Störungen bei älteren Erwachsenen

VonRichard G. Stefanacci, DO, MGH, MBA, Thomas Jefferson University, Jefferson College of Population Health
Überprüft/überarbeitet Apr. 2024
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

    Manche Erkrankungen treten fast ausschließlich bei älteren Erwachsenen auf. (Siehe auch Übersicht über Alterserscheinungen). Sie werden manchmal als geriatrische Syndrome bezeichnet (Geriatrie bezieht sich auf die medizinische Versorgung von älteren Erwachsenen).

    Andere Krankheiten betreffen zwar Menschen jeden Alters, rufen aber bei älteren Erwachsenen unter Umständen andere Symptome oder Komplikationen hervor. Einige Beispiele:

    • Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreoidismus): Jüngere Menschen nehmen für gewöhnlich an Gewicht zu und fühlen sich träge. Bei älteren Erwachsenen kann das erste und hauptsächliche Anzeichen Verwirrtheit sein.

    • Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreoidismus): Jüngere Menschen werden für gewöhnlich unruhig und verlieren an Gewicht. Im Gegensatz dazu können ältere Erwachsene schläfrig, verschlossen, depressiv und verwirrt werden.

    • Depression: Jüngere Menschen mit einer Depression ziehen sich für gewöhnlich zurück, weinen und sind ganz offensichtlich unglücklich. Ältere Erwachsene hingegen wirken manchmal gar nicht unglücklich. Sie werden stattdessen verwirrt, vergesslich und teilnahmslos, verlieren das Interesse an ihren üblichen Aktivitäten oder scheinen einsam zu sein.

    • Herzinfarkt: Jüngere Menschen leiden für gewöhnlich an Schmerzen in der Brust. Ältere Erwachsene haben eventuell keine Schmerzen in der Brust, können jedoch Atembeschwerden oder Bauchschmerzen haben. Sie können eventuell übermäßig stark schwitzen, sich plötzlich müde fühlen, das Bewusstsein verlieren oder verwirrt werden.

    • Magen- oder Darmperforation: Ein Organ im Verdauungstrakt, z. B. der Magen oder der Darm, reißt gelegentlich ein (perforiert), was zu einer ausgedehnten, schwerwiegenden Infektion in der Bauchhöhle führt. Jüngere Menschen haben starke Bauchschmerzen und Fieber und der Bauch fühlt sich fest an. Bei älteren Erwachsenen treten hingegen eventuell keine dieser Symptome auf. Stattdessen werden sie verwirrt oder fühlen sich sehr schwach.

    Die Verwirrtheit infolge dieser Krankheiten wird bei älteren Erwachsenen oft als Demenz fehlgedeutet.

    Ältere Erwachsene leiden häufig an mehreren Erkrankungen gleichzeitig. Jede Erkrankung kann sich auf eine andere auswirken. Beispielsweise verschlechtert sich eine Demenz, wenn Depressionen hinzukommen, und eine Infektion kann einen Diabetes verschlimmern.

    Allerdings haben Erkrankungen nicht mehr die gleichen verheerenden oder unfähig machenden Auswirkungen, die sie früher auf ältere Erwachsene hatten. Erkrankungen wie Herzinfarkt, Hüftfrakturen und Lungenentzündung, die bei älteren Erwachsenen früher meist tödlich verliefen, lassen sich heute oft gut behandeln und kontrollieren. Durch eine Behandlung können viele Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Nierenerkrankungen und koronarer Herzkrankheit weiterhin funktionstüchtig, aktiv und unabhängig bleiben.

    Tabelle
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    Auf der Suche nach dem Jungbrunnen

    Jeder möchte gern wissen, wie man jung bleibt und länger lebt. Forscher untersuchen Gene, Zellen, Hormone, Essverhalten und andere Faktoren auf Anhaltspunkte für die Ursache des Alterns und wie man es verhindern oder verlangsamen kann. Bisher hat die Forschung drei Strategien identifiziert, die Menschen helfen können, länger zu leben:

    Körperlich aktive Menschen sind gesünder als körperlich inaktive Menschen. Körperliche Aktivität ist nachweislich mit vielen gesundheitlichen Vorteilen verbunden: Verbesserung und Aufrechterhaltung der Fähigkeit, tägliche Aktivitäten auszuführen, Aufrechterhaltung eines gesunden Körpergewichts und Unterstützung bei der Vermeidung oder Verzögerung von Erkrankungen wie koronarer Herzkrankheit, Krebs und Diabetes, aber auch dem Abbau kognitiver Fähigkeiten und einem vorzeitigen Tod. Von allen Arten von sportlicher Betätigungen bringen Ausdauersportarten (z. B. Gehen, Radfahren, Tanzen, Schwimmen, Aerobic mit geringer Gelenkbelastung) den am besten dokumentierten gesundheitlichen Nutzen für ältere Erwachsene. Kraftsport hat sich ebenfalls nachweislich als nützlich erwiesen. Trainingsprogramme, die anstrengender sind als Gehen, können jede Kombination von 4 Arten von Sport umfassen.

    • Ausdauer (aerob)

    • Muskelkräftigung

    • Gleichgewichtstraining (z. B. Tai-Chi)

    • Flexibilität

    Je nach gesundheitlicher Verfassung und Fitnessniveau der Person sollten die Personen Aktivitäten auswählen können, die ihnen Spaß machen. Sie sollten jedoch auch dazu ermutigt werden, alle 4 Arten von Übungen einzubeziehen.

    Menschen, die sich fettarm ernähren und viel Obst und Gemüse essen, sind gesünder als Menschen, die sich fett- und stärkereicher ernähren. Darüber hinaus scheinen Menschen im Mittelmeerraum, die eine sogenannte mediterrane Ernährung einhalten, länger zu leben. Diese Ernährung gilt allgemein als gesünder als die nordeuropäische und die amerikanische Ernährungsweise, weil sie aus mehr Vollkorngetreide, Früchten, Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen, Fisch und weniger rotem Fleisch besteht. Außerdem wird Fett hauptsächlich in Form von Olivenöl konsumiert. Olivenöl enthält viele Vitamine und enthält mehr einfach ungesättigte als gesättigte Fettsäuren. Einfach ungesättigte Fettsäuren erhöhen das Cholesterin nicht in dem Ausmaß, wie es gesättigte Fettsäuren tun. Belege aus Studien sprechen dafür, dass eine mediterrane Ernährung Herzinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskulären Tod und die Entwicklung von Diabetes reduziert. Dementsprechend empfehlen die meisten Experten, sich an diese Diät zu halten. (Die Aufnahme von zu wenigen Kalorien, Proteinen oder Nährstoffen birgt jedoch Gesundheitsrisiken, die sich auf die Lebensqualität auswirken oder schlimmere Auswirkungen haben können (z. B. Verlust von Muskelgewebe – ein Zustand, der als Sarkopenie bezeichnet wird). Die Betroffenen sollten ausreichend Nährstoffe zu sich nehmen, aber nicht zu viel.)

    Die Einhaltung einer lebenslangen kalorienarmen Ernährung kann zu einem längeren Leben führen, möglicherweise weil dadurch der Stoffwechsel im Körper verlangsamt bzw. die Anzahl an bestimmten schädigenden Substanzen reduziert wird, oder beides. Diese schädigenden Substanzen, sogenannte freie Radikale, sind Nebenprodukte der normalen Zellaktivität. Die durch freie Radikale verursachte Zellschädigung trägt vermutlich zum Alterungsprozess und zu Erkrankungen, wie z. B. koronare Herzkrankheiten und Krebs, bei. Jedoch wurden bisher keine Studien bei Menschen durchgeführt, um zu untersuchen, ob eine kalorienarme Ernährung das Leben verlängern könnte.

    Die drei genannten Strategien würden bei den meisten Menschen eine größere Veränderung im Lebensstil erfordern. Deshalb suchen viele Menschen nach anderen, weniger anspruchsvollen Wegen, um den Alterungsprozess aufzuhalten oder zu verlangsamen. Sie suchen zum Beispiel eventuell nach anderen Möglichkeiten, wie man freie Radikale unter Kontrolle bringt. Bestimmte Substanzen, die sogenannten Antioxidantien, können freie Radikale neutralisieren und tragen somit theoretisch dazu bei, eine Zellschädigung zu verhindern. Vitamin C und E sind Antioxidantien. Deshalb nehmen manche Menschen große Mengen dieser Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel zu sich, in der Hoffnung, den Alterungsprozess verlangsamen zu können. Andere Antioxidantien, wie z. B. Beta-Carotin (eine Form von Vitamin A), werden manchmal als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen. Theoretisch ist die Verwendung von Antioxidantien zur Verhinderung des Älterwerdens durchaus sinnvoll. Allerdings haben Ärzte inzwischen festgestellt, dass der Körper freie Radikale manchmal auch auf zuträgliche Weisen nutzt – zum Beispiel im Rahmen der Immunabwehr. Daher gibt es auch Grund zur Annahme, dass die Einnahme großer Mengen von Antioxidationsmitteln möglicherweise nicht hilfreich ist, und es gibt einige Hinweise darauf, dass hohe Dosen von Vitamin E und manchmal Betakarotin schädlich sein können. Jedenfalls konnte in keiner Studie nachgewiesen werden, dass die Einnahme von Antioxidantien als Nahrungsergänzungsmittel den Alterungsprozess verhindern oder verlangsamen kann. Darüber hinaus gibt es direkte Nachweise, dass als Nahrungsergänzungsmittel eingenommene Antioxidantien nicht gegen Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krebs schützen und auch die Lebensspanne nicht verlängern. Außerdem wurde bisher nicht die Harmlosigkeit solcher Nahrungsergänzungsmittel nachgewiesen.

    Die Spiegel mancher Hormone nehmen im Alter ab. Menschen könnten durch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit diesen Hormonen den Alterungsprozess eventuell verzögern oder verlangsamen. Beispiele sind Testosteron, Östrogen, DHEA (Dehydroepiandrosteron), Wachstumshormone und Melatonin. Es gibt jedoch keinen Beleg, dass hormonelle Nahrungsergänzungsmittel irgendeine Wirkung auf das Älterwerden haben, und manche von ihnen sind bekanntermaßen mit Risiken verbunden. Einige Experten vertreten auch die Ansicht, dass die Abnahme bestimmter Hormonspiegel eventuell sogar das Leben verlängern kann, indem der Stoffwechsel im Körper verlangsamt wird.

    Manche Menschen glauben, dass östliche Praktiken, wie z. B. Yoga, Tai Chi und Qigong, das Leben verlängern können. Diese Praktiken basieren auf dem Prinzip, dass sich Gesundheit auf die Person insgesamt (physisch, emotional, geistig und spirituell) sowie auf das innere Gleichgewicht bezieht. Die Praktiken können Entspannung, Atemtechniken, Ernährung und Meditation sowie körperliche Aktivität einschließen. Sie sind für ältere Erwachsenen unbedenklich und bewirken vermutlich, dass sie sich besser fühlen. Ob diese Praktiken jedoch das Leben verlängern, lässt sich nur schwer nachweisen.