Plazebos sind inaktive Substanzen oder Eingriffe, die am häufigsten in kontrollierten Studien zum Vergleich mit möglicherweise aktiven Arzneimitteln eingesetzt werden.
Der Begriff Plazebo (lateinisch für "ich werde gefallen") bezog sich zunächst auf eine inaktive, unschädliche Substanz, die Patienten gegeben wird, damit sie sich durch die Kraft der Suggestion besser fühlen. In jüngerer Zeit werden auch Scheininterventionen (z. B. eine vorgetäuschte elektrische Stimulation oder simulierte chirurgische Verfahren in klinischen Studien) unter dem Begriff Plazebo verstanden. Der Begriff wird manchmal für einen aktiven Wirkstoff verwendet, der ausschließlich für die Erzielung eines Plazebo-Effekts bei einer Erkrankung gegeben wird, bei der das Arzneimittel nicht wirkt (z. B. ein Antibiotikum bei Patienten mit einer viraler Erkrankung).
Placebo-Effekte
Obwohl physiologisch inaktiv können Plazebos erhebliche Wirkungen haben – sowohl gute als auch schlechte. Diese Effekte scheinen mit der Erwartung zusammenzuhängen, dass das Produkt wirkt; die Vorwegnahme von unerwünschten Wirkungen wird manchmal als Nozebo-Effekt bezeichnet. Der Plazebo-Effekt zeigt sich in der Regel mehr durch subjektive (z. B. Schmerzen, Übelkeit) und weniger durch objektive Reaktionen (z. B. Geschwindigkeit der Heilung eines Beingeschwürs, Infektionsrate von Brandwunden).
Das Maß des Plazebo-Effekts hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich
dem durch den Arzt vermittelten Vertrauen ("Sie werden sich dadurch viel besser fühlen" gegenüber "Es gibt die Möglichkeit, dass Ihnen das helfen könnte")
die Überzeugung des Patienten (der Effekt ist größer, wenn die Patienten überzeugt sind, dass sie ein wirksames Arzneimittel erhalten, als wenn sie wissen, dass sie eventuell ein Plazebo bekommen)
der Darreichungsform des Plazebos (z. B. haben injizierbare Arzneimittel einen größeren Placeboffekt als orale)
Nicht jeder reagiert auf Plazebos, auch lässt sich nicht vorhersagen, wer eine Reaktion zeigt. Zwar gibt es die Theorie, dass die Stärke des Plazebo-Effekts mit der Persönlichkeit eines Patienten zusammenhängt, doch ist sie nicht bewiesen. Bei anderen mit histrionischer (theatralischer) Persönlichkeit ist es eher wahrscheinlich, dass sie irgendeine Wirkung, gut oder schlecht, angeben. Jedoch berichten Menschen mit abhängiger Persönlichkeit, die ihren behandelnden Arzt zufriedenstellen wollen, eher über hilfreiche Wirkungen.
Anwendung von Placebos in klinischen Studien
Zahlreiche klinische Studien vergleichen eine aktive Behandlung mit einem Plazebo. Um die tatsächliche Wirkung der aktiven Substanz zu erhalten, werden die dem Plazebo zugeschriebenen Effekte von der scheinbaren Wirkung des aktiven Arzneimittels abgezogen. Um die Wirksamkeit zu belegen, muss das aktive Arzneimittel signifikant besser abschneiden als das Plazebo. In einigen Studien lindert Plazebo bei einem hohen Prozentsatz der Patienten die Erkrankung, was den Beweis der Wirksamkeit des aktiven Arzneimittels schwieriger macht.
Anwendung von Placebos in der klinischen Praxis
Es kommt heute zwar selten vor, aber wenn es für die Behandlung einer leichten, spontan heilenden Erkrankung eines Patienten (z. B. bei unspezifischem Unwohlsein oder Müdigkeit) kein aktives Arzneimittel gibt oder nicht indiziert ist, kann ein Plazebo verordnet werden. Der Grund dafür ist zum einen, dass dem Wunsch des Patienten nach einer Behandlung durch die Gabe eines Plazebos entgegengekommen wird, ohne ihn etwaigen Nebenwirkungen auszusetzen. Zum anderen erfährt er eine Linderung, entweder aufgrund des Plazebo-Effekts oder einer spontanen Heilung.
Ethische Überlegungen
Aus ethischer Sicht stellt sich in klinischen Studien die Frage, ob ein Plazebo überhaupt gegeben werden sollte. Wenn es eine wirksame Behandlung gibt (z. B. Opioid-Analgetika gegen starke Schmerzen), wird es in der Regel als unethisch empfunden, Studienteilnehmern eine Behandlung durch die Gabe eines Plazebos vorzuenthalten; in solchen Fällen erhalten Kontrollgruppen eine aktive Behandlung. Da die Teilnehmer im Vorfeld wissen, dass ihnen ein Plazebo gegeben werden könnte, gibt es keine Bedenken, dass sie getäuscht würden.
Wenn den Patienten jedoch ein Plazebo im klinischen Alltag gegeben wird, wissen sie nicht, dass sie eine inaktive Substanz erhalten. Die Behandlung wird unterschiedlich beurteilt. Manche Ärzte betrachten es prima facie (lat. "auf den ersten Blick") als unethisch und sehen das Arzt-Patienten-Verhältnis als gefährdet an, wenn der Patient von der Plazebo-Behandlung erfährt. Andere empfinden es als unethischer, einem Patienten etwas vorzuenthalten, was ihm helfen könnte. Darüber hinaus kann es als unethisch betrachtet werden, wenn ein aktives Arzneimittel nur aufgrund eines Plazebo-Effekts gegeben wird, weil der Patient dadurch tatsächlichen Nebenwirkungen ausgesetzt wird (im Gegensatz zu den Nozebo-Nebenwirkungen).