Lymphogranuloma venerum (LGV) ist eine durch drei gleiche Stämme von Chlamydia trachomatis hervorgerufene Erkrankung, die durch kleine, oft asymptomatische Hautläsionen charakterisiert ist, gefolgt von einer regionalen Lymphadenopathie in der Leiste oder im Becken. Alternativ, wenn durch Analsex erworben, kann es sich als schwere Proktitis manifestieren. Ohne Behandlung kann LGV zu einer Obstruktion des Lymphflusses und chronischer Schwellung des Genitalgewebes führen. Die Diagnose wird durch klinische Befunde gestellt, meist ist aber auch eine labormedizinische Bestätigung mit serologischen Verfahren oder Immunfluoreszenz möglich. Die Therapie besteht aus 21 Tagen Tetrazyklin oder Erythromycin.
(Siehe auch Übersicht von sexuell übertragbaren Krankheiten und Chlamydia.)
LGV wird durch die Serotypen L1, L2 und L3 der Bakterien Chlamydia trachomatis hervorgerufen. Diese Serotypen unterscheiden sich von denen, die ein Trachom, eine Einschlusskonjunktivitis, und eine Chlamydien-Urethritis sowie eine Zervizitis verursachen, weil sie in regionale Lymphknoten eindringen und sich vermehren.
In Deutschland hat das LGV unter Männern die Sex mit Männern haben insbesondere in einigen Metropolregionen in den letzten Jahren eine epidemische Ausbreitung erfahren. LGV kommt in den USA nur sporadisch vor, ist in Teilen Afrikas, Indiens, Südostasiens und der Karibik jedoch endemisch. Es wird aus den o.g. gründen bei Männern viel häufiger diagnostiziert als bei Frauen. In Nordamerika, Europa und Australien wird unter Männern, die Sex mit Männern (MSM) haben, vermehrt LGV gemeldet.
Symptome und Anzeichen von LGV
Lymphogranuloma Venereum tritt in 3 Stadien auf.
Das 1. Stadium beginnt nach einer Inkubationszeit von etwa 3 Tage mit einer kleinen Hautläsion an der Eintrittsstelle. Dies kann dazu führen, dass die darüberliegende Haut bricht (ulzeriert), heilt allerdings so schnell, dass es unbemerkt vorbeigehen kann.
Das 2. Stadium beginnt in der Regel bei Männern nach etwa 2–4 Wochen, mit inguinalen Lymphknoten auf einer oder beiden Seiten, die sich vergrößern und teilweise sehr ausgedehnte, empfindliche, manchmal flukturierende Massen oder Abszesse (Bubonen) bilden. Die Bubonen haften an tieferliegendem Gewebe und bewirken, dass sich die darüberliegende Haut entzündet, manchmal mit Fieber und Unwohlsein. Bei Frauen kommt es häufiger zu Rückenschmerzen oder Schmerzen im Becken; die initialen Läsionen können an der Zervix oder der oberen Vagina liegen, was zu einer Vergrößerung und Entzündung perirektaler und pelviner Lymphknoten führt. Es können sich multiple drainierende Fisteln bilden, die Eiter oder Blut sezernieren.
Im 3. Stadium heilen die Läsionen unter Narbenbildung, aber Fisteln können bestehen bleiben oder wiederkehren. Persistierende Entzündungen können aufgrund unbehandelte Infektionen auftreten und die Lymphgefäße obstruieren sowie Schwellungen und Hautwunden verursachen.
Personen, die Analsex praktizieren, können während des 1. Stadiums eventuell eine Proktitis oder Proktokolitis haben, verbunden mit blutigen und eitrigen rektalen Ausflüssen. Während des chronischen Stadiums kann eine Kolitis, die Morbus Crohn simuliert, Tenesmen und Strikturen im Rektum hervorrufen oder Schmerzen aufgrund von entzündeten Lymphknoten im Becken. Proktoskopie kann diffuse Entzündungen, Polypen und Massen oder schleimig-eitrige Exsudat-Befunde, die entzündliche Darmerkrankung ähneln zu erkennen.
Diagnose von LGV
Antikörpernachweis
Manchmal Nukleinsäureamplifikationstests (NAAT)
Der Verdacht auf ein LGV besteht bei Patienten mit genitalen Ulzera, geschwollenen inguinalen Lymphknoten oder Proktitis, und die in Endemiegebieten leben, diese besucht haben oder sexuelle Kontakte zu Personen aus Gebieten hatten, in denen die Infektion verbreitet ist. Bei Männern lässt oft erst eine sonografische Darstellung der im kleinen Becken gelegenen entzündlichen Veränderungen das Ausmaß der Erkrankung erkennen. LGV wird auch bei Patienten mit Bubonen vermutet, die mit Abszessen sonstiger bakterieller Genese verwechselt werden können.
Die Diagnose wurde früher durch den Nachweis von Antikörpern gegen Chlamydien-Endotoxin gestellt (ergänzende Fixationstiter > 1:64 oder Mikroimmunofluoreszenz-Titer > 1:256) oder durch Genotypisierung mittels polymerase chain reaction-basierender NAAT. Antikörperspiegel sind in der Regel während des Auftretens oder kurz danach erhöht und bleiben dies auch.
Direkte Tests auf chlamydiale Antigene mit Immunoassays (z. B. enzymgebundener Immunosorbent-Assay[ELISA]) oder mit Immunfluoreszenz unter Verwendung monoklonaler Antikörper zur Färbung von Eiter oder NAATs können über Referenzlabors (z. B. Centers for Disease Control and Prevention in den USA) durchgeführt werden.
Alle Sexualpartner sollten untersucht werden.
Nach scheinbar erfolgreicher Behandlung sollten die Patienten über 6 Monate beobachtet werden.
Behandlung von LGV
Orale und langfristige Gabe von Tetrazyklinen oder Erythromycin
Möglicherweise Drainage von Beulen zur Symptomlinderung.
Doxycyclin 100 mg oral 2-mal täglich für 21 Tage ist die bevorzugte Behandlung. Alternativ kann Erythromycin 500 mg oral 4-mal täglich für 21 Tage verwendet werden. Azithromycin 1 g oral einmal wöchentlich für 3 Wochen ist eine weitere Alternative.
Die in späteren Stadien auftretenden Schwellungen von verletztem Gewebe können trotz einer Elimination der Bakterien persistieren. Bubonen können zur Beschwerdelinderung mit einer Nadel oder chirurgisch drainiert werden, die meisten Patienten sprechen jedoch rasch auf Antibiotika an. Bubonen und Fisteln können einen chirurgischen Eingriff erfordern, rektale Strikturen können jedoch meist dilatiert werden.
Wenn Personen sexuellen Kontakt mit einer Person haben, die in den 60 Tagen vor Beginn der Symptome Lymphogranuloma venereum hatte, sollten sie je nach Expositionsort auf eine Chlamydieninfektion der Harnröhren, des Gebärmutterhalses oder des Rektums untersucht und getestet werden. Sie sollten vorsorglich behandelt werden (mit einer Einzeldosis Azithromycin 1 g oral oder Doxycyclin 100 mg oral 2-mal täglich über 7 Tage), unabhängig davon, ob es Hinweise darauf gibt, dass sie LGV haben.