Abfall der Sauerstoffsättigung

(Hypoxie)

VonCherisse Berry, MD, New York University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Dez. 2022
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Patienten ohne Atemwegserkrankungen, die sich auf der Intensivstation befinden, und andere Patienten können während eines Krankenhausaufenthalts eine Hypoxie (Sauerstoffsättigung < 90%) entwickeln. Die Hypoxie bei Patienten mit vorbestehenden respiratorischen Störungen wird in den entsprechenden Kapiteln besprochen.

Ätiologie der Sauerstoffentsättigung

Zahlreiche Störungen können eine Hypoxie verursachen (z. B. Dyspnoe, respiratorische Insuffizienz; siehe tabelle Einige Ursachen für den Abfall der Sauerstoffsättigung). Dennoch lässt sich die akute Hypoxie beim hospitalisierten Patienten ohne pulmonale Erkrankung auf eine kleine Auswahl von Ursachen zurückführen. Diese Ursachen können unterteilt werden in:

  • Störungen der Ventilation

  • Störungen der Oxygenierung

Tabelle
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Auswertung der Sauerstoffentsättigung

Die gesamte Volumengabe während des Krankenhausaufenthalts sowie vor allem der letzten 24 h muss erfasst werden, um eine Volumenüberladung erkennen zu können. Zur Sedierung verabreichte Substanzen müssen auf ihre Dosierung hin überprüft werden. Bei deutlicher Hypoxie (Sauerstoffsättigung < 85%) ist zeitgleich mit diesen Überlegungen die Behandlung einzuleiten.

Anamnese

Sehr plötzlich einsetzende Dyspnoe und Hypoxie deuten auf eine Lungenembolie (PE) oder einen Pneumothorax hin (vor allem bei Patienten, die eine positive Druckbeatmung erhalten). Fieber, Schüttelfrost und produktiver Husten (oder gesteigerte Sekretion) lassen an eine Pneumonie denken. Bei anamnestischen Hinweisen auf eine kardiopulmonale Erkrankung (Asthma bronchiale, chronische obstruktive Lungenerkrankung, Herzinsuffizienz) kann es sich um eine Verschlechterung der jeweiligen Vorerkrankung handeln. Symptome und Anzeichen eines Myokardinfarkts können auf eine akute Klappeninsuffizienz, ein Lungenödem oder einen kardiogenen Schock hinweisen. Einseitiger Schmerz einer Extremität muss an eine tiefe Venenthrombose denken lassen, möglicherweise gemeinsam mit einer Lungenembolie. Ein vorangegangenes schweres Trauma oder eine Sepsis, die eine signifikante Reanimation erfordert, lässt auf ein akutes Atemnotsyndrom schließen. Nierenversagen deutet auf ein höheres Risiko einer Flüssigkeitsüberlastung hin. Bei vorausgegangenem Toraxtrauma besteht der Verdacht auf eine Lungenkontusion.

Körperliche Untersuchung

Offenheit der Atemwege, respiratorische Kraft und Umfang der Atmung müssen umgehend beurteilt werden. Bei beatmeten Patienten ist eine Verlegung oder Dislokation des Tubus auszuschließen. Die Ergebnisse werden folgendermaßen interpretiert:

  • Die einseitige Minderung des Atemgeräusches zusammen mit einer transparenten Lungenfläche im Röntgenbild macht einen Pneumothorax wahrscheinlich. Bei Rasselgeräuschen und Fieber ist eher eine Pneumonie anzunehmen. Ursache kann auch eine Intubation in den rechten Hauptbronchus hinein sein.

  • Gestaute Halsvenen mit Rasselgeräuschen über beiden Lungenarealen sprechen für eine Volumenüberladung mit Lungenödem, kardiogenem Schock, perikardialer Tamponade (oft ohne Rasselgeräusche) oder akuter Klappeninsuffizienz.

  • Halsvenenstauung bei hellen Lungenfeldern oder einseitiger Abnahme von Atmungsgeräuschen und Achsenabweichung der Trachea sprechen für einen Spannungspneumothorax.

  • Beidseitige Ödeme der abhängigen Körperabschnitte finden sich bei Herzinsuffizienz. Einseitige Ödeme dagegen entsprechen dem Bild einer tiefen Beinvenenthrombose. Daher muss die Möglichkeit einer Lungenembolie in diesen Fällen mit bedacht werden.

  • Giemen lässt sich beim Bronchospasmus auskultieren (typisch für Asthma bronchiale oder allergische Reaktion, selten jedoch bei Lungenembolie oder Herzinsuffizienz).

  • Zunehmende Bewusstseinsstörungen können durch Hypoventilation verursacht sein.

Tests

Grundsätzlich wird eine Hypoxie zunächst einmal anhand der Pulsoxymetrie festgestellt. Bei Patienten sollte folgendes auftreten:

  • Ein Röntgenthorax (z. B. zur Überprüfung auf Pneumonie, Lungenentzündung, Pleuraerguss, Pneumothorax, Herzinsuffizienz oder Atelektase)

  • EKG (zur Überprüfung auf Herzrhythmusstörungen oder Ischämie)

  • Arterielle Blutgasanalyse (zur Bestätigung von Hypoxie und Bewertung der Angemessenheit der Ventilation)

Eine vom Intensivmediziner durchgeführte bettseitige Echokardiographie kann eingesetzt werden, um einen hämodynamisch relevanten Perikarderguss oder eine reduzierte globale linksventrikuläre Funktion festzustellen, bis eine formale Echokardiographie durchgeführt werden kann. Zur Feststellung eines Pneumothorax kann auch eine Ultraschalluntersuchung am Krankenbett durchgeführt werden. Ein erhöhter Spiegel an natriuretischem Peptid (BNP) im Serum des Gehirns (B-Typ) kann dabei helfen, eine Herzinsuffizienz von anderen Ursachen der Hypoxie zu unterscheiden. Bleibt die Diagnose dann noch unklar, muss der Untersuchungsgang auf eine Lungenembolie weitergeführt werden. Die Bronchoskopie kann bei intubierten Patienten oder bei Patienten mit einer Tracheostomie durchgeführt werden, um einen tracheobronchialen Schleimpfropf auszuschließen (und zu entfernen).

Behandlung der Sauerstoffentsättigung

Aufgedeckte Ursachen einer Hypoxie werden so wie an anderer Stelle im MSD-Manual dargestellt behandelt. Persistiert die Hypoventilation, so ist eine maschinelle Beatmung in Form von nichtinvasiver positiver Druckventilation oder auch eine nachträgliche endotracheale Intubation erforderlich. Eine anhaltende Hypoxie macht die ergänzende Sauerstoffgabe notwendig.

Sauerstofftherapie

Die erforderliche Höhe des Sauerstoffgehalts der Inspirationsluft ergibt sich aus der arteriellen Blutgasanalyse oder der Pulsoxymetrie. Ziel ist es, einen PaO2 zwischen 60 und 80 mmHg (d. h. 92–100% Sauerstoffsättigung) sicherzustellen, ohne dabei in den Bereich der Sauerstofftoxizität zu gelangen. In den genannten Grenzen kann ein ausreichendes Sauerstoffangebot an die Gewebe gewährleistet werden. Da die Oxyhämoglobin-Dissoziationskurve einen sigmoidalen Verlauf aufweist, nimmt das Sauerstoffangebot bei einem Anstieg des PaO2 > 80 mmHg nur noch wenig zu. Daher ist dieser Bereich für die Oxygenierung weniger bedeutsam. Niedrigstmöglichstes O2 (FiO2), das noch zu einem akzeptablen PaO2 führt, sollte gewählt werden. Sauerstofftoxizität ist

  • Konzentrationsabhängig

  • Zeitabhängig

Längerfristige Erhöhungen über eine FiO2 > 60% bewirken inflammatorische Veränderungen, alveoläre Infiltrationen und möglicherweise eine pulmonale Fibrose. Eine FiO2 > 60% sollte immer dann vermieden werden, wenn dies nicht für das Überleben des Patienten unerlässlich ist. Liegt die inspiratorische Sauerstofffraktion FiO2 < unterhalb von 60%, so wird dies dagegen für lange Zeit gut toleriert.

An FiO2 < 40% can be given via nasal cannula or simple face mask. Nasensonden vermitteln einen Sauerstoff-Flow von 1–6 l/Minute. Da mit 6 l/Minute der Nasopharynx ausreichend befüllt wird, haben höhere Flussraten keinen weiteren Nutzen. Einfache Gesichtsmasken und Nasensonden ermöglichen jedoch nicht die Abgabe einer genauen FiO2. Dies ist durch die inkonsistente Zumischung von Sauerstoff bei der Raumluft durch Undichtigkeiten und Mundatmung bedingt. Mit Masken vom Typ der Venturi-Masken kann dennoch eine recht präzise Sauerstoffkonzentration angeboten werden.

Eine FiO2 > 40% macht den Einsatz einer Sauerstoffmaske mit einem Reservoir, das mit Sauerstoff aus der Sauerstoffquelle befüllt wird, erforderlich. Bei den typischen Nichtrückatemmasken inhaliert der Patient 100% Sauerstoff aus einem Reservoir; bei der Ausatmung sorgt jedoch ein Gummiventil dafür, dass die Ausatemluft in die Umgebung abgegeben wird. So kann die Zumischung von Kohlendioxid und Wasserdampf durch den eingeatmeten Sauerstoff verhindert werden. Aufgrund von Undichtigkeiten bieten diese Masken jedoch nur eine FiO2 von höchstens 80–90% an.

Bei der Sauerstofftherapie mit der High-Flow-Nasenkanüle (HFNC) wird im Gegensatz zum herkömmlichen nasalen Sauerstoff Sauerstoff mit einer Geschwindigkeit von 20–60 l/Minute abgegeben; der Sauerstoff wird befeuchtet. Die Befeuchtung trägt dazu bei, die Austrocknung und Entzündung der Atemwege zu verhindern, die mukoziliäre Funktion aufrechtzuerhalten und die Schleimabfuhr zu verbessern. Die HFNC-Therapie neigt dazu, den Totraum in den oberen Atemwegen auszuspülen und die Atemarbeit stärker zu verringern als Masken ohne Rückatmung. Diese Therapie kann Patienten mit hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz, die nicht auf eine Herzinsuffizienz zurückzuführen ist und die nicht hyperkapnisch sind, helfen.

Eine refraktäre Hypoxie kann eine neuromuskuläre Blockade, Rekrutierungsmanöver, eine Beatmung in Bauchlage oder eine venovenöse extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) erfordern.

Wichtige Punkte

  • Eine Hypoxie kann durch Störungen der Ventilation und/oder Oxygenierung verursacht sein und wird in der Regel zunächst durch Pulsoxymetrie erkannt.

  • Bei den Patienten sollten eine Röntgenaufnahme des Thorax, ein EKG sowie eine Blutgasanalyse erfolgen (um die Hypoxie zu bestätigen und die Angemessenheit der Ventilation zu beurteilen). Wenn die Diagnose unklar bleibt, sollten Tests auf Lungenembolie in Betracht gezogen werden.

  • Es sollte Sauerstoff nach Bedarf gegeben werden, um einen PaO2 zwischen 60 und 80 mmHg (d. h. 92– 100% Sättigung) aufrechtzuerhalten, außerdem sollte die Ursache behandelt werden.