Antiarrhythmika

VonL. Brent Mitchell, MD, Libin Cardiovascular Institute of Alberta, University of Calgary
Überprüft/überarbeitet Jan. 2023
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Die Notwendigkeit zur Behandlung einer Arrhythmie richtet sich nach den Symptomen und der Schwere, die diese Arrhythmieform in sich birgt. Die Therapie richtet sich nach den Ursachen für die jeweilige Arrhythmieform. Im Bedarfsfall kann eine direkte antiarrhythmische Therapie mit antiarrhythmischen Medikamenten, Kardioversion-Defibrillation, implantierbaren Cardioverter-Defibrilatoren (ICDs), Schrittmachern (und eine spezielle Form des "Pacing", kardiale Resynchronisationstherapie), Katheterablation, Operation oder auch einer Kombination der genannten Therapieformen notwendig werden.

Die meisten Medikamente zur antiarrhythmischen Therapie können einer der vier Hauptgruppen zugeordnet werden (Vaughan-Williams-Klassifikation). Die Einteilung basiert auf der hauptsächlichen elektrophysiologischen Wirkung in der Zelle (siehe Tabelle Antiarrhythmika [Vaughan-Williams-Klassifikation]).

  • Klasse I: Medikamente der Klasse I werden in Unterklassen unterteilt, a, b und c. Medikamente der Klasse I sind Natriumkanalblocker (membranstabilisierende Medikamente), die die schnellen Natriumkanäle blockieren, die Überleitung in Geweben mit schnellen Ionenkanälen verlangsamen (atriale und ventrikuläre Zellen des Arbeitsmyokards, His-Purkinje-System).

  • Klasse II: Medikamente der Klasse II sind Betablocker, die vorwiegend auf Gewebe mit langsam leitenden Kanälen wirken (sinuatriale [SA], atrioventrikuläre [AV] Knoten). Dort vermindern sie die Automatie, verlangsamen die Überleitungsgeschwindigkeit und verlängern die Refraktärzeit.

  • Klasse III: Medikamente der Klasse III sind hauptsächlich Kaliumkanalblocker, die die Dauer des Aktionspotenzials und der Refraktärzeit in den Geweben mit schnell und langsam leitenden Kanälen verlängern.

  • Klasse IV: Antiarrhythmika der Klasse IV sind die Kalziumantagonisten vom Nichtdihydropyridintyp, die die kalziumabhängigen Aktionspotenziale in Geweben mit langsam leitenden Kanälen unterdrücken und dadurch die Entladungsfrequenz automatischer Herde verringern, die Leitungsgeschwindigkeit verlangsamen und die Refräktärzeit verlängern.

Digoxin, Adenosin und Ivabradin wurden nicht in die ursprüngliche Vaughan-Williams-Klassifikation aufgenommen. Digoxin verkürzt die atrialen und ventrikulären Refraktärzeiten, wirkt vagoton und verlängert dadurch die AV-Knoten-Überleitung und AV-Knoten-Refraktärzeiten.

Adenosin verlangsamt oder blockiert die AV-Knoten-Überleitung und kann Tachyarrhythmien beenden, deren Weiterbestehen von der AV-Knoten-Überleitung abhängig ist.

Ivabradin hemmt den "lustigen Strom" des SA-Knotens und verlangsamt die SA-Knoten-Rate. Weitere umfassende Aktualisierungen der Vaughan-Williams-Klassifikation wurden vorgeschlagen (1).

Tabelle

Antiarrhythmika-Referenz

  1. 1. Lei M, Wu L, Terrar DA, Huang CLH: Modernized classification of cardiac antiarrhythmic drugs. Circulation 138(17):1879–1896, 2018. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.118.035455

Klasse-I-Antiarrhythmika

Antiarrhythmika der Klasse Ia sind:

  • Natriumkanalblocker (membranstabilisierende Medikamente), die die schnellen Natriumkanäle blockieren, die Überleitung in Geweben mit schnellen Ionenkanälen verlangsamen (atriale und ventrikuläre Zellen des Arbeitsmyokards, His-Purkinje-System)

Im Elektrokardiogramm (EKG) kann sich dieser Effekt in breiteren P-Wellen, breiteren QRS-Komplexen, in der Verlängerung des PR-Intervalls oder in einer Kombination von beidem ausdrücken.

Antiarrhythmika der Klasse I werden aufgrund der Kinetik ihrer Natriumkanaleffekte in Untergruppen unterteilt.

  • Klasse Ib Medikamente besitzen eine schnelle Kinetik.

  • Medikamente der Klasse Ic haben eine langsame Kinetik.

  • Medikamente der Klasse Ia haben eine intermediäre Kinetik.

Die Kinetik der Natriumkanalblockade bestimmt die Herzfrequenz. An ihr zeigen sich die elektrophysiologischen Effekte. Die Antiarrhythmika der Klasse Ib zeigen aufgrund ihrer schnellen Kinetik ihre elektrophysiologische Wirkung nur bei sehr hohen Herzfrequenzen. Deshalb zeigt ein EKG, das während eines normalen Herzrhythmus mit normalen Frequenzen aufgezeichnet wurde, keine Verlangsamung der Überleitung in Geweben mit schnellen Ionenkanälen. Antiarrhythmika der Klasse Ib sind nicht sehr potent und haben nur eine minimale Wirkung auf das Vorhofgewebe.

Antiarrhythmika der Klasse Ic haben eine langsame Kinetik, sodass sie ihre elektrophysiologische Wirkung bei allen Herzfrequenzen zeigen. Deshalb zeigt ein EKG, das während eines normalen Rhythmus bei normaler Frequenz aufgezeichnet wurde, die Verlangsamung der Überleitung auf Gewebe mit schnellen Ionenkanälen. Medikamente der Klasse Ic sind potentere Antiarrhythmika.

Antiarrhythmika der Klasse Ia weisen eine intermediäre Kinetik auf, sodass sich ihre verlangsamende Wirkung auf die Überleitung auf Gewebe mit schnellen Ionenkanälen in einem EKG, das während eines normalen Rhythmus bei normaler Frequenz aufgezeichnet wurde, zeigen kann oder auch nicht. Antiarrhythmika der Klasse Ia blockieren auch repolarisierende Kaliumkanäle und verlängern die Refraktärzeiten der Gewebe mit schnellen Ionenkanälen. Im EKG zeigt sich dieser Effekt in einer Verlängerung des QT-Intervalls sogar bei normalen Frequenzen. Antiarrhythmika der Klasse Ib und Ic blockieren nicht direkt die Kaliumkanäle.

Die Hauptindikationen für alle Arzneimittel der Klasse I sind ventrikuläre Tachyarrhythmien (ventrikuläre Tachykardien und Kammerflimmern) und für die Arzneimittel der Klassen Ia und Ic supraventrikuläre Tachyarrhythmien (Vorhofflimmern, Vorhofflattern, supraventrikuläre Tachykardien).

Zu den Nebenwirkung der Medikamente der Klasse 1 gehören das Auftreten einer Proarrhythmie, einer medikamentös bedingten Arrhythmie, die gravierender ist als die ursprünglich behandelte Arrhythmie, was die am meisten Besorgnis erregende Nebenwirkung darstellt. Alle Klasse-I-Antiarrhythmika können eine ventrikuläre Tachykardie verschlechtern. Zudem haben Medikamente der Klasse I die Eigenschaft, die Kontraktionskraft des Ventrikels zu beeinträchtigen. Da diese unerwünschten Wirkungen eher bei Patienten mit einer strukturellen Herzerkrankung auftreten, werden Medikamente der Klasse I in der Regel nur bei Patienten eingesetzt, die keine strukturelle Herzerkrankung haben, oder bei Patienten, die eine strukturelle Herzerkrankung haben, für die es aber keine anderen therapeutischen Alternativen gibt. Es gibt noch andere Nebenwirkungen von Medikamenten der Klasse-I, die spezifisch für die Unterklasse oder einzelne Medikamente sind.

Antiarrhythmika der Klasse Ia

Medikamente der Klasse Ia haben eine Kinetik, die zwischen der schnellen Kinetik der Klasse Ib und der langsame Kinetik der Klasse Ic liegt. Ihre verlangsamende Wirkung auf die Überleitung auf Gewebe mit schnellen Ionenkanälen in einem EKG, das während eines normalen Rhythmus bei normaler Frequenz aufgezeichnet wurde, kann sich zeigen oder auch nicht. Antiarrhythmika der Klasse Ia blockieren repolarisierende Kaliumkanäle und verlängern die Refraktärzeiten der Gewebe mit schnellen Ionenkanälen. Im EKG zeigt sich dieser Effekt in einer Verlängerung des QT-Intervalls sogar bei normalen Frequenzen.

Die primären Indikationen für Medikamente der Klasse Ia sind:

  • Supraventrikuläre Tachyarrhythmien (Vorhofflimmern, Vorhofflattern, Vorhoftachykardie)

  • Ventrikuläre Tachyarrhythmien (ventrikuläre Tachykardie und Kammerflimmern)

Medikamente der Klasse Ia werden auch zur Unterdrückung von atrialen oder ventrikulären Extrasystolen eingesetzt.

Antiarrhytmika der Klasse Ia kann eine Torsade-de-pointes-Tachykardie verursachen. Antiarrhythmika der Klasse Ia können Vorhoftachykardien soweit koordinieren und verlangsamen, dass eine 1:1-AV-Überleitung mit einer merklichen Akzeleration der Ventrikelfrequenz möglich ist.

Antiarrhythmika der Klasse Ib

Die Antiarrhythmika der Klasse Ib besitzen eine schnelle Kinetik; sie zeigen ihre elektrophysiologische Wirkung nur bei sehr hohen Herzfrequenzen. Deshalb zeigt ein EKG, das während eines normalen Herzrhythmus mit normalen Frequenzen aufgezeichnet wurde, keine Verlangsamung der Überleitung in Geweben mit schnellen Ionenkanälen. Antiarrhythmika der Klasse Ib sind nicht sehr potent und haben nur eine minimale Wirkung auf das Vorhofgewebe. Medikamente der Klasse Ib blockieren nicht direkt die Kaliumkanäle.

Medikamente der Klasse Ib werden zur Unterdrückung von ventrikulären Tachyarrhythmien (ventrikuläre Tachykardie, Kammerflimmern) und ventrikulären Extrasystolen eingesetzt.

Antiarrhythmika der Klasse Ic

Antiarrhythmika der Klasse Ic haben eine langsame Kinetik; sie zeigen ihre elektrophysiologische Wirkung bei allen Herzfrequenzen. Deshalb zeigt ein EKG, das während eines normalen Rhythmus bei normaler Frequenz aufgezeichnet wurde, die Verlangsamung der Überleitung auf Gewebe mit schnellen Ionenkanälen. Medikamente der Klasse Ib sind potentere Antiarrhythmika als die der Klasse 1a oder 1b. Medikamente der Klasse Ib blockieren nicht direkt die Kaliumkanäle.

Medikamente der Klasse Ic können Vorhoftachykardien so weit koordinieren und verlangsamen, dass eine 1:1-AV-Überleitung mit einer merklichen Akzeleration der Ventrikelfrequenz möglich ist.

Medikamente der Klasse Ic werden eingesetzt zur Unterdrückung von

Antiarrhythmika der Klasse-II

Antiarrhythmika der Klasse II sind

  • Betablocker

Betablocker wirken vorwiegend auf Gewebe mit langsam leitenden Kanälen (sinoatriale und atrioventrikuläre Knoten). Dort vermindern sie die Rate der Automatizität, verlangsamen die Leitungsgeschwindigkeit und verlängern die Refraktärzeit. Es kommt zu einer Verlangsamung der Herzfrequenz und einer Verlängerung des PR-Intervalls. Der AV-Knoten überträgt schnelle Vorhofdepolarisationen mit einer langsameren Frequenz. Dazu zählen die Sinustachykardie, die AV-Knoten-Reentry-Tachykardie, VHF und Vorhofflattern.

Medikamente der Klasse II werden hauptsächlich zur Behandlung von supraventrikuläre Tachykardien, einschließlich Sinustachykardie, und zur Verlangsamung der ventrikulären Ansprechraten bei Vorhofflimmern und Vorhofflattern eingesetzt. Diese Medikamente werden ebenfalls zur Behandlung von ventrikulären Tachykardien eingesetzt, um die Schwelle zum Kammerflimmern zu erhöhen und die proarrhythmischen Effekte der Beta-Adrenorezeptoren-Stimulation zu reduzieren.

Betablocker werden von den Patienten im Allgemeinen gut toleriert. Nebenwirkungen treten in Form von Abgeschlagenheit, Schlafstörungen und gastrointestinalen Störungen auf. Diese Medikamentengruppe ist bei Patienten mit Asthma kontraindiziert.

Klasse-III-Antiarrhythmika

Klasse-III-Medikamente sind:

  • Medikamente zur Stabilisierung der Membran, hauptsächlich Kaliumkanalblocker

Antiarrhythmika der Klasse III verlängern die Dauer des Wirkungspotenzials und die Refraktärzeit in Geweben mit langsamen und schnellen Kanälen. Die Fähigkeit des gesamten kardialen Gewebes, Impulse mit hohen Frequenzen zu übertragen, wird dadurch verringert, die Leitungsgeschwindigkeit jedoch nicht signifikant beeinflusst. Durch die Verlängerung des Aktionspotenzials wird die Entladungsfrequenz automatischer Herde verringert. Der vorwiegende Effekt im EKG zeigt sich in der QT-Verlängerung.

Diese Medikamente werden zur Behandlung von supraventrikulären und ventrikulären Tachyarrhythmien eingesetzt. Antiarrhythmika der Klasse III bergen das Risiko einer ventrikulären Proarrhythmie, hier v. a. das Risiko einer Torsade-de-pointes-Tachykardie und werden nicht bei Patienten mit Torsade-de-pointes VT angewendet.

Antiarrhythmika der Klasse IV

Klasse-IV-Medikamente sind:

  • Nondihydropyridin-Kalziumkanalblocker

Diese Medikamente senken die kalziumabhängigen Aktionspotenziale in Geweben mit langsamen Kanälen und verringern so die Entladungsfrequenz automatischer Herde, verlangsamen die Leitungsgeschwindigkeit und verlängern die Refräktärzeit. Die Herzfrequenz wird reduziert, das PR-Intervall verlängert und der AV-Knoten überträgt schnelle atriale Depolarisationen mit einer niedrigeren Frequenz. Diese Medikamente werden in erster Linie zur Behandlung von supraventrikulären Tachykardien eingesetzt. Sie können auch zu Verlangsamung der ventrikulären Ansprechrate bei Vorhofflimmern oder Vorhofflattern eingesetzt werden. Eine Form der VT (links septal oder Belhassen VT) kann mit Verapamil behandelt werden.