Sehtrübung

VonChristopher J. Brady, MD, Wilmer Eye Institute, Retina Division, Johns Hopkins University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Dez. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN
Kurzinformationen

Eine Sehtrübung ist das häufigste Symptom, das die Augen betrifft. Wenn der Arzt von einer Sehtrübung spricht, meint er normalerweise eine Abnahme der Sehschärfe oder Klarheit, die sich allmählich entwickelt hat. Ein plötzlicher, vollständiger Verlust des Sehvermögens auf einem oder beiden Augen (Blindheit) gilt als etwas Anderes.

Ursachen für Sehtrübung

Eine Sehtrübung beruht auf 4 generellen Mechanismen:

  • Störungen, welche die Retina (Netzhaut) betreffen, den lichtempfindlichen Teil im hinteren Teil des Auges.

  • Die Trübung der normalerweise durchsichtigen Teile des Auges (Hornhaut, Linse und Glaskörper – das ist die gallertartige Masse, die den Augapfel füllt), die Lichtstrahlen passieren müssen, bevor sie die Netzhaut erreichen.

  • Erkrankungen, welche die Nervenbahnen betreffen, die die visuellen Signale vom Auge an das Gehirn weiterleiten (wie etwa der Sehnerv)

  • Eine Beeinträchtigung der Bündelung von Lichtstrahlen auf der Netzhaut (Refraktionsfehler)

Blick ins Innere des Auges

Bestimmte Erkrankungen können mehr als einen Mechanismus umfassen. So kann die Refraktion (Fähigkeit zu Fokussieren) zum Beispiel durch frühe Katarakte oder durch eine umkehrbare Linsenschwellung, die durch einen schlecht eingestellten Diabetes hervorgerufen wurde, beeinträchtigt werden.

Manche Störungen, die eine Sehtrübung hervorrufen, verursachen eher andere Symptome, die Betroffene dazu veranlassen, den Arzt aufzusuchen, wie etwa Augenschmerzen und eine Rötung der Augen (zum Beispiel durch akute Erkrankungen der Hornhaut, wie Abrasionen, Geschwüre, Herpes-simplex-Keratitis oder Herpes zoster ophthalmicus).

Häufige Ursachen

Die häufigsten Ursachen für eine verschwommene Sicht umfassen:

Was ist Astigmatismus?

Astigmatismus ist eine Unregelmäßigkeit in der Krümmung der Hornhaut oder Linse. Das bedeutet, dass die Hornhaut oder Linse unterschiedlich in verschiedene Richtungen gekrümmt sind. Dieser Unterschied veranlasst das Licht, sich auf verschiedenen Ebenen fortzubewegen, und wird dann unterschiedlich gebündelt. Beispielsweise kann es sein, dass die in der Vertikalebene einfallenden Strahlen gebündelt werden, nicht jedoch die in der Horizontalebene oder umgekehrt. Das Problem kann jedoch in jeder beliebigen Ebene auftreten und ist oft bei jedem Auge anders ausgeprägt. Eine Person mit Astigmatismus sieht meist bestimmte Linien deutlicher (schärfer) als andere (jedes Auge sollte separat getestet werden). Astigmatismus kann mit verschriebener Brille oder Kontaktlinsen korrigiert werden. Er tritt oft in Verbindung mit Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit auf.

Das folgende Diagramm zeigt eine Standardtafel für die Untersuchung jeweils eines Auges auf Astigmatismus.

Seltenere Ursachen

Seltene Störungen, die eine verschwommene Sicht verursachen, sind

  • Erbkrankheiten, die den Sehnerv betreffen und als hereditäre Optikusneuropathien bezeichnet werden (wie etwa die autosomal-dominante Optikusatrophie und die Lebersche hereditäre Optikusneuropathie)

  • Vernarbungen der Hornhaut aufgrund von Vitamin-A-Mangel (selten in Industrieländern)

Tabelle
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Beurteilung einer Sehtrübung

Die folgenden Informationen können dabei helfen, zu klären, wann man zum Arzt gehen sollte und was im Rahmen dieser Untersuchung zu erwarten ist.

Warnsignale

Bei Menschen mit verschwommener Sicht geben bestimmte Symptome und Merkmale Anlass zu Sorge. Hierzu gehören:

  • Eine plötzliche Änderung des Sehvermögens

  • Ein massiv reduziertes Sehvermögen, vor allem in nur einem Auge, selbst wenn die Symptome allmählich einsetzten

  • Augenschmerzen (mit oder ohne Bewegung der Augen)

  • Der Verlust eines bestimmten Bereichs des Sehvermögens (als Gesichtsfelddefekt bezeichnet)

  • Zustände, die das Immunsystem beeinflussen (z. B. Anwendung eines Chemotherapeutikums oder anderer immunsupprimierender Medikamente)

Wann ein Arzt zu konsultieren ist:

Betroffene mit Warnzeichen sollten in der Regel sofort in die Notaufnahme gehen. Betroffene mit einer den ganzen Organismus betreffenden (systemischen) Erkrankung, die manchmal Schäden an der Netzhaut verursacht (zum Beispiel Diabetes, Bluthochdruck oder Sichelzellanämie), sollten so bald wie möglich den Augenarzt aufsuchen, am besten innerhalb weniger Tage. Wenn sich das Sehvermögen jedoch über Monate oder Jahre hinweg allmählich verschlechtert hat, jedoch nicht wesentlich beeinträchtigt wurde und es auch keine Warnzeichen gibt, ist es harmlos, wenn man eine weitere Woche wartet.

Augenuntersuchungen sollten von einem Ophthalmologen oder Optiker durchgeführt werden. Ophthalmologen sind Mediziner, die auf die Beurteilung und Behandlung (chirurgisch und nicht-chirurgisch) aller Arten von Augenkrankheiten spezialisiert sind. Optiker sind Gesundheitsfachleute, die auf die Diagnose und Behandlung von Refraktionsfehlern (die durch das Verschreiben von Brillen oder Kontaktlinsen behandelt werden) spezialisiert sind. Dennoch können Optiker oft auch andere Arten von Augenkrankheiten diagnostizieren und den Patienten dann an einen Ophthalmologen zur Behandlung verweisen. Menschen, die Warnzeichen aufweisen, sollten einen Ophthalmologen zurate ziehen.

Was der Arzt unternimmt:

Ärzte stellen zunächst immer Fragen zu den Symptomen und zur Krankengeschichte des Patienten. Darauf folgt eine körperliche Untersuchung. Die Befunde aus der Krankengeschichte und der körperlichen Untersuchung deuten häufig auf eine Ursache für die Blutung und die eventuell erforderlichen Untersuchungen hin (siehe Tabelle Einige Ursachen und Merkmale für verschwommenes Sehen).

Der Arzt kann Fragen zu den Symptomen des Patienten stellen, da es wichtig ist, genau zu verstehen, was der Patient mit verschwommenem Sehen meint. So können zum Beispiel etwa Patienten, die tatsächlich das Sehvermögen in einem Teil ihres Gesichtsfeldes verloren haben (Gesichtsfeldausfall), diese Wahrnehmung nur als verschwommenes Sehen bezeichnen. Das Vorliegen weiterer Symptome, die die Augen betreffen, wie etwa Rötung der Augen, Lichtempfindlichkeit, Mouches volantes, das Wahrnehmen plötzlicher Lichter, die als Blitze, Flecken oder Sternchen erscheinen können (Photopsie) sowie Schmerzen in Ruhe oder bei Bewegung der Augen, helfen dem Arzt, die Ursache zu bestimmen. Zudem fragt der Arzt auch nach der Wirkung von Dunkelheit (Nachtsicht) und hellem Licht (zum Beispiel etwa nach Unschärfe, sternenförmigen Strahlen oder Lichthöfen), und ob der Patient Korrekturlinsen trägt.

Darüber hinaus stellt der Arzt Fragen zu den Symptomen möglicher Ursachen und nach dem Vorhandensein von Krankheiten, die als Risikofaktoren für Augenkrankheiten bekannt sind (z. B. Bluthochdruck, Diabetes und HIV-Infektionen oder AIDS sowie Sichelzellanämie).

Möglicherweise ist nur eine Untersuchung der Augen nötig.

Untersuchungen zur Sehschärfe sind der erste Schritt. Im Idealfall wird die Sehschärfe gemessen, während der Patient etwa 6 m von einer genormten Sehtafel (Snellen-Tafel) entfernt steht, die an einer Wand hängt oder auf diese projiziert wird. Wenn dieser Test nicht durchgeführt werden kann, wird die Nahsicht anhand einer Nahsichtkarte gemessen, die etwa 36 Zentimeter vom Auge entfernt gehalten wird. Jedes Auge wird separat gemessen, während das andere verdeckt ist. Die Sehschärfe wird mit der eigenen Brille des Patienten, sofern getragen, gemessen. Manchmal bittet der Arzt den Patienten, durch eine stenopäische Lücke zu sehen. Dieses Gerät kann in der Regel zur fast vollständigen Korrektur von Refraktionsfehlern eingesetzt werden, doch korrigiert es kein verschwommenes Sehvermögen, das auf andere Ursachen beruht.

Die Untersuchung der Augen ist ebenfalls wichtig. Der Arzt unterzieht das gesamte Auge einer sorgfältigen Untersuchung mittels Ophthalmoskop (ein Licht mit einem Vergrößerungsglas, das den hinteren Teil des Auges ausleuchtet), Spaltlampe (ein Instrument, das es dem Arzt gestattet, das Auge unter starker Vergrößerung zu untersuchen) oder beidem. Oft werden die Augen für den Zweck der Ophthalmoskopie mit Hilfe von Augentropfen erweitert. Der Augeninnendruck wird gemessen (was als Tonometrie bezeichnet wird).

Symptome und Befunde, die im Verlauf der Augenuntersuchung festgestellt werden, helfen oft bei der Bestimmung der Ursache. Wenn die Sehschärfe zum Beispiel beim Einsatz von Korrekturlinsen oder der stenopäischen Lücke zurückkehrt und die Augenuntersuchung ansonsten unauffällig ist, besteht die Ursache des verschwommenen Sehens normalerweise in einem einfachen Refraktionsfehler.

Bei einer plötzlich auftretenden, akuten Erkrankung sind die Symptome der Weitsichtigkeit möglicherweise auffälliger, selbst bei Menschen im Alter von etwa 40 Jahren, die bislang noch keine Brille zum Lesen benötigt hatten. Früher unerkannte Weitsichtigkeit ist eine häufige Ursache für eine Sehtrübung bei stationären Patienten.

Tests

Tests hängen von der vermuteten Ursache für das verschwommene Sehen ab (siehe Tabelle Einige Ursachen und Merkmale für verschwommenes Sehen). Patienten mit Symptomen von einer den ganzen Organismus betreffenden (systemischen) Erkrankung sollten entsprechenden Tests unterzogen werden. Zu diesen Tests können z. B. Bluttests auf Diabetes, systemischen Lupus erythematodes oder eine HIV-Infektion sowie die Überwachung des Blutdrucks zählen.

Behandlung einer Sehtrübung

Zugrunde liegende Krankheiten werden behandelt. Korrekturlinsen oder ein operativer Eingriff können zur Verbesserung der Sehschärfe eingesetzt werden, manchmal sogar auch, wenn die Ursache nicht nur ein Refraktionsfehler ist (zum Beispiel bei frühen Katarakten).

Wichtige Informationen für ältere Erwachsene: Sehtrübung

Auch wenn die Sehschärfe im Alter abnimmt, sollte sie mit Brille oder Kontaktlinsen auf 20/20 korrigierbar sein, sofern keine Augenkrankheit besteht, selbst bei älteren Erwachsenen.

Wichtigste Punkte

  • Ein Refraktionsfehler ist der häufigste Grund für verschwommenes Sehen.

  • Wenn ein Refraktionsfehler der Grund für das Problem ist, kann das verschwommene Sehen in der Regel mit Korrekturlinsen oder einer Operation (vor allem, wenn Katarakte die Ursache für den Refraktionsfehler sind) behoben werden.

  • Der Arzt prüft die Sehschärfe und bestimmt, ob eine Brille oder eine stenopäische Lücke das Problem korrigieren kann, und wenn dies nicht der Fall ist, weitet er das Auge mit Tropfen, um die Netzhaut sorgfältig zu untersuchen.

  • Personen mit Warnzeichen sollten so rasch wie möglich ärztliche Hilfe aufsuchen.

  • Da Glaukome weit verbreitet sind, wird normalerweise der Augeninnendruck gemessen.