Unter pulmonaler alveolärer Proteinose versteht man die Ansammlung von Surfactant in den Alveolen. Die Ätiologie ist fast immer unbekannt. Die Symptomatik besteht in Dyspnoe, Müdigkeit und Krankheitsgefühl. Die Diagnose wird anhand der BAL gestellt, obwohl typische radiologische Veränderungen und Laborergebnisse zu beobachten sind. Die Behandlung erfolgt mit einer Lavage der gesamten Lunge oder, in einigen Fällen, mit rekombinanten Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierende Faktoren. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate beträgt mit Behandlung etwa 80%.
Ätiologie der pulmonalen alveolären Proteinose
Die pulmonale alveoläre Proteinose ist am häufigsten idiopathisch und tritt bei ansonsten gesunden Männern und Frauen zwischen 30 und 50 Jahren auf. Seltene sekundäre Formen treten bei Patienten auf mit
Hämatologischen Krebserkrankungen
Medikamentöser Immunosuppression
Signifikante Inhalationsexposition gegenüber Aluminium-, Titan-, Zement- und Zellulosestäuben
Daneben gibt es seltene hereditäre Formen, die bei Neugeborenen Lungenversagen verursachen.
Ungeklärt ist, ob idiopathische und sekundäre Formen eine gemeinsame Pathophysiologie haben.
Pathophysiologie der pulmonalen alveolären Proteinose
Störungen der Surfactantbildung durch Alveolarmakrophagen auf dem Boden eines pathologischen GM-CSF-Signals (Granulozyten-Makrophagen-Kolonie stimulierender Faktor) sollen zur Erkrankung beitragen, vielleicht durch verminderte oder fehlende Funktion der gemeinsamen Beta-Kette des GM-CSF/Interleukin-13/Interleukin-5-Rezeptors auf mononukleären Zellen (vorhanden bei einigen Kindern, jedoch nicht bei Erwachsenen mit dieser Erkrankung). Bei den meisten Patienten wurden auch Anti-GM-CSF-Antikörper nachgewiesen. Toxische Lungenschädigungen werden bei sekundären inhalativen Ursachen, wie z. B. Silikonproteinose, vermutet, wurden jedoch nicht nachgewiesen.
Die Alveolen sind mit azellulärem Lipoprotein-Surfactant gefüllt, dass PAS-positives Material färbt. Die Alveolen und interstitiellen Zellen bleiben unverändert. Am häufigsten sind die posterobasalen Lungenabschnitte betroffen. Pleura und Mediastinum sind nicht beteiligt.
Symptome und Beschwerden der pulmonalen alveolären Proteinose
Die meisten Patienten mit pulmonaler alveolärer Proteinose stellen sich mit zunehmender Belastungsdyspnoe und Gewichtsverlust, Müdigkeit, Krankheitsgefühl oder leichtem Fieber vor. Husten, gelegentlich mit Produktion von bröckeligem oder zähem Sputum tritt deutlich seltener auf. Trommelschlägelfinger und Zyanose sind ungewöhnlich. Inspiratorische RG sind aufgrund der flüssigkeitsgefüllten Alveolen selten; werden sie auskultiert, ist ein Infekt zu vermuten.
Diagnose der pulmonalen alveolären Proteinose
Bronchoalveoläre Lavage
Manchmal Biopsie
Eine pulmonale alveoläre Proteinose wird normalerweise erstmals durch einen Röntgenthorax vermutet, der wegen unspezifischer respiratorischer Symptome aufgenommen wurde. Im Röntgenbild zeigen sich beidseitige Verschattungen in den Mittel- und Unterfeldern in schmetterlingsförmiger Anordnung mit normalen Hili.
Mit Genehmigung des Herausgebers. Aus Lynch III J, Myers J. In Bone's Atlas of Pulmonary and Critical Care Medicine. Edited by J Crapo. Philadelphia, Current Medicine, 2005.
Es wird eine BAL durchgeführt. Lavage-Flüssigkeit ist milchig oder undurchsichtig und färbt sich mit Periodsäure-Schiff-Färbung (PAS) positiv. Die Lavageflüssigkeit ist durch verstreute, durch Surfactant angeschwollene Makrophagen, vermehrte T-Zellen und hohe Spiegel von Surfactant Apoprotein A gekennzeichnet.
Eine thorakoskopische oder offene Lungenbiopsie erfolgt, wenn eine Bronchoskopie kontraindiziert oder die BAL-Proben nicht diagnostisch sind. Zu den Tests, die in der Regel vor der Behandlung stattfinden, gehören
Arterielle Blutgasmessungen (ABGs)
Hochauflösende CT (HRCT)
Labortests
Lungenfunktionsprüfungen
In der BGA zeigt sich eine Hypoxämie unter leichter bis mittelgradiger Belastung, bei schwererer Erkrankung auch in Ruhe.
Im HRCT zeigen sich Milchglastrübungen, verdickte intralobuläre Strukturen und interlobuläre Septen in typischer polygonaler Anordnung („crazy paving“). Dieser Befund ist jedoch nicht spezifisch, da er auch bei Patienten mit akutem Atemnotsyndrom (ARDS), viraler Pneumonie, Lipoid-Pneumonie, Alveolarzellkarzinom und Pneumocystis jirovecii-Pneumonie vorkommen kann.
Image courtesy of Talmadge E. King, MD.
Die Lungenfunktionsprüfung zeigt eine verminderte CO-Diffusionskapazität (DLCO), die in keinem Verhältnis zur Abnahme von Vitalkapazität, Residualvolumen, funktioneller Reservekapazität und totaler Lungenkapazität steht.
Zu den pathologischen Befunden der Laboruntersuchungen gehören Polyzythämie, Hypergammaglobulinämie, erhöhte Laktatdehydrogenase-Spiegel im Serum und erhöhte Surfactant-Proteine A und D im Serum. Anomalien sind wegweisend, aber nicht diagnostisch. Labortests auf Antikörper gegen den Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierenden Faktor (GM-CSF) und GM-CSF-Serumspiegel können die Diagnose einer pulmonalen alveolären Proteinose unterstützen.
Behandlung der pulmonalen alveolären Proteinose
Lavage der gesamten Lunge
Bei Patienten ohne oder mit nur leichter Symptomatik ist keine Behandlung der pulmonalen alveolären Proteinose nötig.
Bei Patienten mit störender Dyspnoe wird eine Lavage der gesamten Lunge unter Vollnarkose und Verwendung eines doppellumigen endotrachealen Tubus durchgeführt. Die Lavage eines Lungenflügels erfolgt bis zu 15-mal mit 1–2 l isotoner Kochsalzlösung, während der andere Flügel beatmet wird. Danach erfolgt die Prozedur umgekehrt.
Eine Lungentransplantation wird nicht häufig durchgeführt, da die Erkrankung in der transplantierten Lunge wieder auftritt.
Systemische Kortikosteroide spielen in der Behandlung keine Rolle und können das Risiko sekundärer Infektionen erhöhen. Der therapeutische Stellenwert von GM-CSF (Inhalation oder subkutan) muss noch weiter untersucht werden. Eine multizentrische, selbstkontrollierte Phase-2-Studie an neun pulmonalen Zentren in Japan ergab eine Gesamtansprechrate von 62% (24/39) (1).
Literatur zur Therapie
1. Tazawa R, Trapnell BC, Inoue Y, et al. Inhaled granulocyte/macrophage-colony stimulating factor as therapy for pulmonary alveolar proteinosis. Am J Respir Crit Care Med 2010;181(12):1345-1354. doi:10.1164/rccm.200906-0978OC
Prognose für pulmonale alveoläre Proteinose
Ohne Therapie heilt die pulmonale alveoläre Proteinose spontan bei bis zu 10% der Patienten aus (1). Wenn Patienten mit Lavage der gesamten Lunge behandelt werden, beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate 95% (1).
Gelegentlich entwickeln sich aufgrund der eingeschränkten Makrophagenfunktion sekundäre pulmonale Infekte durch Bakterien (z. B. Mycobacteria, Nocardia) und andere Mikroorganismen (Aspergillus, Cryptococcus und andere opportunistische Pilze); diese Infekte müssen behandelt werden.
Hinweis zur Prognose
1. Carrington JM, Hershberger DM. Pulmonary Alveolar Proteinosis. [Aktualisiert am 25. Juli 2022]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2023 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK482308/
Wichtige Punkte
Eine pulmonale alveoläre Proteinose sollte bei ansonsten gesunden Patienten im Alter zwischen 30 und 50 Jahren vermutet werden, wenn das Röntgenthoraxbild beidseitige Verschattungen in den Mittel-und Unterfeldern in schmetterlingsförmiger Anordnung mit normalen Hili zeigt.
Führen Sie eine bronchoalveoläre Lavage und Labortests durch; wenn dies kontraindiziert ist oder wenn die Ergebnisse nicht diagnostisch sind, führen Sie eine Lungenbiopsie durch.
Wenn die Dyspnoe mäßig oder schwer ist, sollte die Behandlung mit einer Lavage der gesamten Lunge erfolgen.