Halsschmerzen

VonMarvin P. Fried, MD, Montefiore Medical Center, The University Hospital of Albert Einstein College of Medicine
Überprüft/überarbeitet Mai 2023
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Halsschmerzen sind Schmerzen, die im hinteren Rachen mit oder ohne Schlucken auftreten. Viele Patienten haben so starke Halsschmerzen, dass sie jede orale (Nahrungs-)Aufnahme verweigern.

Ätiologie der Halsschmerzen

Halsschmerzen sind das Ergebnis einer Infektion; die häufigste Ursache ist eine

  • Tonsillopharyngitis

Selten sind ein Abszess oder Epiglottitis beteiligt. Obwohl ungewöhnlich, sind diese Störungen von besonderer Bedeutung, weil sie die Atemwege beeinträchtigen können.

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Tonsillopharyngitis

Die Tonsillopharyngitis ist überwiegend eine Virusinfektion; eine geringere Anzahl von Fällen ist bakteriell bedingt.

Die respiratorischen Viren (Rhinovirus, Adenovirus, Influenza, Coronavirus, Respiratory Syncytial Virus) sind die häufigsten viralen Ursachen, gelegentlich sind jedoch auch Epstein-Barr-Virus (die Ursache der Mononukleose), Herpes simplex, Zytomegalievirus, HIV (als Primärinfektion) oder das Coronavirus SARS-CoV-2 (Ursache von COVID-19) beteiligt.

Die wichtigste bakterielle Ursache für Halsschmerzen sind Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (GABHS), die nach unterschiedlichen Schätzungen etwa 10 bis 25% aller Halsschmerzen bei Erwachsenen und etwas mehr bei Kindern verursachen. Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A sind besorgniserregend, da schwere poststreptokokkale Folgeerscheinungen (z. B. rheumatisches Fieber, Glomerulonephritis, Abszesse) auftreten können.

Zu den seltenen bakteriellen Ursachen gehören Gonorrhö, Diphtherie, Mykoplasmen und Chlamydieninfektion.

Abszess

Ein Abszess im Rachen-Bereich (peritonsillar, parapharyngeal und, bei Kindern, retropharyngeal) ist selten, verursacht aber erhebliche Halsschmerzen. Der übliche Erreger sind GABHS.

Epiglottitis

Die Epiglottitis, vielleicht besser als Supraglottitis bezeichnet, pflegte vor allem bei Kindern aufzutreten und war in der Regel durch Haemophilus influenzae Typ B (HiB) verursacht. Doch seitdem durch verbreitete HiB-Impfungen von Kindern die Infektion nahezu ausgerottet werden konnte, treten heute mehr Fälle bei Erwachsenen auf. Bei Kindern und Erwachsenen sind jetzt vor allem Streptococcus pneumoniae, Staphylococcus aureus, nichttypisierbare H. influenzae-Spezies, Haemophilus parainfluenzae, Beta-hämolysierende Streptokokken, Branhamella catarrhalis und Klebsiella pneumoniae die Auslöser. Bei Erwachsenen und ungeimpften Kindern spielt auch HiB noch immer eine Rolle.

Untersuchung von Halsschmerzen

Anamnese

Die Anamnese des Krankheitsverlaufs sollte Dauer und Schwere der Halsschmerzen beachten.

Bei der Überprüfung der Organsysteme sollte nach wichtigen assoziierten Symptomen wie Schnupfen, Husten und Schwierigkeiten beim Schlucken, Sprechen oder Atmen gesucht werden. Vorhandensein und Dauer von vorausgehender Schwäche und Unwohlsein (was auf eine Mononukleose hindeutet) werden registriert.

Die Anamnese sollte nach einer dokumentierten Mononukleose in der Vorgeschichte forschen (ein Rezidiv ist höchst unwahrscheinlich). Die Sozialanamnese sollte Fragen zu engem Kontakt mit Personen umfassen, bei denen eine dokumentierte GABHS-Infektion vorliegt, zu Risikofaktoren für die Gonorrhö-Übertragung (z. B. kürzlicher oral-genitaler Sexualkontakt) und zu Risikofaktoren für die HIV-Erkrankung (z. B. ungeschützter Geschlechtsverkehr, mehrere Sexualpartner, intravenöser Drogenmissbrauch).

Körperliche Untersuchung

Die allgemeine Untersuchung sollte auf Fieber und Anzeichen von Atemnot achten wie Tachypnoe, Dyspnoe, Stridor und bei Kindern auf die Dreifußzeichen-Sitzhaltung (aufrecht sitzend, nach vorn gebeugt, mit überstrecktem Hals und vorgeschobenem Kiefer).

Bei der direkten Pharynxuntersuchung sollten Erytheme, Exsudate und Anzeichen von Schwellungen im Bereich der Tonsillen oder des Retropharynx festgestellt werden. Ob das Zäpfchen sich in der Mittellinie befindet oder zur Seite geschoben scheint, sollte ebenfalls beachtet werden.

Wenn der Verdacht auf Supraglottitis/Epiglottitis besteht und die Patienten (insbesondere Kinder) Stridor haben, sollte die pharyngeale Untersuchung mit Vorsicht durchgeführt werden, da sie, insbesondere wenn ein Zungenspatel eingeführt wird, eine vollständige Obstruktion der Atemwege auslösen kann. Idealerweise sollte die Untersuchung in einem Operationssaal und mit einem flexiblen faseroptischen Laryngoskop durchgeführt werden. Erwachsene, die keine Atembeschwerden haben, können untersucht werden, aber auch hier ist Vorsicht geboten.

Der Hals wird untersucht, um nach vergrößerten, druckschmerzhaften Lymphknoten zu prüfen. Der Bauch wird palpiert, um auf Splenomegalie zu prüfen, die bei Patienten mit Mononukleose auftreten kann.

Warnzeichen

Die folgenden Befunde bei Patienten mit Halsschmerzen sind besonders besorgniserregend:

  • Stridor oder andere Zeichen von Atemnot

  • Speichelfluss

  • belegte Stimme (als würde mit einer "heißen Kartoffel" im Mund gesprochen)

  • sichtbare Vorwölbung im Rachen

Interpretation der Befunde

Wegen möglicher Gefährdung der Atmung muss eine Supraglottitis/Epiglottitis (oder seltener auch ein Pharyngealabszess) von einer einfachen Tonsillitis abgegrenzt werden, die unangenehm, aber nicht akut gefährlich ist. Klinische Befunde helfen dabei, diese Unterscheidung zu treffen.

Bei der Supraglottitis/Epiglottitis beginnen die starken Halsschmerzen und die Schluckstörung abrupt und in der Regel ohne vorausgehende Symptome einer Infektion der oberen Atemwege. Kinder sabbern oft und haben Anzeichen einer Vergiftung. Gelegentlich (häufiger bei Kindern) haben die Patienten respiratorische Manifestationen mit Tachypnoe, Dyspnoe, Stridor und Dreifußzeichen-Sitzhaltung. Bei der Untersuchung erscheint der Rachen fast immer unauffällig.

Sowohl ein Pharyngealabszess als auch eine Tonsillopharyngitis können ein Erythem im Rachen und/oder Exsudate verursachen. Einige Befunde treten jedoch eher bei der einen oder der anderen Erkrankung auf:

  • Pharyngealabszess: Belegte Stimme (Sprechen, als wenn eine "heiße Kartoffel" im Mund gehalten wird) und sichtbare fokale Schwellung im hinteren Rachenraum (oft mit einer Abweichung der Uvula)

  • Tonsillopharyngitis: Haäufig Symptome eines Infektes der oberen Atemwege (z. B. Schnupfen, Husten)

Eine Tonsillopharyngitis ist klinisch leicht zu erkennen, ihre Ursache hingegen nicht. Manifestationen einer viralen und einer GABHS-Infektion überschneiden sich deutlich, obwohl Symptome eines Infektes der oberen Atemwege häufiger bei einer viralen Ursache auftreten. Zu den klinischen Kriterien, die bei Erwachsenen einen Verdacht auf GABHS als Ursache begründen, gehören:

  • tonsilläres Exsudat

  • druckschmerzhafte Lymphadenopathie

  • Fieber oder Fieber in der Anamnese

  • Fehlen von Husten

Bei Erwachsenen mit 1 oder keinem Kriterium kann vernünftigerweise von einer Viruserkrankung ausgegangen werden. Wenn ≥ 2 Kriterien vorliegen, ist die Wahrscheinlichkeit für GABHS hoch genug, um eine Untersuchung zu rechtfertigen (1), jedoch nicht hoch genug, um eine Antibiotikagabe zu rechtfertigen. Aber diese Entscheidung muss patientenspezifisch erfolgen (d. h., die Schwelle für Untersuchung und Behandlung kann niedriger sein bei Risikopatienten mit Diabetes oder Immunschwäche). Bei Kindern erfolgt in der Regel eine Untersuchung. Obwohl dieser Ansatz sinnvoll ist, sind sich nicht alle Experten einig, wann auf GABHS getestet werden soll und wann eine antibiotische Therapie indiziert ist.

Seltenere Ursachen für eine Tonsillopharyngitis sollten in Betracht gezogen werden, wenn die folgenden Punkte zutreffen:

  • Posteriore zervikale oder generalisierte Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie und Müdigkeit und Unwohlsein sind vorhanden > 1 Woche: Infektiöse Mononukleose

  • Keine Symptome von Infekten der oberen Atemwege, aber möglicherweise kürzlicher oral-genitaler Kontakt: Pharyngeale Gonorrhö

  • Eine schmutzig-graue, dicke, zähe Membran auf dem hinteren Rachen, die blutet, wenn sie abgezogen wird: Diphtherie (selten in den Vereinigten Staaten)

  • Risikofaktoren für eine HIV Infektion: HIV-Infektion

Tests

Wenn eine Supraglottitis/Epiglottitis nach der Abklärung als möglich gilt, sind spezifische Tests erforderlich. Bei Patienten, die offensichtlich nicht schwer erkrankt sind und keine respiratorischen Symptome zeigen, werden laterale Übersichtaufnahmen des Halses angefertigt, um nach ödematöser Epiglottis zu suchen. Diese Röntgenbilder können jedoch falsch-positiv interpretiert werden, da die Lagerung des Patienten unzureichend sein kann (keine perfekte Seitenansicht) oder das Röntgenbild während der Exspiration aufgenommen wird. Auch ein Kind, das schwer krank zu sein scheint oder Stridor oder andere respiratorische Symptome zeigt, sollte nicht in den Röntgenraum transportiert werden. Bei solchen Patienten (und solchen mit positiven oder nicht eindeutigen Röntgenbefunden) sollte in der Regel eine flexible Laryngoskopie erfolgen. (CAVE: Die direkte Untersuchung von Pharynx und Larynx kann bei Kindern zur kompletten Atemwegsobstruktion führen und sollte daher nur vorsichtig erfolgen bzw. nur, wenn die Voraussetzungen für eine maschinelle Beatmung gegeben sind.)

Tipps und Risiken

  • Wenn bei einem Kind eine Epiglottitis vermutet wird, ist der Rachen nur im OP-Saal zu untersuchen, um das Risiko einer kompletten Atemwegsobstruktion zu minimieren.

Viele Abszesse werden klinisch behandelt, wenn aber Lokalisation und Ausmaß unklar sind, sollte ein sofortiges CT des Halses erfolgen.

Bei einer Tonsillopharyngitis ist die Erregeranzüchtung aus Rachenabstrichen die zuverlässigste Methode, zwischen einer viralen und einer Infektion mit Beta-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A zu unterscheiden. Um ein Gleichgewicht zwischen rechtzeitiger Diagnose, Kosten und Genauigkeit herzustellen, besteht eine Strategie bei Kindern darin, einen schnellen Streptokokken-Screening-Test in der Praxis durchzuführen und bei positivem Befund zu behandeln, und bei negativem Befund eine formelle Kultur zur Untersuchung an ein Labor zu schicken. Da bei Erwachsenen auch andere bakterielle Erreger beteiligt sein können, ist eine Rachenkultur für alle bakteriellen Erreger angebracht, wenn die zuvor beschriebenen klinischen Kriterien erfüllt sind (Tonsillenexsudat, zarte Lymphadenomegalie, Fieber oder Fiebervorgeschichte, kein Husten).

Ein Test auf Mononukleose, Gonorrhö oder HIV-Infektion erfolgt nur, wenn sich der Verdacht klinisch begründen lässt.

Hinweis

  1. 1. Fine AM, Nizet V, Mandl KD: Large-scale validation of the Centor and McIsaac scores to predict group A streptococcal pharyngitis. Arch Intern Med 172 (11):847–852, 2012. doi:10.1001/archinternmed.2012.950

Behandlung von Halsschmerzen

Spezifische Befunde werden behandelt. Bei Patienten mit schweren Symptomen einer Tonsillopharyngitis kann mit einem Breitspektrum-Antibiotikum (z. B. Amoxicillin/Clavulansäure) begonnen werden, wenn die Ergebnisse der Kultur noch ausstehen.

Symptomatische Behandlungen wie warmes Salzwassergurgeln und topische Anästhetika (z. B. Benzocain, Lidocain, Dyclonin) können die Schmerzen bei Tonsillopharyngitis vorübergehend lindern, aber die Patienten sollten angewiesen werden, Dosen von topischen Anästhetika zu vermeiden, die zu Toxizität führen. Patienten mit starken Schmerzen (auch durch Tonsillopharyngitis) können eine kurzfristige Anwendung von Opioiden, vorzugsweise in flüssigen Präparaten, erfordern.Bei Patienten mit starken Schmerzen (auch bei Tonsillopharyngitis) kann die kurzfristige Einnahme von Opioiden, vorzugsweise in flüssigen Zubereitungen, erforderlich sein.

Kortikosteroide (z. B. Dexamethason, 10 mg i.m.) werden gelegentlich verwendet, beispielsweise für Tonsillopharyngitis, die ein Risiko für Atemwegsobstruktion (beispielsweise aufgrund von Mononukleose) darstellt oder für sehr schwere Symptome von Tonsillopharyngitis.

Wichtige Punkte

  • Die meisten Halsschmerzen sind durch eine virale Tonsillopharyngitis verursacht.

  • Bei der Tonsillopharyngitis sind virale von bakteriellen Ursachen klinisch schwer zu unterscheiden.

  • Abszess und Epiglottitis sind seltene, aber ernste Ursachen.

  • Bei Patienten mit starken Halsschmerzen und einem normal aussehenden Rachenraum besteht der Verdacht auf Epiglottitis.