Wie der Mental-Status zu beurteilen ist

VonGeorge Newman, MD, PhD, Albert Einstein Medical Center
Überprüft/überarbeitet Aug. 2023
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    Die Untersuchung des mentalen Status dient dazu, die Bewusstseinslage und den Inhalt des Bewusstseins des Patienten zu beurteilen. Patienten gelten als aufmerksam, wenn sie ihre Umgebung aktiv wahrnehmen und die nächsten Handlungen des Untersuchers und ihre eigenen antizipieren. Ein Patient gilt als komatös, wenn er auf keinerlei Reize reagiert.

    Bei allen anderen intermediären Bewusstseinszuständen ist es am besten, sich nicht ausschließlich auf ungenau definierte beschreibende Begriffe zu verlassen (z. B. schläfrig, lethargisch, stuporös), da diese Begriffe subjektiv sind und anderen Untersuchern nicht helfen zu beurteilen, ob sich der Zustand des Patienten verbessert oder verschlechtert. Solche beschreibenden Begriffe sollten durch detailliertere, auf Beobachtungen basierende Beschreibungen, wie die folgenden, ergänzt werden:

    • ob und wie ein schlafender oder scheinbar bewusstloser Patient geweckt werden kann;

    • ob der Patient wiederholte Anweisungen benötigt;

    • ob die Anomalien des Patienten kontinuierlich oder intermittierend sind.

    Wenn der Patient nicht wach ist, ist es am besten, Folgendes zu dokumentieren:

    • Welcher Reiz ist erforderlich, um den Patienten zu wecken (z. B. Stimme, taktile Stimulation, schädliche Stimulation)

    • Wie der Patient auf den Stimulus reagiert (z. B. unspezifische Bewegungen, Augenöffnung, Verbalisierung, Grad der Kooperation)

    • Wie lange der Patient auf dem Poststimulationsniveau weiterarbeitet, bevor er auf das nicht stimulierte Niveau zurückkehrt

    Der Inhalt des Bewusstseins kann nur dann genau charakterisiert werden, wenn der Patient wach und aufmerksam ist; der Versuch, dies zu tun, lohnt sich in der Regel nicht, da die Ergebnisse möglicherweise nicht die zugrunde liegenden Fähigkeiten des Patienten widerspiegeln. Daher wird zunächst die Aufmerksamkeitsspanne des Patienten bewertet; ein unaufmerksamer Patient kann nicht vollständig kooperieren, was die Tests einschränkt.

    Die Untersuchung des mentalen Status dient dazu, bei einem bewussten Patienten bestimmte Teile des Gehirns zu testen. So weisen beispielsweise Sprach- und Rechenprobleme auf die dominante Hemisphäre, räumliche Vernachlässigung auf die nicht dominante Hemisphäre und Apraxien auf die kontralateralen sensomotorischen Areale der kontralateralen Gehirnhälfte hin.

    Jeder Hinweis auf eine kognitive Einschränkung erfordert die Erhebung des psychischen Befunds (siehe Seitenleiste Untersuchung des mentalen Status), der die Überprüfung vieler Aspekte der kognitiven Funktion umfasst, wie der Folgenden:

    • Orientierung bzgl. Zeit, Ort und Person

    • Aufmerksamkeit und Konzentration

    • Gedächtnis

    • Verbale und mathematische Fähigkeiten

    • Urteilsvermögen

    • Argumentation

    Ein personenbezogener Orientierungsverlust (d. h. den eigenen Namen nicht zu kennen) kommt nur vor, wenn Bewusstseinstrübung, Delir oder Demenz ausgeprägt sind; tritt er als isoliertes Symptom auf, liegt eine Simulation nahe.

    Krankheitseinsicht und Grundwissen in Bezug auf den Bildungsgrad werden bewertet, ebenso auch Affekt und Stimmung. Das Vokabular korreliert in der Regel mit Bildungsniveau.

    Der Patient wird gebeten, folgendes tun:

    • Befolgen Sie eine komplexe Anweisung, die 3 Körperteile einbezieht und zwischen links und rechts unterscheidet (z. B. „Legen Sie den rechten Daumen an Ihr linkes Ohr und strecken Sie die Zunge heraus“).

    • Nennen Sie einfache Objekte und Teile dieser Objekte (z. B. Brille und Linse, Gürtel und Gürtelschnalle)

    • Körperteile zu benennen, zu lesen, zu schreiben und einfache Sätze zu wiederholen; wenn Defizite erkennbar sind, werden andere Aphasietests benötigt.

    Die räumliche Orientierung kann überprüft werden, indem der Patient gebeten wird, einfache und komplexe Fingerkonstruktionen zu imitieren und ein Zifferblatt, einen Würfel oder ein Haus zu zeichnen oder zwei überlappende Fünfecke; die aufgewandte Anstrengung ist oft so aussagekräftig wie das Resultat. Dieser Test kann mangelnde Ausdauer, Perseveration, Mikrographie und Hemineglekt identifizieren.

    Die Praxie (kognitive Fähigkeit, komplexe motorische Bewegungen auszuführen) kann beurteilt werden, indem der Patient aufgefordert wird, eine Zahnbürste oder einen Kamm zu benutzen, ein Streichholz anzünden oder mit den Fingern zu schnippen.

    (Siehe auch Untersuchung des Patienten mit psychischen Symptomen und Einführung in die Neurologische Untersuchung.)

    Prüfung des mentalen Status

    Erhoben werden die aktuellen geistigen Fähigkeiten, wobei das allgemeine Erscheinungsbild, das Verhalten, ungewöhnliche oder bizarre Überzeugungen und Wahrnehmungen (z. B. Sinnestäuschungen, Halluzinationen), die Stimmung und alle Aspekte der Kognition (z. B. Aufmerksamkeit, Orientierung, Gedächtnis) beurteilt werden.

    Die Untersuchung des mentalen Status erfolgt bei allen Patienten, bei denen dieser verändert ist, oder bei sich entwickelnder kognitiver Beeinträchtigung, sowohl akut als auch chronisch. Es stehen zahlreiche Screeninginstrumente zur Verfügung, die folgenden sind extrem nützlich:

    • Montreal Cognitive Assessment (MOCA) für ein allgemeines Screening, da es ein breites Spektrum kognitiver Funktionen abdeckt (z. B. Aufmerksamkeit, Konzentration, exekutive Funktionen, Gedächtnis, Sprache, visuell-räumliche Fähigkeiten, Abstraktion, Berechnung, Orientierung)

    • "Mini-Mental State Examination", wenn Patienten in Bezug auf die Alzheimer-Krankheit bewertet werden, weil sie auf Testspeicher fokussiert ist

    Die Ausgangsbefunde werden aufgezeichnet, die Untersuchung wird jährlich wiederholt bzw. wenn Verdacht auf eine Änderdung des mentalen Status besteht.

    Patienten sollten darauf hingewiesen werden, dass die Aufnahme des mentalen Status routinemäßig erfolgt und sie dadurch nicht bloßgestellt werden sollen.

    Die Prüfung wird in einem ruhigen Raum durchgeführt, und der Untersucher sollte sicherstellen, dass die Patienten die Fragen klar und deutlich hören können. Patienten, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sollten in der Sprache, die sie fließend sprechen, befragt werden.

    Die Überprüfung des mentalen Status bewertet verschiedene Bereiche kognitiver Funktion. Der Untersucher muss zunächst die Aufmerksamkeit des Patienten sicherstellen — z. B. indem er deren Aufmerksamkeit festellt während die Anamnese durchgeführt wird oder indem die Patienten sofort 3 Wörter wiederholen sollen. Einen unaufmerksamen Patienten weiter zu testen, ist nicht sinnvoll.

    Die Parameter, wie kognitive Funktionen getestet werden und Beispiele, wie diese zu testen sind, umfassen Folgende:

    Orientierung

    Testung der 3 Parameter für Orientierung:

    • Person (Wie heißen Sie?)

    • Zeit (Welches Datum haben wir heute?)

    • Platz (Wie heißt der Ort, an dem wir hier sind?)

    Kurzzeitgedächtnis

    Bitten Sie den Patienten, sich nach einer Verzögerung von 2 bis 5 min an 3 Objekte zu erinnern.

    Langzeitgedächtnis

    Stellen Sie dem Patienten eine Frage zur Vergangenheit wie "Welche Farbe hatte Ihre Hochzeitskleidung?" oder "Welche Marke hatte Ihr erstes Auto?"

    Rechnen

    Verwenden Sie eine einfache Rechenaufgabe. Gebräuchlich sind 7er-Reihen: Der Patient wird aufgefordert, mit 100 zu beginnen und 7 zu subtrahieren, dann 7 von 93 usw. Alternativ können Sie auch fragen, wie viele Fünf-Cent-Münzen in 1,35 US-Dollar enthalten sind.

    Wordfindung

    Bitten Sie den Patienten, in 1 min so viele Objekte einer Kategorie wie möglich zu nennen, z. B. Kleidungsstücke oder Tiere.

    Aufmerksamkeit und Konzentration

    Lassen Sie den Patienten ein Wort mit 5 Buchstaben vorwärts und rückwärts buchstabieren. " z. B. kann das Wort "Abend" verwendet werden.

    Benennen von Gegenständen

    Zeigen Sie ein Objekt, z. B. einen Stift, ein Buch oder ein Lineal, und bitten Sie den Patienten, dieses und einen Teil davon zu benennen.

    Aufeinanderfolgende Anweisungen

    Beginnen Sie mit einer einfachen Anweisung wie "Berühren Sie Ihre Nase mit der rechten Hand". Testen Sie dann ein 3-stufiges Kommando wie "Nehmen Sie dieses Stück Papier in die rechte Hand. Falten Sie es in der Mitte. Legen Sie das Papier auf den Boden."

    Schreiben

    Bitten Sie den Patienten, einen Satz zu schreiben. Der Satz sollte ein Subjekt und ein Objekt haben und sinnvoll sein. Rechtschreibfehler sollten ignoriert werden.

    Räumliche Orientierung

    Lassen Sie den Patienten ein Haus oder eine Uhr zeichnen mit einer bestimmten Uhrzeit. Oder bitten Sie den Patienten, 2 sich überschneidende Fünfecke zu zeichnen.

    Abstraktes Denken

    Fordern Sie den Patienten auf, 3 oder 4 Objekte einer gemeinsamen Kategorie zuzuordnen (z. B. Obst, Transportfahrzeuge, Musikinstrumente). Bitten Sie den Patienten, eine relativ einfaches Sprichwort zu interpretieren wie "Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen."

    Urteilsvermögen

    Fragen Sie den Patienten nach einer hypothetischen Situation, die ein gutes Urteilsvermögen erfordert, z. B. "Was würden Sie tun, wenn Sie einen frankierten Brief auf dem Bürgersteig finden würden?" Die richtige Antwort ist, ihn in den Briefkasten zu werfen; den Brief zu öffnen, lässt auf eine Persönlichkeitsstörung schließen.