Delir

VonJuebin Huang, MD, PhD, Department of Neurology, University of Mississippi Medical Center
Überprüft/überarbeitet Feb. 2023
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Als Delir wird eine akute, vorübergehende, meist reversible fluktuierende Störung der Aufmerksamkeit, der Kognition und des Bewusstseinsniveaus bezeichnet. Die Ursachen umfassen fast jede Krankheit oder Arzneimittelwirkung. Die Diagnose wird klinisch gestellt, Labortests und üblicherweise Bildgebungsverfahren dienen der Ursachenklärung. Die Behandlung besteht in der Korrektur der zugrunde liegenden Störung und unterstützenden Maßnahmen.

(Siehe auch Übersicht über Delir und Demenz.)

Ein Delir kann in jedem Alter auftreten, es ist jedoch bei älteren Patienten häufiger. Mindestens 10% der älteren Patienten, die in ein Krankenhaus eingeliefert werden, haben ein Delir; 15–50% erleben ein Delir irgendwann während eines stationären Aufenthalts. Ein Delir ist ebenfalls häufig nach Operationen und bei Bewohnern von Pflegeheimen und Patienten auf Intensivstationen. Wenn ein Delir bei jüngeren Menschen auftritt, ist es in der Regel auf die Verwendung eines Medikaments (Freizeitdroge oder Medikamente) oder eine lebensbedrohliche systemische Erkrankung zurückzuführen.

Ein Delir wird manchmal auch akuter Verwirrtheitszustand oder toxische oder metabolische Enzephalopathie genannt.

Delir und Demenz sind unterschiedliche Störungen, die jedoch manchmal nur schwer voneinander unterschieden werden können. Bei beiden ist die Kognition gestört; jedoch hilft Folgendes diese zu unterscheiden

  • Ein Dellir betrifft vor allem die Aufmerksamkeit, wird in der Regel durch eine akute Erkrankung oder Drogen- bzw. Arzneimitteltoxizität (zuweilen lebensbedrohlich) verursacht und ist häufig reversibel.

  • Eine Demenz betrifft hauptsächlich das Gedächtnis, wird in der Regel durch anatomische Veränderungen im Gehirn verursacht, zeigt einen langsamen Beginn und ist üblicherweise irreversibel.

Andere Charakteristika tragen auch dazu bei, die beiden Störungen zu unterscheiden (siehe Tabelle Unterschiede zwischen Delir und Demenz). Ein Delir entwickelt sich häufig bei Patienten mit Demenz; es wird als überlagerndes Delir bei Demenz bezeichnet. DSD kann bei bis zu 49% der Patienten mit Demenz während eines Krankenhausaufenthalts auftreten. Auch haben Patienten mit Delir ein höheres Risiko, an Demenz zu erkranken (1).

Allgemeiner Hinweis

  1. 1. Fong TG, Inouye SK:The inter-relationship between delirium and dementia: The importance of delirium prevention. Nat Rev Neurol 18 (10):579–596, 2022. doi: 10.1038/s41582-022-00698-7

Ätiologie des Delirs

Die häufigsten Ursachen von Delir sind:

  • Arzneimittel, insbesondere Anticholinergika, psychoaktive Substanzen oder Medikamente und Opioide

  • Dehydrierung

  • Infektion

Viele andere Störungen können ein Delir verursachen (siehe Tabelle Ursachen eines Delirs). Bei 10–20% der Patienten kann keine Ursache identifiziert werden.

Prädisponierende Faktoren sind Gehirnerkrankungen (z. B. Demenz, Schlaganfall, M. Parkinson), fortgeschrittenes Alter, sensorische Störungen (z. B. beeinträchtigtes Seh- oder Hörvermögen), Alkoholintoxikation und multiple Komorbiditäten.

Auslösende Faktoren sind: Gebrauch von Arzneimitteln (insbesondere 3 neue Medikamente), Infektion, Dehydrierung, Schock, Hypoxie, Anämie, Immobilität, Unterernährung, Einsatz von Blasenkathetern (mit oder ohne Harnverhalt), Krankenhausaufenthalt, Schmerz, Schlafentzug und emotionaler Stress. Unerkanntes Leber- oder Nierenversagen kann Arzneimitteltoxizität und Delir verursachen, indem der Stoffwechsel beeinträchtigt und die Clearance eines zuvor gut verträglichen Arzneimittels verringert wird.

Ein Delir kann ein häufiges Symptom bei älteren Patienten mit einer Viruserkrankung sein. So kann beispielsweise die Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) häufig ein Delir verursachen, ohne dass andere typische Symptome oder Anzeichen für COVID-19 vorliegen. Bei Patienten mit COVID-19 ist es wahrscheinlicher, dass das Delir zu einem schlechten Outcome bei Hospitalisierung (z. B. Notwendigkeit einer Intensivpflege) und zum Tod führt (1).

Eine kürzliche Exposition gegenüber Anästhetika erhöht ebenfalls das Risiko, besonders wenn die Narkose lange angedauert hat und wenn während der Operation Anticholinergika gegeben wurden. Postoperativ können Schmerzen und die Verwendung von Opioid-Analgetika zu einem Delir beitragen. Verminderte sensorische Reize bei Nacht können bei Risikopatienten ein Delir auslösen.

Für ältere Patienten auf einer Intensivstation ist das Risiko für ein Delir besonders hoch (Durchgangssyndrom). Ein nichtkonvulsiver Status epilepticus ist eine unterschätzte Ursache für einen veränderten mentalen Status bei Intensivpatienten, die in Betracht gezogen werden sollte.

Tabelle
Tabelle

Hinweis zur Ätiologie

  1. 1. Kennedy M, Helfand BKI, Gou RY, et al: Delirium in older patients with COVID-19 presenting to the emergency department. JAMA Netw Open 3 (11):e2029540, 2020. doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.29540

Pathophysiologie des Delirs

Die Mechanismen sind nicht vollständig verstanden, aber können folgendes umfassen

  • Reversible Beeinträchtigung des zerebralen oxidativen Stoffwechsels

  • Mehrere Neurotransmitter-Anomalien, besonders cholinergischer Mangel

  • Erzeugung von Entzündungsmarkern, einschließlich C-reaktivem Protein, Interleukin-1 beta und 6 und Tumornekrosefaktor-alpha

Stress jeder Art steigert den Sympathikotonus und mindert den Parasympathikotonus, wodurch die cholinerge Funktion behindert wird und dadurch zum Delir beiträgt. Gerade Ältere reagieren besonders empfindlich auf eine reduzierte cholinerge Neurotransmission, was ihr Risiko für ein Delir erhöht.

Unabhängig von der Ursache des Delirs kommt es zu einer Störung der Großhirnhemisphären oder der Arousal-Mechanismen des Thalamus und des "aufsteigenden retikulären Aktivierungssystems" (ARAS) im Hirnstamm.

Symptome und Anzeichen von Delir

Delirium ist in erster Linie charakterisiert durch

  • Schwierigkeiten bei der Fokussierung, Aufrechterhaltung oder dem Wechsel der Aufmerksamkeit (Unaufmerksamkeit).

Das Bewusstseinsniveau fluktuiert, die Patienten sind zu Zeit und manchmal zu Ort und zur Person desorientiert. Sie können Halluzinationen, Wahnvorstellungen und Paranoia haben. Verwirrtheit bezüglich alltäglicher Ereignisse und der täglichen Routine ist häufig, ebenso Veränderungen der Persönlichkeit und des Affekts. Das Denken wird desorganisiert, die Sprache ist oft gestört, mit markantem Nuscheln, Schnelligkeit, Neologismen, aphasischen Fehlern oder chaotischen Sprachmustern.

Die Symptome eines Delirs fluktuieren über Minuten bis Stunden; sie können tagsüber zurückgehen und sich in der Nacht verschlechtern.

Zu anderen Symptomen können auch unangemessenes Verhalten, Furchtsamkeit und Paranoia gehören. Die Patienten können reizbar, agitiert, hyperaktiv und überwach werden, oder umgekehrt ruhig, zurückgezogen und lethargisch. Sehr alte Menschen mit Delir neigen dazu, ruhig zu werden und sich zurückzuziehen–diese Veränderungen können möglicherweise als Depression missdeutet werden. Manche Patienten schwanken zwischen beiden Zuständen.

Meist sind die Schlafmuster und die Essgewohnheiten massiv gestört.

Aufgrund der vielen kognitiven Beeinträchtigungen ist die Krankheitseinsicht gering und die Urteilsfähigkeit gestört.

Andere Symptome und Beschwerden können je nach Ursache vorliegen.

Diagnose von Delir

  • Erhebung des psychopathologischen Befunds

  • Standard-Diagnostik-Kriterien zur Bestätigung eines Delirs

  • Gründliche Anamnese

  • Gezielte körperliche Untersuchung und ausgewählte Tests zur Ermittlung der Ursache

Ein Delir wird insbesondere bei älteren Patienten oft von Ärzten übersehen. Kliniker sollten bei einem älteren Patienten, der mit einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses oder der Aufmerksamkeit imponiert, ein Delir (und Demenz) in Betracht ziehen.

Erhebung des psychopathologischen Befunds

Patienten mit jedwedem Hinweis auf eine kognitive Beeinträchtigung benötigen eine formale Untersuchung des psychischen Status.

Zuerst wird die Aufmerksamkeit beurteilt. Einfache Tests beinhalten die sofortige Wiederholung der Namen von 3 Gegenständen, das Zahlennachsprechen (Fähigkeit, 7 Ziffern vorwärts und 5 Ziffern rückwärts zu wiederholen) und das Benennen der Wochentage vorwärts und rückwärts. Unaufmerksamkeit (der Patient nimmt Anweisungen oder andere Informationen nicht zur Kenntnis) muss von einem schlechten Kurzzeitgedächtnis (der Patient nimmt Informationen auf, vergisst sie aber sehr schnell) unterschieden werden. Weitergehende kognitive Tests sind bei Patienten, die Informationen nicht aufnehmen können, zwecklos.

Nach der Eingangsuntersuchung können standardisierte diagnostische Kriterien wie das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th Edition (DSM-5) oder die Confusion Assessment Method (CAM) eingesetzt werden.

Die folgenden Merkmale werden für die Diagnose eines Delirs nach DSM-5-Kriterien benötigt:

  • Störungen der Aufmerksamkeit (z. B. Probleme, zu fokussieren oder dem zu folgen, was gesagt wird) und des Bewusstseins (d. h. reduzierte Orientierung in der Umgebung)

  • Die Störung entwickelt sich über einen kurzen Zeitraum (über Stunden bis Tage) und neigt dazu, im Laufe des Tages zu schwanken.

  • Akute Veränderung der Kognition (z. B. Defizite von Gedächtnis, Sprache, Wahrnehmung, Denken)

Darüber hinaus müssen Hinweise aus der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und/oder von Labortests darauf hindeuten, dass die Störung durch eine medizinische Störung verursacht wird, eine Substanz (einschließlich Arzneimittel oder Toxine) oder Substanzentzug.

CAM verwendet die folgenden Kriterien:

  • Verändertes Bewusstseinsniveau (z. B. überwach, lethargisch, stuporös, komatös) oder Denkstörungen (z. B. ausschweifend, irrelevante Konversation, unlogischer Ideenfluss)

Anamnese

Die Anamnese wird durch Befragung von Angehörigen, Betreuern und Freunden erhoben. Sie kann feststellen, ob die psychischen Veränderungen neu sind und sich von einer eventuell zugrunde liegenden Demenz unterscheiden (siehe Tabelle Unterschiede zwischen Delir und Demenz). Die Anamnese hilft, eine psychische Störung von einem Delir zu differenzieren. Psychische Störungen verursachen, anders als ein Delir, fast nie eine Unaufmerksamkeit oder fluktuierendes Bewusstsein, und der Beginn psychischer Störungen ist nahezu immer subakut.

"Sundowning" (Verhaltensverschlechterung in den Abendstunden), das bei institutionalisierten Patienten mit Demenz häufig vorkommt, kann schwer zu unterscheiden sein; eine neue symptomatische Verschlechterung sollte bis zum Beweis des Gegenteils für ein Delir gehalten werden.

Die Anamnese sollte auch den Gebrauch von Alkohol, allen Freizeitdrogen, freiverkäuflichen und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln umfassen; gezielt sollte nach Arzneimitteln mit zentralnervösen Wirkungen gefragt werden und nach Ergänzungen, Unterbrechungen oder Dosisveränderungen bei der Medikamenteneinnahme, inkl. einer Überdosierung. Nahrungsergänzungsmittel (z. B. pflanzliche Produkte) sollten ebenfalls einbezogen werden.

Körperliche Untersuchung

Eine Untersuchung sollte sich, insbesondere bei Patienten, die nicht uneingeschränkt kooperieren, auf folgende Punkte konzentrieren:

  • Vitalzeichen

  • Hydrierungsstatus

  • Potenzielle Infektionsherde

  • Haut und Kopf und Nacken

  • Neurologische Untersuchung

Die Befunde können Hinweise auf die Ursache geben, wie bei den Folgenden:

  • Fieber, Meningismus oder Kernig- und Brudzinski-Zeichen sprechen für eine ZNS-Infektion.

  • Tremor und Myoklonus deuten auf Urämie, Leberversagen, Drogenintoxikation, Medikamententoxizität oder bestimmte Elektrolytstörungen (z. B. Hypokalzämie, Hypomagnesiämie) hin.

  • Ophthalmoplegie und Ataxie deuten darauf hin Wernicke-Enzephalopathie.

  • Fokale neurologische Anomalien (z. B. Hirnnervenlähmungen, motorische oder sensorische Defizite) oder ein Papillenödem sprechen für eine strukturelle ZNS-Läsion.

  • Kopfhaut- oder Gesichtsverletzungen, Blutergüsse, Schwellungen und andere Befunde von Kopfverletzungen legen ein Schädel-Hirn-Trauma nahe.

Tests

Zu den Tests gehören in der Regel:

  • CT oder MRT

  • Tests bei Verdacht auf Infektionen (z. B. Blutbild, Blutkulturen, Röntgenthorax, Urinalysis)

  • Bewertung für Hypoxie (Pulsoxymetrie oder arterielle Blutgase)

  • Die Messung von Elektrolyten, Blut-Harnstoff-Stickstoff, Kreatinin, Plasmaglukose und Blutspiegel von Drogen, die im Verdacht stehen, toxische Wirkungen zu haben

  • Ein Drogenscreening im Urin

Bei unklarer Diagnose können weitere Untersuchungen sein: Bestimmung von Leberwerten, Serumkalzium und Albumin, Thyreoidea-stimulierendem Hormon (TSH), Vitamin B12, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit und/oder C-reaktives Protein (CRP)und antinukleären Antikörpern und ein Test auf Syphilis (z. B. Rapid-Plasma-Reagin-Test [RPR] oder Veneral Disease Research Laboratory [VDRL]).

Wenn die Diagnose weiterhin unklar ist, können die Tests eine Liquoranalyse (insbesondere zum Ausschluss einer Meningitis, Enzephalitis oder Subarachnoidalblutung), eine Serum-Ammoniak-Bestimmunung und Tests auf Schwermetalle einschließen.

Besteht der Verdacht auf nichtkonvulsive Anfallsaktivität, einschließlich Status epilepticus (erkennbar an subtilen motorischen Zuckungen, Automatismen und einem fluktuierenden Muster von Verwirrtheit und Schläfrigkeit), sollte eine Elektroenzephalographie (EEG) durchgeführt werden.

Behandlung von Delirium

  • Korrektur der Ursache und Beseitigung von verstärkenden Faktoren

  • Unterstützende Behandlung

  • Beherrschen der Agitation

Korrigieren der Ursache (z. B. Infektionsbehandlung, Gabe von Flüssigkeit und Elektrolyten gegen Dehydrierung) und Beseitigen von verstärkenden Faktoren (z. B. Absetzen von Medikamenten) kann zum Rückgang des Delirs führen. Nährstoffmangel (z. B. von Thiamin oder Vitamin B12) sollte ausgeglichen werden, für eine gute Ernährung und Flüssigkeitszufuhr ist zu sorgen.

Allgemeine Maßnahmen

Die Umgebung sollte gleichbleibend, ruhig und gut beleuchtet sein, mit visuellen Orientierungshilfen für den Patienten (z. B. Kalender, Uhren, Familienfotos). Eine häufige Reorientierung und Rückversicherung durch die Pflegepersonen oder Angehörigen ist auch hilfreich. Sensorische Defizite sollten minimiert werden (z. B. Ersatz von Batterien in Hörgeräten, Aufforderung des Patienten, seine Brillen und Hörgeräte auch zu benutzen).

Der Behandlungsansatz sollte interdisziplinär sein (mit Arzt, Physio- und Ergotherapeuten, Pflegekräften und Sozialarbeitern); er sollte Strategien zur Erhöhung der Mobilität und des Bewegungsradius umfassen, die Behandlung von Schmerz und Unbehagen, Hautläsionen vorbeugen, Inkontinenz bessern und das Aspirationsrisiko minimieren.

Agitiertheit kann sowohl das Wohlbefinden des Patienten als auch der Pflegekräfte und Krankenhausmitarbeiter erheblich stören. Eine möglichst konsequente Vereinfachung der medikamentösen Therapie und das Vermeiden von IV-Zugängen, Blasenkathetern und Fixierung (v. a. in der Langzeitpflegeversorgung) können helfen, einer Exazerbation der Agitiertheit vorzubeugen und das Verletzungsrisiko zu reduzieren. Jedoch kann eine Fixierung unter bestimmten Umständen nötig sein, um die Patienten vor Selbstverletzung oder Fremdschädigung zu schützen. Eine Fixierung sollte nur durch Personal, das im Umgang mit diesen Materialien ausgebildet ist, angelegt werden; sie sollte spätestens alle 2 h gelöst werden, um Verletzungen vorzubeugen, und so bald wie möglich abgebrochen werden. Der Einsatz von Sitzwachen zur kontinuierlichen Beobachtung kann helfen, die Notwendigkeit zur Fixierung zu vermeiden.

Familienmitgliedern zu erklären, was Delir eigentlich bedeutet, kann ihnen helfen, damit zurechtzukommen. Es sollte ihnen gesagt werden, dass ein Delir in der Regel reversibel ist, dass kognitive Defizite aber oft erst nach Wochen oder Monaten nach dem Rückgang der akuten Erkrankung abklingen.

Medikamente

Arzneimittel, typischerweise niedrig dosiertes Haloperidol (0,5–1,0 mg p.o., IV oder i.m. einmal, dann wiederholt alle 1–2 h nach Bedarf), kann Agitation oder psychotische Symptome reduzieren; fallweise sind viel höhere Dosen erforderlich. Jedoch beheben Arzneimittel nicht das zugrunde liegende Problem und können ein Delir verlängern oder verschärfen.

Atypische Antipsychotika (Antipsychotika der zweiten Generation) (z. B. Risperidon 0,5–3 mg p.o. alle 12 Stunden, Olanzapin 2,5–15 mg proTag p.o., Quetiapine 25 bis 200 mg p.o. alle 12 Stunden) können bevorzugt werden, weil sie weniger extrapyramidale Nebenwirkungen auslösen; allerdings kann der Langzeitgebrauch zu Gewichtszunahme und Hyperlipidämie führen und das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen. Bei älteren Patienten mit demenzbedingter Psychose erhöhen diese Medikamente das Risiko für Schlaganfall und Tod. Diese Medikamente werden in der Regel oral und nicht parenteral verabreicht.

Benzodiazepine (z. B. Lorazepam 0,5–1,0 mg p.o. oder IV einmal, dann wiederholt alle 1–2 h nach Bedarf) sind die Mittel der Wahl bei Delir durch Alkohol- oder Benzodiazepinentzug. Ihr Wirkungseintritt ist schneller (5 min nach parenteraler Verabreichung) als der von Antipsychotika. Benzodiazepine sollten vermieden werden, wenn ein Delir durch andere Störungen begründet ist, da sich durch diese Arzneimittel Verwirrtheit und Sedierung verschlechtern.

Prognose bei Delir

Die Morbiditäts- und Mortalitätsraten sind bei Patienten erhöht, die ein Delir haben und ins Krankenhaus eingewiesen werden oder bei denen sich ein Delir während der stationären Behandlung entwickelt; 35–40% der stationären Delirpatienten sterben innerhalb eines Jahres. Diese Preise können hoch sein, zum Teil, weil solche Patienten in der Regel dazu tendieren älter zu sein und andere schwere Erkrankungen zu haben.

Ein Delir, das auf bestimmte Ursachen zurückzuführen ist (z. B. Hypoglykämie, Drogen- oder Alkoholintoxikation, Infektion, iatrogene Faktoren, Arzneimitteltoxizität, Elektrolytverschiebungen) bildet sich unter der Behandlung schnell zurück. Jedoch kann die klinische Erholung langsamer verlaufen (über Tage oder sogar Wochen und Monate), besonders bei älteren Patienten, was zu längeren Krankenhausaufenthalten, einem größeren Risiko für und einer erhöhten Schwere von Komplikationen, gesteigerten Kosten und einer Langzeitbehinderung führen kann. Einige Patienten erholen sich nicht mehr vollständig von einem Delir. Bis zu 2 Jahre nach Auftreten eines Delirs ist das Risiko für kognitive und funktionelle Verschlechterungen, Heimunterbringung und Tod erhöht. In einer durchgeführten Metaanalyse wurde festgestellt, dass ein Delirium bei chirurgischen und nicht chirurgischen Patienten signifikant mit kognitiven Beeinträchtigungen verbunden ist, die ≥ 3 Monate nach der Delirium-Episode anhalten (1).

Hinweis zur Prognose

  1. 1. Goldberg TE, Chen C, Wang Y, et al: Association of delirium with long-term cognitive decline: A meta-analysis. JAMA Neurol 77 (11):1373–1381, 2020. doi:10.1001/jamaneurol.2020.2273. Online ahead of print.

Prävention von Delirium

Da sich durch ein Delir die Prognose für stationäre Patienten deutlich verschlechtert, sollte Wert auf Prävention gelegt werden. Krankenhausmitarbeiter sollten in Maßnahmen geschult werden, die die Orientierung, Mobilität und Kognition erhalten und den Schlaf, eine gute Ernährung und Flüssigkeitszufuhr sowie eine ausreichende Schmerzlinderung zu gewährleisten, insbesondere bei älteren Patienten. Familienmitglieder können ermutigt werden, bei diesen Maßnahmen behilflich zu sein.

Die Anzahl und Dosis von Arzneimitteln sollte nach Möglichkeit reduziert werden.

Grundlagen der Geriatrie bei Delir

Ein Delir tritt häufiger bei älteren Menschen auf. Etwa 15–50% der älteren Patienten erleben irgendwann während eines Krankenhausaufenthalts ein Delir. Für ältere Patienten auf einer Intensivstation ist das Risiko für ein Delir besonders hoch (Durchgangssyndrom).

Stress jeglicher Art beeinträchtigt die cholinerge Funktion und trägt so zum Delir bei. Gerade Ältere reagieren besonders empfindlich auf eine reduzierte cholinerge Neurotransmission, was ihr Risiko für ein Delir erhöht. Anticholinergika können dazu beitragen.

Ein Delir ist oft das erste Anzeichen einer anderen, manchmal schwerwiegenden Erkrankung bei älteren Menschen.

Zu den Ursachen für ein Delir bei älteren Menschen gehören oft weniger schwere Bedingungen:

Bestimmte altersbedingte Veränderungen machen ältere Menschen anfälliger für die Entwicklung eines Delirs:

  • Eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Medikamenten (insbesondere Sedativa, Anticholinergika und Antihistaminika)

  • Veränderungen im Gehirn (z. B. Atrophie, niedrigerer Acetylcholinspiegel)

  • Das Vorhandensein von Erkrankungen, die das Risiko eines Delirs erhöhen (z. B. Schlaganfall, Demenz, Parkinson-Krankheit, andere neurodegenerative Erkrankungen, Polypharmazie, Dehydrierung, Unterernährung, Immobilität)

Das offensichtlichste Symptom eines Delirs, die Verwirrtheit, kann bei älteren Menschen schwieriger zu erkennen sein. Jüngere Menschen mit Delir können unruhig sein, aber sehr alte Menschen neigen dazu, ruhig und verschlossen zu werden - Veränderungen, die fälschlicherweise für Depressionen gehalten werden können. In solchen Fällen ist es noch schwieriger, ein Delir zu erkennen.

Wenn sich bei einem älteren Menschen eine Psychose entwickelt, deutet dies in der Regel auf ein Delir oder eine Demenz hin. Eine Psychose aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung beginnt selten im Alter.

Ein Delir kann ein häufiges Symptom bei älteren Patienten mit einer Viruserkrankung sein. So kann sich COVID-19 beispielsweise als Delir ohne andere typische Symptome oder Anzeichen von COVID-19 manifestieren. Delir ist auch mit einem schlechten Outcome bei Hospitalisierung (z. B. Notwendigkeit einer Intensivpflege) und Tod bei Patienten mit COVID-19 assoziiert (1).

Gedächtnisstörungen und Unaufmerksamkeit können auch die ersten Symptome eines Delirs bei älteren Menschen sein.

Bei älteren Menschen dauert das Delir in der Regel länger, und die Genesung kann sich nur langsam vollziehen (Tage bis hin zu Wochen oder Monaten), was zu längeren Krankenhausaufenthalten, einem höheren Risiko und einer größeren Schwere von Komplikationen, höheren Kosten und langfristiger Behinderung führt. Einige Patienten erholen sich nicht mehr vollständig von einem Delir.

Da ältere Patienten eher an Demenz erkrankt sind, wird ein Delir von Klinikern oft übersehen. Kliniker sollten bei einem älteren Patienten, der mit einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses oder der Aufmerksamkeit imponiert, ein Delir in Betracht ziehen.

Tipps und Risiken

  • Bei älteren Patienten mit Gedächtnis- oder Aufmerksamkeitsstörungen ist an ein Delir zu denken.

Die Behandlung des Delirs durch ein interdisziplinäres Team mit vielschichtigen Maßnahmen kann älteren Patienten zugute kommen, da ein Delir und der damit verbundene Krankenhausaufenthalt in der Regel zu iatrogenen Problemen (z. B. Unterernährung, Dehydratation, Druckulzera) führen kann. Diese Probleme können bei älteren Patienten schwerwiegende Folgen haben.

Geriatrie-Grundlagen

  1. 1. Kennedy M, Helfand BKI, Gou RY, et al: Delirium in older patients with COVID-19 presenting to the emergency department. JAMA Netw Open 3 (11):e2029540, 2020. doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.29540

Wichtige Punkte

  • Ein Delir, das sehr häufig bei stationären älteren Patienten vorkommt, wird oft durch Arzneimittel, Dehydrierung und Infektionen (z. B. Harnwegsinfektion) verursacht, es kann aber auch viele andere Ursachen haben.

  • Ziehen Sie bei älteren Patienten ein Delir in Betracht, insbesondere bei solchen, die Gedächtnisstörungen oder Unaufmerksamkeit zeigen.

  • Die mit Familienmitgliedern, Betreuern und Freunden erhobene Anamnese und die Überprüfung des mentalen Status sind der Schlüssel zum Erkennen eines Delirs.

  • Beurteilen Sie Patienten mit einem Delir gründlich hinsichtlich möglicher neurologischer und systemischer Ursachen und Auslöser.

  • Überprüfen Sie die Medikamenteneinnahme des Patienten gründlich und setzen Sie alle Medikamente ab, die möglicherweise dazu beitragen.

  • Etwa 35–40% der hospitalisierten Patienten mit Delir sterben innerhalb eines Jahres.

  • Behandeln Sie die Ursache des Deliriums und stellen Sie unterstützende Pflege bereit, erforderlichenfalls auch mit Medikamenten, falls nötig.