Ein Mangel einzelner hypophysärer Hormone kann der Entwicklung einer generalisierten Hypophysenvorderlappeninsuffizienz vorausgehen. Die Patienten sollten hinsichtlich Anzeichen für einen Mangel an anderen hypophysären Hormonen beobachtet werden, und eine Bildgebung der Sella hinsichtlich eines Tumors sollte in regelmäßigen Abständen erfolgen.
Struktur und Funktion der Hypophyse und die Beziehungen zwischen Hypophyse und Hypothalamus werden in der Übersicht über das endokrine System besprochen.
Isolierter Wachstumshormon(GH)-Mangel ist ursächlich für viele Fälle von hypophysärem Zwergwuchs. Obwohl eine autosomal-dominante Form des kompletten GH-Mangels mit einer Deletion des GH-Struktur-Gens assoziiert ist, sind solche Gendefekte vermutlich nur für eine geringe Zahl der Fälle verantwortlich. Die Behandlung eines GH-Mangels bei Erwachsenen wurde bereits weiter oben besprochen (siehe allgemeine Hypophyseninsuffizienz).
Ein isolierter Gonadotropinmangel tritt bei beiden Geschlechtern auf und muss von einem primären Hypogonadismus unterschieden werden. Männer zeigen niedrige Serumtestosteronspiegel und Unfruchtbarkeit, Frauen zeigen Amenorrhö, niedrige Serumöstrogenspiegel und Unfruchtbarkeit. Ein eunuchoider Habitus (groß, dünn und mit langen Armen und Beinen) ist im Allgemeinen vorhanden. Patienten mit primärem Hypogonadismus weisen jedoch erhöhte Spiegel für luteinisierendes Hormon (LH) und Follikel-stimulierendes Hormon (FSH) auf, während Patienten mit sekundärem (hypophysärem) oder tertiärem (hypothalamischem) Gonadotropinmangel niedrig-normale, niedrige oder nicht messbare LH- und FSH-Spiegel haben. Obwohl Patienten mit hypogonadotropem Hypogonadismus in den meisten Fällen einen Mangel sowohl an FSH als auch an LH zeigen, gibt es seltene Fälle, bei denen nur die Sekretion eines Hormons betroffen ist. Isolierter Gonadotropinmangel muss auch von einer hypogonadotropen Amenorrhö infolge körperlicher Anstrengung, Diät oder psychischer Belastung unterschieden werden. Obwohl eine genaue Anamnese hilfreich sein kann, ist die Festlegung auf eine der möglichen Diagnosen manchmal unmöglich.
Das Kallmann-Syndrom, für das der Mangel an Gonadotropin-releasing-Hormon (GnRH) spezifisch ist, ist assoziiert mit Mittelliniendefekten des Gesichts, Lippen- oder Gaumenspalten, einer Anosmie und mit Farbenblindheit. Embryologische Studien haben gezeigt, dass sich GnRH-Neurone ursprünglich im Epithel der olfaktorischen Rinne entwickeln und dann früh im Laufe der Entwicklung in die septale-präoptische Region des Hypothalamus einwandern. In einigen wenigen Fällen wurden Gendefekte, die bei der X-chromosomalen Form auf dem X-Chromosom lokalisiert sind und KALIG-1 (Kallmann-Syndrom-Intervallgen 1) genannt werden, bei Adhäsionsproteinen, die die neuronale Migration erleichtern, nachgewiesen. Die Gabe von GnRH ist nicht indiziert. Sekundäre Geschlechtsmerkmale können bei Jungen durch die Gabe von Testosteron und bei Mädchen durch die Gabe von Östrogen erreicht werden. Progesteron wird später in der weiblichen Pubertätsentwicklung hinzugefügt. Die Fruchtbarkeit wird durch die Verabreichung von humanen Choriongonadotropinen behandelt.
Ein isolierter Mangel an adrenokortikotropem Hormon (ACTH) ist selten. Schwäche, Hypoglykämie, Gewichtsverlust und eine verminderte Schambehaarung weisen auf die Diagnose hin. Die Kortisolspiegel im Blut und Urin sind niedrig und normalisieren sich nach der Substitution mit ACTH. Klinische und laborchemische Hinweise auf einen Mangel an anderen Hormonen fehlen. Die Behandlung erfolgt durch den Ersatz von Kortisol wie beim Morbus Addison; ein Ersatz von Mineralokortikoid ist nicht notwendig.
Ein isolierter Mangel an Thyreoidea-stimulierendem Hormon ist wahrscheinlich, wenn klinische Anzeichen eines Hypothyreoidismus existieren, die Serum-Thyorid-stimulierenden (TSH) Hormonspiegel niedrig oder nicht erhöht sind und kein Mangel an anderen hypophysären Hormonen besteht. Die Serum-TSH-Spiegel, die mithilfe eines Immunoassays bestimmt werden, sind nicht immer erniedrigt, was zu der Vermutung führt, dass das sezernierte TSH biologisch inaktiv ist. Die Gabe von rekombinantem humanem TSH erhöht die Spiegel der Schilddrüsenhormone (Hypothyreoidismus).
Isolierter Prolactinmangel wird sehr selten bei Frauen beobachtet, bei denen es nach einer stattgehabten Geburt nicht zum Einsetzen der Laktation kommt. Die basalen Prolactinspiegel sind niedrig und erhöhen sich auch nach Provokation wie z. B. der Gabe von Thyreotropin-releasing-Hormon nicht. Die Substitution von Prolactin ist nicht indiziert.