Die beatmungsassoziierte Pneumonie (VAP) entwickelt sich mindestens 48 Stunden nach der endotrachealen Intubation. Die häufigsten Erreger sind gramnegative Stäbchen und Staphylococcus aureus; gegen Antibiotika-resistente Organsimen sind ein wesentlicher Anlass zu Besorgnis. Bei beatmeten Patienten manifestiert sich die Lungenentzündung in der Regel als Fieber, Zunahme der weißen Blutkörperchen, Verschlechterung der Oxygenierung und erhöhte Trachealsekretion, die eitrig sein kann. Die Diagnose wird auf der Grundlage der klinischen Präsentation und des Röntgenthorax vermutet und manchmal durch eine positive Blutkultur für denselben Erreger bestätigt, der in Atemwegssekreten oder bronchoskopischen Probenentnahmen der unteren Atemwege mit quantitativer Gram-Färbung und Kulturen gefunden wird. Die Therapie erfolgt mit Antibiotika. Die Prognose ist insgesamt schlecht, teilweise aufgrund vorhandener Begleiterkrankungen.
(Siehe auch Übersicht über Pneumonie.)
Eine beatmungsassoziierte Pneumonie ist eine Lungenentzündung, die sich mindestens 48 Stunden nach einer endotrachealen Intubation entwickelt oder innerhalb von 48 Stunden nach der Extubation. Die beatmungsassoziierte Pneumonie ist eine Untergruppe der im Krankenhaus erworbenen Pneumonie, zu der auch die Pneumonie bei stationären Patienten gehört, die nicht mechanisch beatmet werden. Bei der beatmungsbedingten Pneumonie treten häufig mehr resistente Krankheitserreger auf und die Prognose ist schlechter als bei anderen Formen der im Krankenhaus erworbenen Pneumonie.
Ätiologie der ventilatorassoziierten Pneumonie
Die häufigste Ursache der beatmungsassoziierten Pneumonie ist eine Mikroaspiration von Bakterien, die den Oropharynx und die oberen Atemwege von schwerkranken Patienten besiedeln.
Risikofaktoren
Die endotracheale Intubation ist der Hauptrisikofaktor für eine beatmungsassoziierte Pneumonie. Eine endotracheale Intubation durchbricht die Abwehrmechanismen der Atemwege, behindert das Abhusten und die mukoziliäre Clearance, und erleichtert die Mikroaspiration von bakterienhaltigen Sekreten, die sich oberhalb der aufgeblasenen Blockung des Tubus sammeln. Darüber hinaus bilden Bakterien einen Biofilm auf und im Trachealtubus, der sie vor Antibiotika und Abwehrmechanismen ihres Wirtes schützt. Das höchste Risiko einer beatmungsassoziierten Pneumonie besteht in den ersten 10 Tagen nach der Intubation. Eine beatmungsassoziierte Pneumonie tritt bei 9-27% der mechanisch beatmeten Patienten auf (1).
Pathogene Erreger
Die auslösenden Erreger und Antibiotikaresistenzen variieren signifikant zwischen verschiedenen Einrichtungen und können auch innerhalb einer Klinik raschen Änderungen unterworfen sein (z. B. von Monat zu Monat). Lokale Antibiogramme auf institutioneller Ebene, die regelmäßig aktualisiert werden, sind für die Bestimmung einer geeigneten empirischen Antibiotikatherapie unerlässlich. Die wichtigsten Erreger sind im Allgemeinen:
Pseudomonas aeruginosa
Methicillin-sensitiver Staphylococcus aureus
Methicillin-resistenter S. aureus (MRSA)
Weitere wichtige Pathogene umfassen gramnegative Darmbakterien (hauptsächlich Enterobacter species, Klebsiella pneumoniae, Escherichia coli, Serratia marcescens, Proteus species und Acinetobacter species).
Methicillin-sensitive S. aureus, Streptococcus pneumoniae und Haemophilus influenzae sind am häufigsten bei Pneumonien beteiligt, die sich innerhalb von 4–7 Tagen nach stationärer Aufnahme entwickeln, während P. aeruginosa, MRSA und gramnegative Darmbakterien mit zunehmender Intubations- oder Krankenhausaufenthaltsdauer immer häufiger ursächlich werden.
Eine vorangegangene intravenöse Antibiotikabehandlung (innerhalb der letzten 90 Tage) erhöht die Wahrscheinlichkeit von antibiotikaresistenten Organismen, insbesondere von MRSA- und Pseudomonas-Infektionen bei beatmungsassoziierter Pneumonie (2) erheblich. Die Infektion mit einem resistenten Organismus erhöht die Mortalität und Morbidität deutlich. Weitere Risikofaktoren für antibiotikaresistente Organismen, die spezifisch für beatmungsbedingte Pneumonie sind, umfassen
Septischer Schock zum Zeitpunkt der beatmungsassoziierten Pneumonie
Akutes Atemnotsyndrom, das der beatmungsbedingten Pneumonie vorausgeht
Krankenhausaufenthalt ≥ 5 Tage vor dem Auftreten einer beatmungsassoziierten Pneumonie
Akute Nierenersatztherapie vor dem Auftreten einer beatmungsassoziierten Pneumonie
Hochdosierte Kortikosteroidgaben erhöhen das Risiko von Infektionen durch Legionella und Pseudomonas- Infektionen. Chronisch eitrige Lungenerkrankungen wie Mukoviszidose und Bronchiektasen erhöhen das Risiko für gramnegative Erreger einschließlich antibiotikaresistenter Stämme.
Literatur zur Ätiologie
1. Reignier J, Mercier E, Le Gouge A, et al: Effect of not monitoring residual gastric volume on risk of ventilator-associated pneumonia in adults receiving mechanical ventilation and early enteral feeding: a randomized controlled trial. JAMA 309(3):249–256, 2013. doi:10.1001/jama.2012.196377
2. Kalil AC, Metersky ML, Klompas M, et al: Management of adults with hospital-acquired and ventilator-associated pneumonia: 2016 clinical practice guidelines by the Infectious Diseases Society of America and the American Thoracic Society. Clin Infect Dis 63(5):e61–111, 2016.
Symptome und Anzeichen einer ventilatorassoziierten Pneumonie
Eine Pneumonie bei kritisch kranken, mechanisch beatmeten Patienten führt typischerweise zu Fieber und erhöhter Atem- oder Herzfrequenz oder zu Veränderungen der Atmungsparameter, z. B. einer Zunahme eitriger Sekrete oder einer Verschlechterung der Hypoxämie.
Diagnose von beatmungsassoziierter Pneumonie
Röntgenthorax und klinischen Kriterien (begrenzte Genauigkeit)
Manchmal Bronchoskopie oder Blutkulturen
Die Diagnostik ist mangelhaft. Im klinischen Alltag wird eine beatmungsassoziierte Pneumonie oft auf der Grundlage eines neu aufgetretenen Infiltrates im Röntgenthorax vermutet, das zur Diagnose neu aufgetretener Symptome oder Anzeichen (z. B. Fieber, vermehrte Sekretion, sich verschlechternde Hypoxämie) oder einer Leukozytose veranlasst wurde. Dennoch ist zur Diagnosestellung kein Symptom oder Röntgenbefund ausreichend sensibel oder spezifisch, da sie alle auch durch Atelektasen, Lungenembolien oder Lungenödem verursacht sein können sowie als Teilsymptomatik eines ARDS auftreten können.
Gram-Färbung und semiquantitative Kulturen von endotrachealen Aspiraten sind zwar nicht eindeutig für die Identifizierung einer Infektion, werden aber für die Steuerung der Behandlung einer beatmungsassoziierten Pneumonie empfohlen. Bronchoskopisch gewonnene Proben aus den unteren Atemwegen für quantitative Kulturen liefern zuverlässigere Ergebnisse, die zwischen Kolonisation und Infektion unterscheiden können. Informationen, die aus bronchoskopischen Probenahme gewonnen wurden, reduzieren den Einsatz von Antibiotika und helfen bei der Umstellung von breiterer zu schmalerer antibiotischen Abschirmung. Jedoch wurde bisher keine besseren Ergebnisse belegt.
Die Messung von Entzündungsmediatoren in bronchoalveolärer Lavageflüssigkeit oder im Serum hat sich als nicht zuverlässig bei der Entscheidung über die Einleitung von Antibiotika erwiesen. Die einzige Methode, mit der sowohl Pneumonien als auch die zugrunde liegenden Erreger zuverlässig identifiziert werden können, ist ein positiver kultureller Nachweis pathogener Erreger aus Pleuraflüssigkeit (erhalten über eine Thorakozentese bei einem Patienten mit Pleuraerguss)
Blutkulturen sind ebenfalls relativ spezifisch, wenn ein respiratorischer Erreger identifiziert wird, sind aber wenig sensitiv.
Behandlung von ventilatorassoziierter Pneumonie
Empirisch gewählt Antibiotika gegen resistente Organismen
Wenn der Verdacht auf eine beatmungsassoziierte Pneumonie besteht, erfolgt die Behandlung mit Antibiotika, die empirisch ausgewählt werden auf der Grundlage von
Empfindlichkeitsprüfung
Risikofaktoren der Patienten für antibiotikaresistente Krankheitserreger
Frühere mikrobiologische Ergebnisse von Patientenproben, die eine Kolonisation mit antibiotikaresistenten Erregern zeigen
n den Richtlinien von 2007 verwendeten die Infectious Diseases Society of America und die American Thoracic Society sehr weit gefasste Kriterien zur Definition der Risikopopulation für eine Infektion mit antibiotikaresistenten Erregern, was dazu führte, dass die Mehrheit der Patienten mit beatmungsassoziierter Pneumonie VAP eine Breitspektrum-Antibiotikatherapie gegen MRSA und resistente Pseudomonas benötigte. Die Richtlinien der Infectious Diseases Society of America und der American Thoracic Society aus dem Jahr 2016 betonen die Verwendung eines schmaleren Spektrums an empirischen Antibiotika, wenn möglich (1). Eine empirische Therapie von VAP ohne Risikofaktoren für antibiotikaresistente Organismen und hohe Mortalität (mechanische Beatmung bei Lungenentzündung oder septischem Schock) in einer Einrichtung, in der die MRSA-Inzidenz < 10% bis 20% (von S. aureus-Isolaten) und die P. aeruginosa-Resistenz < 10% für häufig verwendete empirische antipseudomonale Antibiotika beträgt, könnte eine der folgenden Maßnahmen umfassen:
Piperacillin/Tazobactam
Cefepime
Levo-Floxacin
Imipenem
Meropenem
In Behandlungsumgebungen, in denen die MRSA-Raten > 10–20% sind, sollte Vancomycin oder Linezolid hinzugefügt werden. Bei Patienten mit hohem Mortalitätsrisiko oder mit Risikofaktoren für antibiotikaresistente Organismen oder ohne zuverlässige lokale Antibiogramme wird eine Dreifachtherapie mit 2 Medikamenten mit Aktivität gegen Pseudomonas und 1 Medikament mit Aktivität gegen MRSA empfohlen:
Ein Antipseudomonas-Cephalosporin (Cefepim oder Ceftazidim) oder ein Antipseudomonas-Carbapenem (Imipenem, Meropenem) oder ein Beta-Lactam/Beta-Lactamase-Inhibitor (Piperacillin/Tazobactam)
Ein Antipseudomonas-Fluorchinolon (Ciprofloxacin oder Levofloxacin) oder ein Aminoglykosid (Amikacin, Gentamicin, Tobramycin)
Linezolid oder Vancomycin
Während die undifferenzierte Anwendung von Antibiotika eine Hauptursache für die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen ist, ist der Umfang der anfänglichen empirischen Antibiotika ein Hauptpfeiler für ein gutes Ergebnis. Daher muss die Behandlung mit dem anfänglichen Einsatz von Breitspektrum-Medikamenten beginnen. Die Patienten sollten 2 bis 3 Tage nach Beginn der Behandlung erneut beurteilt werden, und die Antibiotika werden dann auf der Grundlage des klinischen Ansprechens und der Ergebnisse von Kulturen und Antibiotika-Empfindlichkeitstests auf das engstmögliche Schmalspektrum-Behandlungsschema umgestellt.
Literatur zur Therapie
1. Kalil AC, Metersky ML, Klompas M, et al: Management of adults with hospital-acquired and ventilator-associated pneumonia: 2016 clinical practice guidelines by the Infectious Diseases Society of America and the American Thoracic Society. Clin Infect Dis 63(5):e61–111, 2016.
Prognose für ventilatorassoziierte Pneumonie
Die Mortalität mit beatmungsassoziierter Pneumonie ist trotz der Verfügbarkeit wirksamer Antibiotika hoch. Allerdings ist nicht alle Mortalität auf die Pneumonie selbst zurückzuführen; viele der Todesfälle stehen im Zusammenhang mit den Komorbiditäten der Patienten. Die Adäquatheit der anfänglichen antimikrobiellen Therapie verbessert die Prognose deutlich. Eine Infektion mit antibiotikaresistenten Bakterien verschlechtert die Prognose.
Prävention von ventilatorassoziierter Pneumonie
Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die helfen können, eine beatmungsassoziierte Pneumonie zu verhindern. Die Lagerung des Patienten in halbaufrechter oder aufrechter Position vermindert das Aspirations- und Pneumonierisiko im Vergleich zu liegenden Positionen und ist die sicherste und effektivste Präventationsmethode. Die nichtinvasive Beatmung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP) oder biphasischem positivem Atemwegsdruck (BPAP) verhindert die Verletzung der Atemwegsabwehr, die bei einer endotrachealen Intubation auftritt, und macht bei einigen Patienten eine Intubation überflüssig. Außerdem wird sie mit einer geringeren Inzidenz von beatmungsassoziierter Pneumonie in Verbindung gebracht.
Die kontinuierliche Aspiration von subglottischen Sekreten mit einem speziell entwickelten Endotrachealtubus, der mit einer Absaugvorrichtung verbunden ist, verringert das Risiko einer Mikroaspiration und die Häufigkeit einer beatmungsassoziierten Pneumonie; die klinischen Gesamtergebnisse werden jedoch nicht verändert. Mit Silber beschichtete Endotrachealtuben verringern die Biofilmbildung und das Auftreten von beatmungsassoziierter Pneumonie; die klinischen Gesamtergebnisse werden jedoch nicht verändert.
Die selektive Dekontamination des Oropharynx (mit topischem Gentamicin, Colistin, Chlorhexidin, Vancomycin-Creme oder einer Kombination) oder des gesamten Gastrointestinaltrakts (mit Polymyxin B, einem Aminoglykosid oder Chinolon und entweder Nystatin oder Amphotericin B) ist umstritten, eil man Bedenken wegen resistenter Stämme hat und weil die Dekontamination zwar die Inzidenz der beatmungsassoziierten Pneumonie verringert, aber die Mortalität nachweislich nicht reduziert.
Es ist nicht erwiesen, dass Überwachungskulturen und der routinemäßige Wechsel von Beatmungskreisläufen oder Endotrachealtuben zu einer Verringerung der beatmungsassoziierten Pneumonie führen.
Wichtige Punkte
Eine beatmungsassoziierte Pneumonie ist eine Lungenentzündung, die sich mindestens 48 Stunden nach einer endotrachealen Intubation entwickelt.
Die wahrscheinlichen Erreger unterscheiden sich von denen, die eine ambulant erworbene Lungenentzündung verursachen, und erfordern oft eine erste empirische Antibiotikatherapie, die gegen antibiotikaresistente Organismen wirksam ist.
Die Diagnose ist schwierig, die Kultur eines potenziellen Erregers von Pleuraflüssigkeit oder Blut ist die spezifischste Methode.
Patienten sollten 2 bis 3 Tage nach der Behandlung neu untersucht und die Antibiotika auf der Grundlage verfügbarer Kulturen und klinischer Daten geändert werden.