Das Projekt zur Verbesserung der chirurgischen Versorgung (Surgical Care Improvement Project, SCIP) wurde 2005 aus dem Projekt zur Prävention chirurgischer Infektionen (SIP) heraus initiiert. Das als mehrjährige amerikanische Partnerschaft anerkannte Projekt hatte zum Ziel, die perioperative Morbidität und Mortalität zu senken.
Die SCIP-Leitlinien wurden angenommen und im Specifications Manual for Joint Commission National Quality Core Measures (Datenblatt) veröffentlich. Dieses sich ständig weiterentwickelnde Handbuch wurde von den Centers for Medicare & Medicaid Services (CMS) und der Joint Commission erstellt. Trotz der Vielzahl der teilnehmenden Organisationen und des noblen Ziels des Projekts wurde in jüngster Zeit der Zusammenhang zwischen der Einhaltung von Prozessmaßnahmen und guten chirurgischen Ergebnissen in Frage gestellt.
Die allgemeinen Empfehlungen des SCIP lauten wie folgt:
Kontrollierter postoperativer Blutzuckerspiegel um 6 Uhr morgens bei herzchirurgischen Patienten.
Verwenden Sie eine Schere oder Enthaarungsmittel, keine Klinge, um die Haare von der Operationsstelle unmittelbar vor dem chirurgischen Eingriff zu entfernen.
Entfernen Sie Harnkatheter innerhalb der ersten 2 postoperativen Tag, sei denn spezifische klinische Umstände machen diese erforderlich.
Standardisierung der Auswahl der Antibiotika auf der Grundlage der Art des Eingriffs und der Patientenfaktoren (siehe Datenblatt: Prophylaktische Antibiotikaregime für chirurgische Eingriffe und siehe auch Tabelle Antibiotikaregime für bestimmte chirurgische Verfahren).
Seit dem 31. Dezember 2015 müssen Krankenhäuser, die von der Joint Commission akkreditiert sind, die Oryx® Performance Measurement Initiative der Joint Commission für die Kostenerstattung befolgen; fast alle Krankenhäuser verlassen sich jedoch weiterhin auf SCIP als gute klinische Praxis und zur Entwicklung interner Qualitätsstandards.
Der perioperativen Bereich basiert sowohl auf individuellen als auch allgemeinen Empfehlungen. Viele Medikamente können mit Anästhetika interagieren oder negative Auswirkungen während oder nach der Operation haben. Daher werden in der Regel vor der Operation die Medikamente des Patienten und festgelegt fst, welche am Tag der Operation eingenommen werden sollen.
In jüngster Zeit wurden ERAS-Protokolle (Enhanced Recovery After Surgery) mit dem Ziel entwickelt und validiert, die perioperative Versorgung zu standardisieren und die chirurgischen Gesamtergebnisse für verschiedene chirurgische Fachgebiete zu verbessern (siehe ERAS Society).
Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregationshemmer
In den meisten Fällen werden Thrombozytenaggregationshemmer (z. B. Aspirin) 5 bis 7 Tage vor der Operation abgesetzt. Bei Patienten mit Koronarstents erhöht das Absetzen einer Thrombozytenaggregationshemmer-Therapie, sei es Aspirin oder eine duale Thrombozytenaggregationshemmer-Therapie, jedoch das Risiko einer Koronarvenenthrombose, die tödlich verlaufen kann. Dieses Risiko kann das Risiko einer chirurgischen Blutung überwiegen, und die Entscheidung über die Behandlung mit einem oder zwei Wirkstoffen sollte individuell unter Einbeziehung eines multidisziplinären Teams getroffen werden. Zu den zu berücksichtigenden Faktoren gehören die Art des Stents (freiliegender oder medikamentenfreisetzender Stent), die Zeit seit dem Einsetzen des Stents, die Art des Eingriffs und die Frage, ob ein elektiver Eingriff verschoben werden kann, bis Perioden mit erhöhtem Risiko vorüber sind (1).
Mit Ausnahme einiger kleinerer Eingriffe wird Warfarin für 5 Tage vor der Operation gestoppt; INR (International Normalized Ratio) zum Zeitpunkt der Operation sollte ≤ 1,5 sein. Patienten, die ein erhebliches Risiko für eine Embolie haben (z. B. Patienten mit zurückliegender Lungenembolie oder Vorhofflimmern mit Schlaganfall), wird ein kurz wirkendes Antikoagulans, wie niedermolekulares Heparin, nach dem Absetzen von Warfarin gegeben (sog. Überbrückungsanticoagulation siehe tiefen Venenthrombosen). Weil es bis zu 5 Tage dauert, bis mit Warfarin die therapeutische Antikoagulation erzielt wird, kann die Gabe am Tag oder nach einer Operation beginnen, sei denn, das Risiko von postoperativen Blutungen ist hoch. Die Patienten sollten eine Überbrückungsantikoagulation erhalten, bis INR das therapeutische Ziel erreicht hat.
Corticosteroide
Patienten können eventuell zusätzliche Kortikosteroide benötigen, um unzureichende Reaktionen auf perioperativen Stress zu verhindern, wenn sie > 5 mg Prednison täglich (oder eine äquivalente Dosis eines anderen Kortikosteroids) für > 3 Wochen innerhalb des letzten Jahres genommen haben. Empirische Kortikosteroidbehandlungen in Stresssituationen werden ebenfalls häufig durchgeführt, wenn die Dosis und Dauer der Kortikosteroidtherapie nicht bekannt ist. Allerdings wird inzwischen in Frage gestellt, ob Kortikosteroide in Stresssituationen notwendig sind. Kortikosteroide sind bei kleinen Eingriffen unnötig.
Diabetes
Insulinpflichtige Diabetiker erhalten am Tag der Operation normalerweise morgens ein Drittel ihrer üblichen Insulindosis. Patienten mit einer oralen Medikation nehmen davon die Hälfte. Der Eingriff sollte möglichst am Morgen erfolgen. Der Anästhesist überwacht den Glukosespiegel während der Operation und gibt nach Bedarf zusätzliches Insulin oder Dextrose. Eine engmaschige Überwachung mit Blutzuckermessgerät (Fingertest) ist während der gesamten perioperativen Phase notwendig. In der unmittelbaren postoperativen Periode wird Insulin gestaffelt gegeben Die übliche Insulintherapie zu Hause wird nicht wieder aufgenommen, bis die Patienten ihre normale Ernährung erhalten. Orale Hypoglykämiemedikamente werden in der Regel bei der Entlassung des Patienten aus dem Krankenhaus wieder eingesetzt.
Substanzabhängigkeit
Patienten mit einer Medikamenten- oder Alkoholabhängigkeit können in der perioperativen Phase in einen Entzug geraten. Bei Alkoholikern empfiehlt sich von der Aufnahme ins Krankenhaus die prophylaktische Gabe von Benzodiazepinen wie Chlordiazepoxid, Diazepam oder Lorazepam. Opiatabhängigen können Opioidanalgetika verabreicht werden, um einen Entzug zu verhindern; zur Schmerzlinderung brauchen sie dann möglicherweise größere Dosierungen als sonst üblich. In seltenen Fällen ist der Einsatz von Methadon zur Verhinderung eines perioperativen Entzugs erforderlich.
Herzerkrankung
Patienten mit bekannter koronarer Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz sollten sich einer präoperativen Untersuchung und Risikostratifizierung bei ihrem Kardiologen unterziehen. Wenn Patienten nicht medizinisch optimiert sind, sollten sie sich vor einer geplanten Operation zusätzlichen Untersuchungen unterziehen.
Pulmonale Krankheiten
Die präoperative Lungenfunktionstests kann helfen, den Grad der obstruktiven, restriktiven oder reaktiven Atemwegserkrankung zu bestimmen. Die Lungenfunktion sollte optimiert werden, indem die Verwendung und Dosierung von Inhalatoren, anderen Medikamenten und Atemweg-Clearance-Techniken sorgfältig angepasst werden.
Andere Medikamente, die chronische Erkrankungen kontrollieren
Die meisten Medikamente, die zur Behandlung chronischer Störungen eingesetzt werden, besonders herzkreislaufwirksame einschließlich Antihypertensiva, sollten während der gesamten perioperativen Phase weitergegeben werden. Der größte Teil der oral applizierten Medikation kann mit einem kleinen Schluck Wasser noch am OP-Tag selbst gegeben werden. Andere Medikamemnte müssen parenteral appliziert oder mit der Einnahme bis zur postoperativen Phase verschoben werden. Antikonvulsiva Ebenen sollten präoperativ bei Patienten mit Anfallsleiden gemessen werden.
Rauchen
Raucher sollten das Rauchen vor einer Operation an Thorax oder Bauch so früh wie möglich aufgeben. Es vergehen mehrere Wochen, bis die ziliären Mechanismen wieder ihre normale Funktion erreicht haben. Prä- und postoperativ empfiehlt sich eine Atemgymnastik.
Obere Atemwege
Vor einer Intubationsnarkose müssen Gebisse entfernt werden, am besten so, dass sie noch vor der Schleuse einem Familienmitglied gegeben werden. Bei Patienten mit einer Nasenseptumdeviation oder anderen Behinderungen der Luftwege empfiehlt sich vor jeder Operation und Intubationsnarkose die vorherige Untersuchung durch einen Anästhesisten.
Präoperative Checkliste
In dem OP-Saal wird im Team kurz das Wichtigste besprochen, bevor das Verfahren beginnt. Dazu gehörte die Bestätigung
der Identität des Patienten
Überprüfung des korrekten Verfahrens und der Lage und Seite der Operationsstelle
über die Verfügbarkeit aller benötigten Geräte
Überprüfung der Verabreichung der angegebenen Prophylaxe (z. B. Antibiotika, Antikoagulanzien, Betablocker)
Hinweis
1. Fleisher LA, Fleischmann KE, Auerbach AD, et al: 2014 ACC/AHA guideline on perioperative cardiovascular evaluation and management of patients undergoing noncardiac surgery: A report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on practice guidelines. J Am Coll Cardiol 64(22):e77-e137, 2014. doi:10.1016/j.jacc.2014.07.944