Diabetes mellitus (DM)

VonErika F. Brutsaert, MD, New York Medical College
Überprüft/überarbeitet Okt. 2023
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Der Diabetes mellitus beruht auf einer Störung der Insulinsekretion und/oder auf einer peripheren Insulinresistenz unterschiedlichen Ausmaßes, die zur Hyperglykämie führen. Die Frühsymptome werden durch die Hyperglykämie bedingt und sind Polyurie, Polydipsie und Schwäche. Phasen der Polyphagie und verschwommenes Sehen kommen vor. Die Spätkomplikationen sind Gefäßkrankheiten, periphere Polyneuropathie, Nephropathie und Prädisposition für Infektionen. Die Diagnose erfolgt durch Messung der Plasmaglukosekonzentration. Die Behandlung besteht aus Diät, Bewegung und Medikamenten zur Senkung des Blutzuckerspiegels, einschließlich Insulin, oralen Antihyperglykämika und injizierbaren Medikamenten ohne Insulin. Komplikationen können mit ausreichender Blutzuckerkontrolle verzögert oder verhindert werden; die Herzerkrankung bleibt die häufigste Todesursache beim Diabetes.

Es gibt 2 Hauptkategorien von Diabetes mellitus:

  • Typ 1

  • Typ 2

Die beiden Diabetestypen lassen sich durch eine Kombination von Merkmalen unterscheiden (siehe Tabelle Allgemeine Merkmale von Diabetes mellitus Typ 1 und 2). Begriffe, die das Alter des Krnakheitsausbruchs (Jugendlicher oder Erwachsener) oder die Art der Behandlung (Insulin- oder nicht Insulin-abhängig) beschreiben, werden nicht mehr verwendet, da sich die Altersgruppen und Behandlungen der verschiedenen Krankheitstypen überschneiden.

Die Störung der Glukoseregulation (verminderte Glukosetoleranz oder beeinträchtigte Fastenglukose — siehe Tabelle Diagnostische Kriterien für Diabetes mellitus und gestörte Glukoseregulation) ist eine Zwischenstufe oder Übergangsform zwischen normalem Glukosemetabolismus und Diabetes mellitus, die mit fortschreitendem Alter häufiger wird. Diese Störung ist bereits ein wichtiger Risikofaktor für Diabetes. Sie kann viele Jahre vor dem eigentlichen Beginn des Diabetes bestehen. Die verminderte Glukosetoleranz ist assoziiert mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Störungen, aber diabetische mikrovaskuläre Komplikationen sind nicht sehr häufig (Mikroalbuminurie und/oder Retinopathie entwickeln sich bei 6 bis 10% der Patienten).

Komplikationen

Wenn die Blutzuckerwerte über Jahre schlecht eingestellt sind, führt dies zu einer Vielzahl primär vaskulärer Symptome, die sowohl kleine als auch große Gefäße (mikro- und makrovaskuläre Komplikationen) oder beide betreffen können. (Weitere Einzelheiten finden Sie unter Komplikationen von Diabetes mellitus.)

Mikrovaskuläre Erkrankung liegen 3 häufigen und schweren Komplikationen des Diabetes mellitus zugrunde:

Eine mikrovaskuläre Erkrankungen kann auch die Wundheilung beeinträchtigen, so dass sich selbst kleine Verletzungen der Haut zu tieferen Geschwüren entwickeln und sich leicht infizieren können, insbesondere an den unteren Extremitäten. Eine intensive Kontrolle des Plasmaglukosespiegels kann viele dieser Komplikationen verhindern oder hinauszögern, sie aber nicht mehr rückgängig machen, wenn sie einmal eingetreten sind.

Zu den makrovaskulären Erkrankungen gehören die Arteriosklerose der großen Gefäße, die führen kann zu

Eine Störung des Immunsystems ist eine andere schwere Komplikation und entsteht aufgrund direkter Einflüsse der Hyperglykämie auf die zelluläre Immunität. Patienten mit Diabetes mellitus sind besonders anfällig für Bakterien- und Pilzinfektionen.

Ätiologie des Diabetes mellitus

Diabetes-Typ-1

  • Autoimmune pankreatische Beta-Zell-Zerstörung und fehlt Insulin Produktion

Diabetes-Typ-1 macht < 10% aller Diabetes-Fälle aus.

Bei Diabetes-Typ-1 (der früher juveniler oder insulinabhängiger DM genannt wurde) ist aufgrund einer autoimmunen Zerstörung der pankreatischen Beta-Zellen, die Insulin-Sekretion stark eingeschränkt. Die Zerstörung wird vermutlich bei genetisch anfälligen Patienten durch Umweltfaktoren ausgelöst. Die Zerstörung verläuft über Monate und Jahre subklinisch, bis die Beta-Zellen so weit verringert sind, dass die sezernierten Insulinmengen nicht mehr ausreichen, um die Plasmaglukosespiegel unter Kontrolle zu halten. Ein Diabetes-Typ-1 entwickelt sich normalerweise in der Kindheit oder in der frühen Adoleszenz und war bis vor Kurzem die häufigste vor dem 30. Lebensjahr diagnostizierte Form des Diabetes. Allerdings kann sich auch bei Erwachsenen ein Typ-1-Diabetes entwickeln.

Autoimmundiabetes, der sich im Erwachsenenalter entwickelt, schreitet oft langsamer voran als Typ-1-Diabetes in der Kindheit. Manche Erwachsene brauchen kein Insulin, wenn die Dysglykämie zum ersten Mal auftritt. Diese Form des Diabetes, die als latenter Autoimmundiabetes des Erwachsenenalters (LADA) bezeichnet wird, kann zunächst als Typ-2-Diabetes diagnostiziert werden.

Einige Fälle von Diabetes-Typ-1, erscheinen nicht von Haus aus als autoimmun, sondern werden als idiopathisch betrachtet.

Die Pathogenese der autoimmunen Beta-Zell-Zerstörung beinhaltet bisher nur teilweise geklärte Interaktionen zwischen prädisponierenden Genen, Autoantigenen und Umweltfaktoren.

Prädisponierende Gene finden sich zum einen im sog. Major-Histokompatibilitäts-Komplex (major histocompatibility complex, MHC) – besonders humanem Leukozytenantigen-DR3, DQB1*0201 und humanem Leukozytenantigen-DR4, DQB1*0302, die bei > 90% aller Patienten mit Diabetes-mellitus-Typ-1 vorhanden sind – und zum anderen außerhalb des MHC, wo sie die Insulinproduktion und -verarbeitung regulieren und im Zusammenspiel mit den Genen des MHC das Risiko für einen Diabetes mellitus bestimmen. Suszeptibilitätsgene sind bei einigen Populationen weiter verbreitet als in anderen und erklären die höhere Prävalenz von Typ-1-Diabetes bei Menschen mit Vorfahren aus bestimmten Regionen (z. B. Skandinavier, Sarden).

Autoantigene sind Glutaminsäuredecarboxylase, Insulin, Insulinom-assoziiertes Protein, Zinktransporter ZnT8 und andere Proteine der Beta-Zellen. Man geht davon aus, dass diese Proteine während des normalen Beta-Zell-Umsatzes oder bei einer Verletzung der Beta-Zellen (z. B. durch eine Infektion) freigesetzt werden und in erster Linie eine T-Zell-vermittelte Immunantwort auslösen, die zur Zerstörung der Beta-Zellen (Insulitis) führt. Glukagon sezernierende Alpha-Zellen bleiben unbeeinträchtigt. Antikörper gegen Autoantigene, die im Serum gefunden werden können, scheinen die Antwort auf die Beta-Zell-Zerstörung zu sein und nicht ihre Ursache.

Mehrere Viren (einschließlich Coxsackie-, Rubella-, Zytomegalievirus, Epstein-Barr-Virus, SARS-CoV-2 (1, 2) und Retroviren) wurden mit dem Ausbruch von Typ-1-Diabetes in Verbindung gebracht. Viren können Beta-Zellen direkt infizieren und zerstören, oder sie verursachen die Beta-Zell-Zerstörung indirekt, indem sie Autoantigene exponieren, autoreaktive Lymphozyten aktivieren oder molekulare Sequenzen von Autoantigenen, die eine Immunantwort stimulieren, imitieren (molekulare Mimikry). Auch andere Mechanismen sind möglich.

Die Ernährung spielt möglicherweise auch eine Rolle. Die frühe Ernährung von Säuglingen mit Milchprodukten (besonders mit Kuhmilch und dem Milchprotein Beta-Kasein), hoher Nitratgehalt des Trinkwassers und eine niedrige Vitamin-D-Aufnahme sind mit einem erhöhten Risiko für Typ-1-DM in Verbindung gebracht worden. Frühe (< 4 Monate) oder späte (> 7 Monate) Zufuhr von Gluten oder Getreide erhöht das Risiko für eine Inselzellautoantikörperproduktion. Die Mechanismen dieser Assoziationen sind unklar.

Diabetes Typ 2

  • Insulin-Resistenz

Beim Diabetes-mellitus-Typ-2 (der früher Diabetes des Erwachsenen oder nicht insulinabhängiger DM genannt wurde) ist die Insulinsekretion inadäquat, weil die Patienten eine Resistenz gegenüber Insulin entwickelt haben. Die hepatische Resistenz gegenüber Insulin führt zur Unfähigkeit, die hepatische Glukoseproduktion zu unterdrücken und die periphere Insulinresistenz beeinträchtigt die periphere Glukoseaufnahme. Diese Mechanismen führen zu einer Fasten- und postprandialen Hyperglykämie. Häufig sind die Insulinspiegel sehr hoch, vor allem im Frühstadium der Krankheit. Später im Krankheitsverlauf kann die Insulinproduktion sinken, was zu einer weiteren Verschärfung Hyperglykämie führt.

Die Krankheit entwickelt sich meist bei Erwachsenen und wird häufiger bei fortschreitendem Alter. Bis zu ein Drittel der Erwachsenen > 65 Jahre hat eine gestörte Glukosetoleranz. Bei älteren Erwachsenen erreichen die Plasmaglukosespiegel nach dem Essen höhere Werte als bei jüngeren Erwachsenen, vor allem nach Mahlzeiten mit hohem Kohlenhydratgehalt. Die Glukosespiegel brauchen auch länger, bis sie wieder normal sind, zum Teil wegen der erhöhten Ansammlung von viszeralem und abdominalem Fett und einer verringerten Muskelmasse.

Typ-2-Diabetes tritt bei Kindern immer häufiger auf, da die Adipositas bei Kindern zu einer Epidemie geworden ist. Über 90% aller Erwachsenen mit DM haben einen Diabetes-Typ-2. Es gibt klare genetische Determinanten, wie die hohe Prävalenz der Krankheit bei Verwandten von Menschen mit der Krankheit zeigt. Obwohl mehrere genetische Polymorphismen identifiziert wurden, konnte kein einzelnes Gen identifiziert werden, das für die häufigsten Formen des Typ-2-Diabetes verantwortlich ist.

Die Pathogenese ist komplex und noch nicht vollständig geklärt. Eine Hyperglykämie entwickelt sich dann, wenn die Insulinresistenz nicht mehr durch eine gesteigerte Insulinsekretion kompensiert werden kann. Obwohl die Insulin-Resistenz für Menschen mit Typ-2-Diabetes und Risikopatienten charakteristisch ist, gibt es auch Hinweise auf eine Fehlfunktion der Betazellen und eine gestörte Insulin-Sekretion, die mit der Zeit fortschreitet, darunter:

  • Beeinträchtigte Insulin-Sekretion in der ersten Phase

  • Ein Verlust der normalerweise pulsierenden Insulin-Sekretion

  • Ein Anstieg der Proinsulin-Sekretionssignale, was auf eine gestörte Verarbeitung von Insulin hinweist

  • Eine Akkumulation von Inselamyloidpolypeptid (ein Protein, das normalerweise mit Insulin ausgeschieden wird)

Die Hyperglykämie selbst kann die Insulinsekretion beeinträchtigen, da hohe Glukosespiegel die Beta-Zellen desensibilisieren und/oder eine Beta-Zell-Dysfunktion (Glukosetoxizität) verursachen, oder beides.

Übergewicht und Gewichtszunahme sind wichtige Determinanten der Insulinresistenz bei Diabetes-Typ-2. Es gibt genetische Einflüsse, aber bei der Manifestation spiegeln sich auch die Ernährung, das Maß der körperlichen Aktivität und der Lebensstil wider. Das Versagen, die Lipolyse im Fettgewebe zu unterdrücken, erhöht die Plasmaspiegel von freien Fettsäuren, die wiederum den insulinabhängigen Glukosetransport und die Glykogensynthaseaktivität in den Muskeln beeinträchtigen. Das Fettgewebe als endokrines Organ setzt verschiedene Mediatoren (Adipozytokine) frei, die bevorzugt (Adiponektin) oder als Nebenwirkung (Tumornekrosefaktor-alpha, Interleukin-6, Leptin, Resistin) den Glukosestoffwechsel beeinflussen.

Eine intrauterine Wachstumsstörung und ein niedriges Geburtsgewicht wurden ebenfalls mit einer Insulinresistenz im späteren Leben assoziiert und zeigen, dass adverse pränatale Umwelteinflüsse den Glukosestoffwechsel beeinflussen.

Verschiedene andere Typen von Diabetes

Verschiedene Arten von Diabetes mellitus machen einen kleinen Anteil der Fälle aus. Ursachen sind:

  • Monogener Diabetes aufgrund genetischer Defekte, die die Funktion der Betazellen, die Wirkung von Insulin oder die mitochondriale DNA beeinträchtigen (z. B. Erwachsenendiabetes, der im Jugendalter auftritt, neonataler Diabetes)

  • Bedingungen, die die Bauchspeicheldrüse betreffen (z. B. zystische Fibrose, Pankreatitis, Hämochromatose, Pankreatektomie)

  • Endokrinopathien (z. B. Cushing-Syndrom, Akromegalie)

  • Medikamente, insbesondere Glukokortikoide, Betablocker, Proteasehemmer, atypische Antipsychotika, Immun-Checkpoint-Inhibitoren und Calcineurin-Inhibitoren

Eine Schwangerschaft führt bei allen Frauen zu einer gewissen Insulinresistenz aber nur ein Teil entwickelt einen Gestationsdiabetes.

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Literatur zur Ätiologie

  1. 1. Anindya R, Rutter GA, Meur G. New-onset type 1 diabetes and severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 infection. Immunol Cell Biol 2023;101(3):191-203. doi:10.1111/imcb.12615

  2. 2. D'Souza D, Empringham J, Pechlivanoglou P, Uleryk EM, Cohen E, Shulman R. Incidence of Diabetes in Children and Adolescents During the COVID-19 Pandemic: A Systematic Review and Meta-Analysis. JAMA Netw Open 2023;6(6):e2321281. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.21281

Symptome und Anzeichen von Diabetes mellitus

Die häufigsten Symptome des Diabetes mellitus sind diejenigen der Hyperglykämie. Die milde Hyperglykämie des Frühdiabetes ist häufig asymptomatisch; daher kann die Diagnose viele Jahre lang hinausgezögert werden, wenn keine Routineuntersuchung durchgeführt wird.

Eine schwerere Hyperglykämie verursacht Glykosurie und dadurch eine osmotische Diurese, die zu häufigem Wasserlassen, Polyurie und Polydipsie führen kann, was wiederum in Dehydratation und orthostatischer Hypotension enden kann. Schwere Dehydratation führt zu Schwäche, Müdigkeit und zu Veränderungen des Bewusstseinszustands. Je nach Plasmaglukosespiegel kommen und gehen die Symptome.

Eine Polyphagie kann begleitend zu den Symptomen der Hyperglykämie auftreten, ist aber kein typisches Symptom, über das sich Patienten beklagen. Eine Hyperglykämie kann auch einen Gewichtsverlust, Übelkeit und Erbrechen, eine Einschränkung der Sehschärfe sowie eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen durch Bakterien und Pilze verursachen.

Patienten mit einem Diabetes-Typ-1 fallen typischerweise durch eine symptomatische Hyperglykämie und/oder auch durch eine diabetische Ketoazidose (DKA) auf. Sie entwickeln jedoch diabetesbedingte Autoantikörper und Dysglykämie, bevor es zu Symptomen kommt.

Typ-1-Diabetes mellitus schreitet schrittweise fort:

  • Stadium 1: Vorhandensein von 2 Insel-Autoantikörpern bei normalem Blutzucker und ohne Symptome

  • Stadium 2: Glukoseintoleranz oder Dysglykämie, aber keine Symptome

  • Stadium 3: Klinische Symptome

Bei einigen Patienten im Stadium 3 kommt es nach dem akuten Ausbruch der Krankheit zu einer langen, aber vorübergehenden Phase nahezu normaler Glukosespiegel (Honeymoon-Phase), die auf eine teilweise Erholung der Insulin-Sekretion zurückzuführen ist.

Patienten mit einem Diabetes-Typ-2 können durch eine Hyperglykämie auffallen, sind aber oft asymptomatisch und ihre Erkrankung wird nur während Routinetestungen erkannt. Ihre Erkrankung fällt erst durch eine Routinekontrolle auf oder durch die Symptome von diabetischen Spätkomplikationen, was vermuten lässt, dass die Krankheit schon eine Weile unerkannt bestand. Bei einigen Patienten tritt initial ein hyperosmolarer hyperglykämischer Zustand auf, besonders in Phasen von Stress oder wenn der Glukosestoffwechsel durch Medikamente, wie z. B. Glukokortikoide weiter eingeschränkt wird.

Diagnose von Diabetes mellitus

  • Nüchternblutzucker (FPG)-Spiegel

  • Glykosyliertes Hämoglobin (HbA1C)

  • Manchmal orale Glukosetoleranztests

Der Diabetes mellitus zeigt typische Symptome und klinische Zeichen und wird durch die Messung der Plasmaglukosewerte bestätigt (1, 2). Er wird häufig durch ein Screening entdeckt.

Die Messung erfolgt als Nüchternblutzucker (FPG) nach 8- bis 12-stündiger Nahrungskarenz (Nüchternplasmaglukose [NPG]) oder 2 Stunden nach Aufnahme einer konzentrierten Glukoselösung (oraler Glukosetoleranztest [OGTT]) (siehe Tabelle Diagnostische Kriterien für Diabetes mellitus und gestörtem Glukosestoffwechsel). Der OGTT ist für die Diagnose eines DM oder einer eingeschränkten Glukosetoleranz sensitiver, ist aber weniger praktisch und reproduzierbar wie der FPG. Er ist, außer bei allen Zweifelsfällen, vor allem bei Verdacht auf Gestationsdiabetes sowie für Forschungszwecke indiziert.

In der Praxis wird ein Diabetes mellitus oder eine eingeschränkte Glukosetoleranz oft durch eine routinemäßige Messung der Plasmaglukose oder des HbA1C entdeckt. Ein im Rahmen eines Routinelabors erhobener Glukosewert > 200 mg/dl (> 11,1 mmol/l) kann diagnostisch sein, jedoch auch durch eine nur kurz zurückliegende Mahlzeit hervorgerufen werden und bedarf der Kontrolle. Eine Kontrolle kann bei bereits bestehenden Symptomen eines Diabetes unterbleiben.

HbA1C ist eine Form von Hämoglobin, die chemisch an einen Zucker gebunden ist, der mit dem Blutzucker ansteigt und eine validierte Beziehung zum durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten 3 Monate aufweist. HbA1C-Messungen werden nun in die diagnostischen Kriterien für DM integriert:

  • HbA1C 6,5% = Diabetes

  • HbA1C 5,7 bis 6,4% = Prädiabetes oder mit dem Risiko von Diabetes

Der HbA1C-Wert ist jedoch ein indirektes Maß für den Blutzucker; die Werte können falsch hoch oder niedrig sein (siehe Überwachung) und können je nach ethnischer Herkunft variieren. Die Tests müssen in einem zertifizierten klinischen Labor mit einem Assay durchgeführt werden, der für einen Referenzassay zertifiziert und standardisiert ist. oint-of-Care-HbA1C-Messungen mit Fingerstick sollten nicht zu diagnostischen Zwecken verwendet werden, obwohl sie zur Überwachung der Diabeteskontrolle verwendet werden können.

Die Messung der Glukosewerte im Urin, eine einstmals sehr verbreitete Methode, wird nicht mehr durchgeführt, da diese Methode sich weder als besonders sensitiv noch als spezifisch erwiesen hat.

Tipps und Risiken

  • Point-of-Care-HbA1C-Messungen mit Fingerstick sind nicht genau genug, um für die Erstdiagnose von Diabetes verwendet zu werden.

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Klinischer Rechner

Überwachung auf Komplikationen bei Diabetes

Alle Patienten mit Typ-1-Diabetes mellitus sollten 5 Jahre nach der Diagnose mit dem Screening auf diabetische Komplikationen beginnen. Patienten mit einem Typ-2-Diabetes werden bereits bei Diagnosestellung auf Komplikationen untersucht. Die typische Überwachung auf Komplikationen umfasst

  • Untersuchung der Füße

  • Augenhintergrundspiegelung

  • Urintests auf Albuminurie

  • Messung des Serum-Kreatinin- und Lipid-Profils

Die Fußuntersuchung sollte mindestens einmal jährlich auf Druck-, Vibrations-, Schmerz- oder Temperaturstörungen, die für die periphere Neuropathie charakteristisch sind, durchgeführt werden. Die Wahrnehmung von Druck wird am besten mit Hilfe eines monofilamentären Ästhesiometers (siehe Abbildung Diabetische Fußuntersuchung) überprüft. Der gesamte Fuß, insbesondere die Haut unter den Metatarsalköpfchen, sollte auf Hautrisse und Anzeichen einer Ischämie oder Infektion, wie z. B. Ulzerationen, Gangräne, Nagelpilzinfektionen, verminderte Fußpulse und Haarausfall untersucht werden.

Die Fußuntersuchung sollte mindestens einmal jährlich auf Druck-, Vibrations-, Schmerz- oder Temperaturstörungen, die für die periphere Neuropathie charakteristisch sind, durchgeführt werden. Wenn eine Retinopathie eine Progression zeigt, kann eine häufigere Beurteilung erforderlich sein.

Spot- oder 24-Stunden-Urin-Tests werden jährlich zum Nachweis von Albuminurie angezeigt, und Serumkreatinin sollte jährlich gemessen werden, um die Nierenfunktion zu beurteilen.

Tests auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist erforderlich. Ein Ruhe-EKG wird oftmals zur Beurteilung des Risikos für eine kardiovaskuläre Krankheit empfohlen. Die Blutfettwerte sollten mindestens einmal im Jahr (wenn sich pathologische Werte ergeben, öfter) überprüft werden. Der Blutdruck sollte bei jeder Untersuchung gemessen werden.

Literatur zur Diagnose

  1. 1. American Diabetes Association: Standards of Medical Care in Diabetes. Diabetes Care 46 (Supplement 1): 1-291, 2023.

  2. 2. Holt RIG, DeVries JH, Hess-Fischl A, et al: The management of type 1 diabetes in adults. A consensus report by the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD). Diabetologia 64(12):2609–2652, 2021. doi: 10.1007/s00125-021-05568-3

Behandlung von Diabetes mellitus

  • Ernährung und Bewegung

  • Für Diabetes-Typ-1: Insulin

  • Bei Typ-2-Diabetes, orale Antihyperglykämika, injizierbare nicht-Insulin-Antidiabetika wie Glucagon-ähnliches Peptid-1 (GLP-1)-Rezeptor-Agonisten, Insulin, oder eine Kombination davon

  • Um Komplikationen zu verhindern, oft Renin-Angiotensin-Aldosteron-System-Blocker (Angiotensin-konvertierendes Enzym-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker) undStatine.

Schlüsselelemente der Behandlung für alle Patienten sind Patientenaufklärung, Ernährung, Bewegung, Gewichtsabnahme und Überwachung der Blutzuckerkontrolle. Patienten mit Diabetes-Typ-1 benötigen Insulin. Einige Patienten mit Typ-2-Diabetes können in der Lage sein, eine medikamentöse Behandlung zu vermeiden oder einzustellen, wenn sie in der Lage sind, die Plasmaglukosespiegel durch Diät und Sport allein aufrechtzuerhalten. Für eine detaillierte Diskussion siehe Medikamentöse Behandlung von Diabetes mellitus.

Übersicht über die Pharmakotherapie

(Siehe auch Medikamentöse Behandlung von Diabetes mellitus.)

Alle Patienten mit Diabetes-Typ-1 benötigen Insulin-Therapie. Ziel ist es, das Muster der Insulin-Sekretion einer Person, die nicht an Diabetes leidet, durch eine Basal-Bolus-Insulin-Therapie zu reproduzieren. Bei der Basal-Bolus-Therapie wird ein länger wirkendes Insulin (oder eine kontinuierliche subkutane Infusion von schnell wirkendem Insulin, das über eine Pumpe abgegeben wird) verwendet, um die basale Insulin-Produktion zu simulieren, die die hepatische Glukoseproduktion unterdrückt, insbesondere im Nüchternzustand, und ein kürzer wirkendes Insulin wird vor den Mahlzeiten verwendet, um postprandiale Glukoseexkursionen zu kontrollieren.

Gleitendes Insulin ist eine Strategie, bei der je nach Plasmaglukosespiegel des Patienten unterschiedliche Dosen schnell wirkenden Insulins vor den Mahlzeiten und vor dem Schlafengehen gegeben werden. Ein Insulinregime mit gleitender Skala allein ist jedoch keine effektive Strategie zur Aufrechterhaltung der Euglykämie bei Patienten mit Typ-1-Diabetes oder bei den meisten Patienten mit Typ-2-Diabetes.

Patienten mit Typ-2-Diabetes und leicht erhöhter Plasmaglukose kann ein Versuch mit Diät und körperlicher Betätigung verschrieben werden, gefolgt von einem nicht-Insulin Antihyperglykämikum (oft Metformin), wenn Änderungen des Lebensstils nicht ausreichen. Eine frühzeitige Kombinationstherapie und/oder Insulin-Therapie sollte bei Patienten eingeleitet werden, bei denen der Blutzucker bei der Diagnose stärker erhöht ist oder deren HbA1C-Wert 1,5–2,0% über dem Zielwert liegt. Es gibt Evidenz dafür, dass eine frühzeitige medikamentöse Kombinationstherapie zu einer besseren und dauerhafteren Blutzuckereinstellung führt als ein schrittweises Vorgehen bei der Hinzunahme einer Diabetes-Pharmakotherapie (1). Ziele und Kontrolle werden unten diskutiert.

Bei Patienten ohne atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankung, Herzinsuffizienz oder chronische Nierenerkrankung werden bei der Wahl der Therapie häufig unerwünschte Wirkungen, Bequemlichkeit, Kosten und Patientenpräferenz berücksichtigt. Metformin wird aufgrund seines Kosten-Nutzen- und Sicherheitsprofils in der Regel als erstes orales Medikament eingesetzt. Glucagon-ähnliche Peptid-1 (GLP1)-Rezeptoragonisten sind eine wirksame Zweitlinientherapie nach Metformin und können wirksamer sein als Insulin oder als Zusatztherapie zu Insulin bei Typ-2-Diabetes. Patienten mit Adipositas können auch von der gewichtsreduzierenden Wirkung einer Therapie mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten oder von der Verwendung von Tirzepatid, einem dualen glukoseabhängigen insulinotropen Polypeptid (GIP) und GLP-1-Rezeptor-Agonisten, profitieren.

Bei Patienten mit atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann ein Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Hemmer (SGLT2-Hemmer) oder ein GLP-1-Rezeptor-Agonist empfohlen werden, da es Hinweise darauf gibt, dass diese Medikamentenklassen schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse (z. B. Myokardinfarkt, Schlaganfall) und die Sterblichkeit verringern. Bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (2, 3) oder Herzinsuffizienz (4) ohne Kontraindikationen werden SGLT2-Hemmer empfohlen, da sie nachweislich das Fortschreiten der Erkrankung und die Sterblichkeit verringern. GLP-1-Rezeptor-Agonisten und Pioglitazon können bei Patienten mit verwendet werden metabolische assoziierte steatotische Lebererkrankung (früher nichtalkoholische Fettlebererkrankung) oder metabolisch assoziierte Steatohepatitis (früher nichtalkoholische Steatohepatitis).

Insulin ist als Ersttherapie für schwangere Frauen mit Typ 2 Diabetes und für Patienten mit akuter Stoffwechseldekompensation indiziert, wie z. B. hyperosmolarer hyperglykämischer Zustand (HHS) oder diabetische Ketoazidose. Insulin sollte bei Patienten mit Anzeichen eines anhaltenden Katabolismus (Gewichtsverlust) oder Symptomen einer Hyperglykämie (d. h. Polyurie, Polydipsie) und/oder mit HbA1C-Werten > 10% und Blutzuckerwerten ≥ 300 mg/dl (16,7 mmol/l) in Betracht gezogen werden. Patienten mit schwerer Hyperglykämie sprechen unter Umständen besser auf die Therapie an, nachdem der Blutzuckerspiegel durch eine Insulin-Behandlung normalisiert wurde.

Patientenschulungen

Aufklärung ist entscheidend für die Optimierung der Pflege. Die Aufklärung sollte Informationen über Folgendes umfassen:

  • Ursachen von Diabetes

  • Ernährung

  • Körperliche Betätigung

  • Medikamente

  • Selbstkontrolle mit Fingerstick-Tests oder kontinuierliche Glukoseüberwachung

  • Überwachung von HbA1C

  • Symptome und Anzeichen von Hypoglykämie, Hyperglykämie und diabetischen Komplikationen

Den meisten Patienten mit Typ-1-Diabetes kann beigebracht werden, wie sie ihre Insulin-Dosen anhand des Blutzuckerspiegels und der Kohlenhydratzufuhr anpassen. Auf die Bedeutung der Gesundheitserziehung hinsichtlich des DM sollte bei jedem Arzt- oder Krankenhausbesuch des Patienten nochmals hingewiesen werden. Formelle Diabetesaufklärungsprogramme, die in der Regel von Diabetesschwestern und Ernährungsspezialisten durchgeführt werden, sind oft sehr wirksam und verbessern nachweislich die Diabetesergebnisse.

Ernährung

Eine Ernährung, die an die individuellen Gegebenheiten angepasst ist, kann den Patienten helfen, starke Schwankungen ihres Blutzuckerspiegels zu vermeiden, und im Falle eines Typ-2-Diabetes mellitus, Gewicht zu verlieren. Die Ernährungsempfehlungen sollten auf der Grundlage des Geschmacks, der Vorlieben, der Kultur und der Ziele des Patienten individuell angepasst und so formuliert werden, dass sie den Anforderungen, die sich aus den Begleiterkrankungen ergeben, gerecht werden. Es gibt keine Empfehlungen für den prozentualen Anteil von Kohlenhydraten, Proteinen oder Fetten an der Kalorienzufuhr. Die Patienten sollten über eine Ernährung aufgeklärt werden, die reich an Vollwertkost und nicht an verarbeiteten Lebensmitteln ist. Kohlenhydrate sollten von hoher Qualität sein und ausreichende Mengen an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen sowie wenig zugesetzten Zucker, Fett und Natrium enthalten. Einige Erwachsene können mit einer kohlenhydratarmen oder sehr kohlenhydratarmen Ernährung ihren Blutzuckerspiegel senken und die Einnahme von Antihyperglykämika reduzieren, obwohl es schwierig sein kann, eine solche Diät beizubehalten, und die Vorteile möglicherweise nicht von Dauer sind.

Patienten mit einem Typ-1-Diabetes sollten die aufgenommenen Kohlenhydrate zählen, um ihre Insulindosen den aufgenommenen Kohlenhydraten anzupassen, um so eine möglichst physiologische Insulinsubstitution zu erreichen. Das „Zählen“ der Kohlenhydratmenge dient dazu, die präprandiale Insulindosis zu berechnen. Wenn beispielsweise ein Kohlenhydrat-Insulin-Verhältnis (CIR) von 15 Gramm: 1 Einheit verwendet wird, benötigt ein Patient für jede 15 g Kohlenhydrat in einer Mahlzeit 1 Einheit schnell wirkendes Insulin Diese Verhältnisse können von Patient zu Patient je nach Grad der Insulin-Empfindlichkeit erheblich variieren und müssen auf den Patienten zugeschnitten und im Laufe der Zeit angepasst werden. Die Patienten sollten auch darüber aufgeklärt werden, dass Mahlzeiten mit höherem Eiweiß- oder Fettgehalt den Bedarf an Insulin erhöhen können und eine Dosisanpassung erforderlich sein kann. Dieser Ansatz erfordert eine detaillierte Patientenaufklärung und ist am erfolgreichsten, wenn er von einem Ernährungsberater mit Erfahrung in der Arbeit mit Patienten mit Diabetes geleitet wird. Einige Experten haben die Verwendung des glykämischen Index (ein Maß für den Einfluss einer aufgenommenen kohlenhydrathaltigen Nahrung auf den Blutglukosespiegel) empfohlen, um zwischen schnellen und langsam metabolisierten Kohlenhydraten zu unterscheiden, obwohl es wenig Beweise dafür gibt, diesen Ansatz zu unterstützen.

Sowohl bei Typ-1-Diabetes als auch bei Typ-2-Diabetes sollte die Ernährungsberatung durch einen Ernährungsexperten die ärztliche Beratung ergänzen; der Patient und alle Personen, die seine Mahlzeiten zubereiten, sollten dabei anwesend sein.

Körperliche Betätigung

Die körperliche Aktivität sollte schrittweise erhöht werden, um ein für den Patienten angemessenes Leistungsniveau zu erreichen. Sowohl die aerobe Übung als auch die Widerstandsübung haben gezeigt, dass sie die glykämische Kontrolle bei Typ-2-Diabetes verbessern, und mehrere Studien haben gezeigt, dass eine Kombination aus Widerstand und aerober Übung beiden allein überlegen ist (5, 6, 7). Bei Typ-1-Diabetes hat sich gezeigt, dass Bewegung die Mortalität senkt, obwohl die Wirkung auf die HbA1C-Senkung weniger klar ist (8, 9, 10). Erwachsene mit Diabetes und ohne körperliche Einschränkungen sollten sich mindestens 150 Minuten pro Woche (verteilt auf mindestens 3 Tage) bewegen. Bewegung hat einen variablen Effekt auf den Blutzucker, abhängig vom Zeitpunkt der Bewegung im Verhältnis zu den Mahlzeiten sowie von der Dauer, Intensität und Art der Bewegung. Insbesondere bei Patienten mit Typ-1-Diabetes kann Bewegung zu Hypoglykämien führen. Daher sollte der Blutzucker unmittelbar vor und nach dem Training überwacht werden. Der Zielbereich für den Blutzucker vor dem Training sollte zwischen 90 mg/dl und 250 mg/dl (5 mmol/l bis 14 mmol/l) liegen.

Patienten, die während körperlicher Betätigung Hypoglykämien zeigen, sollten angehalten werden, ihren Blutzuckerspiegel zu messen und sich Kohlenhydrate zuzuführen oder ihre Insulindosis so weit zu reduzieren, dass ihre Blutglukosewerte vor Beginn der körperlichen Aktivität etwas oberhalb der Normgrenze liegen. Hypoglykämien während größerer körperlicher Anstrengung können eine Kohlenhydratzufuhr während des Trainings notwendig werden lassen. Am besten eignen sich 5 bis 15 g Rohrzucker oder ein anderer Einfachzucker.

Patienten mit bekannten oder vermuteten Herz-Kreislauf-Erkrankungen können von Übungsstresstests vor Beginn eines Trainingsprogramms profitieren. Aktivitätsziele müssen möglicherweise für Patienten mit Diabeteskomplikationen wie Neuropathie und Retinopathie modifiziert werden.

Gewichtsverlust

Bei Menschen mit Diabetes und Adipositas sollten Ärzte Antihyperglykämika verschreiben, die eine Gewichtsabnahme fördern (z. B. GLP1-Rezeptor-Agonisten, SGLT-2-Inhibitoren oder ein dualer Inkretin-Agonist) oder nach Möglichkeit gewichtsneutral sind (Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitoren, Metformin) (für Details siehe Medikamentöse Behandlung von Diabetes mellitus). Zwei GLP-1-Rezeptor-Agonisten, die in höherer Dosierung zur Gewichtsabnahme eingesetzt werden (Semaglutid 2,4 mg, Liraglutid 3 mg), führen selbst in den für die Diabetesbehandlung verwendeten Dosierungen zu einem deutlichen Gewichtsverlust.

Andere Medikamente zur Gewichtsreduktion wie Orlistat, Phentermin/Topiramat und Naltrexon/Bupropion können bei ausgewählten Patienten im Rahmen eines umfassenden Gewichtsreduktionsprogramms sinnvoll sein. Orlistat, ein intestinaler Lipaseinhibitor, vermindert die Fettaufnahme mit der Nahrung, reduziert die Serumlipide und unterstützt eine Gewichtsabnahme. Phentermin/Topiramat ist ein Kombinationspräparat, das den Appetit über mehrere Mechanismen im Gehirn verringert. Viele dieser Medikamente haben auch gezeigt, dass sie den HbA1C-Wert verringern.

Ein orales Hydrogel, das Zellulose und Zitronensäure enthält und die Patienten dazu bringt, sich satt zu fühlen und weniger zu essen, kann bei Patienten mit Prädiabetes und Diabetes mäßigen Gewichtsverlust induzieren.

Medizinische Hilfsmittel wie implantierte Magenballons, ein Vagusnervstimulator und eine Magenaspirationstherapie sind ebenfalls erhältlich, werden aber aufgrund der hohen Kosten und der begrenzten Daten bei Patienten mit Diabetes nur begrenzt eingesetzt.

Eine chirurgische Behandlung der Adipositas, wie z. B. eine Sleeve-Gastrektomie oder ein Magenbypass, führt ebenfalls zu einer Gewichtsabnahme und einer Verbesserung der Blutzuckereinstellung (unabhängig von der Gewichtsabnahme) sowie zu einer Verringerung des kardiovaskulären Risikos bei Patienten mit Diabetes mellitus und sollte bei entsprechend ausgewählten Patienten empfohlen werden.

Fusspflege

Eine regelmäßige professionelle Fußpflege, bei der die Nägel und eventuelle Schwielen behandelt werden, ist insbesondere für Patienten mit sensorischen Einschränkungen oder Beeinträchtigungen der Zirkulation von Bedeutung. Solche Patienten müssen angehalten werden, ihre Füße täglich hinsichtlich kleiner Verletzungen, Fissuren, Schwielen, Hühneraugen und Ulzerationen zu untersuchen. Die Füße sollten jeden Tag in lauwarmem Wasser mit einer milden Seife gewaschen und danach vorsichtig und gründlich getrocknet werden. Schmiermittel (z. B. Lanolin) sollte auf trockene, schuppige Haut aufgetragen werden. Nichtmedikamentöse Fußpuder sollten bei feuchten Füßen angewendet werden. Die Fußnägel sollten bevorzugt durch professionelle Fußpfleger gerade und nicht zu nah an der Haut abgeschnitten werden. Selbstklebende Pflaster und Verbände, aggressive Chemikalien, Hühneraugenpflaster und Elektroden sollten nicht auf der Haut angewendet werden. Die Patienten sollten täglich ihre Socken oder Strümpfe wechseln und keine einengende Kleidung (z. B. Sockenhalter, Socken oder Strümpfe mit engen Bündchen) tragen.

Schuhe müssen gut passen, an den Zehen locker sitzen, an Fersen und Zehen geschlossen sein und häufig gewechselt werden. Falls der Fuß deformiert ist (z. B. durch vorausgegangene Zehenamputation, Hammerzehe, entzündete Fußballen), sollten Spezialschuhe zur Traumareduktion verschrieben werden. Barfußlaufen ist zu vermeiden.

Patienten mit neuropathischen Fußulzera sollten bis zum Abheilen der Ulzera den Fuß entlasten. Falls dies nicht möglich ist, empfiehlt sich eine angemessene orthetische Versorgung. Wunddébridement und Antibiotikatherapie führen sehr häufig zu guten Ergebnissen und helfen, einen größeren chirurgischen Eingriff zu vermeiden. Nach der Abheilung des Ulkus müssen passende Einlagen oder Spezialschuhe verschrieben werden. Bei wiederholtem Auftreten, besonders wenn eine Osteomyelitis besteht, muss eine Entfernung des Metatarsalköpfchens (als Quelle des erhöhten Drucks), eine Amputation des betroffenen Zehs oder eine transmetatarsale Amputation durchgeführt werden. Ein neuropathisches Gelenk kann sehr häufig mit orthopädischen Maßnahmen (z. B. durch Fußstützen, an den Fuß angepasste Schuhe, Einlagen, die die Fußsohle unterstützen, Krücken, Prothesen) zufrieden stellend therapiert werden.

Impfungen

Alle Patienten mit Diabetes mellitus sollten gemäß den Standardempfehlungen gegen Streptococcus pneumoniae, Influenza-Virus, Hepatitis B, Varizellen und SARS-CoV-2 geimpft werden.

Pankreastransplantation

Pankreastransplantation und Transplantation von Pankreas-Inselzellen sind alternative Mittel der Insulin-Verabreichung (11, 12); beide Techniken transplantieren effektiv Insulin-produzierende Beta-Zellen in Patienten die einen Insulin-Mangel haben(an Typ-1-Diabetes leiden).

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Matthews DR, Paldánius PM, Proot P, et al. Glycaemic durability of an early combination therapy with vildagliptin and metformin versus sequential metformin monotherapy in newly diagnosed type 2 diabetes (VERIFY): a 5-year, multicentre, randomised, double-blind trial. Lancet 2019;394(10208):1519-1529. doi:10.1016/S0140-6736(19)32131-2

  2. 2. Nuffield Department of Population Health Renal Studies Group; SGLT2 inhibitor Meta-Analysis Cardio-Renal Trialists' Consortium. Impact of diabetes on the effects of sodium glucose co-transporter-2 inhibitors on kidney outcomes: collaborative meta-analysis of large placebo-controlled trials. Lancet 2022;400(10365):1788-1801. doi:10.1016/S0140-6736(22)02074-8

  3. 3. Palmer SC, Tendal B, Mustafa RA, et al. Sodium-glucose cotransporter protein-2 (SGLT-2) inhibitors and glucagon-like peptide-1 (GLP-1) receptor agonists for type 2 diabetes: systematic review and network meta-analysis of randomised controlled trials [published correction appears in BMJ 2022 Jan 18;376:o109]. BMJ 2021;372:m4573. Veröffentlicht 2021 Januar 13. doi:10.1136/bmj.m4573

  4. 4. Vaduganathan M, Docherty KF, Claggett BL, et al. SGLT-2 inhibitors in patients with heart failure: a comprehensive meta-analysis of five randomised controlled trials [published correction appears in Lancet 2023 Jan 14;401(10371):104]. Lancet 2022;400(10354):757-767. doi:10.1016/S0140-6736(22)01429-5

  5. 5. Church TS, Blair SN, Cocreham S, et al. Effects of aerobic and resistance training on hemoglobin A1c levels in patients with type 2 diabetes: a randomized controlled trial [published correction appears in JAMA 2011 Mar 2;305(9):892]. JAMA 2010;304(20):2253-2262. doi:10.1001/jama.2010.1710

  6. 6. Colberg SR, Sigal RJ, Yardley JE, et al. Physical Activity/Exercise and Diabetes: A Position Statement of the American Diabetes Association. Diabetes Care 2016;39(11):2065-2079. doi:10.2337/dc16-1728

  7. 7. Sigal RJ, Kenny GP, Boulé NG, et al. Effects of aerobic training, resistance training, or both on glycemic control in type 2 diabetes: a randomized trial. Ann Intern Med 2007;147(6):357-369. doi:10.7326/0003-4819-147-6-200709180-00005

  8. 8. Bohn B, Herbst A, Pfeifer M, et al. Impact of Physical Activity on Glycemic Control and Prevalence of Cardiovascular Risk Factors in Adults With Type 1 Diabetes: A Cross-sectional Multicenter Study of 18,028 Patients. Diabetes Care 2015;38(8):1536-1543. doi:10.2337/dc15-0030

  9. 9. Pongrac Barlovic D, Harjutsalo V, Groop PH. Exercise and nutrition in type 1 diabetes: Insights from the FinnDiane cohort. Front Endocrinol (Lausanne) 2022;13:1064185. doi:10.3389/fendo.2022.1064185

  10. 10. Shorey S, Ng ED, Law EC, Wong JCM, Loke KY, Tam WWS. Physical Activity and Nutrition Interventions for Type 1 Diabetes: A Meta-analysis. Pediatrics 2022;150(3):e2022056540. doi:10.1542/peds.2022-056540

  11. 11. Dean PG, Kukla A, Stegall MD, et al: Pancreas transplantation. BMJ 3:357, 2017. doi: 10.1136/bmj.j1321

  12. 12. Rickels MR, Robertson RP: Pancreatic islet transplantation in humans: Recent progress and future directions. Endocr Rev 40(2):631–668, 2019. doi: 10.1210/er.2018-00154

Überwachung der Diabetesbehandlung

Das Ziel der Diabetes-Behandlung ist die Kontrolle der Hyperglykämie, um die Symptome zu lindern und Komplikationen zu verhindern, während gleichzeitig hypoglykämische Episoden minimiert werden. Die Kontrolle des Diabetes mellitus kann durch die Messung der Blutspiegel überwacht werden. Untersucht werden die Werte von:

  • Glukose

  • HbA1C

  • Fruktosamine

Die Ziele für glykämische Kontrolle für die meisten Menschen sind

  • Präprandialer Blutzucker zwischen 80 und 130 mg/dl (4,4 und 7,2 mmol/l)

  • Peak postprandial (1 bis 2 h nach Beginn der Mahlzeit) Blutzucker < 180 mg/dl (< 10 mmol/l)

  • Mit kontinuierlichem Glukose-Monitoring (CGM), 14-Tage-Time-in-Range (TIR) > 70% (Ziel-Blutzuckerspiegel 70–180 mg/ml [3,9–9,9 mmol/l])

  • HbA1C Ebenen < 7%

Diese Ziele können für Patienten, bei denen eine strenge Blutzuckerkontrolle nicht ratsam ist, weniger streng formuliert werden, z. B.

  • Gebrechliche ältere Patienten

  • Patienten mit einer kurzen Lebenserwartung

  • Patienten mit wiederholten Episoden von Hypoglykämie, insbesondere solche, die keine Symptome einer Hypoglykämie entwickeln (Hypoglykämie-Unkenntnis)

  • Patienten, die die Symptome einer Hypoglykämie nicht mitteilen können (z. B. kleine Kinder, Patienten mit Demenz)

Kliniker können bei ausgewählten Patienten auch strengere glykämische Ziele (z. B. HbA1C <6,5%) empfehlen, wenn diese Ziele ohne Hypoglykämie erreicht werden können. Mögliche Kandidaten für eine strengere Blutzuckerkontrolle sind:

  • Patienten, die nicht mit Medikamenten behandelt werden, die eine Hypoglykämie auslösen

  • Patienten die eine kürzere Dauer (<10 Jahre) an Diabetes mellitus gelitten haben

  • Patienten, die eine hohe Lebenserwartung haben

  • Patienten, die keine kardiovaskuläre Erkrankung haben

DerGlukosespiegel wird in der Regel durch häusliche Überwachung des kapillaren Blutzuckers (z. B. mit einem Fingerstick) oder durch kontinuierliche Glukoseüberwachung bestimmt. Beide Überwachungsmethoden helfen den Patienten bei der Anpassung der Nahrungsaufnahme und der Dosierung von Insulin sowie den Ärzten bei der Empfehlung von Anpassungen des Zeitpunkts und der Dosierung von Medikamenten. Patienten, die Blutzuckermessgeräte oder CGMs verwenden, müssen sich 1- bis ≥ 5-mal täglich selbst überwachen (die erste Messung ist in der Regel das Fasten am Morgen). Die Häufigkeit hängt von den Blutzuckerwerten, den Bedürfnissen und Fähigkeiten des Patienten und der Komplexität des Behandlungsschemas ab. Die meisten Typ-1-Diabetiker sollten mindestens 4-mal täglich eine Blutzuckerkontrolle durchführen (1). Eine häufigere Selbstkontrolle wird empfohlen, wenn der Blutzuckerspiegel suboptimal ist oder wenn sich das Medikamentenregime ändert.

Die im venösen Plasma gemessenen HbA1C-Werte werden alle 3 Monate bzw. bei Patienten mit konstant guter Kontrolle alle 6 Monate überwacht.

Fingerkuppen-Blutzuckermessung

Glukosemessgeräte mit Fingerstäbchen messen den Glukosegehalt im Kapillarblut. Es sind viele verschiedene Glukosemessgeräte erhältlich. Fast alle erfordern Teststreifen und ein Mittel zum Einstechen in die Haut und zum Erhalten einer Blutprobe. Die Auswahl der Geräte richtet sich in der Regel nach den Präferenzen der Patienten in Bezug auf Funktionen wie Zeit bis zum Vorliegen der Ergebnisse (in der Regel 5 bis 30 Sekunden), Größe des Anzeigefeldes (große Bildschirme können für Patienten mit Sehschwäche von Vorteil sein), Sprachausgabe (für Menschen mit Sehschwäche) und Anbindung an eine Smartphone-App (2).

Kontinuierliche Glukoseüberwachung

Systeme zur kontinuierlichen Glukoseüberwachung (CGM) schätzen die kapillare Blutglukose anhand der interstitiellen Glukose, die von einem subkutanen Sensor erfasst wird. Sie können entweder kontinuierlich Glukosemessungen liefern (Echtzeit-CGM) oder intermittierend, wenn sie mit einem Gerät gescannt werden (intermittierend gescanntes CGM). CGMs liefern Glukosedaten in Echtzeit, einschließlich eines Alarms, um vor Hypoglykämie, Hyperglykämie oder sich schnell ändernden Glukosespiegeln zu warnen.

Obwohl CGMs weniger strenge Genauigkeitsanforderungen haben als kapillare Blutzuckermessgeräte, erlauben sie Anwendern und Ärzten, Muster von Hyperglykämie und Hypoglykämie zu beurteilen, die nicht mit der Fingerkuppen-Blutzuckermessung identifiziert werden. Es hat sich gezeigt, dass der Einsatz von CGM die Zeit im Zielbereich (TIR) verlängert und den HbA1C-Wert senkt (3, 4, 5). Die Verwendung von CGM wird für alle Patienten empfohlen, die mit einer intensiven Insulin-Therapie behandelt werden und die Geräte sicher verwenden können (6).

Für Patienten mit Diabetes, die CGMs verwenden, ist TIR definiert als der Prozentsatz der Zeit, in der die Blutzuckermessung auf CGM innerhalb des Zielblutzuckerbereichs (70 bis 180 mg/ml [3,9 bis 9,9 mmol/l]) über 14 Tage liegt. Eine 14-tägige TIR von > 70% ist mit einem geringeren Risiko für Diabeteskomplikationen assoziiert und steht in umgekehrter Beziehung zum HbA1C-Wert (7). Um das Risiko einer schweren Hypoglykämie zu verringern, sollte die Zeit unterhalb des Bereichs (< 70 mg/dl [< 3,9 mmol/L]) < 4% und die Zeit < 54 mg/l (< 3,0 mmol/L) < 1% betragen (7, 8). Wie bei allen glykämischen Zielen sollten CGM-Ziele in Abhängigkeit von Alter, Komorbiditäten und Risiko einer Hypoglykämie individuell festgelegt werden.

CGM-Systeme können in Insulin-Pumpen integriert werden, um eine Echtzeitanpassung der Insulin-Dosis auf der Grundlage des Blutzuckerspiegels zu ermöglichen. Solche Systeme, die als automatische Insulinverabreichungssysteme (AID) oder Hybridsysteme mit geschlossenem Regelkreis bekannt sind, sind zwar teuer, werden jedoch für alle Patienten empfohlen, die mehrmals täglich Insulin spritzen müssen, und senken nachweislich den HbA1C-Wert und verringern Hypoglykämien (6, 9, 10). Sie werden immer häufiger eingesetzt, und bei einigen Versionen sind keine täglichen Glukosemessungen mit dem Fingerstick erforderlich, um das Glukosemessgerät zu kalibrieren. Sie sind besonders nützlich bei Patienten mit Typ-1-Diabetes und bei Patienten mit Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung oder nächtlicher Hypoglykämie. Einige kontinuierliche Glukosemessgeräte können bis zu 2 Wochen lang verwendet werden, bevor sie ersetzt werden müssen. Kliniker können die aufgezeichneten Daten überprüfen, um festzustellen, ob bei dem Patienten eine unerkannte Hyperglykämie oder Hypoglykämie vorliegt.

Hämoglobin A1C

HbA1C-Spiegel zeigen die Effektivität der Glukosekontrolle während der letzten 3 Monate und beurteilen so den Zeitraum zwischen zwei Arztbesuchen. HbA1C sollte bei Typ-1-Diabetikern einmal im Quartal und wenigstens 2-mal jährlich bei Typ-2-Diabetikern, deren Blutglukosespiegel stabil erscheinen, bestimmt werden. Häufigere Bestimmungen sind erforderlich, wenn die Glukosewerte nicht stabil sind. Für die meisten Patienten ist das Ziel ein HbA1C-Wert von < 7%; dieses Ziel sollte jedoch individuell festgelegt werden. Testkits für den Heimgebrauch sind erhältlich, werden aber nur selten verwendet.

Die HbA1C-Werte scheinen manchmal von den Werten abzuweichen, die bei den täglichen Glukosetests abgelesen werden können. Falsch-hohe oder falsch-normale Werte können dafür der Grund sein. Falsch-hohe Werte von HbA1C können bei niedrigem Erythrozytenumsatz (wie er bei Eisen-, Folsäure- oder Vitamin-B12-Mangelanämie auftritt), hohen Dosen von Acetylsalicylsäure und hohen Blutalkoholspiegeln auftreten. Falsch normale HbA1C-Werte treten bei erhöhtem Erythrozytenumsatz auf, wie er bei hämolytischen Anämien und Hämoglobinopathien (z. B. HbS-Krankheit, HbC-Krankheit) oder bei der Behandlung von Mangelanämien auftritt. Bei Patienten mit Zirrhose oder chronischer Nierenerkrankung Stadien 4 und 5 ist die Korrelation zwischen HbA1C und glykämischer Spiegel schlecht und HbA1C kann in diesen Patienten falsch verringert werden. Eine Schwangerschaft senkt auch fälschlicherweise den HbA1C-Wert.

Fruktosamine

Fruktosamin, welches zum großen Teil aus glykosyliertem Albumin, aber auch aus anderen glykosylierten Proteinen besteht, zeigt die Glukosekontrolle über die vergangenen 1 bis 2 Wochen. Monitoring der Fructosaminspiegel wird während Phasen intensivierter Behandlung des Diabetes und bei Patienten mit Hämoglobinvarianten oder einem hohen Erythrozytenumsatz (welcher falsche HbA1C-Werte verursacht) angewendet, ist aber im Wesentlichen im Bereich der Forschung zu finden.

Urin-Glukose

Die Uringlukose-Überwachung ist zu ungenau, um empfohlen zu werden. Die Selbstmessung von Ketonkörpern im Urinwird bei Typ-1-Diabetikern empfohlen, die Symptome der Ketoazidose bemerken, wie z. B. Übelkeit und Erbrechen, abdominelle Schmerzen, Fieber, Erkältung oder grippeähnliche Symptome, oder eine ungewöhnliche, anhaltende Hyperglykämie (> 250–300 mg/dl [13,9–16,7 mmol/l]) aufweisen.

Literatur zur Überwachung

  1. 1. Holt RIG, DeVries JH, Hess-Fischl A, et al: The management of type 1 diabetes in adults. A consensus report by the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD). Diabetes Care 44(11):2589–2625, 2021. doi: 10.2337/dci21-0043

  2. 2. Domingo-Lopez DA, Lattanzi G, H J Schreiber L, et al. Medical devices, smart drug delivery, wearables and technology for the treatment of Diabetes Mellitus. Adv Drug Deliv Rev 2022;185:114280. doi:10.1016/j.addr.2022.114280

  3. 3. Beck RW, Riddlesworth T, Ruedy K, et al. Effect of Continuous Glucose Monitoring on Glycemic Control in Adults With Type 1 Diabetes Using Insulin Injections: The DIAMOND Randomized Clinical Trial. JAMA 2017;317(4):371-378. doi:10.1001/jama.2016.19975

  4. 4. Olafsdottir AF, Polonsky W, Bolinder J, et al. A Randomized Clinical Trial of the Effect of Continuous Glucose Monitoring on Nocturnal Hypoglycemia, Daytime Hypoglycemia, Glycemic Variability, and Hypoglycemia Confidence in Persons with Type 1 Diabetes Treated with Multiple Daily Insulin Injections (GOLD-3). Diabetes Technol Ther 2018;20(4):274-284. doi:10.1089/dia.2017.0363

  5. 5. Vigersky RA, Fonda SJ, Chellappa M, Walker MS, Ehrhardt NM. Short- and long-term effects of real-time continuous glucose monitoring in patients with type 2 diabetes. Diabetes Care 2012;35(1):32-38. doi:10.2337/dc11-1438

  6. 6. Grunberger G, Sherr J, Allende M, et al. American Association of Clinical Endocrinology Clinical Practice Guideline: The Use of Advanced Technology in the Management of Persons With Diabetes Mellitus. Endocr Pract 2021;27(6):505-537. doi:10.1016/j.eprac.2021.04.008

  7. 7. Battelino T, Danne T, Bergenstal RM, et al: Clinical targets for continuous glucose monitoring data interpretation: Recommendations from the international consensus on time in range. Diabetes Care 42(8):1593–1603, 2019. doi: 10.2337/dci19-0028.

  8. 8. American Diabetes Association: Standards of Medical Care in Diabetes. Diabetes Care 46 (Supplement 1): 1-291, 2023.

  9. 9. Brown SA, Kovatchev BP, Raghinaru D, et al. Six-Month Randomized, Multicenter Trial of Closed-Loop Control in Type 1 Diabetes. N Engl J Med 2019;381(18):1707-1717. doi:10.1056/NEJMoa1907863

  10. 10. Tauschmann M, Thabit H, Bally L, et al. Closed-loop insulin delivery in suboptimally controlled type 1 diabetes: a multicentre, 12-week randomised trial [published correction appears in Lancet 2018 Oct 13;392(10155):1310]. Lancet 2018;392(10155):1321-1329. doi:10.1016/S0140-6736(18)31947-0

Spezielle Untergruppen und Umstände

Die Diabetesbehandlung erfordert eine sorgfältige Anpassung an die Patientenfaktoren, einschließlich der Faktoren, die mit dem Alter und dem Lebensstil, den Begleiterkrankungen und der Notwendigkeit der Behandlung anderer akuter oder chronischer Erkrankungen zusammenhängen.

Patienten mit Schwierigkeiten, den angestrebten Blutzuckerspiegel zu halten

Der Ausdruck „Brittle-Diabetes“ bezog sich auf Patienten mit sehr ausgeprägten, wiederkehrenden Schwankungen der Glukosekonzentration, für die es keine offensichtlichen Gründe gibt. Labile Plasmaglukosespiegel traten eher bei Patienten mit Diabetes-Typ-1 auf, da die endogene Insulin produktion fast völlig fehlt und bei einigen Patienten die gegen-regulatorische Reaktion auf Hypoglykämie beeinträchtigt wird. Andere Ursachen für labile Plasmaglukosespiegelsind verborgene Infektionen, Gastroparese (was zu einer unsteten Absorption von Nahrungskohlenhydraten führt) und endokrine Störungen (z. B. Morbus Addison).

Patienten mit chronischen Schwierigkeiten, einen akzeptablen Blutzuckerspiegel aufrecht zu erhalten, sollten auf situative Faktoren ausgewertet werden, die die Blutzuckerkontrolle beeinflussen. Solche Faktoren sind etwa unzureichende Aufklärung der Patienten oder ein fehlendes Verständnis. Diese Faktoren können zu Fehlern in der Verabreichung von Insulin führen, aber auch zu unangemessenen Ernährungsgewohnheiten und zu psychosozialen Belastungen, die sich in unregelmäßigen Mustern der Medikamentengabe und Nahrungsaufnahme äußern.

Der initiale Ansatz bei der Therapie in diesen Fällen ist die genaue Überprüfung der selbständig durchgeführten Therapiemaßnahmen, einschließlich der Art der Insulinpräparate, der Injektionen sowie der Glukosemessung. Eine Erhöhung der Frequenz der selbstständigen Blutzuckermessungen kann neue Erkenntnisse hinsichtlich bisher unbekannter Blutzuckerschwankungen ergeben und dem Patienten ein hilfreiches Feedback ermöglichen. Ein genaues Protokoll der Nahrungsaufnahme, einschließlich des Zeitpunkts der Mahlzeiten, kann helfen, auch hier mögliche Ursachen der schlechten Blutzuckerkontrolle aufzudecken. Andere zugrunde liegende Ursachen sollten durch eine körperliche Untersuchung und Labortests ausgeschlossen werden.

Bei manchen insulinpflichtigen Patienten hilft auch der Wechsel zu einem intensivierten Insulinregime, welches eine flexiblere Anpassung der Insulindosen auf dem Boden von häufigeren Blutzuckermessungen erlaubt. Kontinuierliche Glukoseüberwachung mit Alarmen und sensorgestützte oder hybride Closed-Loop Insulin-Pumpentherapie sind nützliche Hilfsmittel bei Personen, die zwischen Hypoglykämie und Hyperglykämie schwanken.

Kinder

Diabetes bei Kindern wird an anderer Stelle näher erläutert.

Kinder mit Diabetes-Typ- benötigen physiologischen Insulin ersatz ebenso wie Erwachsene, und ähnliche Behandlungsschemata, einschließlich einer Verwendung von Insulin pumpen. Allerdings kann das Risiko einer Hypoglykämie zu einer Änderung der Therapieziele führen, weil die Mahlzeiten und Aktivitäten möglicherweise unberechnbar sind und die sofortige Reaktion auf hypoglykämische Zustände nicht immer möglich sind. Die meisten kleinen Kinder können lernen, sich aktiv an ihrer eigenen Versorgung zu beteiligen, auch an Blutzuckertsts und Insulininjektionen. Schulpersonal und andere Betreuer müssen über die Krankheit informiert sein und angewiesen werden, wie sie Hypoglykämien erkennen und behandeln können. Die Überwachung auf mikrovaskuläre Komplikationen kann im Allgemeinen bis nach der Pubertät aufgeschoben werden.

Kinder mit Diabetes-Typ-2 erfordern die gleiche Aufmerksamkeit für die Ernährung und Gewichtskontrolle und die Erkennung und Bewältigung von Dyslipidämie und Hypertonie wie Erwachsene. Die meisten Kinder mit Typ 2 DM sind fettleibig, daher ist die Lebensstiländerung der Eckpfeiler der Therapie. Eine medikamentöse Therapie kann ebenfalls indiziert sein.

Jugendliche

Diabetes bei Heranwachsenden wird an anderer Stelle näher erläutert.

Die Blutzuckerkontrolle verschlechtert sich typischerweise, wenn diabetische Kinder zu Jugendlichen heranwachsen. Mehrere Faktoren tragen dazu bei, darunter

  • Pubertär und Insulin-induzierte Gewichtszunahme

  • Hormonelle Veränderungen, die die Sensitivität von Insulin verringern

  • Psychosoziale Faktoren, die zur Insulin- Non-Compliance führen (z. B. Stimmungs- und Angststörungen, hektische Zeitpläne, unregelmäßige Mahlzeiten, Familienkonflikte)

  • Experimentieren mit Zigaretten-, Alkohol- und Drogenkonsum

  • Essstörungen, die zu Insulin-Verzicht als Mittel zur Gewichtskontrolle führen

Aus diesen Gründen kommt es bei einigen Jugendlichen immer wieder zu Hyperglykämie,diabetischer Ketoazidose und Hypoglykämie, die einen Besuch in der Notaufnahme und einen Krankenhausaufenthalt erfordern.

Die Therapie besteht meist aus einer Kombination von intensiver medizinischer Überwachung und psychosozialer Intervention (z. B. Mentoren- oder Selbsthilfegruppen), Einzel- oder Familientherapie. Die Patientenschulung ist wichtig, damit die Jugendlichen die Freiheiten des jungen Erwachsenenalters sicher genießen können. Wichtiger als über persönliche Entscheidungen oder Verhalten zu urteilen, ist die ständige Erinnerung an eine gute Blutzuckerkontrolle mit besonderem Hinweis auf die Wichtigkeit häufiger Glukoseüberwachung und daran angepasster Verwendung von niedrig dosierten, schnell wirkenden Insulinen.

Krankenhausaufenthalt

Diabetes mellitus kann die primäre Ursache eines Krankenhausaufenthalts sein oder aber als Begleitkrankheit anderer Ursachen stationärer Aufnahme auftreten. Alle Diabetiker mit diabetischer Ketoazidose, hyperosmolarer Hyperglykämie oder längerer oder schwerer Hypoglykämie sollten stationär aufgenommen werden. Patienten mit durch Sulfonylharnstoffe induzierter Hypoglykämie, schlecht kontrollierter Hyperglykämie oder akuter Verschlechterung diabetischer Komplikationen können von einem kurzen Krankenhausaufenthalt profitieren. Kinder und Jugendliche mit neu auftretendem Diabetes können auch von einem Krankenhausaufenthalt profitieren. Die Blutzuckereinstellung kann sich nach der Krankenhausentlassung dramatisch verschlechtern, wenn die unter kontrollierten stationären Bedingungen entwickelte Insulineinstellung nicht auf die gegebenen Umstände außerhalb des Krankenhauses passen. Bei Patienten mit neu diagnostiziertem Diabetes sind die die im stationären Bereich verwendeten Insulin-Dosen oft zu hoch und können eine Hypoglykämie verursachen, wenn sie bei der Entlassung aus dem Krankenhaus nicht angepasst werden.

Wenn andere Krankheiten einen Krankenhausaufenthalt erfordern, können einige Patienten ihre Diabetesbehandlung zu Hause fortsetzen. Die meisten Kinder mit Typ 2 DM sind fettleibig, daher ist die Lebensstiländerung der Eckpfeiler der Therapie. Eine Einschränkung der körperlichen Aktivität und die akute Krankheit verschlechtern eine Hyperglykämie bei manchen Patienten, während andererseits eine Einschränkung der Nahrungszufuhr und Symptome der Begleitkrankheit (z. B. Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Anorexie) das Auftreten einer Hypoglykämie begünstigen können – besonders dann, wenn die Dosierungen der antihyperglykämischen Medikamente nicht angepasst werden. Es kann auch deshalb schwierig sein, eine angemessene Blutzuckerkontrolle bei stationären Patienten zu erreichen, da die normale Krankenhausroutine (z. B. Zeitpunkt der Mahlzeiten, Medikamentengabe, Durchführung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen) im Vergleich zu den Therapieplänen des Diabetes in ihrer Zeitgestaltung sehr unflexibel ist.

Bei Patienten, die hospitalisiert werden, müssen orale Antihyperglykämika oft abgesetzt werden. Metformin kann bei Patienten mit Niereninsuffizienz eine Laktatazidose verursachen und muss abgesetzt werden, wenn Kontrastmittel verabreicht werden müssen. Daher wird Metformin nur bei den stabilsten Patienten im Krankenhaus eingesetzt. Sulfonylharnstoffe können Hypoglykämie verursachen und sollten ebenfalls gestoppt werden.

Die meisten stationären Patienten können mit Basal- Insulin ohne oder mit zusätzlichen kurzwirksamen Insulin angemessen behandelt werden. Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitoren sind relativ sicher, selbst bei Patienten mit Nierenerkrankungen, und sie können auch zur postprandialen Glukosesenkung verwendet werden.

Gleitendes Insulin sollte nicht die einzige Maßnahme zur Korrektur einer Hyperglykämie sein; es ist eher reaktiv als proaktiv, und führt im Vergleich zu Basal-Bolus-Insulin zu einer schlechten glykämischen Kontrolle. Länger wirkende Insuline sollten zur Vermeidung von Hyperglykämien an die Blutzuckerwerte angepasst werden. Dies ist besser, als nur durch kurz wirkende Insuline auf Blutzuckerspitzen zu reagieren.

Eine stationäre Hyperglykämie ist mit einer erhöhten Infektionsrate und Mortalität assoziiert. Eine schwere Krankheit kann auch bei Patienten ohne bekannten Diabetes-mellitus- Insulinresistenz und Hyperglykämie verursachen. Eine solche stressbedingte Hyperglykämie ist mit schlechten Ergebnissen, einschließlich einer erhöhten Mortalität, assoziiert. Eine Insulin-Infusion zur Aufrechterhaltung des Plasmaglukosespiegels zwischen 140 und 180 mg/dl (7,8 und 10,0 mmol/l)

  • verhindert negative Folgen wie Organversagen

  • verbessert möglicherweise die Genesung nach einem Schlaganfall

  • führt zu einem verbesserten Überleben bei Patienten, die eine längere (> 5 Tage) Intensipflege benötigen.

Früher waren die Zielwerte für den Glukosegehalt niedriger; es hat jedoch den Anschein, dass die weniger strengen Zielwerte, wie sie oben beschrieben wurden, ausreichen, um nachteilige Folgen zu verhindern. Schwerkranke Patienten, insbesondere solche, die mit Glukokortikoiden oder Pressoren behandelt werden, und solche, die eine totale parenterale Ernährung (TPN) erhalten, können aufgrund einer Insulin-Resistenz sehr hohe Dosen (> 5–10 Einheiten/Stunde) von Insulin benötigen. Bei kritisch kranken Patienten oder postoperativen Patienten, die sich auf einer Intensivstation befinden, können Insulininfusionsprotokolle und/oder computergestützte Algorithmen verwendet werden, um Insulintropfen zur Aufrechterhaltung der Euglykämie zu titrieren.

Chirurgie

Der physiologische Stress eines chirurgischen Eingriffs kann bei Patienten mit Diabetes den Blutzuckergehalt erhöhen und bei Patienten mit Typ-1-Diabetes eine diabetische Ketoazidose auslösen. Bei kürzeren Eingriffen kann subkutanes Insulin verwendet werden. Bei Patienten mit Typ-1-Diabetes kann die Hälfte bis zwei Drittel der üblichen morgendlichen Dosis eines intermediär wirkenden Insulins oder 70–80% der Dosis eines langwirksamen Insulins (Glargin oder Detemir) in der Nacht oder am Morgen vor der Operation verabreicht werden (zum üblichen Zeitpunkt der Verabreichung von langwirksamem Insulin).

Patienten mit Typ-2-Diabetes, die Insulin einnehmen, sollten in der Nacht oder am Morgen vor der Operation 50% ihrer Basalinsulindosis erhalten. Eine intravenöse Infusion einer Dextroselösung kann vor der Operation mit einer Rate von 75–150 ml/Stunde begonnen und titriert werden, um eine Euglykämie aufrechtzuerhalten.

Während und direkt nach dem Eingriff sollten die Blutzuckerwerte (und Ketone, falls eine Hyperglykämie dies notwendig macht) mindestens alle 2 h gemessen werden. Dann kann die Dextroseinfusion fortgesetzt werden, und die Blutzuckermessungen wiederholt. NormalInsulin kann alle 4–6 Stunden subkutan verwendet werden, um die Plasmaglukosewerte zwischen 100 und 200 mg/dl (5,5 und 11,1 mmol/l) zu halten, so lange, bis der Patient wieder oral Nahrung zu sich nehmen und seinen gewohnten Insulinplan fortsetzen kann. Zusätzlich sollte ein intermediär oder lange wirksames Insulin verabreicht werden, falls es zu einer Verzögerung von > 24 h bis zur Wiederaufnahme des gewohnten Insulinplans kommt. Dieser Ansatz kann auch für insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker verwendet werden.

Einige Ärzte ziehen es vor, am Tag der Operation alle subkutane oder inhalierte Gaben von Insulin einzustellen und Insulin als IV Infusion zu geben. Für Patienten, die sich einem längeren Eingriff oder einer größeren Operation unterziehen müssen, ist eine kontinuierliche Insulin-Infusion vorzuziehen, zumal der Insulin-Bedarf aufgrund der Belastung durch die Operation steigen kann. Eine IV Insulin-Infusion kann gleichzeitig mit intravenöser Dextroselösung verabreicht werden, um den Blutzucker zu erhalten. Ein Ansatz besteht darin, Glukose, Insulin und Kalium in dem gleichen Beutel (GIK-Schema) zu kombinieren, zum Beispiel durch Kombinieren von 10% Dextrose mit 10 mEq (10 mmol) Kalium und 15 Einheiten von Insulin in einem 500-ml-Beutel. Das Insulin-Dosen werden in 5-Einheitsschritten eingestellt. Dieser Ansatz wird in vielen Institutionen wegen des häufigen erneuten Mischens und Wechselns von Beuteln, die zur Anpassung an den Blutzuckerspiegel des Patienten benötigt werden, nicht verwendet. Ein häufigerer Ansatz in den USA ist die Infusion von Insulin und Dextrose zu trennen. Insulin kann mit einer Rate von 1 bis 2 U/h mit 5% Dextrose Infusion bei 75 bis 150 ml/h infundiert werden. Die Insulin-Rate muss möglicherweise bei Patienten mit eher Insulin-sensitivem Typ-1-Diabetes verringert und bei Patienten mit eher Insulin-resistentem Typ- 2-Diabetes erhöht werden. Zehnprozentige Dextrose kann auch verwendet werden. Es ist wichtig, insbesondere bei Typ-1-Diabetes, die Insulin-Infusion fortzusetzen, um die Entwicklung von Diabetes-Ketoazidose zu vermeiden. Eine Insulin adsorption an Infusionsschläuche kann zu schwer vorhersehbaren Effekten führen. Es empfiehlt sich, die Infusionsschläuche zu Beginn der Therapie mit einer Insulinlösung vorzuspülen. In Deutschland wird den Infusionen ein Albuminzusatz zugegeben. Die Insulininfusion wird bis zur Verlegung auf die Station fortgeführt. Die Insulindosis richtet sich nach den im Aufwachraum erhobenen Blutzuckerwerten. Die Kontrolle der Blutzuckerwerte wird danach in 1- bis 2-h-Intervallen fortgesetzt.

Die überwiegende Anzahl der Patienten mit einem medikamentös eingestellten Typ-2-Diabetes hat bei Nüchternheit zufrieden stellende Glukosewerte und braucht in der perioperativen Phase kein Insulin. Die meisten oralen Medikamente, einschließlich Sulfonylharnstoffe und Metformin, sollten am Tag der Operation weggelassen werden; die Blutglukosewerte sollten prä- und postoperativ und dann alle 6 h, solange die Patienten eine IV Flüssigkeitstherapie bekommen, bestimmt werden. Wenn die Patienten wieder in der Lage sind zu essen, können orale Medikamente wieder eingenommen werden, aber Metformin sollte zurückgehalten werden, bis eine normale Nierenfunktion 48 Stunden nach der Operation bestätigt ist.

Screening auf Diabetes mellitus

Eine Untersuchung auf Diabetes mellitus sollte bei Menschen mit erhöhtem Risiko durchgeführt werden.

Diabetes-Typ-1

Personen mit einem hohen Risiko für einen Diabetes-Typ-1 (z. B. Geschwister oder Kinder eines Typ-1-Diabetikers) können auf die Präsenz von Antikörpern gegen Inselzellen oder gegen Glutamatdecarboxylase getestet werden. Das Vorhandensein dieser Antikörper geht dem klinischen Beginn der Krankheit voraus (1).

Diabetes Typ 2

Risikofaktoren für Diabetes Typ 2 sind

Bei Personen ≥ 35 Jahren und bei Erwachsenen mit den oben beschriebenen zusätzlichen Risikofaktoren sollte alle 3 Jahre auf Diabetes mit einem FPG-Wert, HbA1C oder einem 2-Stunden-Wert bei einem 75-g-OGTT untersucht werden, solange die Plasmaglukosewerte normal sind, und mindestens einmal jährlich, wenn die Ergebnisse auf beeinträchtigte Nüchternglukosewerte hinweisen (siehe Tabelle Diagnostische Kriterien für Diabetes mellitus und gestörten Glukosestoffwechsel).

Literatur zum Screening

  1. 1. Sims EK, Besser REJ, Dayan C, et al. Screening for Type 1 Diabetes in the General Population: A Status Report and Perspective. Diabetes 2022;71(4):610-623. doi:10.2337/dbi20-0054

Prävention von Diabetes mellitus

Diabetes-Typ-1

Derzeit gibt es keine Therapie, die Typ-1-Diabetes vollständig verhindern könnte.

Das Fortschreiten des Typ-1-Diabetes von der präklinischen zur symptomatischen Erkrankung kann durch eine pharmakologische Therapie verzögert werden. Teplizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der an CD3-Zelloberflächenantigene auf T-Zellen bindet, was zu einer Erhöhung des Anteils regulatorischer T-Zellen und erschöpfter CD8+T-Zellen führt und die Autoimmunreaktion, die zur Zerstörung der Beta-Zellen führt, abschwächt. In einer randomisierten Phase-2-Studie bei Menschen mit Diabetes-Typ-1 im Stadium 2 (Vorhandensein von 2 Autoantikörpern und erhöhtem Blutzucker ohne Symptome), die einen Verwandten mit Typ-1-Diabetes hatten (n = 76), führte die Anwendung von Teplizumab (14-Tage-Kurs) im Vergleich zu Placebo zu einer medianen Verzögerung von 24 Monaten bis zur Diagnose von Typ-1-Diabetes in der ersten Studie (1) und 33 Monaten in einer Follow-up-Studie (2). Darüber hinaus wurde in der Folgestudie nach durchschnittlich 923 Tagen bei den mit Teplizumab behandelten Teilnehmern im Vergleich zu Placebo seltener ein Typ-1-Diabetes im Stadium 3 diagnostiziert (22% gegenüber 50%).

Andere Behandlungen, die auf die autoimmune Entzündungsreaktion abzielen, darunter Azathioprin, Kortikosteroide und Cyclosporin, führen bei einigen Patienten zu einer Remission des frühen Typ-1-Diabetes, aber längerfristige Studien haben keinen Nutzen gezeigt (3).

Antithymozytenglobulin (ATG), TNF-alpha (Tumornekrosefaktor-alpha) -Inhibitoren und Abatacept (CTLA-4-Ig) haben einige vielversprechende Ergebnisse bei der Erhaltung der Beta-Zell-Funktion bei neu aufgetretenem Typ-1-Diabetes gezeigt und werden derzeit untersucht (3, 4). Einige Daten deuten darauf hin, dass Verapamil die Betazellfunktion bei Patienten mit neu diagnostiziertem Diabetes erhalten kann (5).

Diabetes Typ 2

Patienten mit einer verminderten Glukosetoleranz sollten eine eingehende Beratung hinsichtlich ihres Risikos, an einem Diabetes zu erkranken, und der Bedeutung von Lebensstiländerungen, die dies verhindern können, erhalten. Sie sollten eng für die Entwicklung von Diabetes Symptome oder erhöhte Plasma-Glukose überwacht werden. Ideale Nachkontrollintervalle sind nicht bestimmt worden, aber jährliche oder halbjährliche Kontrollen sind wohl angemessen.

Für den Diabetes-Typ-2 ist normalerweise eine Änderung der Lebensgewohnheiten eine wirksame Prävention. Bereits eine Gewichtsreduktion von 7% des Ausgangskörpergewichts in Kombination mit moderater körperlicher Aktivität (z. B. tägliches Laufen für 30 Minuten) kann die Inzidenz eines Diabetes bei Personen mit einem hohen Risiko um > 50% reduzieren (6).

Verschiedene Medikamente wurden zur Diabetesprävention untersucht, einschließlich Metformin, Acarbose, Liraglutid, Thiazolidindione, Valsartan, Testosteron, Orlistat und Phentermin/Topiramat. Metformin ist sicher und kosteneffizient und hat die beste Evidenz für die Prävention von Diabetes. Es kann in Betracht gezogen werden, wenn Ernährung und Lebensstil nicht erfolgreich sind, insbesondere bei Patientinnen, die ein hohes Risiko für die Entwicklung von Diabetes haben (BMI 35 oder Schwangerschaftsdiabetes in der Vorgeschichte) (7, 8).

Bei fettleibigen Patienten können Pharmakotherapie zur Gewichtsabnahme, medizinische Geräte und chirurgische Eingriffe zur Gewichtsabnahme als Ergänzung zu Diät und körperlicher Bewegung eingesetzt werden (siehe Gewichtsabnahme bei Diabetes). Die metabolische Chirurgie (bariatrische Chirurgie) senkt nachweislich das Risiko, an Diabetes zu erkranken (9).

Komplikationen

Das Risiko für Komplikationen eines Diabetes mellitus kann durch strenge Kontrolle der Blutglukosespiegel, definiert als HbA1C < 7%, und durch konsequente Therapie einer arteriellen Hypertonie und der Blutfettwerte gesenkt werden. Bei den meisten Patienten mit Diabetes sollte der Blutdruck bei < 130/80 mmHg gehalten werden, obwohl die Blutdruckziele unter Berücksichtigung der unerwünschten Wirkungen von blutdrucksenkenden Medikamenten individuell angepasst werden müssen. Spezifische Maßnahmen zur Verhinderung eines Fortschreitens bereits bestehender Komplikationen werden in dem Abschnitt Komplikationen und Therapie besprochen.

Literatur zur Prävention

  1. 1. Herold KC, Bundy BN, Long SA, et al. An Anti-CD3 Antibody, Teplizumab, in Relatives at Risk for Type 1 Diabetes [published correction appears in N Engl J Med 2020 Feb 6;382(6):586]. N Engl J Med 2019;381(7):603-613. doi:10.1056/NEJMoa1902226

  2. 2. Sims EK, Bundy BN, Stier K, et al. Teplizumab improves and stabilizes beta cell function in antibody-positive high-risk individuals. Sci Transl Med 2021;13(583):eabc8980. doi:10.1126/scitranslmed.abc8980

  3. 3. Martin S, Schernthaner G, Nerup J, et al. Follow-up of cyclosporin A treatment in type 1 (insulin-dependent) diabetes mellitus: lack of long-term effects. Diabetologia 1991;34(6):429-434. doi:10.1007/BF00403182

  4. 4. Nagy G, Szekely TE, Somogyi A, Herold M, Herold Z. New therapeutic approaches for type 1 diabetes: Disease-modifying therapies. World J Diabetes 2022;13(10):835-850. doi:10.4239/wjd.v13.i10.835

  5. 5. Forlenza GP, McVean J, Beck RW, et al. Effect of Verapamil on Pancreatic Beta Cell Function in Newly Diagnosed Pediatric Type 1 Diabetes: A Randomized Clinical Trial. JAMA 2023;329(12):990-999. doi:10.1001/jama.2023.2064

  6. 6. Knowler WC, Barrett-Connor E, Fowler SE, et al. Reduction in the incidence of type 2 diabetes with lifestyle intervention or metforminN Engl J Med 2002;346(6):393-403. doi:10.1056/NEJMoa012512

  7. 7. Hostalek U, Gwilt M, Hildemann S. Therapeutic Use of Metformin in Prediabetes and Diabetes Prevention. Drugs 2015;75(10):1071-1094. doi:10.1007/s40265-015-0416-8

  8. 8. American Diabetes Association: Standards of Medical Care in Diabetes. Diabetes Care 46 (Supplement 1): 1-291, 2023.

  9. 9. Sjostrom L, Lindroos AK, Peltonen M, et al. Lifestyle, diabetes, and cardiovascular risk factors 10 years after bariatric surgery. N Engl J Med 2004;351(26):2683-2693. doi:10.1056/NEJMoa035622

Wichtige Punkte

  • Typ-1-Diabetes wird durch eine fehlende Produktion von Insulin aufgrund einer Autoimmun-vermittelten Entzündung in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse verursacht.

  • Diabetes-Typ-2 verursacht durch hepatische Insulinresistenz (was dazu führt, dass die hepatische Glukoseherstellung nicht unterdrückt werden kann) und die perphere Insulinresistenz (welche die periphere Glukoseaufnahme beeinträchtigt) in Kombination mit einem sekretorischen Defekt der Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse.

  • Die Diagnose wird anhand eines erhöhten Nüchtern-Plasmaglukosespiegels und/oder eines erhöhten Hämoglobin-A1C-Wertes und/oder eines erhöhten 2-Stunden-Wertes beim oralen Glukosetoleranztest gestellt.

  • Regelmäßige Kontrollen auf Komplikationen sind erforderlich.

  • Zu den microvaskulären Komplikationen gehören Nephropathie, Neuropathie und Retinopathie.

  • Zu den makrovaskulären Komplikationen gehört die Atherosklerose, welche zu koronaren Herzkrankheiten, transitorischen ischämischen Attack/Schlaganfall und peripherer arterieller Insuffizienz führt.

  • Mit Diät, Bewegung, Gewichtsabnahme und Insulin und/oder oralen injizierbaren Antihyperglykämika behandeln.

  • Häufig werden Renin-Angiotensin-Aldosteron-Blocker und Statine verabreicht, um Komplikationen zu verhindern.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. American Diabetes Association: Standards of Medical Care in DiabetesDiabetes Care 46 (Supplement 1): 1-291, 2023.

  2. Davies MJ, Aroda VR, Collins BS, et al. Management of Hyperglycemia in Type 2 Diabetes, 2022. A Consensus Report by the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD). Diabetes Care 2022;45(11):2753-2786. doi:10.2337/dci22-0034

  3. Endocrine Society: Clinical Practice Guidelines: provides guidelines on evaluation and management of patients with diabetes as well as links to other information for clinicians

  4. Holt RIG, DeVries JH, Hess-Fischl A, et al: The management of type 1 diabetes in adults. A consensus report by the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD). Diabetologia 64(12):2609–2652, 2021. doi: 10.1007/s00125-021-05568-3

  5. Powers MA, Bardsley JK, Cypress M, et al. Diabetes Self-management Education and Support in Adults With Type 2 Diabetes: A Consensus Report of the American Diabetes Association, the Association of Diabetes Care & Education Specialists, the Academy of Nutrition and Dietetics, the American Academy of Family Physicians, the American Academy of PAs, the American Association of Nurse Practitioners, and the American Pharmacists Association. Diabetes Care 2020;43(7):1636-1649. doi:10.2337/dci20-0023