Vesikanzien sind chemische Kampfstoffe, die Blasenbildung (Vesikel) verursachen, darunter:
Senfe, darunter Senfgas und Stickstoffsenfe
Lewisite
Phosgenoxim (technisch eher ein Nesselstoff und ein Korrosionsmittel als ein Vesikant, obwohl es als Vesikant klassifiziert wird)
Diese Stoffe wirken sich auch auf die Atemwege aus: Senf ist überwiegend ein Stoff des Typs 1, der sich auf großen Atemwege auswirkt, Phosgenoxim ist ein Stoff des Typs 2, der sich auf die unteren Atemwege und Alveolen auswirkt, und Lewisit ist ein Mischstoff.
Senfgas wurde verschiedentlich beschrieben, als ob es wie Senf, Knoblauch, Meerrettich oder Asphalt riecht. Lewisite können einen geranienartigen Geruch haben und Phosgenoxim wurde einfach als irritierend beschrieben. Die Wahrnehmung dieser Gerüche ist so subjektiv, dass sie kein zuverlässiger Indikator für das Vorhandensein oder die Identität dieser Verbindungen sind.
(Siehe auch Übersicht über die chemischen Kampfstoffe.)
Pathophysiologie von Verletzungen durch Vesikanzien
Senfgas und Stickstoffsenfe alkylieren viele zelluläre Komponenten, einschließlich der DNA und setzen inflammatorische Zytokinen frei. Sie haben ähnliche akute lokale Auswirkungen auf die Haut, Augen und Atemwege; bei tödlichen Konzentrationen unterdrücken sie das Knochenmark. Schäden an Zellen in der Basalschicht der Epidermis ergeben eine Trennung der Epidermis von der Dermis oder, in hohen Dosen, eine direkte Nekrose und Ablösung der Epidermis. Blasenflüssigkeit enthält kein aktives Senfgas. Typ-1-Schäden an den großen Atemwegen beinhalten Ablösung der Schleimhaut der Atemwege wie Pseudomembranen. Lungenödem (Typ-2-Schaden) kann bei hohen Dosen auftreten. Senf kann auch Übelkeit induzieren, vermutlich über einen cholinergen Mechanismus. Eine Leukopenie aufgrund von Knochenmarksuppression kann eine Woche oder zwei Wochen nach der Exposition zu einer Sepsis führen. Zu den Langzeitauswirkungen können Augenveränderungen (z. B. chronische Keratitis) sowie Hautkrebs und Krebs der Atemwege gehören.
Lewisite verursachen Hautschäden ähnlich denen von Senfgas, obwohl der Mechanismus der Schädigung ein anderer ist und die Auswirkungen sowohl auf Glutathion und Sulfhydryl-Gruppen an Enzymen als auch auf die Hemmung der Pyruvatdehydrogenase umfasst. In den Atemwegen führt der Arsenanteil der Lewisite zur Leckage der Lungenkapillaren und zu Lungenödem; bei hohen Dosen kann eine systemische Hypotonie - sog. Lewisit-Schock - auftreten. Im Gegensatz zu den Senfen, führen Lewisite nicht zu Immunsuppression.
Phosgenoxim verursacht Urtikaria und dann Gewebenekrose durch Mechanismen, die noch unklar sind.
Symptome und Beschwerden von Verletzungen durch Vesikanzien
Senf-Verbindungen verursachen intensive und zunehmende Schmerzen der Haut, Rötung und Blasenbildung nach einer Latenzzeit. Die Latenzzeit ist umgekehrt proportional mit der Dosis, beträgt aber in der Regel mindestens ein paar Stunden (und bis zu 36 Stunden). Blasen, die durch Senfgas verursacht werden, ähneln manchmal einer Perlenkette um einen zentralen Bereich, der scheinbar nicht betroffen ist, in Wirklichkeit aber zu beschädigt ist, um Blasen zu bilden; Blasen, die durch Stickstoffsenf verursacht werden, zeigen dieses Muster mit geringerer Wahrscheinlichkeit. Blasen können groß und hängend zuwerden. Eine schmerzhafte chemische Bindehautentzündung, die einen Lidschlussreflex verursacht, tritt früher auf als Hautsymptome, aber immer noch nach einer Verzögerung von oft Stunden. Die Hornhaut kann getrübt sein. Zu den Atemwegsmanifestationen gehören Husten, Laryngospasmus, Heiserkeit, Keuchen und inspiratorischer Stridor; dies sind ebenfalls die typischen Anzeichen und Symptome einer Exposition gegenüber pulmonalen Agenzien des Typs 1 und treten wie Hautverletzungen nach einer Latenzzeit auf, die mit der Dosis umgekehrt korreliert, in der Regel aber mindestens einige Stunden beträgt. Engegefühl in der Brust und Dyspnoe können bei ernster Exposition auftreten. Übelkeit kann nach einer mäßigen bis hohen Dosen auftreten.
Lewisite verursachten Schmerzen etwa innerhalb einer Minute der Hautexposition. Ein Erythema ist oft nach 15 bis 30 Minuten spürbar, und Blasen bilden sich nach mehreren Stunden. Die Blasen bilden sich in der Regel in der Mitte des erythematösen Bereichs und verbreiten sich peripher. Der Schmerz ist in der Regel nicht so stark, wie der durch Senf verursachte und beginnt zu sinken, nachdem sich Blasen bilden. Reizung der Schleimhäute und der großen Atemwege tritt bald nach dem Einatmen auf und führt zu Husten, Niesen und Keuchen. Nach einigen Stunden, treten, Typ-2-Symptomen (Brustenge und Atemnot) auf.
Hautkontakt mit Phosgenoxim verursacht starke, "nesselnde" Schmerzen und bleichen innerhalb von 5 bis 20 Sekunden. Die betroffene Haut wird dann grau mit geröteter Grenze. Zwischen 5 und 30 Minuten nach der Exposition führt das Ödem zu Quaddelbildung (Urtikaria). In den nächsten 7 Tagen wird die Haut dunkelbraun und dann schwarz wenn Nekrose der Haut und der darunter liegenden Unterhaut und Muskulatur auftritt. Wird die Läsion nicht chirurgisch entfernt, kann sie für mehr als 6 Monte bestehen. In den Atemwegen verursacht Phosgenoxim Lungenödeme, selbst bei niedriger Dosierung.
Diagnose von Verletzungen durch Vesikanzien
Klinische Untersuchung
Schmerzen, die bei oder kurz nach der Exposition auftreten, legen nahe, dass Lewisit oder Phosgenoxim der Wirkstoff sind; der frühe Beginn der Hautveränderungen unterscheidet Phosgen Oxim. Verzögerten Schmerzempfinden (manchmal bis einen Tag nach der Exposition) lässt auf Senfgas schließen. Die klinische Diagnose kann durch Labortests bestätigt werden (normalerweise wird entweder ein Metabolit oder ein DNA- oder Proteinaddukt gemessen), aber diese Tests sind nur in spezialisierten Labors erhältlich.
Bei Patienten, die Senf ausgesetzt waren, sollte regelmäßige ein Blutbild erstellt werden, um in den ersten zwei Wochen Veränderungen auf Lymphopenie und Neutropenie zu überwachen.
Triage
Alle Unfälle mit möglicher Haut- oder Augenexposition gegenüber Vesikanzien sollten für eine sofortige Dekontamination priorisiert werden. Eine Dekontamination der Haut innerhalb von 2 Minuten ist ideal, aber eine Dekontamination bis zu 15 oder 20 Minuten nach der Exposition kann die Größe der eventuellen Blasen möglicherweise verringern. Allerdings sollten auch Patienten, die später ankommen, noch so schnell wie möglich dekontaminiert werden, um anhaltende Absorption und damit Anreicherung von einer tödlichen Dosis zu stoppen, die für Senf und Lewisit ungefähr 3 bis 7 g beträgt. Jedoch können, mit Ausnahme von Patienten mit drohender Schädigung der Atemwege, die meisten Patienten, die Vesikanzien ausgesetzt waren, eine kurze Verzögerung bei der Behandlung vertragen, während dringendere Verletzte stabilisiert werden.
Behandlung von chemischen Verletzungen durch Vesikanzien
Dekontamination
Behandeln Sie Hautläsionen ähnlich wie Verbrennungen
Unterstützung der Atemwege nach Bedarf
Haut-Dekontamination sollte so schnell wie möglich erfolgen, vorzugsweise unter Verwendung einer reaktiven Haut- Dekontaminations-Lotion (RSDL®). Eine 0,5% ige Lösung von Natriumhypochlorit ist weniger wirksamen, aber immer noch sinnvoll, wenn RSDL® nicht verfügbar ist. Physikalische oder mechanische Dekontamination kann versucht werden, und Seife und Wasser oder Hochdruckwasser mit niedrigem Durchfluss allein können bei der zweckmäßigen Dekontamierung von Massenunfällen nützlich sein. Augen und Wunden sollten mit steriler Kochsalzlösung gespült werden.
Hautläsionen werden wie Verbrennungen behandelt (Verbrennungen: Erste Wundversorgung). Da jedoch der Flüssigkeitsverlust bei Patienten, die Vesikanten ausgesetzt sind, geringer ist als bei Patienten mit thermischen Verbrennungen, sollte weniger Flüssigkeit verwendet werden, als in den Flüssigkeitsersatzformeln von Brooke oder Parkland für die Behandlung thermischer Verbrennungen angegeben ist. Gewissenhafte Hygiene ist wichtig, um sekundäre Infektionen zu verhindern. Antibiotische Salben sollten auf den Rändern der Augenlider angewendet werden, um eine Lidadhäsion verhindern.
Unterstützende Beatmung, einschließlich Aufmerksamkeit auf Atemwege und Atmung, ist bei Patienten mit Atemwegserscheinungen angezeigt (siehe Lungenwirksame chemische Kampfstoffe: Behandlung). Weil Übelkeit cholinergen Ursprungs ist, kann diese mit Atropin (z. B. 0,1 bis 1,3 mg IV alle 1 bis 2 Stunden bei Bedarf) behandelt werden.
Eine Knochenmarksdepression erfordert umgekehrte Isolierung und Behandlung mit koloniestimulierenden Faktoren.
Die in diesem Artikel wiedergegebene Meinung ist die des Autors und reflektiert nicht die offizielle Politik des Department of Army, Department of Defense oder der amerikanischen Regierung.