Eine leichte Leberfunktionsstörung tritt manchmal nach großen Operationen auch in Abwesenheit von vorbestehenden Lebererkrankungen. Diese Dysfunktion entsteht in der Regel aus hepatischer Ischämie oder als, bisher nur wenig erklärbaren, Folge der Narkose. Patienten mit bekannter, gut kompensierter Lebererkrankung (z. B. Leberzirrhose mit normaler Leberfunktion) vertragen eine Operation normalerweise gut. Allerdings kann die Operation die Schwere einiger bestehender Lebererkrankungen verstärken, z. B. kann eine Laparotomie akutes Leberversagen bei einem Patienten mit viraler oder alkoholischer Hepatitis auslösen.
(Siehe auch Leber-Struktur und -Funktion und Beurteilung des Patienten mit einer Lebererkrankung.)
Postoperative Gelbsucht
Die Diagnose der postoperativen Gelbsucht erfordert Lebertests. Der Zeitpunkt des Auftretens der Symptome hilft ebenfalls bei der Diagnose.
Multifaktorielle gemischte Hyperbilirubinämie ist die häufigste Ursache für postoperative Gelbsucht. Sie wird durch vermehrte Bildung von Bilirubin und verminderte hepatische Clearance verursacht. Diese Störung tritt häufig nach großen Operationen oder Traumata auf, bei denen mehrere Bluttransfusionen nötig waren. Hämolyse, Sepsis, Resorption von Hämatomen und Bluttransfusionen erhöhen die Bilirubinlast; gleichzeitig beeinträchtigen Hypoxämie, hepatische Ischämie und andere wenig verstandene Faktoren die Leberfunktion. Dieser Zustand ist in der Regel innerhalb von wenigen Tagen nach der Operation am schlimmsten. Leberinsuffizienz ist selten und Hyperbilirubinämie bildet sich in der Regel langsam aber vollständig zurück. Mithilfe von Leberlaboruntersuchungen kann die multifaktorielle gemischte Hyperbilirubinämie von einer Hepatitis unterschieden werden. Bei der multifaktoriellen gemischten Hyperbilirubinämie ist ein schwere Hyperbilirubinämie mit leichtem Anstieg von Aminotransferase und alkalischer Phosphatase üblich. Bei einer Hepatitis sind die Aminotransferasespiegel in der Regel sehr hoch.
Postoperative Hepatitis
Ischämische postoperative "Hepatitis" entstehet aufgrund unzureichender Leberperfusion, nicht aufgrund von Entzündung. Die Ursache ist eine vorübergehende perioperative Hypotonie oder Hypoxie. Typischerweise steigen die Aminotransferasespiegel schnell an (oft > 1000 Einheiten/l [16,7 microkat/l]), während Bilirubin nur gering erhöht ist. Ischämische Hepatitis ist in der Regel innerhalb weniger Tage nach der Operation am stärksten ausgeprägt und verschwindet innerhalb von ein paar Tagen.
Halothanbezogene Hepatitis kann von Anästhetika, die Halothan oder verwandte Mittel beinhalten, herrühren. Sie entwickelt sich meist innerhalb von 2 Wochen, oft mit vorherigem Fieber und wird manchmal von einem Hautausschlag und Eosinophilie begleitet.
Eine echte postoperative Hepatitis ist heutzutage selten. Früher war sie hauptsächlich ein Ergebnis der Übertragung von Hepatitis-C-Virus bei Bluttransfusionen.
Postoperative Cholestase
Die häufigste Ursache für postoperative Cholestase ist eine Obstruktion der extrahepatischen Gallenwege durch intra-abdominalle Komplikationen oder Medikamente, die postoperativ gegeben wurden. Intrahepatische Cholestase entwickelt sich gelegentlich nach einer größeren Operation, vor allem nach Bauch- oder Herz-Kreislauf-Operationen (benigne postoperative Cholestase). Die Pathogenese ist unbekannt, aber die körperliche Verfassung bessert sich in der Regel langsam und spontan. Gelegentlich kann eine postoperative Cholestase aufgrund von alkoholischer Cholezystitis oder akuter Pankreatitis entstehen.