Übersicht über Nahrungsergänzungsmittel

VonLaura Shane-McWhorter, PharmD, University of Utah College of Pharmacy
Überprüft/überarbeitet März 2024
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Nahrungsergänzungsmittel sind die häufigsten Therapien der integrativen Medizin (IM) und Komplementär- und Alternativmedizin (KAM), die viele Heilmethoden und Therapien umfassen, die historisch nicht Teil der westlichen Schulmedizin sind. Nahrungsergänzungsmittel umfassen Heilkräuter und Nahrungsergänzungsmittel (Produkte, die aus Nahrungsquellen stammen und einen mutmaßlichen gesundheitlichen Nutzen bieten). Da die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln weit verbreitet ist, beschlossen die USA im Jahr 1994 das Gesetz für die gesundheitliche Bildung zu Nahrungsergänzungsmitteln (Dietary Supplement Health and Education Act, DSHEA). Es definiert ein Nahrungsergänzungsmittel als jedes Produkt außer Tabak, das ein Vitamin, einen Mineralstoff, eine Heilpflanze oder ein anderes pflanzliches Produkt oder eine Aminosäure enthält und als Ergänzung der normalen Ernährung vorgesehen ist. Bestimmte Hormone, wie Dehydroepiandrosteron (DHEA) und Melatonin werden ebenfalls als Nahrungsergänzungsmittel betrachtet.

Das Gesetz (DSHEA) fordert, dass Nahrungsergänzungsmittel auf dem Etikett deutlich als solche gekennzeichnet werden. Das Etikett muss angeben, dass der gesundheitliche Nutzen für das Nahrungsergänzungsmittel von der US-amerikanischen Zulassungsbehörde (Food and Drug Administration, FDA) bisher noch nicht beurteilt wurde. Auf dem Etikett müssen zudem jede Zutat mit Namen, Menge und Gesamtgewicht angeführt und sämtliche Pflanzenteile genannt werden, von denen die einzelnen Inhaltsstoffe stammen. Hersteller dürfen Behauptungen zum Aufbau und der Funktion des Produkts machen (z. B. gut für die Harnwegsgesundheit), aber sie können keine Ansprüche auf das Produkt als Medikament oder Therapie erheben (z. B. gut bei Harnwegsinfektionen). Das Verfallsdatum kann in den standardisierten Produktinformationen angegeben werden, wenn diese Informationen durch gültige Daten, die zeigen, dass sie nicht falsch oder irreführend sind, belegt werden.

Die meisten in der Alternativmedizin verwendeten Nahrungsergänzungsmittel werden aus Pflanzen zusammengestellt, manche stammen von Tieren. Da sie natürlich sind, gehen manche Verbraucher davon aus, sie seien sicher anzuwenden. Jedoch ist nicht jede Substanz nur deshalb sicher, weil sie natürlich ist. So stammen zum Beispiel zahlreiche starke Gifte, z. B. des Schierlings, aus Pflanzen, und manche, z. B. Schlangengifte, auch von Tieren. Außerdem können beinahe alle Substanzen, die eine Wirkung auf den Körper haben, seien es Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente, die von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde (Food and Drug Association, FDA) für die Anwendung in der Medizin zugelassen wurden, auch mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden sein.

Sicherheit und Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln

Sowohl verschreibungspflichtige als auch rezeptfreie (frei verkäufliche) Medikamente wurden ausführlich und systematisch von Forschern untersucht und von der FDA auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit geprüft. Zu den Prüfungen zählen Studien an Tieren, um die Entwicklung von Krebs und Organschäden zu erkennen und am Menschen, um Anzeichen für eine Vergiftung (Toxizität) zu entdecken. Weil Nahrungsergänzungsmittel von der FDA nicht wie Medikamente überwacht werden, müssen im Gegensatz dazu ihre Hersteller nicht nachweisen, dass die Produkte sicher und wirksam sind. Sie müssen sich nur in der Vergangenheit als sicher erwiesen haben. Folglich wurden nur wenige Ergänzungsprodukte ausreichend hinsichtlich ihrer Sicherheit und Wirksamkeit untersucht. Da es weiterhin erst seit Kurzem als notwendig erachtet wird, die Anwendung von Ergänzungsprodukten am Menschen zu untersuchen, wurden viele der bisher vorliegenden Informationen nicht systematisch oder wissenschaftlich zusammengetragen, sodass es schwierig ist, sie zu beurteilen.

Wussten Sie ...

  • Die Hersteller müssen die Sicherheit und Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln nicht nachweisen.

Die Menge und Qualität von Nachweisen zur Wirksamkeit von Ergänzungsprodukten variieren gewaltig. Für einige der Produkte liegen überzeugende Nachweise ihrer Wirksamkeit vor. Jedoch wurden die wissenschaftlichen Studien meist nicht gut genug konzipiert, um klare, verlässliche Antworten zu liefern. Manchmal besteht der einzige Nachweis der Wirksamkeit eines Nahrungsergänzungsmittels in Berichten über eine geringe Anzahl einzelner Anwender oder aus Tierversuchen. Einige Nahrungsergänzungsmittel (z. B. Fischöl, Chondroitin, Glucosamin) sind jedoch nachweislich sichere Zusätze zu Standardmedikamenten.

Es stehen vermehrt Nachweise zur Sicherheit und Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln zur Verfügung, da immer mehr klinische Studien durchgeführt werden. Informationen zu diesen Studien finden Sie auf der Website des National Center for Complementary and Alternative Medicine (NCCAM) der National Institutes of Health.

Darüber hinaus müssen Hersteller und Vertreiber von Nahrungsergänzungsmitteln der FDA über das MedWatch-System der FDA ein Programm zur Meldung der Sicherheit medizinischer Produkte, schwerwiegende unerwünschte Ereignisse melden.

Reinheit und Standardisierung von Nahrungsergänzungsmitteln

Ein anderer Stein des Anstoßes sind die Reinheit und Standardisierung von Ergänzungsprodukten. Für Nahrungsergänzungsmittel gibt es, im Gegensatz zu den Medikamenten, keine Gesetze, die sicherstellen, dass die Produkte rein sind oder dass sie die Zutaten oder Mengen eines aktiven Wirkstoffs enthalten, die auf der Verpackung angegeben sind. Daher könnte ein Nahrungsergänzungsmittel andere Substanzen enthalten, die keinen Wirkstoff enthalten oder schädlich sind, darunter in einigen Fällen verschreibungspflichtige oder frei verkäufliche Medikamente, natürlich vorkommende Giftstoffe, Bakterien, Pestizide, nicht zugelassene Färbemittel und sogar gefährliche Substanzen, wie Schwermetalle, beispielsweise Blei und Quecksilber.

Die Menge eines Wirkstoffs pro Dosis eines Ergänzungsprodukts könnte schwanken, besonders wenn ganze Kräuterpflanzen gemahlen oder Extrakte daraus entnommen werden, um eine Tablette, Kapsel oder Lösung zu herzustellen. Für den Verbraucher besteht das Risiko, von dem Wirkstoff eines Ergänzungsprodukts einmal weniger, einmal mehr oder in manchen Fällen auch nichts zu erhalten. Eine Standardisierung erfordert, dass jede einzelne Dosis des Produkts eine genau bemessene Menge seines Wirkstoffs oder seiner Wirkstoffe enthält. Jedoch bestehen die meisten heilpflanzlichen Produkte aus einer Mischung von mehreren Substanzen. Welche davon die aktivste ist, ist nicht immer bekannt. Daher kann es schwierig sein zu entscheiden, welche Substanz/-en als aktiv betrachtet und daher standardisiert werden sollte/n. Einige Ergänzungsprodukte, besonders die in Europa hergestellten, wurden bereits standardisiert und haben die Standardisierung teilweise auf dem Etikett ausgewiesen.

Hinsichtlich der Empfehlungen, wie ein reines, standardisiertes Produkt auszuwählen ist, gehen die Expertenmeinungen auseinander. Die meisten Fachleute plädieren für den Kauf eines Produkts eines renommierten Herstellers. Viele empfehlen, in Deutschland gefertigte Präparate zu kaufen, da dort Ergänzungsmittel strenger reguliert sind als in den USA.

Zwar sind die Inhaltsstoffe eines Ergänzungsprodukts nicht standardisiert, doch wurde die Art der Herstellung standardisiert. Im Jahr 2007 erstellte die US-amerikanische Arzneimittelbehörde (Food and Drug Association, FDA) die sogenannten guten Herstellungspraktiken (good manufacturing practices, GMPs) zur Standardisierung der Herstellung, Verpackung, Etikettierung und Lagerung von Nahrungsergänzungsmitteln. Diese GMPs leisten einen Beitrag zur Qualitätssicherung von Nahrungsergänzungsmitteln und zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung.

Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln

Ergänzungsmittel können die Wirkung verschreibungspflichtiger und rezeptfreier Medikamente beeinflussen. Diese Wechselwirkungen könnten die Wirkung eines Medikaments verstärken oder schwächen oder schwere Nebenwirkungen hervorrufen. Vor der Einnahme von Ergänzungsprodukten sollten Patienten ihren Arzt um Rat fragen, um Wechselwirkungen zu vermeiden. Bisher wurden nur wenige gut konzipierte Studien zur Erforschung von Wechselwirkungen zwischen Ergänzungsprodukten und Medikamenten durchgeführt. Die meisten Informationen dazu stammen aus einigen wenigen Berichten von Einzelpersonen zu Wechselwirkungen.

Weitere Bedenken hinsichtlich Nahrungsergänzungsmittel

Zusätzlich zu Wechselwirkungen mit Medikamenten gibt es weitere mögliche Probleme bei der Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln:

  • Ergänzungsmittel (insbesondere pflanzliche Präparate) sind nach der Herstellung möglicherweise nicht stabil und könnte daher zu einem unbeständigen oder sogar gar keinem Nutzen führen.

  • Im Gegensatz zu verschreibungspflichtigen Medikamenten gibt es oft kaum Hinweise auf die beste Dosis von Nahrungsergänzungsmitteln.

  • Die Patienten können Nahrungsergänzungsmittel anstelle der herkömmlichen, von ihrem Arzt verschriebenen Medikamente, anwenden.

  • Ergänzungsmittel könnten giftig und schädlich sein.

  • Ergänzungsmittel könnten zu einer falschen Diagnose eines medizinischen Problems beitragen, da der Placeboeffekt einen echten Nutzen simulieren kann, besonders, wenn der Patient und/oder der Arzt von den Ergänzungsmitteln überzeugt sind. Das Ansprechen auf eine Behandlung mit Ergänzungsmitteln als Folge eines Placebo- oder anderen Effekts könnte als Beweis missverstanden werden, der eine bestimmte, möglicherweise falsche Diagnose bestätigt.

  • Kleine Kinder und Schwangere sollten besonders vorsichtig mit Ergänzungspräparaten umgehen und diese nur in ganz bestimmten Situationen verwenden.

Um diese möglichen Probleme zu vermeiden oder zu lösen, ist es wichtig, dass Patienten ihre Ärzte über alle Nahrungsergänzungsmittel informieren, die sie anwenden.

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