Präoperative Abklärung

VonPaul K. Mohabir, MD, Stanford University School of Medicine;
André V Coombs, MBBS, University of South Florida
Überprüft/überarbeitet Juni 2024
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Patienten, bei denen ein chirurgischer Eingriff geplant ist, egal ob ambulant oder stationär, werden häufig vom Anästhesieteam untersucht, um die Anästhesie vorzubereiten, und können vom Operationsteam an einen Internisten überwiesen werden, der sie vor der Operation medizinisch untersucht. Ziel der präoperativen medizinischen Untersuchung ist es, das Risiko perioperativer Komplikationen zu minimieren, indem medizinische Anomalien identifiziert und die Risiken bekannter Komorbiditäten bewertet werden. Anhand dieser Bewertung wird festgestellt, ob eine zusätzliche präoperative Vorbereitung sowie eine perioperative Überwachung und Behandlung erforderlich sind. In manchen Fällen sollten elektive Eingriffe verschoben werden, damit bestimmte Grunderkrankungen (z. B. Hypertonie, Diabetes, hämatologische Anomalien) optimal kontrolliert werden können. In anderen Fällen, wenn bei Patienten ein hohes Risiko für einen größeren chirurgischen Eingriff besteht, kann der Plan für den chirurgischen Ansatz und die Anästhesieversorgung präoperativ angepasst werden, um das Risiko zu verringern (z. B. durch einen weniger invasiven Eingriff).

Eine gründliche präoperative medizinische Untersuchung wird in der Regel von einem Allgemeininternisten oder von Fachärzten durchgeführt, die für die Komorbiditäten des Patienten zuständig sind (z. B. Kardiologen, Pulmonologen). Solche Fachärzte können bei der Behandlung vorbestehender Krankheiten (z. B. Diabetes) helfen und perioperative und postoperative Komplikationen (z. B. Herz-, Lungen-, Infektions) verhindern. Gelegentlich ist eine psychiatrische Beratung erforderlich, um die geistige Zurechnungsfähigkeit zu beurteilen oder bei der Bewältigung zugrunde liegender psychiatrischer Probleme zu helfen, die eine Operation oder Genesung beeinträchtigen können.

Ältere Erwachsene können von der Beteiligung eines interdisziplinären geriatrischen Teamsprofitieren, das Geriater, Sozialarbeiter, Psychotherapeuten, Fachärzte für physikalische Medizin und Rehabilitation sowie andere medizinische Fachkräfte umfassen kann (1).

Bei nicht elektiven Eingriffen sollten die Schwere und Art der vorgeschlagenen Operation sowie das Operationsrisiko des Patienten berücksichtigt werden. Darüber hinaus bleibt bei einem Notfall (z. B. bei einer intraabdominalen Blutung, einem perforierten Viszeralorgan oder einer nekrotisierenden Fasziitis) in der Regel keine Zeit für eine vollständige präoperative Untersuchung. Die Anamnese des Patienten sollte jedoch so schnell wie möglich überprüft werden, insbesondere im Hinblick auf Allergien und zur Ermittlung von Faktoren, die das Risiko einer Notoperation erhöhen (z. B. eine Therapie mit Antikoagulanzien oder eine Blutungsstörung oder frühere unerwünschte Reaktionen auf Anästhetika).

Anamnese

Eine relevante präoperative Anamnese umfasst alle folgenden Punkte:

  • Aktuelle Symptome, die auf eine akute Herz-Lungen-Erkrankung hindeuten (z. B. Husten, Brustschmerzen, Atemnot bei Anstrengung, Gelenkschwellungen) oder eine Infektion (z. B. Fieber, Dysurie)

  • Risikofaktoren für übermäßige Blutungen (z. B. Therapie mit Antikoagulanzien, bekannte Blutungsstörung, frühere übermäßige Blutungen bei zahnärztlichen Eingriffen, elektiven Operationen oder bei der Geburt)

  • Risikofaktoren für Thromboembolien

  • Risikofaktoren für Infektion

  • Risikofaktoren für Herzerkrankungen

  • Bekannte Erkrankungen, die das Risiko von Komplikationen erhöhen, insbesondere Hypertonie, Herzerkrankungen, zerebrovaskuläre Erkrankungen, Nierenerkrankungen, Lebererkrankungen, Diabetes, Asthma und chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD)

  • Frühere Operation, Anästhesie oder beides und alle damit verbundenen Komplikationen

  • Allergien gegen Narkosemittel oder andere Medikamente oder gegen Materialien, die bei der chirurgischen Versorgung verwendet werden (z. B. Latex, Klebstoffe)

  • Tabak, Alkohol oder Drogenkonsum

  • Aktuelle Einnahme verschreibungspflichtiger und rezeptfreier Medikamente und Ergänzungsmittel

  • Obstruktive Schlafapnoe oder übermäßiges Schnarchen in der Anamnese

Muss ein Blasenkatheter gelegt werden, sollten die Patienten zuvor über einen Harnverhalt oder eine Prostataoperation befragt werden.

Körperliche Untersuchung

Die körperliche Untersuchung sollte sich auf die Bereiche beziehen, die von dem geplanten chirurgischen Eingriff betroffen sind, sowie auf das Herz-Lungen-System und auf Anzeichen einer laufenden Infektion (z. B. obere Atemwege, Haut).

Wenn eine Spinalanästhesie wahrscheinlich ist, sollten die Patienten auf Skoliose und andere anatomische Anomalien untersucht werden, die eine Lumbalpunktion erschweren könnten.

Besonders ältere Patienten, bei denen eine Vollnarkose vorgesehen ist, sollten auf mögliche Zeichen einer Hirnleistungsschwäche untersucht werden, da diese sonst, wenn sie erst postoperativ auffällt, fälschlicherweise als Komplikation der chirurgischen Intervention gewertet werden könnte.

Tests

Bei gesunden Patienten, die sich einer elektiven Operation unterziehen, ist die Prävalenz nicht diagnostizierter Krankheiten, die das perioperative Management beeinflussen könnten, gering. Daher sollten routinemäßige präoperative Tests bei Personen ohne klinische Symptome oder signifikante Grunderkrankungen nicht durchgeführt werden. Solche Tests sind nicht kosteneffizient und führen zu falsch-positiven Testergebnissen, unnötiger Angst bei den Patienten und Verzögerungen bei der Operation.

Präoperative Tests sollten daher individuell und auf der Grundlage der Anamnese des Patienten, der aktuellen Begleiterkrankungen und Medikamente, der Risikofaktoren und der Symptome, die eine weitere Untersuchung erfordern, durchgeführt werden. Bei Frauen im reproduktionsfähigen Alter wird in der Regel vor der Operation ein Schwangerschaftstest (Beta-Human-Chorion-Gonadotropin) durchgeführt (2, 3, 4, 5).

Bei symptomatischen Patienten, bei Patienten mit bekannter Grunderkrankung oder bei Patienten, die ein höheres Risiko erheblicher Blutungen oder anderer Komplikationen haben, können Laboruntersuchungen die folgenden Tests umfassen:

  • Ein Gesamtblutbild (CBC) wird in der Regel durchgeführt. Ein großes Blutbild ist besonders wichtig bei Patienten über 65 Jahren oder bei jüngeren Patienten mit zu erwartenden erheblichen Blutverlusten.

  • Urinanalyse (Glukose, Protein und Zellen) wird in der Regel durchgeführt.

  • Serumelektrolyte, Kreatinin und Plasmaglukose werden gemessen, es sei denn, die Patienten sind extrem gesund und < 50 Jahre alt, das Verfahren gilt als sehr risikoarm und es ist nicht mit der Einnahme nephrotoxischer Medikamente zu rechnen.

  • Lebertests werden häufig gemessen werden, wenn nach der Anamnese oder Untersuchung Anomalien vermutet werden.

  • Gerinnungsstudien und die Bestimmung der Blutungszeit sind nur erforderlich, wenn die Patienten eine persönliche oder familiäre Anamnese einer Blutungsdiathese haben.

  • Ein EKG wird bei Risikopatienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) durchgeführt, einschließlich aller Männer > 45 und Frauen > 50 Jahren sowie bei Patienten mit schwerer Adipositas (Body-Mass-Index ≥ 40 kg/m2) mit mindestens einem Risikofaktor für eine atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung (z. B. Diabetes, Rauchen, Hypertonie oder Hyperlipidämie) oder einer schlechten körperlichen Belastbarkeit durchgeführt (6).

  • Röntgenthorax wird nur bei Patienten mit Symptomen oder Risikofaktoren für eine kardiopulmonale Grunderkrankung durchgeführt.

  • Eine Untersuchung der Lungenfunktion kann vorgenommen werden, wenn die Patienten eine bekannte chronische Lungenerkrankung oder Symptome oder Anzeichen einer Lungenerkrankung haben.

Bei Patienten mit symptomatischer CAD ist evtl. eine weitere Diagnostik, z. B. Belastungsuntersuchung oder Koronarangiographie, erforderlich.

Allgemeine Literatur

  1. 1. Mohanty S, Rosenthal RA, Russell MM, et al: Optimal perioperative management of the geriatric patient: a best practices guideline from the American College of Surgeons NSQIP and the American Geriatrics Society. J Am Coll Surg 222(5):930-947, 2016. doi:10.1016/j.jamcollsurg.2015.12.026

  2. 2. Fleisher LA, Fleischmann KE, Auerbach AD, et al: ACC/AHA 2014 guideline on perioperative cardiovascular evaluation and management of patients undergoing noncardiac surgery (executive summary); a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Practice Guidelines. Circulation 130:2215-2245, 2014. doi: 10.1161/CIR.0000000000000105

  3. 3. O'Neill F, Carter E, Pink N, et al: Routine preoperative tests for elective surgery: summary of updated NICE guidance. BMJ 354:i3292, 2016. doi:10.1136/bmj.i3292

  4. 4. Halvorsen S, Mehilli J, Cassese S, et al: 2022 ESC Guidelines on cardiovascular assessment and management of patients undergoing non-cardiac surgery [published correction appears in Eur Heart J. 2023 Nov 7;44(42):4421]. Eur Heart J. 2022;43(39):3826-3924. doi:10.1093/eurheartj/ehac270

  5. 5. ACOG Committee Opinion No. 775: Nonobstetric Surgery During Pregnancy. Obstet Gynecol. 2019;133(4):e285-e286. doi:10.1097/AOG.0000000000003174

  6. 6. Poirier P, Alpert MA, Fleisher LA, et al: Cardiovascular evaluation and management of severely obese patients undergoing surgery: a science advisory from the American Heart Association. Circulation 120(1):86-95, 2009. doi:10.1161/CIRCULATIONAHA.109.192575

Verfahrensrisikofaktoren

Verfahrenbezogenes Risiko Das höchste Risiko haben die folgenden Operationen:

  • Herz- oder Lungenchirurgie

  • Leberresektion

  • Intraabdominale Operationen, von denen vermutet wird, dass sie eine längere Operationszeit erfordern oder bei denen das Risiko einer starken Blutung besteht (z. B. Whipple-Operation, Aortenchirurgie, retroperitoneale Chirurgie)

  • Offene Prostatektomie

  • Wichtige orthopädische Eingriffe (z. B. Hüftersatz)

Patienten, die sich einem elektiven chirurgischen Eingriff unterziehen, insbesondere bei Eingriffen, die ein erhebliches Blutungsrisiko bergen, und Patienten, bei denen Gründe vorliegen, die eine allogene Transfusion verhindern (z. B. Alloantikörper gegen Erythrozytenantigene oder religiöse Gründe für die Ablehnung von Fremdblut), können eine Blutbank für eine mögliche autologe Transfusion in Betracht ziehen. Das perioperative Anämierisiko und die mögliche Verzögerung der Operation, wenn die Normalisierung der Blutzellenwerte Zeit braucht, sollten bedacht werden. Früher war die Eigenblutspende eine gängige Praxis, die jedoch mit der zunehmenden Sicherheit von Bluttransfusionen zurückgegangen ist.

Eine Notoperation hat ein höheres Risiko für Morbidität und Mortalität als die selbe Operation elektiv durchgeführt.

Patientenrisikofaktoren

Der Beitrag von Patientenrisikofaktoren zur perioperativen Morbidität und Mortalität lässt sich am besten mit validierten quantitativen Risikorechnern abschätzen. So hat beispielsweise das American College of Surgeons National Surgical Quality Improvement Program (ACS NSQIP) einen Risikorechner zur Vorhersage perioperativer unerwünschter Ereignisse entwickelt (siehe ACS NSQIP Surgical Risk Calculator). Die Verwendung dieser Instrumente ermöglicht nicht nur eine einheitliche Interpretation der Ergebnisdaten der Chirurgen, sondern trägt auch zu einer besseren gemeinsamen Entscheidungsfindung und informierten Zustimmung der Patienten und ihrer Angehörigen bei (1).

Kardiale Risikofaktoren

Kardiale Risikofaktoren erhöhen das chirurgische Risiko erheblich. Das perioperative kardiale Risiko wird in der Regel anhand des schrittweisen Ansatzes des American College of Cardiology/der American Heart Association zur präoperativen kardialen Beurteilung bewertet (2). Dieser beinhaltet die folgenden unabhängigen Prädiktoren für kardiales Risiko:

  • Vorgeschichte einer koronaren Herzkrankheit (KHK)

  • Frühere Herzinsuffizienz

  • Frühere zerebrovaskuläre Krankheit

  • Diabetes, der eine Behandlung mit Insulin erfordert

  • Serum-Kreatinin (2,0 mg/dl)

Risiko von kardialen Komplikationen steigt mit zunehmenden Risikofaktoren:

  • Keine Risikofaktoren: 0,4% (95% Vertrauensintervall 0,1 bis 0,8%)

  • 1 Risikofaktor: 1,0% (95% Vertrauensintervall 0,5 bis 1,4%)

  • 2 Risikofaktoren: 2,4% (95% Vertrauensintervall 1,3 bis 3,5%)

  • ≥ 3 Risikofaktoren: 5,4% (95% Vertrauensintervall 2,8 bis 7,9%)

Ein chirurgischer Eingriff mit hohem Risiko (z. B. Gefäßchirurgie, offene Thoraxoperation oder intraperitoneale Verfahren) prognostiziert auch unabhängig ein hohes kardiales perioperatives Risiko.

Patienten mit aktiven Herzsymptomen (z. B. Herzinsuffizienz oder instabile Angina pectoris) haben eine besonders hohes perioperatives Risiko. Patienten mit instabiler Angina pectoris haben ein erhöhtes Risiko für einen perioperativen Myokardinfarkt (3). Bei Patienten mit stabiler Angina pectoris, ist das Risiko proportional dem Grad ihrer Belastbarkeit. Patienten mit aktiven Herzsymptomen benötigen eine sorgfältige Auswertung. So sollte beispielsweise die Ursache des Herzversagens bestimmt weden, sodass perioperative Herzüberwachung und Behandlung vor elektiven Operationen optimiert werden können. Andere Herzuntersuchung, beispielsweise Stress-Echokardiographie oder Angiographie, sollten berücksichtigt werden, wenn Hinweise auf reversible kardiale Ischämie bei präoperativer Diagnostik vorliegen.

Die präoperative Versorgung sollte darauf abzielen, aktive Erkrankungen (z. B. Herzinsuffizienz, Diabetes) mit Standard-Behandlungen zu steuern. Außerdem sollten Maßnahmen getroffen werden, um perioperatives Herzrasen zu minimieren, was die Herzinsuffizienz verschlimmern und das Risiko für Myokardinfarkt erhöhen kann; die Schmerzkontrolle sollte beispielsweise optimiert und eine Beta-Blocker-Therapie in Betracht gezogen werden, v. a., wenn die Patienten bereits Beta-Blocker einehmen. Koronare Revaskularisation sollte bei Patienten mit instabiler Angina pectoris in Betracht gezogen werden. Sollten kardiale Probleme nicht präoperativ beseitigt werden können oder ein Patient ein hohes Risiko für kardiale Komplikationen hat, dann ist ein invasives Monitoring, mit intra- und manchmal auch präoperativem Einsatz eines Rechtsherzkatheters sinnvoll. Manchmal überwiegt das kardiale Risiko den Nutzen der Operation. In solchen Fällen kann ein weniger invasives Verfahren die endgültige Behandlung ermöglichen oder überbrücken (z. B. eine Cholezystostomie bei Cholezystitis) und die Morbidität und Mortalität verringern.

Anamnese eines ischämischen Schlaganfalls

Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall in der Vorgeschichte haben ein höheres Risiko für einen perioperativen Schlaganfall, und der ideale Zeitpunkt für eine Operation nach einem Schlaganfall ist ungewiss. Eine auf Medicare-Daten basierende Studie, an der fast 6 Millionen Patienten teilnahmen, ergab, dass ein Schlaganfall in der Vorgeschichte innerhalb von 30 Tagen vor der Operation im Vergleich zu keinem vorherigen Schlaganfall mit einem 8-fachen Risiko für einen postoperativen ischämischen Schlaganfall verbunden war. 60 bis 90 Tage nach einem Schlaganfall verringerte sich das Risiko eines erneuten perioperativen Schlaganfalls, blieb aber erhöht (4). Daher sollten Entscheidungen über den Zeitpunkt der Operation bei Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall in der Vorgeschichte sowohl das Risiko eines erneuten Schlaganfalls als auch die möglichen negativen Folgen einer Verzögerung der Operation berücksichtigen. Um das Risiko eines Rezidivs zu minimieren, sollten elektive Operationen mindestens 3 Monate nach einem Schlaganfall aufgeschoben werden, idealerweise bis zu 9 Monate, wenn möglich.

Infektionen

Zufällig präoperativ entdeckte bakterielle Infektionen, sollten mit Antibiotika behandelt werden. Allerdings sollten Infektionen eine Operation nicht herauszögern, es sei denn, Prothesenmaterial wird implantiert; In solchen Fällen sollte eine Operation verschoben werden, bis die Infektion unter Kontrolle oder eliminiert ist.

Patienten mit Infektionen der Atemwege sollten behandelt werden, und es muss erwiesen sein, dass die Infektion vor Erhalt Inhalationsanästhesie beseitigt ist.

Virale Infektionen, mit oder ohne Fieber sollten geheilt sein bevor eine elektive Operation durchgeführt wird, insbesondere, wenn ein allgemeines Anästhetikum verwendet werden soll.

Bei SARS-CoV-2 sprechen sich die American Society of Anesthesiologists (ASA) und die Anesthesia Patient Safety Foundation (APSF) gegen ein universelles präoperatives Screening bei asymptomatischen Patienten aus; sie empfehlen COVID-19-Tests für Patienten mit Symptomen und empfehlen außerdem, dass jede Einrichtung robuste Maßnahmen zur Infektionskontrolle einführt und ein gezieltes Screening auf der Grundlage der individuellen Exposition der Patienten, der lokalen Inzidenz von COVID-19 und der räumlichen Anordnung der Einrichtung durchführt (siehe APSF: ASA- und APSF-Stellungnahme zu perioperativen Tests auf das COVID-19-Virus und Aktualisierte ASA- und APSF-Stellungnahme zu perioperativen Tests auf SARS-CoV-2 bei asymptomatischen Patienten).

Flüssigkeits- und Elektrolytungleichgewicht

Störungen des Volumen- und Elektrolythaushalts sollten vor dem Eingriff korrigiert werden. Hypokaliämie, Hyperkaliämie, Hypokalzämie und Hypomagnesiämie müssen vor einer Allgemeinanästhesie korrigiert werden, um das Risiko potenziell tödlicher Herzarrhythmien zu verringern. Eine Dehydratation und Hypovolämie sollte wegen der Gefahr einer schweren Hypotonie bei der Narkoseeinleitung durch IV Flüssigkeitszufuhr vor der herkömmlichen Anästhesie ausgeglichen werden.

Ernährungsbedingte Störungen

Unterernährung und Adipositas erhöhen das Risiko von postoperativen Komplikationen bei Erwachsenen. Der Ernährungszustande wird präoperativ anhand der Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und Labortests beurteilt.

Zu den schwerwiegenden ernährungsbedingten Risikofaktoren gehören:

  • Body-Mass-Index < 18,5 kg/m2 oder ungewollter Gewichtsverlust > 10% des Körpergewichts über 6 Monate oder 5% über 1 Monat

  • Befunde der suggestiven körperlichen Untersuchung (z. B. Muskelschwund, Anzeichen bestimmter Nährstoffmängel)

  • Niedrige Serumalbuminspiegel (< 3 g/dl ohne Nachweis einer Nieren- oder Leberfunktionsstörung)

Es ist wichtig zu fragen, ob der Gewichtsverlust beabsichtigt war, denn ungewollter Gewichtsverlust kann auf einen katabolen Zustand hindeuten, der auf eine Nahrungsergänzung nicht anspricht, was auf eine ernsthafte zugrunde liegende Erkrankung wie Krebs hinweist.

Serumalbumin ist eine kostengünstiger, weit verbreiteter und verlässlicher Indikator für Unterernährung; es sollte präoperativ bei Patienten, die unterernährt sein könnne, gemessen werden. Werte < 2,8 g/dl sagen eine erhöhte Morbidität (einschließlich schlechter Wundheilung) und Mortalität voraus. Weil die Halbwertszeit von Serumalbumin 18- bis 20 Tage beträgt, können die Spiegel nicht unbedingt eine akute Mangelernährung aufzeigen. Wenn eine akute Mangelernährung vermutet wird, kann ein Protein mit einer kürzeren Halbwertszeit gemessen werden, z. B. Transferrin (Halbwertszeit 7 Tage) oder Transthyretin (Präalbumin; Halbwertszeit 3 bis 5 Tage). Eine prä- und perioperative Ernährungsunterstützung mit Hilfe eines Diätassistenten zur Vorbeugung und Behandlung spezifischer Nährstoff- und Elektrolytdefizite ist am ehesten geeignet, die Ergebnisse bei Patienten zu verbessern, deren Gewichtsverlust und Proteinwerte auf eine schwere Unterernährung hindeuten (5). In einigen Fällen kann die Operation verschoben werden, damit die Patienten eine Ernährungsunterstützung erhalten, manchmal für mehrere Wochen (z. B. bei chronisch unterernährten Patienten, um das Refeeding-Syndrom zu verhindern).

Schwere Adipositas (Body-Mass-Index ≥ 40 kg/m2) erhöht das perioperative Mortalitätsrisiko, da diese Patienten ein erhöhtes Risiko für Herz- und Lungenerkrankungen haben (z. B. Hypertonie, pulmonale Hypertonie, linksventrikuläre Hypertrophie, Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit, verminderte Atemreserve). Übergewicht ist ein unabhängiger Risikofaktor für tiefe Venenthrombosen und Lungenembolie; präoperative Prophylaxe venöser Thromboembolien ist bei den meisten übergewichtigen Patienten angezeigt. Adipositas erhöht auch das Risiko postoperativer Wundkomplikationen (z. B. Fettnekrosen, Infektionen, Dehiszenzen und Bauchwandhernien).

Alter

Höheres Alter ist mit einer verminderten physiologischen Reserve und größerer Morbidität verbunden, wenn eine Komplikation auftritt. Chronische Erkrankungen sind jedoch ein stärkerer Prädiktor für eine erhöhte postoperative Morbidität und Mortalität als das Alter allein. Ein höheres Lebensalter stellt keine absolute Kontraindikation für chirurgische Eingriffe dar.

Verschiedene Faktoren tragen zu einem erhöhten Risiko während der perioperativen Phase bei älteren Erwachsenen bei. In einer prospektiven Studie mit 1193 größeren Operationen bei in einer Gemeinschaftseinrichtung lebenden Erwachsenen im Alter von ≥ 65 Jahren (Mittelwert 79 Jahre) war die 1-Jahres-Mortalität im Alter von ≥ 80 Jahren signifikant höher (2-fach) und im Alter von ≥ 90 Jahren am höchsten (6-fach), verglichen mit Erwachsenen im Alter von 65 bis 79 Jahren (6). Die Sterblichkeit war auch bei den als gebrechlich eingestuften Patienten höher als bei den nicht gebrechlichen (28% gegenüber 6%), bei Patienten mit wahrscheinlicher Demenz im Vergleich zu Patienten ohne Demenz (33% gegenüber 12%) und bei nicht elektiven Eingriffen im Vergleich zu elektiven Eingriffen (3-fach).

Literatur zu Risikofaktoren der Patienten

  1. 1. Bilimoria KY, Liu Y, Paruch JL, et al: Development and evaluation of the universal ACS NSQIP surgical risk calculator: A decision aid and informed consent tool for patients and surgeons.J Am Coll Surg 217(5):833-42.e423, 2013. doi:10.1016/j.jamcollsurg.2013.07.385

  2. 2. Eagle KA, Berger PB, Calkins H, et al: ACC/AHA guideline update for perioperative cardiovascular evaluation for noncardiac surgery--executive summary: a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Practice Guidelines (Committee to Update the 1996 Guidelines on Perioperative Cardiovascular Evaluation for Noncardiac Surgery) [published correction appears in J Am Coll Cardiol. 2006 Jun 6;47(11):2356]. J Am Coll Cardiol. 2002;39(3):542-553. doi:10.1016/s0735-1097(01)01788-0

  3. 3. Gao L, Chen L, He J, et al: Perioperative Myocardial Injury/Infarction After Non-cardiac Surgery in Elderly Patients. Front Cardiovasc Med. 2022;9:910879. Veröffentlicht am 19. Mai 2022. doi:10.3389/fcvm.2022.910879

  4. 4. Glance LG, Benesch CG, Holloway RG, et al: Association of Time Elapsed Since Ischemic Stroke With Risk of Recurrent Stroke in Older Patients Undergoing Elective Nonneurologic, Noncardiac Surgery. JAMA Surg. 2022;157(8):e222236. doi:10.1001/jamasurg.2022.2236

  5. 5. Weimann A, Braga M, Harsanyi L, et al: ESPEN guidelines on enteral nutrition: Surgery including organ transplantation. Clin Nutr 25:224–244, 2006. doi: 10.1016/j.clnu.2006.01.015

  6. 6. Gill TM, Vander Wyk B, Leo-Summers L, et al: Population-based estimates of 1-year mortality after major surgery among community-living older US adults [published correction appears in JAMA Surg 158(3):331, 2023]. JAMA Surg 157(12):e225155, 2022. doi:10.1001/jamasurg.2022.5155

Weitere Informationen

Die folgende englischsprachige Quelle kann nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. 2014 ACC/AHA Guideline on Perioperative Cardiovascular Evaluation and Management of Patients Undergoing Noncardiac Surgery: A report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Practice Guidelines