteriitis Nodosa
Die meisten Fälle sind idiopathisch. Etwa 20% der Patienten leiden an Hepatitis B oder C.
Die Ursache der Polyarteritis nodosa ist unbekannt, aber die Immunmechanismen scheinen beteiligt zu sein. Die Vielfalt der klinischen und pathologischen Befunde legt multiple Pathomechanismen nahe. Auch Medikamente können eine auslösende Rolle spielen. Üblicherweise findet sich kein prädisponierendes Antigen. Bei Patienten mit bestimmten Lymphomen und Leukämien, rheumatoide Arthritis oder Sjögren-Syndrom entwickelt sich eine systemische Vaskulitis, die der PAN ähnlich ist (gelegentlich auch als sekundäre PAN bezeichnet).
Es wurde eine monogene Form von PAN identifiziert, die mit Mutationen im Adenosin-Deaminase 2 (ADA2)-Gen verbunden ist (1). Sie wird autosomal-rezessiv vererbt und zeigt eine der PAN ähnliche Vaskulopathie. Darüber hinaus können Patienten mit VEXAS-Syndrom (Vakuolen, E1-Enzym, X-chromosomal, autoinflammatorisch, somatisch), einer autoinflammatorischen Erkrankung, die durch somatische Mutationen im Ubiquitin-ähnlichen Modifikator-aktivierenden Enzym 1(UBA1)-Gen gekennzeichnet ist, PAN aufweisen (2).
Literatur zur Ätiologie
1. Navon Elkan P, Pierce SB, Segel R, et al. Mutant adenosine deaminase 2 in a polyarteritis nodosa vasculopathy. N Engl J Med 370(10):921-931, 2014. doi:10.1056/NEJMoa1307362
2. Beck DB, Ferrada MA, Sikora KA, et al. Somatic Mutations in UBA1 and Severe Adult-Onset Autoinflammatory Disease. N Engl J Med 383(27):2628-2638, 2020. doi:10.1056/NEJMoa2026834
Pathophysiologie der Polyarteriitis Nodosa
Die PAN ist gekennzeichnet durch eine segmental oder transmural auftretende nekrotisierende Entzündung der muskulären Arterien, am häufigsten zu finden im Bereich von Bifurkationen. Im Gegensatz zu anderen Vaskulitiden sind bei der PAN postkapilläre Venolen oder Venen nicht betroffen. Die Läsionen finden sich üblicherweise in allen Stadien der Entstehung und Ausheilung. Frische Läsionen enthalten polymorphkernige Leukozyten und gelegentlich Eosinophile, ältere Läsionen eher Lymphozyten und Plasmazellen.
Eine granulomatöse Entzündung kommt nicht vor. Eine Intimaproliferation mit sekundärer Thrombosierung und Gefäßverschluss bedingt Organ- und Gewebeinfarkte. Die Instabilität der muskulären Arterienwand kann kleine Aneurysmen und arterielle Dissektion verursachen. Eine Ausheilung führt oft zur nodulären Fibrose der Adventitia.
Am häufigsten sind Nieren, Haut, periphere Nerven, Gelenke, Muskeln und der Gastrointestinaltrakt betroffen. Weniger häufig sind die Leber und das Herz betroffen. An der Niere zeigen sich Ischämien und Infarkte, die Glomerulonephritis ist jedoch kein Merkmal der PAN. Purpura (in der Regel infolge einer Entzündung kleiner Gefäße) und Lungenparenchymentzündung sind nicht charakteristisch für die Polyarteriitis nodosa (PAN).
Symptome und Anzeichen der Polyarteriitis nodosa
Die PAN kann viele andere Krankheiten imitieren, ihr Verlauf ist akut oder protrahiert, subakut mit fataler Wendung nach mehreren Monaten oder auch schleichend in Form einer chronischen und schwächenden Krankheit. Die Symptome von PAN hängen hauptsächlich von der Lokalisation und Schwere der Arteriitis und vom Ausmaß der sekundären Ischämie ab. Möglicherweise ist nur ein Organ oder Organsystem betroffen.
Die Patienten präsentieren sich in der Regel mit Fieber, Müdigkeit, Nachtschweiß, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und allgemeiner Schwäche. Myalgien mit fokalen Bezirken einer ischämischen Myositis und Arthralgien sind häufig. Betroffene Muskeln sind druckdolent und möglicherweise schwach. Eine Arthritis kann auftreten.
Anzeichen und Symptome variieren, je nachdem welches Organ oder Organsystem überwiegend betroffen ist:
Peripheres Nervensystem: Die Patienten leiden für gewöhnlich unter asymmetrischer peripherer Neuropathie wie einer multiple Mononeuropathie Mononeuritis multiplex mit Anzeichen von motorischer und sensorischer Beteiligung der peronealen, medianen oder ulnaren Nerven. Wenn zusätzliche Nervenäste betroffen sind, scheinen die Patienten eine distale symmetrische Polyneuropathie zu haben.
Zentralnervensystem: Kopfschmerzen und Krampfanfälle können auftreten. Bei einigen Patienten kommt es zu Schlaganfall und Hirnblutung, was gelegentlich auf die Hypertonie zurückzuführen ist.
Renal: Wenn kleine und mittlere Arterien in den Nieren betroffen sind, zeigen die Patienten Hypertonie, Oligurie, Urämie und ein unspezifisches Harnsediment mit Hämaturie, Proteinurie fehlenden Zellzylindern. Die Hypertonie verschlechtert sich rasch. Eine Ruptur von renalen arteriellen Aneurysmen kann perirenale Hämatome verursachen. In schweren Fällen können multiple renale Infarkte mit Rückenschmerzen und Makrohämaturie auftreten. Renale Ischämie und Infarkt können zu Nierenversagen führen.
Gastrointestinal: Eine Vaskulitis der Leber oder Gallenblase verursacht Schmerzen im rechten oberen Quadranten. Eine Perforation der Gallenblase mit akutem Abdomen kann auftreten. Eine Vaskulitis mittelgroßer Mesenterialarterien verursacht Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen (mit oder ohne blutigen Durchfall), Malabsorption, intestinale Perforation und akutes Abdomen. In den Arterien der Leber oder des Truncus coeliacus können sich Aneurysmen entwickeln.
Herz: Einige Patienten zeigen eine koronare Herzkrankheit, die in der Regel asymptomatisch ist, aber zu Angina pectoris führt. Eine ischämische Kardiomyopathie oder Hypertonie kann zu Herzinsuffizienz führen.
Kutan: Livedo reticularis, Hautulzera, druckdolente, gerötete Knötchen, bullöser oder vesikulärer Ausschlag, Infarkt und Gangrän der Finger oder Zehen oder eine Kombination davon sind beschrieben. Die Knötchen bei PAN ähneln denen bei Erythema nodosum, aber im Gegensatz zu diesen können die Knötchen bei PAN ulzerieren und zeigen eine nekrotisierende Vaskulitis innerhalb der Wände mittelgroßer Arterien, die im Bioptat sichtbar ist, lokalisiert in der Regel in der tiefen Dermis und im subkutanen Fettgewebe.
Genital: Eine Orchitis mit Hodenschmerzen und Druckdolenz kann auftreten.
Diagnose der Polyarteriitis nodosa
Klinische Befunde
Biopsie
Arteriographie, wenn kein klinisch beteiligtes Gewebe für eine Biopsie zur Verfügung steht
Aufgrund der unspezifischen Befunde kann eine PAN schwierig zu diagnostizieren sein. Die Diagnose sollte in Betracht gezogen werden bei Patienten mit verschiedenen Kombinationen von Symptomen wie unerklärliches Fieber, Arthralgien, subkutane Knötchen, Hautulzera, Schmerzen im Abdomen oder in den Extremitäten, ein neu aufgetretener Fallfuß oder eine neu aufgetretene Fallhand oder eine sich rasch entwickelnde Hypertonie. Die Diagnose klärt sich weiter, wenn die klinischen Befunde mit den Laborergebnissen zusammengeführt werden und andere Ursachen ausgeschlossen werden können.
Die Diagnose der Polyarteritis nodosa wird bestätigt durch Biopsie, die eine nekrotisierende Arteriitis zeigt, oder durch Arteriographie, die die typischen Aneurysmen in den mittelgroßen Arterien zeigt. Die Magnetresonanzangiographie kann die Mikroaneurysmen zeigen, einige Anomalien sind aber möglicherweise zu klein, um sie zu detektieren. Daher ist die Magnetresonanzangiographie nicht das Verfahren der Wahl, das zur Diagnose verwendet wird.
Die Biopsie von klinisch unbeteiligtem Gewebe ist oft nutzlos, weil die Krankheit fokal ist. Die Biopsie sollte daher in klinisch verdächtigen Arealen erfolgen. Proben des subkutanen Gewebes, des N. suralis und der Muskeln werden, wenn sie als betroffen gelten, gegenüber Proben aus den Nieren oder der Leber bevorzugt; Nieren- und Leberbiopsien können aufgrund eines Untersuchungsfehlers falsch-negativ sein und Blutungen durch unvermutete Mikroaneurysmen auslösen. Im Gegensatz zur Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) ist es unwahrscheinlich, dass die Biopsie eine ausgeprägte Parenchymentzündung zeigt.
Wenn klinische Befunde ganz fehlen oder gering ausgeprägt sind, können eine Elektromyographie und Untersuchungen zur Nervenleitgeschwindigkeit helfen, die geeignete Stelle für eine Biopsie von Muskel oder Nerv auszuwählen. Falls Hautveränderungen vorhanden sind, sollten chirurgische Hautbiopsien, die die tiefere Dermis und das subkutane Fettgewebe einschließen, erfolgen. (In Stanzbiopsien der Haut, die die Epidermis und oberflächlichliche Dermis für die Gewebeprobe nutzen, fehlen die Läsionen der PAN.) Obwohl mikroskopische Läsionen in den Hoden verbreitet sind, sollte eine Hodenbiopsie nicht durchgeführt werden, falls testikuläre Symptome fehlen und andere mögliche Bereiche zugänglich sind, da die Trefferquote gering ist.
Die Labordiagnostik liefert nur unspezifische Resultate. Hierzu zählen am häufigsten eine Leukozytose von 20.000–40.000/MikroL (20 bis 40 × 109/l), eine Proteinurie und eine mikroskopische Hämaturie. Patienten können Thrombozytose, deutlich erhöhte Erythrozytensedimentationsrate und/oder C-reaktives Protein, Anämie durch Blutverlust oder Nierenversagen, Hypoalbuminämie und erhöhte Serumimmunglobuline aufweisen. Aspartataminotransferase und Alaninaminotransferase sind oft leicht erhöht. Eine Untersuchung auf Hepatitis B und C sollte erfolgen. Da eine Glomerulonephritis kein Merkmal von PAN ist, sind Erythrozytenzylinder bei der Urinanalyse nicht offensichtlich.
Weitere Untersuchungen (z. B. antineutrophile zytoplasmatische Antikörper [ANCA], Rheumafaktor, antizyklische citrullinierte Peptid-Antikörper [anti-CCP], antinukleäre Antikörper, C3- und C4-Komplementspiegel, Kryoglobulinspiegel, nukleäre Antigene und Antikörper gegen extrahierbare nukleäre Antigene wie anti-Smith, anti-Ro/SSA, anti-La/SSB und anti-RNP) können andere Diagnosen nahelegen wie rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes oder Sjögren-Syndrom.
Behandlung der Polyarteriitis Nodosa
Kortikosteroide mit Cyclophosphamid, Methotrexat oder Azathioprin, abhängig vom Schweregrad der Erkrankung
Behandlung von Hepatitis B, wenn angezeigt
Die Behandlung der Polyarteriitis nodosa richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung (1). Bei leichter bis mittelschwerer Erkrankung, aber ohne schwerwiegende neurologische, renale, gastrointestinale oder kardiale Manifestationen, können Kortikosteroide plus Methotrexat oder Azathioprin verwendet werden. Bei einer schwerer Erkrankung mit neurologischen, renalen, gastrointestinalen oder kardialen Manifestationen verbessern Cyclophosphamid plus Kortikosteroide das Ergebnis. Die Hypertonie sollte wirkungsvoll behandelt werden.
Hepatitis-B-bedingte Polyarteritis nodosa
Die Behandlung zielt auf eine rasche Unterdrückung der Entzündung und eine antivirale Therapie ab. Ein kurzer Zyklus von Kortikosteroiden wird für ein paar Wochen eingesetzt, aber hohe Dosen (> 20 mg/Tag) sollten vermieden werden, um das Risiko einer Reaktivierung des Hepatitis-B-Virus zu minimieren.
Plasmaaustausche werden manchmal durchgeführt, bis das Hepatitis B e-Antigen (HBeAg) in Hepatitis B e-Antikörper (Anti-HBe) umgewandelt wird oder bis die klinische Erholung für 2 bis 3 Monate anhält (2). Obwohl dieser Ansatz nicht nachweislich das Überleben im Vergleich zur alleinigen immunsuppressiven Therapie verbessert, kann er das Risiko langfristiger Komplikationen bei Hepatitis B verringern und die unerwünschte Wirkungen einer Langzeitbehandlung mit Kortikosteroiden und Immunsuppressiva unterdrücken.
Literatur zur Behandlung
1. Chung SA, Gorelik M, Langford CA, et al. 2021 American College of Rheumatology/Vasculitis Foundation Guideline for the Management of Polyarteritis Nodosa. Arthritis Care Res (Hoboken) 2021;73(8):1061-1070. doi:10.1002/acr.24633
2. Guillevin L, Mahr A, Cohen P, et al. Short-term corticosteroids then lamivudine and plasma exchanges to treat hepatitis B virus-related polyarteritis nodosa. Arthritis Rheum 2004;51(3):482-487. doi:10.1002/art.20401
Prognose der Polyarteriitis nodosa
Mit Behandlung beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate etwa 80%, kann aber bei Patienten mit Hepatitis B niedriger sein (1). Die Prognose ist besser, wenn innerhalb von 18 Monaten nach der Diagnose eine Remission der Krankheit erreicht wird. Rückschläge sind weniger häufig als bei anderen vaskulitischen Erkrankungen.
Die folgenden Befunde sind mit einer schlechten Prognose verbunden:
Niereninsuffizienz
Gastrointestinale Beteiligung
neurologische Beteiligung
Hinweis zur Prognose
1. Pagnoux C, Seror R, Henegar C, et al. Clinical features and outcomes in 348 patients with polyarteritis nodosa: a systematic retrospective study of patients diagnosed between 1963 and 2005 and entered into the French Vasculitis Study Group Database. Arthritis Rheum 2010;62(2):616-626. doi:10.1002/art.27240
Wichtige Punkte
Die Polyarteritis nodosa ist eine seltene systemische Vaskulitis der mittelgroßen Arterien.
Nieren (nicht die Glomeruli), Haut, Gelenke, Muskeln, periphere Nerven und Gastrointestinaltrakt sind am häufigsten betroffen.
Der Verdacht auf Polyarteriitis nodosa besteht, wenn Patienten eine Kombination von unerklärlichem Fieber, Gelenkschmerzen, subkutanen Knötchen, Hautulzera, Schmerzen im Abdomen oder in den Extremitäten, neu aufgetretenem Fallfuß oder neu aufgetretener Fallhand oder sich rasch entwickelndem Bluthochdruck zeigen.
Bestätigt wird die Diagnose durch eine Biopsie oder eine Arteriographie.
Untersuchung auf Hepatitis B und C
Niereninsuffizienz, gastrointestinale oder neurologische Beteiligung bedeutet eine ungünstigere Prognose.
Die Behandlung besteht in der Gabe von Kortikosteroiden allein oder mit Cyclophosphamid, Methotrexat oder Azathioprin, je nach Schwere der Erkrankung.