Stechende Insekten gehören zur Ordnung der Hymenoptera aus der Klasse der Insecta. Die Gifte der Hymenoptera verursachen bei jeder gestochenen Person lokale toxische Reaktionen. Bei Personen, die bereits durch einen frühen Stich sensibilisiert wurden, führen sie jedoch zu allergischen Reaktionen. Der Schweregrad der Reaktion hängt von der Dosis und dem Grad der vorausgegangenen Sensibilisierung ab. Patienten, die einem Insektenschwarm ausgesetzt waren und Patienten mit einem erhöhten Giftwert im lgE-Spiegel können einen anaphylaktischen Schock bekommen; viele Kinder bleiben auch später besonders gefährdet. Das bedeutet, dass der durchschnittliche Erwachsene mehr als 1000 Stiche unbeschadet überstehen kann (22 Stiche/kg KG). Bei Kindern dagegen können 500 Stiche tödlich sein.
Eine unerwartet große Zahl von Menschen sucht nach Wirbelstürmen und anderen Umweltkatastrophen einen Arzt wegen Stichen und ihren Komplikationen auf.
Wichtige Hymenoptera-Untergruppen sind
Apidae (z. B. Honigbienen, Hummeln)
Vespidae (z. B. Wespen, Wespen, Hornissen)
Formicidae (z. B. flügellose Feuerameisen)
Apidae sind friedliebend und stechen in der Regel nur, wenn sie provoziert werden. Im Gegensatz dazu ist die sog. Killerbiene eine aggressive Art der Honigbiene, die von Südafrika in die Südstaaten und den Südwesten der USA eingewandert ist. Sie ist besonders angriffslustig, wenn sie sich gestört fühlt. Apidae stechen typischerweise nur einmal und lassen den mit Widerhaken besetzten Stachel in der Wunde zurück. Die Ablösung des Stachels führt zur Giftinjektion, aber auch zum Tod des Insekts. Die wichtigste Komponente des Bienengiftes, die als Schmerzverursacher gilt, ist das Melittin. Das Gift der sog. Killerbiene ist stärker wirksam als das anderer Bienen, auch sind diese Bienen bedrohlicher, da sie im Schwarm attackieren und mehrfach stechen, wodurch die Giftdosis im Vergleich zur normalen Honigbiene wesentlich höher ist. In den USA führen Bienenstiche 3–4-mal häufiger zum Tod als Giftschlangenbisse.
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Die Stacheln von Vespidae haben weniger Widerhaken und bleiben deshalb nicht in der Wunde, was dazu führt, dass diese Insekten mehrfach stechen können. Ihr Gift enthält Phospholipase, Hyaluronidasen und ein Protein, das als Antigen 5 bezeichnet wird. Dieses Protein ist ein besonders starkes Allergen. Obwohl Vespidae auch nur stechen, wenn sie provoziert werden, ist dies doch ein häufiges Ereignis, da ihre Nester nahe beim Menschen angesiedelt sind. Durch Hornissen verursachte Insektenstiche sind in den USA die häufigste Ursache für allergische Reaktionen.
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Im Süden der USA, besonders in der Golfregion, werden bis zu 40% der Bevölkerung von Feuerameisen gestochen. Ca. 30% dieser Fälle sind tödlich. Es gibt mehrere Arten dieser Ameisen, es dominiert jedoch Solenopsis invicta, die für eine steigende Anzahl allergischer Reaktionen verantwortlich sind. Feuerameisen verankern sich oft mit ihren Beißwerkzeugen an ihrem Opfer und stechen mehrmals hintereinander, wobei sie ihren Körper bogenförmig um die Bissstelle winden. Hierdurch entsteht eine charakteristische zentrale Bissstelle, die um den Stich herum von einer roten Linie umgeben ist. Das Gift dieser Ameisen hat hämolytische, zytotoxische, antimikrobielle und insektizide Eigenschaften. Für die allergischen Reaktionen sind wahrscheinlich 3–4 niedermolekulare wasserlösliche Eiweiße verantwortlich.
Symptome und Anzeichen von Insektenstichen
Nach einem Stich durch Apidae oder Vespidae setzen gewöhnlich sofort Schmerzen ein. Es kommt zu einem brennenden und juckenden Gefühl an der Bissstelle. Dabei entwickelt sich ein Erythem mit zentraler Quaddel, die auf mehrere Zentimeter anschwillt und sich verhärtet. Das Erythem und die Schwellung erreichen ihren Höhepunkt nach 48 Stunden, können 1 Woche anhalten und sich über die gesamte Extremität ausbreiten. Diese lokale, chemisch verursachte Entzündung wird häufig mit einer sekundären bakteriellen Entzündung verwechselt, die sehr schmerzhaft sein kann, aber selten nach Giftstichen auftritt. Kommt es lediglich zu einem Anschwellen an der Bissstelle, so handelt es sich dabei nicht um eine allergische, sondern um eine toxische Reaktion. Sollte es zu einer allergischen Reaktion kommen, so drückt sich diese in Form von Urtikaria, Angioödem, Bronchospasmus, anhaltender Hypotonie oder durch eine Kombination aus all diesen Symptomen aus.
Der Stich einer Feuerameise führt zu einem rasch auftretenden Schmerz, gefolgt von einer Quaddelbildung, die sich innerhalb von 45 Minuten wieder zurückbilden kann. An der Bissstelle entwickelt sich gelegentlich eine sterile Blase, die nach 30–70 Stunden zusammenfällt. Eine mögliche Sekundärinfektion kann zur Sepsis führen. In einigen Fällen entwickeln sich anstelle einer Blase ein Ödem, ein Erythem und Juckreiz. Weniger als 1% der Patienten, die von Feuerameisen gestochen wurden, entwickeln eine Anaphylaxie. Eine Mononeuritis und zerebrale Krampfanfälle wurden gelegentlich schon beobachtet.
Diagnose von Insektenstichen
Klinische Untersuchung
Die Diagnose von Insektenstichen wird klinisch gestellt. Apidaestiche werden auf Stachel überprüft. Obere und untere Atemwege werden auf Anzeichen einer allergischen Reaktion überprüft. Eine sekundäre bakterielle Zellulitis ist selten, aber wird berücksichtigt, wenn eine Rötung und Schwellung ein oder zwei Tage nach dem Stich (anstatt sofort) beginnt und es systemische Anzeichen einer Infektion gibt (z. B. Fieber, Schüttelfrost), sowie starke Schmerzen.
Behandlung von Insektenstichen
Parenterales Adrenalin und Antihistaminika bei systemischen allergischen Reaktionen
Entfernen jeglicher Apidaestachel
Analgetika und Antihistaminika bei lokalen Reaktionen
Stachel, wenn vorhanden, sollten so schnell wie möglich entfernt werden. Zu den möglichen Methoden gehören das Schaben mit einer dünnen stumpfen Kante (z. B. der Kante einer Kreditkarte oder der stumpfen Seite eines Skalpells oder dünnen Tafelmessers).
Schmerzen, Brennen und Juckreiz können gelindert werden, indem sofort ein Eiswürfel in ein Tuch eingewickelt und über dem Stich platziert wird. Orale H1-Blocker, nichtsteroidale Antiphlogistika oder beides können ebenfalls helfen. Andere möglicherweise wirksame lokale Maßnahmen sind topische Lotionen, Lidocainpflaster, eutektische Mischung aus Lokalanästhetika, intrakutane Injektion von 1% Lidocain (mit oder ohne 1:100.000 Epinephrin) und Kortikosteroid-Cremes oder -Salben mittlerer Wirksamkeit (z. B. Triamcinolon 0,1%). Die meisten Hausmittel (z. B. Anwendung eines Fleischklopfers) sind von begrenzter Wirksamkeit.
Mittelschwere allergische Reaktionen werden mit Antihistaminika behandelt. Kommt es zu einer anaphylaktischen Reaktion, so ist die Therapie mit Adrenalin und im Bedarfsfall auch mit Vasopressoren angezeigt.
Insektenallergiker sollten ein Notfallset bei sich tragen, das eine mit Epinephrin gefüllte Spritze enthält. Nach einem Stich sollten sie so schnell wie möglich einen Arzt aufsuchen. Menschen, die eine Vorgeschichte von Anaphylaxie oder eine bekannte Allergie auf Insektenstiche haben, sollten einen Hinweis wie z. B. ein spezielles Armband tragen.
Prävention von Insektenstichen
Menschen, die schon eine Anaphylaxie hatten, haben ein Risiko bei weiteren Insektenstichen. Eine Immuntherapie mit Desensibilisierungs kann in Erwägung gezogen werden. Eine Gift-Immuntherapie ist sehr wirksam. Sie kann das Risiko für eine Anaphylaxie bei gefährdeten Personen deutlich reduzieren. Nach 2-jähriger Therapie sinkt das Risiko für das erneute Auftreten einer anaphylaktischen Reaktion von 50% auf ungefähr 10% ab, nach 3- bis 5-jähriger Therapie sogar auf 2%. Kinder, die eine Gift-Immuntherapie erhalten haben, haben 10–20 Jahre nach der Behandlung ein deutlich geringeres Risiko einer systemischen Reaktion auf Stiche. Eine Immuntherapie scheint auch während einer Schwangerschaft gefahrlos möglich zu sein. Eine Therapie gegen ein einzelnes Gift ist ausreichend. Nach der anfänglichen Immuntherapie müssen bis zu 5 Jahre lang Erhaltungsdosen verabreicht werden.
Wichtige Punkte
Stiche von Apidae und Vespidae verursachen sofort Schmerzen, Brennen, Juckreiz, Rötung und Schwellung.
Feuerameisenstiche verursachen unmittelbare Schmerzen, Quaddeln und Aufflackern, die oft von einer Pustel innerhalb einer Stunde gefolgt werden. Manchmal infiziert sich die Wunde innerhalb von Stunden oder Tagen.
Eine sekundäre Infektion sollte vermutet werden, wenn starke Schmerzen auftreten und die Rötung und Schwellung erst ein oder 2 Tage danach auftritt, sowie bei systemischen Befunden.
Eine allergische Reaktion wird vermutet, wenn Urtikaria, Angioödem, Bronchospasmus, und/oder refraktäre Hypotonie auftreten, nicht aber, wenn nur eine Schwellung da ist.
Stacheln von Apidae sollten entfernt und die lokalen Reaktionen mit Eis, oralen H1-Blockern und/oder nichtsteroidale Antiphlogistika behandelt werden.
Allergische Reaktionen und Infektionen werden behandelt.
Eine Desensibilisierungstherapie kann bei Patienten mit anaphylaktischen Reaktionen in Frage kommen.