Eine orofaziale Spalte ist eine angeborene Anomalie, bei der die Lippe, der Gaumen oder beides in der Mittellinie nicht schließen und offen bleiben, wodurch eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte entsteht. Diese Anomalien sind bei der Geburt vorhanden und beeinträchtigen die Nahrungsaufnahme und später die Sprachentwicklung.
Lippenspalte, Lippen- und Gaumenspalte und isolierte Gaumenspalte werden kollektiv als orale Spalten bezeichnet und sind die häufigsten angeborenen Anomalien des Kopfes und des Halses mit einer Gesamtprävalenz von 2,1 pro 1000 Lebendgeburten (1).
Sowohl Umweltbedingungen als auch genetische Faktoren sind als Urachen impliziert worden. Pränataler mütterlicher Tabak- (2) und Alkoholkonsum (3) oder die Mutter mit einer Mund-/Gesichtsspalte oder ein Verwandter ersten Grades mit einer Mund-/Gesichtsspalte (4) sind mit einem erhöhten Risiko assoziiert. Folsäuremangel ist ebenfalls ein Risikofaktor, insbesondere vom Zeitpunkt der Empfängnis bis zum ersten Trimenon. Die Einnahme von Folsäurepräparaten wird für alle Patientinnen empfohlen, die versuchen, schwanger zu werden, und während der Schwangerschaft. Darüber hinaus sind höhere Dosen von Folsäure für Patienten erforderlich, die Folsäure-Antagonisten einnehmen, einschließlich bestimmter Medikamente gegen Anfallsleiden (z. B. Phenytoin, Valproat, Carbamazepin).
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(Siehe auch Übersicht der Kongenitalen kraniofazialen Fehlbildungen.)
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Orale Spalten werden in 2 Gruppen aufgeteilt:
Syndromal (30%)
Nicht-syndromal (70%)
Syndromale orale Spalten sind diejenigen, die bei Patienten mit erkannten angeborenen Syndromen oder mit mehreren angeborenen Anomalien auftreten. Diese orale Spalten werden typischerweise durch Chromosomenanomalien oder definierte monogene Syndrome verursacht.
Nicht-syndromale (isolierte) orale Spalten sind diejenigen, die bei Patienten ohne assoziierte Anomalien oder Entwicklungsverzögerungen auftreten. Eine Reihe verschiedener Genvarianten kann den Phänotyp verursachen, darunter pathogene Varianten einiger Gene, die an syndromalen oralen Spalten beteiligt sind, was darauf hindeutet, dass es eine erhebliche Überschneidung zwischen syndromalen und nicht-syndromalen Spalten gibt.
Es gibt Spalten unterschiedlicher Schweregrade; so kann etwa nur der weiche Gaumen betroffen sein, es kann aber auch zu einer kompletten Spaltung des weichen und harten Gaumens, des Processus alveolaris der Maxilla und der Lippe kommen. Die mildeste Form ist eine Uvula bifida. Eine isolierte Lippenspalte kann auftreten.
Eine Gaumenspalte beeinträchtigt die Nahrungsaufnahme und die Sprachentwicklung und birgt die Gefahr von Ohreninfektionen. Die Behandlungsziele bestehen darin, ein normales Füttern, Sprechen und maxillofaziales Wachstum zu ermöglichen und eine Fistelbildung zu verhindern.
Literatur
1. Mai CT, Isenburg JL, Canfield MA, et al. National population-based estimates for major birth defects, 2010-2014. Birth Defects Res. 2019;111(18):1420-1435. doi:10.1002/bdr2.1589
2. Butali A, Little J, Chevrier C, et al. Folic acid supplementation use and the MTHFR C677T polymorphism in orofacial clefts etiology: An individual participant data pooled-analysis. Birth Defects Res A Clin Mol Teratol. 2013;97(8):509-514. doi:10.1002/bdra.23133
3. DeRoo LA, Wilcox AJ, Drevon CA, Lie RT. First-trimester maternal alcohol consumption and the risk of infant oral clefts in Norway: a population-based case-control study. Am J Epidemiol. 2008;168(6):638-646. doi:10.1093/aje/kwn186
4. Sivertsen A, Wilcox AJ, Skjaerven R, et al. Familial risk of oral clefts by morphological type and severity: population based cohort study of first degree relatives. BMJ. 2008;336(7641):432-434. doi:10.1136/bmj.39458.563611.AE
Diagnose von Lippenspalte und Gaumenspalte
Körperliche Untersuchung
Gentests
Ein klinischer Genetiker sollte betroffene Patienten auch in Fällen von offensichtlich isolierten kongenitalen Anomalien untersuchen.
Bei der Untersuchung von Patienten mit kraniofazialen Anomalien sollten eine Chromosomen-Mikroarray-Analyse, spezifische Gentests oder umfassendere Gen-Panel-Tests in Betracht gezogen werden. Wenn die Ergebnisse dieser Tests nicht diagnostisch sind, kann eine Gesamt-Exom-Sequenzierungsanalyse empfohlen werden.
Behandlung von Lippenspalte und Gaumenspalte
Chirurgische Intervention
Die Frühbehandlung und auch eine chirurgische Behandlung hängt von den spezifischen Anomalien ab. Bewährt haben sich spezielle Sauger (um den Fluss zu erleichtern), zahnmedizinische Einlagen (um die Spalte zu verschließen, sodass das Saugen möglich ist), der Gebrauch einer Bulbusspritze, um die Babynahrung zu verabreichen, Tapes und ein künstlicher Gaumen, der in den Gaumen des Kindes eingebettet wird. Episoden einer akuten Otitis media sind häufig und müssen erkannt und behandelt werden.
Letztendlich sollte die Spalte chirurgisch verschlossen werden, der geeignete Zeitpunkt wird aber kontrovers diskutiert, da die Operation das Kieferwachstum behindern kann. Bei der Gaumenspalte wird in 2 Schritten vorgegangen. Die Lippen-, Nasen- und weiche Gaumenspalten werden während der Säuglingszeit (im Alter von 3–6 Monaten) operiert. Die übrig gebliebene harte Gaumenspalte wird mit 15–18 Monaten chirurgisch verschlossen. Die Operation kann eine deutliche Besserung erzielen. Bei sehr schweren Fehlbildungen oder schlechter Operationstechnik haben die Patienten weiterhin eine nasale Stimme, verminderte Aufrichtung des Mittelgesichts und eine Neigung zum Reflux.
Zahnärztliche und kieferorthopädische Behandlung, Logopädie und genetische Beratung werden empfohlen.