Otitis media (chronisch eitrig)

VonTaha A. Jan, MD, Vanderbilt University Medical Center
Überprüft/überarbeitet Jan. 2024
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Als chronische eitrige Otitis media wird eine anhaltende Mittelohrentzündung mit eitriger Trommelfellperforation und chronischer Sekretion (> 6 Wochen) bezeichnet. Begleitsymptome sind eine schmerzlose Otorrhö und Schallleitungsschwerhörigkeit. Neben Komplikationen wie Ohrpolypen oder einem Cholesteatom können sich noch weitere Infektionen entwickeln. Die Behandlung erfordert eine vollständige Reinigung des Gehörgangs, eine sorgfältige Entfernung des Granulationsgewebes und die Anwendung von topischen Kortikosteroiden und Antibiotika. Eine systemische Antibiotikatherapie bleibt schweren Fällen vorbehalten. Meist sind zusätzlich chirurgische Eingriffe erforderlich.

Eine chronische eitrige Otitis media kann Folge einer akuten Otitis media, eines Tubenverschlusses, einer mechanischen, thermischen oder chemischen Schädigung (Verätzung) und eines Knalltraumas oder iatrogen bedingt sein (z. B. durch Einlegen eines Paukenröhrchens). Das Risiko ist bei Patienten mit kraniofazialen Anomalien (z. B. Down-Syndrom, Cri du Chat-Syndrom, Lippen- und/oder Gaumenspalte, 22q11.2-Deletion [auch velokardiofaziales Syndrom, Shprintzen-Syndrom, Shprintzen-Goldberg-Syndrom und DiGeorge-Syndrom genannt]) erhöht.

Eine chronische eitrige Otitis media kann sich nach einer Infektion der oberen Atemwege oder durch Wasser verschlimmern, das beim Baden oder Schwimmen durch eine Trommelfellperforation in das Mittelohr gelangt. Die chronische Belastung durch Luftverschmutzung und schlechte Hygiene, die mit dem Leben in einer ressourcenarmen Gemeinde zusammenhängt, kann die Symptome ebenfalls verschlimmern.

Gramnegative Bakterien oder Staphylococcus aureus, sind oft die Erreger einer schmerzlosen, eitrigen, manchmal übelriechenden (fötiden) Otorrhö. Eine persistierende chronische eitrige Otitis media kann zu Zerstörungen im Mittelohr (z. B. Nekrose des Crus longum incudis) oder zur Entwicklung von Ohrpolypen führen (durch einen Trommelfellriss in den Gehörgang vorfallendes Granulationsgewebe). Ohrpolypen sind ein ernst zu nehmendes Zeichen und fast ausnahmslos verdächtig auf ein Cholesteatom. Bei immunsupprimierten Patienten (z. B. Patienten mit Diabetes) sind Pseudomonas-Infektionen häufig.

Ein Cholesteatom ist eine epitheliale Zellwucherung, die sich im Mittelohr, Mastoid oder Epitympanum bildet. Die von Cholesteatomen gebildeten lytischen Enzyme (z. B. Kollagenasen) können angrenzende Knochen und Weichteile zerstören (einschließlich Trommelfell). Ein Cholesteatom kann auch zu einem Infektionsherd (Nidus) werden, aus dem eine eitrige Labyrinthitis, Fazialisparese oder ein Hirnabszess hervorgeht.

Symptome und Beschwerden der chronischen eitrigen Otitis media

Eine chronische eitrige Otitis media manifestiert sich meist mit Schallleitungsschwerhörigkeit und Otorrhö. Solange keine Schläfenbein-Ostitis hinzukommt, verursacht sie selten Schmerzen. Wenn das Trommelfell perforiert ist und nässt, kann die aufgequollene Schleimhaut im Ohrkanal mit Granulationsgewebe übersät sein.

Ein Patient mit Cholesteatom kann Fieber, Schwindel und/oder Ohrenschmerzen haben. Im Mittelohr befinden sich weiße Ablagerungen, eine auslaufende polypoide Masse, die durch die Trommelfellperforation ragt, und ein Gehörgang, der mit mukopurulentem Granulationsgewebe verstopft zu sein scheint. Auch ohne kontinuierliche Drainage über einen Zeitraum von mehr als 6 Wochen kann ein Cholesteatom mit Hörverlust und intermittierenden Episoden von Drainage auftreten, die nach der Behandlung mit topischen Fluorchinolonen vorübergehend abklingen.

Diagnose der chronischen eitrigen Otitis media

  • Klinische Untersuchung

Die Diagnose einer chronischen eitrigen Mittelohrentzündung wird in der Regel klinisch gestellt. Proben des Ausflusses werden kultiviert.

Wenn ein Cholesteatom oder andere Komplikationen vermutet werden (wie bei einem fiebrigen Patienten oder bei einem mit Schwindel oder Ohrenschmerzen), wird ein CT oder MRT durchgeführt. Diese Untersuchungen können intratemporale oder intrakranielle Prozesse (z. B. Labyrinthitis, ossikuläre oder temporale Erosion, Abszesse) aufdecken. Bei Patienten mit persistierendem oder rezidivierendem Granulationsgewebe sollten Biopsien durchgeführt werden, um ein Neoplasma auszuschließen.

Behandlung der chronischen eitrigen Otitis media

  • Topische Antibiotika-Tropfen

  • Entfernen von Granulationsgewebe

  • Operation bei Cholesteatom

Die Ohren müssen trocken gehalten werden, es sei denn, die Patienten werden mit antibiotischen Ohrstöpseln behandelt. Zu den Vorsichtsmaßnahmen bei trockenem Ohr gehört das Verschließen des äußeren Gehörgangs (z. B. mit einem Wattebausch, der mit Vaseline getränkt ist) beim Baden und Duschen und das Vermeiden von Schwimmen.

Vier bis 5 Tropfen einer topischen Ciprofloxacin- (oder Ofloxacin-) Lösung werden 10 bis 14 Tage lang 2-mal täglich in das betroffene Ohr instilliert. Ohrentropfen, die Aminoglykoside (z. B. Neomycin, Tobramycin) oder Polymyxin enthalten, sollten Patienten mit einem perforierten Trommelfell oder einem Tympanostomie-Röhrchen wegen der potenziellen Ototoxizität nicht verschrieben werden.

Wenn Granulationsgewebe vorhanden ist, kann es mit Mikroinstrumenten oder durch Kauterisation mit Silbernitratstäbchen entfernt werden. Ciprofloxacin und Dexamethason wird dann für 7–10 Tage in den Gehörgang instilliert. Manchmal werden Ciprofloxacin und Dexamethason für 10 bis 14 Tage verabreicht, ohne dass ein Débridement erfolgt. Wenn Granulationsgewebe trotz adäquater lokaler Behandlung persistiert oder weiterhin rezidiviert, sollte eine Biopsie durchgeführt werden, um eine Neoplasie auszuschließen.

Schwere Exazerbationen erfordern eine systemische Antibiotikatherapie mit Amoxicillin 250 bis 500 mg oral alle 8 Stunden für 10 Tage oder einem Cephalosporin der dritten Generation; falls erforderlich, werden die Antibiotika anschließend auf der Grundlage der Kulturergebnisse und des Ansprechens auf die Therapie angepasst.

Bei Patienten mit randständiger, Attikus- oder chronischer zentraler Trommelfellperforation ist eine Tympanoplastik indiziert. Im Zuge der Tympanoplastik lässt sich auch eine unterbrochene Gehörknöchelchenkette reparieren.

Cholesteatome müssen chirurgisch entfernt und das Mittelohr muss rekonstruiert werden. Da Rezidive häufig sind, wird die Rekonstruktion des Mittelohrs in der Regel verschoben, bis nach Ablauf von 6–12 Monaten eine Zweitoperation (in Form einer offenen Operation oder mit einem Otoskop mit geringem Durchmesser) durchgeführt wird.

Wichtige Punkte

  • Bei der chronischen eitrigen Otitis media handelt es sich um eine persistierende Perforation des Trommelfells mit chronischer eitriger Sekretion.

  • Häufig sind die Mittelohrstrukturen geschädigt; seltener sind intratemporale oder intrakranielle Strukturen betroffen.

  • Behandeln Sie zunächst mit topischen Antibiotika.

  • Wenn Patienten schwere Exazerbationen haben, behandeln Sie mit systemischen Antibiotika.

  • Eine Operation ist erforderlich bei bestimmten Formen der Perforation und bei geschädigten Gehörknöchelchen sowie um Cholesteatome zu entfernen.