Seit vielen Tausend Jahren werden Patienten von Ärzten behandelt. Früheste dokumentierte Beschreibungen medizinischer Behandlungen stammen aus dem alten Ägypten und sind über 3.500 Jahre alt. Aber sogar schon davor behandelten Heiler und Schamanen vermutlich Kranke und Verletzte mit Kräutern und anderen Mitteln. Einige Mittel waren wirksam, wie die, die für einfache Brüche und weniger schlimme Verletzungen eingesetzt wurden. Bis vor Kurzem waren jedoch viele medizinische Therapien unwirksam, manche sogar schädlich.
Noch vor zweihundert Jahren war es für zahlreiche Krankheiten üblich, eine Vene aufzuschneiden und einen halben Liter oder mehr Blut zu entnehmen. Verschiedene giftige Substanzen wurden Kranken verabreicht, um diese dazu zu bringen, dass sie mittels Erbrechen oder Durchfall die Krankheit loswerden – alles gefährliche Methoden für eine kranke oder verletzte Person. Vor etwa 125 Jahren wurden im MANUAL neben wirksamen, aber potenziell giftigen Medikamenten wie Aspirin und Digitalis auch Kokain als Therapie bei Alkoholkrankheit, Arsen und Tabakrauch als Therapien gegen Asthma und Schwefelsäure-Nasenspray als Behandlungsmöglichkeit bei Erkältungen aufgeführt. Die Ärzte waren überzeugt, ihren Patienten zu helfen. Natürlich können wir bei den Ärzten in der Vergangenheit nicht unser heutiges Wissen voraussetzen. Aber warum war bei ihnen jemals die Ansicht verbreitet, dass Tabakrauch einem Asthma-Patienten helfen könnte?
Es gab viele Gründe, warum Ärzte früher solch unwirksame (und manchmal schädliche) Therapien verordneten und warum diese von den Patienten akzeptiert wurden:
In der Regel gab es keine wirksamen alternativen Behandlungen.
Sowohl Ärzte als auch Menschen, die krank sind, unternehmen häufig lieber etwas, anstatt nichts zu tun.
Für die Patienten ist es tröstlich, ihre Probleme einer Autoritätsperson zu überlassen.
Ärzte bieten oft die dringend notwendige Unterstützung und Beruhigung.
Am wichtigsten war jedoch, dass Ärzte nicht sicher waren, welche Behandlungen funktionierten, da Medikamente und Verfahren nicht gründlich durch formelle, strukturierte klinische Studien beurteilt wurden.
Behandlung und Erholung: Ursache und Wirkung?
Wenn sich zwei Ereignisse direkt hintereinander abspielen, geht man automatisch davon aus, dass das erste Ereignis das zweite verursacht hat (als Kausalzusammenhang bezeichnet). Wenn eine Person zum Beispiel einen nicht markierten Schalter an der Wand betätigt und sich eine Aufzugtür in der Nähe öffnet, geht man natürlich davon aus, dass die Taste den Aufzug steuert. Die Fähigkeit, solche Zusammenhänge herzustellen, ist ein wesentlicher Teil der menschlichen Intelligenz. Sie ist für einen Großteil unseres Weltverständnisses verantwortlich. Allerdings werden häufig auch dann Kausalzusammenhänge vermutet, wo keine sind. Aus diesem Grund tragen Sportler zum Beispiel immer ihre „Glückssocken“, mit denen sie ein wichtiges Spiel gewonnen haben, oder ein Student besteht darauf, seine Klausuren immer mit dem gleichen „Glücksstift“ zu schreiben.
Diese Denkweisen führten auch dazu, dass einige unwirksame medizinische Therapien als effektiv angesehen wurden. Wenn das Fieber eines Erkrankten beispielsweise nach dem Aderlass durch den Arzt nachließ bzw. nachdem ein Schamane ein bestimmtes Lied gesungen hatte, ging man ganz natürlich davon aus, dass diese Handlungen Ursache für die Besserung waren. Und für den verzweifelten Patienten war das mehr Beweis als genug. Unglücklicherweise waren diese scheinbaren Ursache-Wirkung-Beziehungen in der frühen Medizin nur selten richtig. Der Glaube daran reichte allerdings aus, jahrhundertelang unwirksame Methoden durchzusetzen. Wie konnte das passieren?
Manchmal tritt eine Besserung spontan ein. Anders als bei „kranken“ nicht lebendigen Dingen (wie eine zerbrochene Axt oder ein zerrissenes T-Shirt), die solange kaputt sind, bis sie repariert werden, bessert sich der Zustand von Menschen, die krank sind, oft von alleine (oder trotz der ärztlichen Behandlung). Dies liegt daran, dass der Körper sich selbst heilt oder die Krankheit ihren normalen Verlauf nimmt. Eine Erkältung klingt nach einer Woche vollständig ab, Migräne dauert normalerweise einen oder zwei Tage an und die Symptome einer Lebensmittelvergiftung verschwinden nach zwölf Stunden. Manche Menschen erholen sich sogar wieder von lebensbedrohlichen Krankheiten wie Herzinfarkten oder Lungenentzündungen (Pneumonien) – ganz ohne Behandlung. Die Symptome chronischer Krankheiten (wie die von Asthma oder Sichelzellanämie) kommen und gehen. Aus diesem Grund sind viele Therapien scheinbar wirksam, wenn man ihnen genug Zeit einräumt. Und jede Therapie, die kurz vor einer spontanen Erholung verabreicht wird, kann besonders effektiv scheinen.
Dafür kann der Placebo-Effekt verantwortlich sein. Der Glaube an die Kraft der Therapie reicht häufig aus, damit Kranke sich besser fühlen. Obwohl Glaube keine zugrunde liegende Krankheit heilen kann (wie ein gebrochenes Bein oder Diabetes), so fühlen sich manche Menschen doch oft viel besser, wenn sie davon ausgehen, eine äußerst wirksame Therapie zu erhalten. Schmerzen, Übelkeit, Schwäche und viele andere Symptome können abnehmen, selbst wenn eine Tablette keinen aktiven Wirkstoff enthält und daher gar nicht wirksam sein kann, wie beispielsweise eine „Zuckerpille“ (die als Placebo bezeichnet wird). Was zählt, ist der Glaube. Der Placebo-Effekt funktioniert manchmal umgekehrt: Personen in klinischen Studien, die eine Zuckertablette anstelle eines Medikaments erhalten, entwickeln manchmal eine Nebenwirkung, die mit dem untersuchten Medikament verknüpft ist (Nocebo-Effekt).
Eine unwirksame (oder sogar schädliche) Therapie, verschrieben von einem selbstsicheren Arzt an einen vertrauens- und hoffnungsvollen Patienten, führt oft zu einer bemerkenswerten Verbesserung. Diese Verbesserung nennt man den Placebo-Effekt. Daher ist es durchaus möglich, dass Personen einen tatsächlichen (nicht nur falsch empfundenen) Nutzen aufgrund einer Behandlung empfinden, die keine offensichtliche Wirkung auf die Krankheit selbst hat. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass es eine biologische Grundlage für den Placebo-Effekt bei einigen Erkrankungen gibt, obwohl diese Wirkung sich nicht auf die Behandlung der tatsächlichen Krankheit bezieht.
Warum ist dies wichtig? Von einigen Seiten wird argumentiert, dass es hauptsächlich darauf ankommt, dass ein Patient sich nach einer Behandlung besser fühlt. Dabei ist es egal, ob eine Therapie tatsächlich „funktioniert“, d. h. sich auf die zugrundeliegende Krankheit auswirkt. Dieses Argument macht Sinn, wenn das Symptom das Problem ist – wie bei vielen alltäglichen Wehwehchen und Schmerzen oder bei Erkältungen, die in der Regel von allein wieder abklingen. In solchen Fällen verschreiben Ärzte manchmal Behandlungen, die sich kaum auf die Krankheit auswirken, dafür aber aufgrund des Placebo-Effekts zumindest teilweise die Symptome lindern können. Bei gefährlichen oder potenziell schwerwiegenden Krankheiten, oder wenn die Behandlung selbst Nebenwirkungen hervorrufen kann, dürfen Ärzte nur eine Therapie verschreiben, die tatsächlich wirkt. Der potenzielle Nutzen einer Behandlung muss immer gegen deren potenzielle Risiken abgewogen werden. Bei Menschen mit lebensbedrohlichen Krankheiten wie Krebs beispielsweise kann sich die Einnahme von Medikamenten mit vielen Nebenwirkungen durchaus lohnen. Manche Krebsmedikamente können sogar ernsthafte Schäden verursachen, etwa an den Nieren oder am Herzen, aber diese Risiken werden häufig in Kauf genommen, weil die Alternative, keine Medikamente einzunehmen (also die Krebserkrankung nicht zu behandeln), wahrscheinlich noch viel schlimmer ist als die Nebenwirkungen der Medikamente.
Wie Ärzte versuchen, die Wirksamkeit zu erkennen
Da einige Ärzte bereits vor langer Zeit realisierten, dass der Zustand von Kranken sich auch von alleine bessern kann, versuchten sie selbstverständlich, den Verlauf gleicher Krankheiten mit und ohne Therapie zu vergleichen. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts waren diese Vergleiche jedoch sehr kompliziert. Es gab so wenig gesicherte Erkenntnisse über die Krankheiten, dass man selbst, wenn 2 oder mehr Personen ähnliche Symptome hatten, nicht sicher sagen konnte, ob sie an der gleichen Krankheit litten.
Auch wenn Ärzte eine bestimmte Bezeichnung benutzten, so sprachen sie doch häufig über grundverschiedene Krankheiten. Im 18. und 19. Jahrhundert zum Beispiel wurde bei Personen mit geschwollenen Beinen „Wassersucht“ diagnostiziert. Heute wissen wir, dass Schwellungen durch Herz- oder Niereninsuffizienz oder eine schwere Lebererkrankung verursacht werden können – recht unterschiedliche Krankheiten, die völlig unterschiedlich behandelt werden müssen. Auch wurde bei zahlreichen Personen mit Fieber und Erbrechen „Gallenfieber“ diagnostiziert. Wir wissen mittlerweile, dass Fieber und Erbrechen durch viele verschiedene Krankheiten verursacht werden können, zum Beispiel Typhus, Malaria, Blinddarmentzündung und Hepatitis.
Erst als es Anfang des 20. Jahrhunderts zur Norm wurde, eine genaue, wissenschaftlich begründete Diagnose zu stellen, konnten Ärzte damit beginnen, Therapien effektiv zu beurteilen. Sie mussten jedoch nach wie vor festlegen, wie eine Behandlung am besten zu bewerten war. Um dies zu erreichen, entwickelten Ärzte und klinische Wissenschaftler strenge Methoden, einschließlich klinischer Studien, um die Auswirkungen spezifischer Behandlungen bei größeren Gruppen von Patienten mit einer bestimmten Erkrankung zu untersuchen. Dieser Prozess wurde zur Grundlage der klinischen Forschung – der Suche nach mehr Verständnis über die komplexe Beziehung zwischen Gesundheit und Krankheit bei Menschen und Bevölkerungsgruppen.
Stichprobengröße
Zuerst stellten die Ärzte fest, dass sie sich von mehr als nur einer Person das Ansprechen auf eine Behandlung anschauen mussten. Wenn sich der Zustand von nur ein oder zwei Personen verbessert (oder verschlechtert), kann das auch Zufall sein. Weniger wahrscheinlich sind Zufälle, wenn bei vielen Erkrankten gute Ergebnisse erzielt werden. Je größer die behandelte Gruppe (Stichprobengröße), desto wahrscheinlicher ist es, dass es sich bei der beobachteten Wirkung oder Nebenwirkung um eine tatsächliche handelt. Bei seltenen Krankheiten können Studien relativ klein sein. Bei häufigen Erkrankungen, wenn nach mäßigen Verbesserungen gesucht wird, können klinische Studien Tausende von Freiwilligen umfassen.
Kontrollgruppen
Selbst wenn Ärzte in einer großen Gruppe von Patienten ein gutes Ansprechen auf eine neue Behandlung feststellen, wissen sie immer noch nicht, ob es der gleichen Anzahl von Patienten (oder mehr) auch ohne Behandlung wieder besser gehen würde oder ob eine andere Behandlung sogar wirksamer gewesen wäre. Aus diesem Grund vergleichen Ärzte normalerweise die Ergebnisse einer Gruppe von Patienten, die ein Prüfmedikament erhält (Behandlungsgruppe) mit einer weiteren Gruppe (Kontrollgruppe), die
eine ältere Therapie erhält
eine Scheinbehandlung (ein Placebo wie beispielsweise eine Zuckerpille) erhält
gar keine Behandlung erhält
Studien mit einer Kontrollgruppe werden als kontrollierte Studien bezeichnet.
Zeitraum
Zunächst verabreichten die Ärzte allen ihren Patienten mit einer bestimmten Krankheit einfach ein neues Medikament und verglichen die Ergebnisse dann mit denen einer Kontrollgruppe, die zu einem früheren Zeitpunkt erzielt wurden (entweder durch den gleichen oder einen anderen Arzt). Die zuvor behandelten Patienten wurden als historische Kontrollgruppe angesehen. Wenn Ärzte zum Beispiel herausfänden, dass 80 Prozent ihrer Patienten eine Malariaerkrankung nach Einnahme eines neuen Medikaments überlebt hätten, während es zuvor nur 60 Prozent gewesen waren, würden sie daraus schließen, dass diese neue Therapie wirksamer sei.
Eine Einschränkung beim Vergleich mit älteren Ergebnissen besteht darin, dass Fortschritte in der allgemeinen medizinischen Versorgung im Zeitraum zwischen der alten und der neuen Behandlung der Grund für das verbesserte Ergebnis sein könnten. Daher sollte man nicht die Therapieergebnisse von behandelten Patienten aus dem Jahr 2021 mit denen aus dem Jahr 1971 vergleichen. Ein Beispiel dafür sind die peptischen Geschwüre, die ganz früher mit einer Milch- und Sahnediät oder einer Operation behandelt wurden, dann mit Medikamenten zur Säurehemmung und heute mit der Einnahme von Antibiotika (um Infektionen mit Helicobacter pylori zu behandeln). Wenn man die Behandlungen, die über die Zeit eingesetzt werden, miteinander vergleichen will, muss man berücksichtigen, wie sehr sich das Verständnis um den Krankheitsprozess gewandelt hat.
Prospektive Studien können die Probleme, die man mit historischen Kontrollgruppen hat, umgehen. In prospektiven Studien versuchen Ärzte gleichzeitig Behandlungs- und Kontrollgruppen aufzustellen und die aus den Gruppen resultierenden Ergebnisse zu beobachten. Die wichtigsten Merkmale der Personen aus der Behandlungs- und der Kontrollgruppe müssen nach Möglichkeit ähnlich sein. Wenn die Studie beispielsweise Tod durch Krebs- oder Herzerkrankung als Ergebnis untersucht, sollten Alter und andere Faktoren (wie Rauchervorgeschichte oder Vorliegen einer Diabetes-Erkrankung) der Personen in den Gruppen in etwa gleich sein, weil es bei Personen mit diesen anderen Risikofaktoren häufiger zum Tod kommt.
Gleiches mit Gleichem vergleichen
Das größte Problem bei allen medizinischen Studien, einschließlich historischer Studien, ist jedoch, dass immer ähnliche Personengruppen miteinander verglichen werden sollten.
Hätte im vorhin angeführten Beispiel mit einer historischen Kontrollgruppe die mit dem neuen Malariapräparat behandelte Gruppe (Behandlungsgruppe) mehrheitlich aus jüngeren, nur leicht erkrankten Patienten bestanden und die zuvor behandelte (Kontroll-)Gruppe aus älteren, schwerer erkrankten Personen, wäre es sehr wahrscheinlich gewesen, dass die Patienten in der Behandlungsgruppe nur deshalb bessere Ergebnisse gezeigt hätten, weil sie jünger und gesünder waren. Aus diesem Grund könnte eine neue Therapie fälschlicherweise eine scheinbar bessere Wirkung zeigen.
Neben dem Alter und dem Schweregrad der Krankheit müssen aber noch viele weitere Faktoren berücksichtigt werden, wie zum Beispiel
Die allgemeine Gesundheit der studierten Personen (Menschen mit chronischen Krankheiten wie Diabetes oder Niereninsuffizienz erzielen tendenziell schlechtere Ergebnisse als gesunde Personen)
Der jeweilige behandelnde Arzt und das Krankenhaus (einige haben u. U. mehr Fachwissen und einige bessere Ausstattung)
Der Anteil von Männern und Frauen in der Studiengruppe (Männer und Frauen könnten unterschiedlich auf die Therapie reagieren)
Ob die Studie eine unterschiedliche Population umfasste (die Behandlungen müssen sicher sein und bei Menschen mit unterschiedlichen Merkmalen, wie z. B. unterschiedliche Ethnizität, verschiedene geografische Regionen oder unterschiedlicher sozioökonomischer Status, gleich gut funktionieren), da Behandlungen bei bestimmten Gruppen wirksamer sein könnten als bei anderen
Es wurden bereits viele verschiedene Methoden ausprobiert, um möglichst vergleichbare Gruppen zu bilden, wobei es zwei wesentliche Ansätze gibt:
Fallkontrollstudien: Die genaue Abstimmung der Patienten, die eine neue Behandlung erhalten (Fälle), mit den Patienten, die diese Behandlung nicht erhalten (Kontrollen), auf der Basis von so vielen Faktoren wie möglich (Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand usw.), und der Einsatz statistischer Methoden, mit denen sichergestellt wird, dass die Gruppen vergleichbar sind
Randomisierte Studien: Zuweisung der Personen zu den Studiengruppen nach dem Zufallsprinzip vor Beginn der Studie
Fallkontrollstudien erscheinen vernünftig. Wenn ein Arzt beispielsweise eine neue Therapie gegen Bluthochdruck (Hypertonie) untersucht und eine Person in der Behandlungsgruppe 42 Jahre alt ist und unter Diabetes leidet, würde er versuchen, auch in der Kontrollgruppe eine Person etwa gleichen Alters mit Hypertonie und Diabetes unterzubringen. Es gibt jedoch so viele Unterschiede zwischen den einzelnen Personen, einschließlich unberücksichtigter Unterschiede, dass es fast unmöglich ist, absichtlich eine exakte Übereinstimmung für jede Person in der Studie zu erreichen.
Randomisierte Studien senken das Risiko für Unterschiede zwischen den Gruppen, welche die Studienergebnisse beeinflussen, weil sie ganz anders aufgebaut sind. Am besten wird eine Übereinstimmung zwischen den Gruppen erreicht, indem man nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip vorgeht und die an der gleichen Krankheit leidenden Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip verschiedenen Gruppen zuweist (normalerweise mithilfe eines Computerprogramms). Die Gruppen lassen sich besser vergleichen, wenn sie bei bekannten Variablen wie Alter, Geschlecht und dem Vorhandensein anderer Krankheiten übereinstimmen. Ein wichtiger Vorteil, der sich nur bei der Randomisierung ergibt, ist, dass jeder Faktor, der sich auf das Studienergebnis auswirkt, aber unbekannt ist (und folglich nicht zwischen den Gruppen abgestimmt werden kann), wahrscheinlich rein zufällig über die Teilnehmer und Gruppen verteilt ist. Je größer die Anzahl der Teilnehmer in jeder Gruppe ist, desto größer sind die Chancen, dass Menschen in jeder Gruppe ähnliche Merkmale aufweisen.
Prospektive, randomisierte Studien sind die beste Möglichkeit, ein Medikament oder einen Test zwischen gleichwertigen Gruppen zu vergleichen.
Ausschluss anderer Faktoren
Sobald die Ärzte gleichwertige Gruppen zusammengestellt haben, müssen sie dafür sorgen, dass der einzige Unterschied, den sie zulassen, die Studienbehandlung ist. Auf diese Weise können sie sicher sein, dass die Ursache jedes Unterschieds im Ergebnis das Medikament ist. Andere Faktoren wie die Qualität oder Häufigkeit der Nachsorge können so ausgeschlossen werden.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Placeboeffekt. Personen, die wissen, dass sie tatsächlich ein neues Medikament erhalten anstatt überhaupt keines (oder ein älteres, wahrscheinlich weniger wirksames Präparat), erwarten oft bereits eine Besserung. Andererseits könnten einige Patienten auch davon ausgehen, dass eine neue, noch nicht zugelassene Therapie mehr Nebenwirkungen hervorruft. In beiden Fällen können diese Erwartungen die Wirkung der Behandlung verstärken. So kann sie effektiver oder mit mehr Komplikationen behaftet erscheinen als sie in Wirklichkeit ist.
Unter der Verblindung, die auch als Maskierung bezeichnet wird, versteht man eine Methode, mit der das Problem des Placebo- bzw. Nocebo-Effekts verringert werden soll. Es gibt zwei Hauptformen der Verblindung: die einfache und doppelte Verblindung.
Bei der einfachen Verblindung wissen die Studienteilnehmer nicht, ob sie eine neue Behandlung erhalten oder nicht. Das heißt, sie sind dieser Information gegenüber „blind“. Die Verblindung geht normalerweise damit einher, dass den Personen in der Kontrollgruppe eine äußerlich identische Substanz verabreicht wird, in der Regel ein Placebo ohne medizinische Wirkung. Bei einfach verblindeten Studien weiß das Studienpersonal, welchem Teilnehmer eine Behandlung zugewiesen wurde und welchem Teilnehmer nicht.
Bei der doppelten Verblindung wissen sowohl die Teilnehmer der Studie als auch das Studienpersonal nicht, welche Studienteilnehmer die neue Behandlung und welche nur ein Placebo erhalten. Da der Arzt oder das Studienpersonal aus Versehen einem Patienten verraten könnten, welche Therapie er erhält und ihn damit „entblinden“ könnten, ist es besser, dass auch alle beteiligten medizinischen Fachkräfte nicht wissen, wer welcher Gruppe angehört. Ein anderer Grund für die doppelte Verblindung ist, dass der Placebo-Effekt sogar Auswirkungen auf den Arzt haben kann. Dieser könnte unbewusst annehmen, dass eine mit einem Wirkstoff behandelte Person mehr Fortschritte macht als eine mit einem Placebo behandelte – selbst wenn es beiden genau gleich gut geht. Bei einer doppelten Verblindung ist es in der Regel notwendig, dass eine nicht an der Studie beteiligte Person, z. B. ein Apotheker, identisch aussehende Substanzen herstellt. Diese werden dann nur mit einem speziellen Nummerncode gekennzeichnet. Der Nummerncode wird erst nach Abschluss der Studie offengelegt.
Nicht alle medizinischen Studien können doppelt verblindet werden. So wissen beispielsweise Chirurgen, die zwei verschiedene Operationsmethoden untersuchen, genau, welches Verfahren sie anwenden (auch wenn die operierten Patienten darüber im Unklaren gelassen werden können). In diesen Fällen stellen die Ärzte sicher, dass diejenigen Personen, die die Ergebnisse der Behandlung auswerten, in Bezug auf das angewendete Verfahren verblindet werden. Auf diese Weise können sie die Ergebnisse nicht unbewusst beeinflussen.
Wenn es für eine schwere Krankheit bereits eine wirksame Therapie gibt, könnte es unmoralisch sein, die Kontrollgruppe nur mit einem Placebo zu behandeln. In solchen Situationen können die Behandlungen auch häufig mit anderen Studiendesigns beurteilt werden, wie im Folgenden gezeigt wird:
Um festzustellen, ob eine neue Therapie die Wirksamkeit einer Standardbehandlung ergänzt, kann eine Studie die Ergebnisse mit der Standardbehandlung plus der neuen Studienbehandlung oder plus einem Placebo vergleichen.
Um eine neue Behandlung mit der Standardbehandlung zu vergleichen, kann eine Studie die Ergebnisse der neuen Behandlung mit denen der Standardbehandlung vergleichen. Bei Bedarf können in beiden Behandlungsgruppen Placebos hinzugefügt werden, damit die Studie weiter verblindet bleibt.
Bei jedem der Ansätze dürfen die Medikamente für die Studienteilnehmer, und im Fall einer doppelten Verblindung auch für das Studienpersonal, äußerlich nicht voneinander zu unterscheiden sein. Wenn die Behandlungsgruppe eine rote, bittere Flüssigkeit schlucken muss, muss die Kontrollgruppe eine identische rote, bittere Flüssigkeit erhalten. Wird der Behandlungsgruppe eine klare Flüssigkeit injiziert, muss die Kontrollgruppe eine ähnliche Injektion verabreicht bekommen.
Bei der Anwendung der Ergebnisse klinischer Studien in der Praxis ist es wichtig zu berücksichtigen, dass Personen, die freiwillig an klinischen Studien teilnehmen, möglicherweise nicht genau dieselben Merkmal haben wie die Patienten in der Praxis oder im Krankenhaus, die die Behandlung erhalten. Auch die extrem reglementierte Versorgung und Beobachtung in klinischen Studien ist möglicherweise nicht die gleiche wie in der klinischen Routinepraxis.
Wahl eines Studiendesigns
Die beste Form einer klinischen Studie enthält alle oben genannten Elemente. Damit ist sie:
Prospektiv, was bedeutet, dass die Behandlungs- und Kontrollgruppen in die Studie aufgenommen werden, bevor diese beginnt, und dass die Gruppen dann über eine Zeit hinweg beobachtet werden
Randomisiert, was bedeutet, dass Teilnehmer der Studie nach dem Zufallsprinzip den Behandlungsgruppen zugewiesen werden
Placebokontrolliert, was bedeutet, dass manche Patienten in der Studie ein Placebo erhalten (eine Behandlung ohne Wirkstoff)
Doppelt verblindet, was bedeutet, dass weder die Studienteilnehmer noch das Studienpersonal wissen, wer eine Therapie mit Wirkstoff erhält und wer ein Placebo
Dieses Design ermöglicht die eindeutigste Bestimmung der Wirksamkeit einer Therapie. In manchen Situationen jedoch ist dieses Studiendesign vielleicht nicht möglich. Bei sehr seltenen Krankheiten zum Beispiel ist es oft bereits sehr schwierig, genug Personen für eine randomisierte Studie zu finden. In diesen Fällen können retrospektive Fall-Kontroll-Studien durchgeführt werden.
Vielfalt
Damit die Studienergebnisse auf die reale Welt zutreffen, sollten die Studienteilnehmer alle Betroffenen darstellen, welche die zu untersuchende Krankheit haben, so unter anderem alle Altersgruppen, Geschlechter, Ethnizitäten, jeder sozioökonomische Status und alle Lebensstile. Ein genauerer Vergleich wird oft einfacher, wenn die Auswahl der Studienteilnehmer auf bestimmte Gruppen beschränkt wird. Doch die klinischen Studien, deren Ergebnisse sich am ehesten auf die gesamte Population übertragen lassen, setzen sich aus den unterschiedlichsten Teilnehmern zusammen. In den USA machen zum Beispiel ethnische Minderheiten fast 40 Prozent der Bevölkerung aus. Eine Studie, die diese Vielfalt nicht abbildet, könnte einige wichtige Faktoren übersehen. Bei manchen Medikamenten können die ethnische Zugehörigkeit und die genetische Veranlagung einer Person sich auf die Wirksamkeit der Medikamente auswirken. Ein Mangel des Enzyms G6PD tritt beispielsweise bei Männern afrikanischer, asiatischer oder mediterraner Abstammung häufiger auf, und bestimmte Medikamente können bei Menschen mit G6PD-Mangel eine hämolytische Anämie auslösen. Durch Aufnahme von Personen mit unterschiedlicher Abstammung können klinische Studien zeigen, ob die Behandlungen sicher und wirksam für Menschen aus verschiedenen Gruppen sind. Faktoren wie sozioökonomischer Status, Bildungsgrad, Mobilität und Nähe zu Studienzentren können es dennoch schwer machen, eine ausreichend vielfältige Teilnehmergruppe in die Studie aufzunehmen.