Nekrotisierende Enterokolitis (NEC)

VonJaime Belkind-Gerson, MD, MSc, University of Colorado
Überprüft/überarbeitet Okt. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN
Kurzinformationen

Bei der nekrotisierenden Enterokolitis (Necrotizing Enterocolitis, NEC) handelt es sich um eine Verletzung der Darmschleimhaut. Diese Störung tritt meist bei sehr unreifen und/oder kranken Neugeborenen auf.

  • Der Bauch kann geschwollen sein, es kann Blut im Stuhl enthalten sein und das Neugeborene kann eine grünliche, gelbe oder rostfarbene Flüssigkeit erbrechen und sehr krank und apathisch wirken.

  • Die Diagnose wird durch Röntgenaufnahmen des Bauches bestätigt.

  • Zur Behandlung gehören: Aussetzen der Fütterung, Einführen eines Unterdruckschlauchs in den Magen, um den Druck durch Entnahme von Mageninhalten abzubauen, und Gabe von intravenösen, antibiotischen Flüssigkeiten.

  • In schweren Fällen ist eine Operation notwendig, um den geschädigten Darm zu entfernen.

  • Ungefähr 70 bis 80 Prozent der Neugeborenen, die an dieser Störung leiden, überleben.

Über 90 Prozent der Fälle mit nekrotisierender Enterokolitis treten bei Frühgeborenen (unreifen Säuglingen) auf. Die nekrotisierende Enterokolitis kann in Clustern oder als Ausbrüche auf Neugeborenen-Intensivstationen (Neonatal Intensive Care Unit, NICUs) auftreten. Manchmal können diese Ausbrüche mit bestimmten Bakterien in Verbindung gebracht werden (wie z. B. E. coli), aber oft ist die Ursache unbekannt.

Die Gründe für die nekrotisierende Enterokolitis sind noch nicht vollständig erforscht, aber sie steht zum Teil mit niedrigen Sauerstoffspiegeln im Blut in Zusammenhang. Ist der Darm beim kranken Frühgeborenen mangelhaft durchblutet, kann die Darminnenwand geschädigt werden. Durch die Verletzung können Bakterien, die normalerweise nur im Darm vorkommen, durch die beschädigte Darmwand in den Blutkreislauf des Säuglings gelangen und zu einer Infektion (Sepsis) und manchmal sogar zum Tod führen. Wenn bei fortschreitender Erkrankung schließlich die gesamte Darmwand geschädigt ist und die Darmwand einreißt (perforiert), ergießt sich der Darminhalt in die Bauchhöhle und verursacht eine Entzündung und gewöhnlich eine Infektion der Bauchhöhle sowie des Bauchfells (Bauchfellentzündung/Peritonitis).

Risikofaktoren für eine nekrotisierende Enterokolitis

Neben einer Frühgeburt sind andere Risikofaktoren:

  • Vorzeitiger Blasensprung (Die Fruchtblase der Mutter platzt mehr als 12 Stunden vor Beginn der Wehen): Das austretende Fruchtwasser kann zu einer Infektion des Fötus führen.

  • Störung der Bakterien, die im Verdauungssystem leben: Eine Behandlung mit Antibiotika oder säurebindenden Medikamenten kann das Wachstum von potenziell schädlichen Bakterien begünstigen, die in den Darm eindringen können.

  • Perinatale Asphyxie: Diese Erkrankung geht mit einer Absenkung des Blutkreislaufs zum Gewebe des Babys oder einem Abfall des Sauerstoffgehalts im Blut des Neugeborenen während und nach der Entbindung einher.

  • Herzerkrankung bei Geburt (angeborene Herzfehler): Angeborene Fehlbildungen des Herzens können die Durchblutung des Blutes oder den Sauerstoffgehalt im Blut beeinträchtigen.

  • Anämie (niedrige Anzahl roter Blutkörperchen): Bei einer Anämie kann das Blut des Neugeborenen Probleme damit haben, ausreichend Sauerstoff zu transportieren.

  • Austauschtransfusion: Bei diesem Verfahren wird das Blut des Neugeborenen entfernt und ersetzt, was die Durchblutung der Organe beeinträchtigen kann.

  • Für das Schwangerschaftsalter zu klein (Small for gestational age, SGA)

  • Fütterung mit Säuglingsnahrung: Muttermilch enthält Substanzen, die helfen, die Wände des Verdauungstrakts schützen, und die in Säuglingsnahrung nicht enthalten sind.

Symptome einer nekrotisierenden Enterokolitis

Bei Neugeborenen, die an nekrotisierender Enterokolitis leiden, kann es zum Anschwellen des Bauchs und Ernährungsproblemen kommen. Sie können blutige oder grün oder gelb gefärbte Flüssigkeit erbrechen und unter Umständen ist Blut im Stuhl sichtbar.

Diese Neugeborenen erscheinen schnell sehr krank und teilnahmslos (lethargisch), haben eine niedrige Körpertemperatur und wiederholte Atemaussetzer (Apnoe).

Eine Verengung des Darms (Darmstriktur) ist die häufigste Langzeit-Komplikation der nekrotisierenden Enterokolitis.

Diagnose einer nekrotisierenden Enterokolitis

  • Röntgenaufnahmen des Bauchraums

  • Ultraschall

  • Bluttests

Die Diagnose nekrotisierende Enterokolitis wird bestätigt durch Röntgenaufnahmen des Bauchs, auf denen Gas zu sehen ist, das sich in der Darmwand gebildet hat (Pneumatosis intestinalis genannt), oder auf denen freie Luft (Luft außerhalb des Magen-Darm-Trakts) erkennbar ist, wenn die Darmwand perforiert wurde. Der Arzt kann auch eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums durchführen, um die Dicke der Darmwand zu messen, auf Gasansammlungen im Darm (Pneumatosis intestinalis) zu prüfen und die Durchblutung zu untersuchen.

Es werden Blutproben genommen, um nach Bakterien und anderen Anomalien zu suchen (zum Beispiel eine hohe Anzahl weißer Blutkörperchen).

Manchmal wird Blut im Stuhl gefunden.

Behandlung einer nekrotisierenden Enterokolitis

  • Die Ernährung wird eingestellt.

  • Intravenös verabreichte Nahrung, Flüssigkeiten und Antibiotika

  • Manchmal operative Eingriffe

Neugeborene mit nekrotisierender Enterokolitis bleiben im Krankenhaus und werden auf der Neugeborenen-Intensivstation (NICU) behandelt.

Bei Säuglingen mit nekrotisierender Enterokolitis werden die Fütterungen sofort eingestellt. Es wird ein Absaugröhrchen in den Magen des Säuglings geleitet, um seinen Inhalt abzusaugen, sodass der Druck verringert und dem Erbrechen vorgebeugt wird. Nahrung und Flüssigkeit wird intravenös zugeführt, um die Flüssigkeits- und Nährstoffzufuhr zu gewährleisten und dem Darm Zeit zum Abheilen zu geben. Zur Behandlung der Infektion werden intravenös Antibiotika verabreicht.

Über 75 Prozent der Neugeborenen mit nekrotisierender Enterokolitis müssen nicht operiert werden. Liegt allerdings eine Perforation des Darms vor oder ist ein Teil des Darms sehr geschädigt, ist eine Operation unumgänglich. Dazu gehört das Entfernen des Darmabschnitts, der nicht mit genug Blut versorgt wurde. Die Endabschnitte des gesunden Darms werden an die Hautoberfläche angeschlossen und bilden hier einen vorübergehenden künstlichen Darmausgang, aus dem sich der Darm entleeren kann (Stoma). Später, wenn der Säugling wieder gesund ist, werden die Darmenden wieder zusammengefügt und der Darm wird in die Bauchhöhle zurückverlegt.

Bei sehr kleinen (etwa ein Pfund schwer, oder weniger als 600 Gramm) oder sehr kranken Säuglingen, die eine langwierige Operation vielleicht nicht überstehen würden, wird beidseitig auf Höhe des Unterbauchs eine Peritonealdrainage in die Bauchhöhle gelegt. Peritonealdrainagen erlauben die Ableitung infizierten Materials aus der Bauchhöhle und können Symptome lindern. Dieses Verfahren hilft, die Neugeborenen soweit zu stabilisieren, dass sie später, wenn ihr Zustand nicht mehr kritisch ist, operiert werden können. In manchen Fällen erholen sich die Neugeborenen von allein, sodass auf eine weitere Operation verzichtet werden kann.

Prognose zu NEC

Die derzeitigen medizinischen und operativen Behandlungen haben die Prognose für Neugeborene mit nekrotisierender Enterokolitis verbessert. Ungefähr 70 bis 80 Prozent der betroffenen Neugeborenen überleben.

Bei 10 bis 36 Prozent der Säuglinge, die einen ersten Fall von nekrotisierender Enterokolitis überleben, treten Verengungen (Strikturen) auf, die zumeist 2 bis 3 Monate später Symptome verursachen. Manchmal müssen die Verengungen operativ korrigiert werden.

Das Kurzdarmsyndrom (eine Erkrankung, die zu Durchfall und schlechter Nährstoffaufnahme [Malabsorption] führt) entwickelt sich bei etwa 10 Prozent der Säuglinge, bei denen eine nekrotisierende Enterokolitis aufgetreten war.

Vorbeugung gegen NEC

Die Ernährung des unreifen Neugeborenen mit Muttermilch anstelle von Säuglingsnahrung scheint einen gewissen Schutz gegen nekrotisierende Enterokolitis darzustellen. Zusätzlich sollte das Krankenhauspersonal dem Säugling nach Möglichkeit keine hoch konzentrierte Säuglingsnahrung geben und Maßnahmen gegen zu niedrige Sauerstoffspiegel im Blut des Säuglings ergreifen. Dem Säugling sollten nach Möglichkeit auch keine Antibiotika und säurebindenden Medikamente verabreicht werden.

Es bestehen Nachweise, dass Probiotika (gute Bakterien) die Vorbeugung unterstützen, aber diese Therapie wird noch untersucht.

Schwangere Frauen mit einem Risiko für eine Frühgeburt können Kortikosteroide erhalten, um eine nekrotisierende Enterokolitis verhindern zu helfen.