Die familiäre periodische Lähmung ist eine seltene erbliche Erkrankung, die zu plötzlichen Schwäche- und Lähmungsattacken führt. Es gibt 4 verschiedene Formen, die Anomalien in der Art wie die Elektrolyten, z. B. Natrium und Kalium, in und aus Zellen transportiert werden, umfassen.
Die Muskeln reagieren nicht normal auf Stimulation, wenn der Blutkaliumspiegel zu hoch oder zu niedrig ist.
Die Schwächeanfälle ereignen sich periodisch und betreffen hauptsächlich die Gliedmaßen. Häufig werden sie durch sportliche Betätigung oder durch Zuführen von zu vielen oder zu wenigen Kohlenhydraten ausgelöst.
Die Diagnose wird auf Basis der Symptome, einer Untersuchung des Kaliumspiegels im Blut sowie der Ergebnisse eines Belastungstests gestellt.
Anfällen kann effektiv vorgebeugt werden, indem Auslöser vermieden und Medikamente eingenommen werden.
Attacken der familiären periodische Lähmung treten aufgrund von Kaliumwerten im Blut der betroffenen Person auf. Kalium ist ein Elektrolyt und wichtig für die normale Funktion von Zellen, Nerven und Muskeln (siehe Überblick über die Funktion von Kalium im Körper). Während eines Lähmungsanfalls reagieren die Muskeln nicht auf normale Nervenimpulse und auch nicht auf eine künstliche Reizung mit elektrischen Apparaten.
Die familiäre periodische Lähmung ist autosomal-dominant, d. h., dass nur ein Elternteil benötigt wird, um die Erkrankung weiterzuvererben.
Die genaue Ausprägung des Krankheitsbilds unterscheidet sich von Familie zu Familie. Es gibt 4 Formen:
Hypokaliämisch
Hyperkaliämisch
Thyreotoxisch
Andersen-Tawil-Syndrom
Bei der hypokaliämischen periodischen Paralyse wird die Lähmung durch einen zu niedrigen Blutkaliumspiegel (Hypokaliämie) ausgelöst.
Bei der hyperkaliämischen periodischen Paralyse wird die Lähmung durch einen zu hohen Blutkaliumspiegel (Hyperkaliämie) ausgelöst.
Bei der thyreotoxischen periodischen Paralyse wird die Lähmung durch zu niedrige Blutkaliumspiegel ausgelöst, während die Betroffenen zusätzlich Anzeichen einer Überfunktion der Schilddrüse zeigen (Hyperthyreose).
Beim Andersen-Tawil-Syndrom kann der Blutkaliumspiegel hoch, niedrig oder normal sein.
Symptome der familiären periodischen Lähmung
Während eines Schwächeanfalls ist die Person vollkommen wach und aufmerksam. Die Muskeln des Auges und des Gesichts sind nicht betroffen. Die Schwäche kann nur bestimmte Muskeln oder alle 4 Gliedmaßen betreffen.
Hypokaliämische periodische Paralyse
Bei dieser Form treten die Anfälle in der Regel vor Vollendung des 16. Lebensjahrs zum ersten Mal auf, sie können aber auch erst im Alter zwischen 20 und 30 erstmals auftreten. Die Anfälle dauern bis zu 24 Stunden lang.
Oft wacht die Person nach intensiver körperlicher Betätigung am nächsten Tag mit einem Schwächeanfall auf. Die Schwäche kann auch gering ausgeprägt und auf bestimmte Muskelgruppen beschränkt sein, oder aber alle 4 Gliedmaßen betreffen. Auch die Aufnahme von kohlenhydratreichen Mahlzeiten (manchmal Stunden oder sogar einen Tag zuvor), emotionale oder physische Belastung, Alkoholkonsum und Kälte können Attacken auslösen. Durch die Aufnahme von Kohlenhydraten und intensive körperliche Betätigung gelangt Zucker in die Zellen. Das Kalium bewegt sich mit dem Zucker, was bedeutet, dass der Kaliumspiegel im Blut und im Urin sinkt.
Hyperkaliämische periodische Paralyse
Bei dieser Form beginnen die Anfälle oft im Alter von 10 Jahren. Die Anfälle dauern zwischen 15 Minuten und 1 Stunde. Die Schwäche ist in der Regel weniger ausgeprägt als bei der hypokaliämischen Form. Fasten, Ausruhen direkt nach körperlicher Betätigung oder körperliche Betätigung nach dem Essen können eine Attacke auslösen.
Häufig tritt Myotonie auf (sehr steife Muskeln, da die Muskeln nach dem Entspannen nur verzögert wieder entspannt werden können). Eine Myotonie der Augenlider kann das einzige Symptom sein.
Thyreotoxische periodische Paralyse
Bei dieser Form dauern die Anfälle Stunden bis Tage lang und werden in der Regel durch körperliche Betätigung, Stress oder die Zufuhr von kohlenhydratreichen Nahrungsmitteln ausgelöst, ähnlich wie bei der hypokaliämischen Form.
Die Betroffenen leiden an Symptomen einer Schilddrüsenüberfunktion, wie Unruhe, Zittern, Herzklopfen und Wärmeempfindlichkeit.
Andersen-Tawil-Syndrom
Bei dieser Form treten die Schwächeanfälle in der Regel vor dem 20. Lebensjahr erstmals auf und werden durch Ausruhen direkt nach körperlicher Betätigung ausgelöst. Die Episoden können mehrere Tage andauern und monatlich auftreten.
Menschen mit dieser Form der Krankheit leiden oft auch noch an anderen Erkrankungen, etwa einer abnormal gekrümmten Wirbelsäule (Skoliose), verwachsenen Zehen (Syndaktylie), einer anormalen Stellung der Finger (Klinodaktylie), einem schwach ausgeprägten Kinn (Mikrognathie) oder tiefsitzenden Ohren. Herzanomalien können zu Herzrhythmusstörungen führen und das Risiko für plötzlichen Tod erhöhen.
Diagnose der familiären periodischen Lähmung
Beschreibung eines Anfalls
Niedriger Kaliumspiegel im Blut während des Anfalls
Belastungstest
Genetische Untersuchung
Die Diagnose der familiären periodischen Lähmung lässt sich am besten aufgrund der Beschreibung eines typischen Anfalls durch den Patienten stellen. Sofern möglich, nimmt der Arzt während einer Attacke Blut ab, um den Kaliumspiegel zu bestimmen. Bei einem auffälligen Kaliumspiegel werden in der Regel zusätzliche Tests durchgeführt, um sicherzugehen, dass der anormale Wert keine anderen Ursachen hat.
In der Vergangenheit stützten sich die Ärzte für die Diagnose auf Provokationstests. Bei einem Provokationstest gibt der Arzt einem Patienten intravenös Medikamente, um den Kaliumspiegel im Blut zu erhöhen oder zu senken und zu beobachten, ob dadurch ein Anfall provoziert oder ausgelöst wird. Provokationstests können jedoch schwere Nebenwirkungen wie eine Lähmung der Atemmuskulatur oder Herzrhythmusstörungen verursachen. Daher wurden die Provokationstests durch einen sichereren Belastungstest ersetzt.
Beim Belastungstest muss der Patient 2 bis 5 Minuten lang einen einzelnen Muskel intensiv belasten, damit festgestellt werden kann, ob dies die Muskelschwäche auslöst. Der Arzt zeichnet die elektrische Aktivität des Muskels vor und nach der Belastung auf, um festzustellen, ob er betroffen war.
Genetische Untersuchungen können durchgeführt werden, um Mutationen der betroffenen Gene zu identifizieren.
Behandlung und Vorbeugung
Abhängig von der Form
Hypokaliämische periodische Paralyse
Betroffene mit dieser Form können während eines Anfalls eine ungezuckerte Kaliumchloridlösung zu sich nehmen oder injiziert bekommen. Meist bessern sich die Symptome daraufhin innerhalb einer Stunde erheblich.
Betroffene mit der hypokaliämischen Form sollten kohlenhydrat- und salzreiche Mahlzeiten, Alkoholkonsum nach Ruhephasen und anstrengende körperliche Tätigkeiten vermeiden. Acetazolamid, ein Medikament, das den Säuregrad des Blutes beeinflusst, kann dazu beitragen, Anfälle zu verhindern.
Hyperkaliämische periodische Paralyse
Betroffene mit dieser Form können einen leichten Anfall durch geringfügige körperliche Betätigung und eine kohlenhydratreiche Mahlzeit aufhalten. Wenn der Anfall weiterhin andauert, können Medikamente (wie Thiaziddiuretika oder inhaliertes Salbutamol) zu einer Senkung des Kaliumspiegels beitragen. Bei starken Attacken verabreichen Ärzte intravenös Kalzium oder Insulin und Glukose.
Betroffene können Attacken vorbeugen, indem sie häufig kohlenhydratreiche und kaliumarme Mahlzeiten zu sich nehmen. Zudem sollten sie Fasten, anstrengende körperliche Tätigkeiten nach dem Essen und Kälte meiden.
Thyreotoxische periodische Paralyse
Bei Betroffenen mit dieser Form wird Kaliumchlorid verabreicht (wie bei der hypokaliämischen Form) und der Blutkaliumspiegel während heftiger Anfälle streng ärztlich überwacht.
Um Anfälle zu verhindern, werden den Betroffenen Medikamente für die richtige Funktion ihrer Schilddrüse und Betablocker (wie etwa Propranolol) verordnet.
Andersen-Tawil-Syndrom
Menschen mit dieser Form können Anfälle durch eine Anpassung ihres Lebensstils verhindern, z. B., indem sie das Maß der körperlichen Betätigung in Grenzen halten und Acetazolamid einnehmen.
Manche Betroffene brauchen gegebenenfalls einen Herzschrittmacher oder einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator, um ihre Herzsymptome unter Kontrolle zu halten und das Risiko für einen plötzlichen Tod zu senken.
Weitere Informationen
Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.
Muscular Dystrophy Association: Information on research, treatment, technology, and support for people living with a periodic paralysis