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Psychiatrische Erstbeurteilung

VonMichael B. First, MD, Columbia University
Überprüft/überarbeitet Okt. 2024
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Quellen zum Thema

Patienten mit psychiatrischen Symptomen oder Bedenken oder gestörtem Verhalten treten in verschiedenen klinischen Umgebungen auf, einschließlich der Primärversorgung und der dringenden oder Notfallversorgung Symptome oder Bedenken können neu sein oder eine Fortsetzung einer Vorgeschichte psychiatrischer Probleme darstellen. Die Symptome können durch eine psychiatrische Erkrankung oder durch eine allgemeine Erkrankung verursacht werden. Die Methode der Beurteilung hängt davon ab, ob die Symptome einen Notfall darstellen oder bei einem Routinebesuch gemeldet werden. Bei einem Notfall muss sich ein Arzt stärker auf die aktuelle medizinische Vorgeschichte, die Symptome und das Verhalten konzentrieren, um entscheiden zu können, wie vorzugehen ist. Bei einem geplanten Arzttermin ist eine tiefer gehende Beurteilung angezeigt.

Die routinemäßige psychiatrische Beurteilung umfasst die allgemeinmedizinische und psychiatrische Bewertung sowie die Erhebung des mentalen Status. (Siehe auch the American Psychiatric Association’s Psychiatric Evaluation of Adults Quick Reference Guide, 3rd Edition [1].)

Hinweis

  1. 1. Silverman JJ, Galanter M, Jackson-Triche M, et al; American Psychiatric Association: The American Psychiatric Association practice guidelines for the psychiatric evaluation of adults. Am J Psychiatry 172(8):798-802, 2015. doi: 10.1176/appi.ajp.2015.1720501

Anamnese

Der Arzt sollte zunächst feststellen, ob der Patient eine genaue Anamnese liefern kann (d. H. ob der Patient relativ kognitiv intakt ist) und ob er auf anfängliche Fragen bereitwillig und kohärent antworten kann. Falls nicht, werden Informationen von Familienangehörigen, Pflegepersonen oder anderen zusätzlichen Quellen (z. B. Sozialarbeitern, Polizei) eingeholt. Selbst wenn ein Patient kommunikationsfähig ist, können enge Familienmitglieder, Freunde oder andere Personen, die über die medizinische und soziale Situation des Patienten Bescheid wissen, zusätzliche klinisch nützliche Informationen liefern. Frühere psychiatrische Beurteilungen, Behandlungen und der Grad der Einhaltung früherer Behandlungen werden überprüft.

Das psychiatrische Interview sollte von einem erfahrenen Kliniker durchgeführt werden. Es sollten offene Fragen gestellt werden, und es sollte genügend Zeit eingeplant werden, damit sich die Patienten wohl fühlen und relevante Informationen erhalten. Dies ermöglicht es den Patienten, ihre Geschichte in ihren eigenen Worten zu erzählen, die damit verbundenen sozialen Umstände zu beschreiben und emotionale Reaktionen zu offenbaren

Das Interview sollte zunächst erkunden, was den Bedarf an einer psychiatrischen Beurteilung ausgelöst hat (z. B. unerwünschte oder unangenehme Gedanken, problematisches Verhalten), einschließlich des Ausmaßes, in dem die auftretenden Symptome den Patienten beeinträchtigen oder seine sozialen, beruflichen und zwischenmenschlichen Funktionen stören. Der Interviewer versucht dann, einen umfassenderen Überblick über die körperlichen Symptome des Patienten zu gewinnen, indem er bedeutende Lebensereignisse – aktuelle und vergangene – und die Reaktionen des Patienten darauf überprüft (siehe Tabelle Psychiatrische Erstbeurteilung)

Psychiatrische, medizinische, soziale und entwicklungsbezogene Anamnesen werden überprüft. Die derzeitige Medikation sowie relevante frühere Medikationen werden vermerkt. Eine Überprüfung der Organsysteme auf andere Symptome, die nicht im Rahmen der psychiatrischen Anamnese beschrieben werden, ist wichtig. Die Konzentration nur auf die präsentierenden Symptome unter Ausschluss der Vorgeschichte und anderer Symptome kann dazu führen, dass eine falsche Primärdiagnose gestellt wird (und somit die falsche Behandlung empfohlen wird) und andere psychiatrische oder medizinische Komorbiditäten fehlen. z. B. wenn man bei einem Patienten mit Depression nicht nach vergangenen manischen Episoden fragt, könnte dies zu einer falschen Diagnose führen. der Major Depression statt der bipolaren Störung. Darüber hinaus können durch eine gründliche Anamnese und eine Überprüfung der körperlichen Symptome mögliche allgemeinmedizinische Ursachen für psychiatrische Symptome (z. B. eine Hyperthyreose als mögliche Ursache von Angstzuständen) ermittelt werden.

Tabelle
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Das sich ergebende Persönlichkeitsprofil kann auf adaptive Persönlichkeitsmerkmale hinweisen (z. B. Offenheit für Erfahrungen, Pflichtbewusstsein) und auf solche, die für eine schlechte Anpassung sprechen (z. B. Ichbezogenheit, Abhängigkeit, geringe Frustrationstoleranz), und die verwendeten Copping-Mechanismen aufzeigen. Das Gespräch kann Obsessionen (unerwünschte und belastende Gedanken oder Impulse), Zwänge (exzessive, sich wiederholende, zielgerichtete Verhaltensweisen, zu denen sich eine Person getrieben fühlt) und Wahnvorstellungen (feste falsche Überzeugungen, an denen trotz gegenteiliger Beweise festgehalten wird) aufdecken und feststellen, ob sich der Leidensdruck in körperlichen Symptomen (z. B. Kopf- oder Bauchschmerzen), psychischen Symptomen (z. B. phobisches Verhalten, Depressionen) oder sozialem Verhalten (z. B. Rückzug, Aufsässigkeit) äußert. Der Patient sollte ebenfalls nach seiner Einstellung gegenüber psychiatrischen Behandlungen, inkl. Medikamenten und Psychotherapie, gefragt werden, damit diese Information im Behandlungsplan berücksichtigt werden kann.

Der Interviewer sollte feststellen, ob eine allgemeine medizinische Erkrankung oder deren Behandlung eine psychiatrische Erkrankung verursacht oder verschlimmert (siehe Medizinische Beurteilung des Patienten mit psychischen Symptomen). Zusätzlich zu den direkten Auswirkungen (z. B. Symptomen, einschließlich psychiatrischer), verursachen viele allgemeine medizinische Erkrankungen enormen Stress und erfordern Bewältigungsmechanismen, um den mit der Erkrankung verbundenen Druck standzuhalten. Viele Patienten mit schweren medizinischen Erkrankungen erleben eine Art von Anpassungsstörung, und bei Patienten mit zugrunde liegenden psychiatrischen Störungen kann es zu einer Verschlechterung ihrer Symptome kommen.

Die Beobachtung des Verhaltens und Auftretens des Patienten während eines Interviews kann Hinweise auf psychiatrische oder allgemeine medizinische Störungen liefern. So kann die Körpersprache Einstellungen und Gefühle sichtbar machen, die der Patient leugnet. Zappelt der Patient z. B. und läuft er hin und her, obwohl er jegliche Angst abstreitet? Scheint der Patient traurig zu sein, obwohl er depressive Gefühle verneint? Das allgemeine Erscheinungsbild kann ebenfalls Hinweise liefern. Zum Beispiel, wie ist die Hygiene des Patienten? Sind ein Zittern oder herabhängende Gesichtszüge zu erkennen?

Erhebung des mentalen Status

Eine psychische Statusuntersuchung verwendet Beobachtungen und Fragen, um verschiedene Bereiche der psychischen Funktion zu bewerten, darunter

  • Sprache

  • Emotionaler Ausdruck

  • Denken und Wahrnehmung

  • Kognitive Funktionen

Kurze standardisierte Screening-Fragebögen sind verfügbar, um bestimmte Komponenten der Untersuchung des mentalen Status zu bewerten, einschließlich solcher, die speziell zur Beurteilung von Orientierung und Gedächtnis sowie von Symptomen von Depression und Angst entwickelt wurden. Solche standardisierten Bewertungen können während eines routinemäßigen Arztbesuchs verwendet werden, um Patienten zu screenen, die wichtigsten Symptome zu identifizieren und eine Basislinie für die Messung des Ansprechens auf die Behandlung bereitzustellen. Screening-Instrumente können jedoch eine umfassendere und detaillierte Erhebung des mentalen Status nicht ersetzen.

Das allgemeine Erscheinungsbild sollte auf nonverbale Hinweise auf zugrunde liegende Störungen geprüft werden. Zum Beispiel kann das Aussehen der Patienten helfen festzustellen, ob sie

  • Sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen (z. B. erscheinen sie unterernährt, zerzaust oder unangemessen für das Wetter gekleidet oder haben einen erheblichen Körpergeruch)

  • Sind nicht in der Lage oder nicht bereit, soziale Normen einzuhalten (z. B. sind sie in sozial unangemessener Kleidung gekleidet)

  • Haben Substanzkonsum betrieben oder Selbstverletzungsversuche unternommen (z. B. haben sie einen Alkoholgeruch, Narben, die auf intravenösen Drogenkonsum oder selbst zugefügte Verletzungen hinweisen).

Die Sprache kann anhand von Spontaneität, Syntax, Geschwindigkeit und Lautstärke beurteilt werden. Ein Patient mit Depression spricht evtl. eher langsam und leise, ein Patient mit Manie eher schnell und laut. Anomalien wie Dysarthrien und Aphasien können auf eine allgemeine medizinische Ursache für Veränderungen des mentalen Status hinweisen, wie z. B. Kopfverletzungen, Schlaganfall, Hirntumor oder Multiple Sklerose.

Der emotionale Ausdruck kann beurteilt werden, indem man die Patienten bittet, ihre Gefühle zu beschreiben. Tonlage, Haltung, Gestik und Mimik des Patienten sind zu berücksichtigen. Die Stimmung (vom Patienten angegebener emotionaler Zustand) und der Affekt (Ausdruck des emotionalen Zustands des Patienten, wie er vom Fragesteller beobachtet wird) sollten bewertet werden. Der Affekt und seine Reichweite (d. h. voll oder eingeschränkt) sollten ebenso beachtet werden wie die Angemessenheit des Affekts auf den Gedankeninhalt (z. B. geduldiges Lächeln während der Diskussion eines tragischen Ereignisses).

Denken und Wahrnehmung lassen sich beurteilen, indem nicht nur darauf geachtet wird, was kommuniziert wird, sondern auch darauf, wie es kommuniziert wird. Anormale Inhalte können folgende Formen annehmen:

  • Wahnvorstellungen (falsche, feste Überzeugungen)

  • Selbstbezogenheit (harmlose oder zufällige Ereignisse haben eine starke persönliche Bedeutung, z. B. wenn man Menschen auf der Straße lachen sieht und annimmt, dass diese über einen selbst lachen)

  • Obsessionen (wiederkehrende, anhaltende, unerwünschte und aufdringliche Gedanken, Triebe oder Bilder)

Der Arzt kann feststellen, ob die Gedankengänge miteinander verbunden und zielgerichtet zu sein scheinen und ob die Gedankenübergänge logisch sind. Patienten, die an Manie oder Psychose leiden, können ungeordnete Gedanken oder einen abrupten Gedankensprung haben.

Kognitive Funktionen schließen folgendes beim Patienten ein

  • Stufe der Aufmerksamkeit

  • Aufmerksamkeit oder Konzentration

  • Orientierung bzgl. Person, Ort und Zeit

  • Sofortiges, Kurzzeit- und Langzeit- Gedächtnis

  • Abstraktes Denken

  • Einblick

  • Urteilsvermögen

Kognitive Anomalien finden sich am häufigsten bei Delir oder Demenz oder bei Substanzintoxikation oder -entzug, sie können aber auch bei Depression vorkommen.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. American Psychiatric Association: Practice Guideline for the sychiatric Evaluation of Adults