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Sexualität und Geschlecht bei Jugendlichen

VonSarah M. Bagley, MD, MSc, Boston University Chobanian & Avedisian School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Nov. 2024
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Der Beginn der Geschlechtsreife (Pubertät) wird in der Regel mit dem Interesse an der Veränderung der geschlechtlichen Anatomie begleitet. Diese Veränderungen, oder auch ihr Ausbleiben, sind ein Quell ständiger Verunsicherung und Sorge. Mit zunehmender emotionaler und sexueller Reife beginnt der Jugendliche meist auch, seine ersten sexuellen Erfahrungen zu sammeln. Selbstbefriedigung kommt bei Jugendlichen häufig vor. Die sexuellen Erfahrungen mit anderen beginnen zunächst meist mit Schmusen und „Petting“, werden aber manchmal zum oralen, vaginalen oder analen Geschlechtsverkehr erweitert. In der späten Adoleszenz hat sich Sexualität aus dem Experimentierstadium möglicherweise zu einem Ausdruck inniger Vertrautheit und Zweisamkeit weiterentwickelt.

Im Idealfall haben Jugendliche Kontakt zu einem Erwachsenen (wie einem Elternteil, Lehrer oder einer medizinischen Fachkraft), bei dem sie sich wohlfühlen und an den sie sich wenden können, um Antworten auf Fragen in Bezug auf Sorgen oder Missverständnisse bezüglich der Sexualität zu erhalten. Weitere Themen, über die Jugendliche sprechen möchten, sind u. a. Körperbild, Anatomie, Menstruation, Selbstbefriedigung, Erektionen, nächtlicher Samenerguss (auch als „feuchte Träume“ oder Schlaforgasmen bezeichnet), Orgasmus und sexuelle Praktiken. Diese Gespräche können auf sie beruhigend wirken, wenn Jugendlichen etwas peinlich ist oder sie sich fragen, ob sie normal sind.

Jugendliche benötigen vertrauenswürdige Informationsquellen über die sexuelle Gesundheit. Sie benötigen Beratung und Anleitung dafür, wie sie gesunde Beziehungen aufbauen und riskante Situationen vermeiden können. Zu den Problemen in Bezug auf Informationsquellen zu sexueller Gesundheit, Beziehungen oder Erfahrungen zählen:

  • Fördern einer gesunden sexuellen Einstellung und Liebesbeziehung

  • Erkennen und Vermeiden von irreführenden oder potenziell schädlichen Informationsquellen (z. B. einige soziale Medien oder Internetquellen oder Pornographie)

  • Kommunikation und Begegnung mit potenziellen Sextätern

  • Sich genötigt fühlen, sexuelle Bilder von sich selbst zu teilen oder versehentlich zu teilen (Sexting)

  • Sich zur sexuellen Aktivität genötigt fühlen

  • Psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt zwischen Intimpartnern

  • Sexueller Missbrauch durch Bekannte oder Fremde

Medizinische Fachkräfte sollten im Rahmen einer routinemäßigen Gesundheitsversorgung entsprechende Ratschläge zum „safer Sex“ geben und alle sexuell aktiven Jugendlichen auf sexuell übertragbare Infektionen untersuchen. Sie sollten auch Informationen über Verhütung und Schwangerschaft bereitstellen.

Es gibt kaum eine andere Erfahrung, bei der ein Mensch körperliche, kognitive und emotionale Aspekte zusammen mit all den Gefühlen und Erfahrungen, die noch dazu kommen, so intensiv erlebt, wie bei der Sexualität. Daher ist es so wichtig, Jugendlichen dabei zu helfen, Sexualität, sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität durch Aufklärung und ein Gespräch über sexuelle Gesundheit in einen gesunden Zusammenhang zu bringen. Eltern sollten ihre Werte und Erwartungen offen mit den Jugendlichen besprechen und im Verlauf der Entwicklung der Sexualität und Geschlechtsidentität ihres Kindes empfänglich und unterstützend bleiben.

Sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität bei Jugendlichen

Sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität sind für viele Jugendliche ein Schwerpunkt.

Einige Definitionen zur Geschlechtsidentität umfassen Folgendes:

  • Biologisches Geschlecht bezieht sich auf biologische Merkmale (wie Genitalien, Chromosomen und Hormone), die zur Kategorisierung von männlichem oder weiblichem Geschlecht herangezogen werden. (In seltenen Fällen werden Menschen mit uneindeutigen Geschlechtsorganen geboren, die sowohl männliche als auch weibliche Merkmale umfassen, was Intergeschlechtlichkeit genannt wird.) Wenn eine Person Transgender ist, wird ein Satz verwendet, um sich auf ihr Geburtsgeschlecht zu beziehen, und zwar „Geschlecht bei der Geburt zugewiesen“. Eine Person kann bei Geburt als „männlich“ (männlich bei Geburt, AMAB) oder als „weiblich“ (weiblich bei Geburt, AFAB) eingestuft werden.

  • Geschlechtsidentität ist die Art und Weise, wie Menschen sich selbst sehen, ob männlich, weiblich oder als anderes Geschlecht, das dem bei Geburt festgestellten Geschlecht entsprechen kann, aber nicht muss. Beispiele für Geschlechtsidentitäten sind transgender, genderqueere, nichtbinäre Geschlechtsidentitäten und andere Geschlechtsidentitäten.

  • Der Geschlechtsausdruck ist die Art und Weise, in der sich in Bezug auf sein Geschlecht öffentlich präsentiert. Dazu kann auch die Art und Weise gehören, wie Menschen sich anziehen, sprechen oder ihre Haare tragen.

  • Genderinkongruenz bedeutet die intensive und anhaltende Nichtübereinstimmung zwischen der eigenen Geschlechtsidentität einer Person und dem Geschlecht, das ihr basierend auf dem biologischen Geschlecht bei ihrer Geburt zugewiesen wurde.

  • Geschlechtsdysphorie wird diagnostiziert, wenn bei einer Person mit Genderinkongruenz erhebliche psychische Belastung (wie Depressionen oder Angstzustände) oder eine Funktionsbeeinträchtigung im Zusammenhang mit der Genderinkongruenz auftritt.

  • Sexuelle Orientierung ist ein Muster emotionaler, romantischer und/oder sexueller Anziehung, die Menschen gegenüber anderen haben.

Die Geschlechtsidentität entwickelt sich früh, oft vor der Pubertät. Bei manchen Kindern und Jugendlichen stimmt das Geschlecht, das ihnen bei Geburt zugeschrieben wurde, nicht mit ihrer Geschlechtsidentität überein. Diese Unstimmigkeit kann erhebliche psychische Belastung verursachen, die als Geschlechtsdysphorie bekannt ist. Die Behandlung einer Geschlechtsdysphorie kann Psychotherapie, Hormone und eine Operation umfassen.

Manche Jugendliche fühlen sich wohl dabei, ihre sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität zu erforschen, während andere unsicher sind und Angst davor haben, Freunden oder Familienmitgliedern über ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität zu erzählen. Es kann sein, dass sie in Bezug auf ihre Gefühle nicht sicher sind. Aber häufig fühlen sich Jugendliche zu Menschen desselben oder anderen Geschlechts hingezogen oder haben sexuelle Gedanken über sie.

Homosexualität, Bisexualität und Asexualität sind normale Varianten der menschlichen Sexualität.

Einige Jugendliche können während der Entwicklung ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität vor viele Herausforderungen gestellt sein. Sie fürchten möglicherweise, nicht akzeptiert zu werden. Solche Ängste (vor allem zu einer Zeit, da soziale Akzeptanz für den jungen Menschen unerhört wichtig ist) können starken Stress verursachen. Die manchmal durchaus berechtigte Angst, die Eltern könnten sich abwenden, kann zu einer unaufrichtigen oder zumindest unvollständigen Kommunikation zwischen Eltern und Kind führen. In einigen Fällen werden diese Jugendlichen von Gleichaltrigen gemobbt. Androhungen körperlicher Gewalt sollten durchaus ernst genommen und der Schulleitung und anderen Behörden mitgeteilt werden. Die emotionale Entwicklung dieser Jugendlichen wird am besten durch eine unterstützende Gemeinschaft mit Freunden und Familienmitgliedern gefördert.

Sexuell übertragbare Infektionen bei Jugendlichen

In den USA sind die Raten bestimmter sexuell übertragbarer Infektionen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen höher. Beispielsweise sind die Raten von Infektionen mit Chlamydien und Gonorrhö bei Frauen im Jugend- und jungen Erwachsenenalter am höchsten. Viele Menschen ziehen sich während dieser Zeit eine Infektion mit dem humanen Papillomavirus (HPV) zu.

Jugendliche, die bereits im frühen Jugendalter Geschlechtsverkehr haben, tragen ein höheres Risiko für eine sexuell übertragbare Infektion. Andere Jugendliche mit einem höheren Risiko für sexuell übertragbare Infektionen sind die Folgenden:

  • Personen, die in einer Strafanstalt leben

  • Personen, die Leistungen in Zentren für sexuelle Gesundheit erhalten

  • Frauen, die Sexarbeiterinnen sind oder mit Sex ihren Lebensunterhalt bestreiten und Sex gegen Drogen, Geld, Essen oder Wohnraum tauschen

  • Junge Männer, die Geschlechtsverkehr mit Männern haben (YMSM)

  • Jugendliche, die transgender sind

  • Jugendliche mit Behinderungen, Substanzmissbrauch oder psychischen Gesundheitsproblemen

  • Frauen, die ungeschützt Geschlechtsverkehr haben

Weitere Risikofaktoren umfassen Verkehr mit mehreren Sexualpartnern, mangelnde Aufklärung über sichere Sexualpraktiken, ungeschützter Geschlechtsverkehr (nicht konsequent und korrekt verwendete Kondome), niedrigerer sozioökonomischer Status und fehlender Zugang zu Gesundheitsleistungen. (Siehe auch Überblick über sexuell übertragbare Infektionen.)

Medizinische Fachkräfte können Jugendlichen Informationen darüber geben, wie sie sexuell übertragbare Infektionen erkennen, verhindern und behandeln können. Sie untersuchen auch Jugendliche auf sexuell übertragbare Infektionen.