Urinuntersuchung und Urinkultur

VonPaul H. Chung, MD, Sidney Kimmel Medical College, Thomas Jefferson University
Überprüft/überarbeitet Jan. 2024
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

    Eine Urinanalyse (Urinuntersuchung) kann bei der Beurteilung von Nieren- und Harnwegserkrankungen notwendig sein. Sie kann auch bei der Bewertung von Störungen des gesamten Körpers, wie Diabetes oder Leberproblemen, hilfreich sein. In der Regel wird eine Urinprobe per Clean-Catch-Verfahren (Auffangen des Mittelstrahls in einem Becher) oder durch ein anderes steriles Verfahren gesammelt. Eine Methode beispielsweise, eine Urinprobe ohne Verunreinigungen zu erhalten, ist das Einführen eines Katheters in die Blase.

    Mit Urinkulturen, bei denen im Labor Bakterien aus einer Urinprobe gezüchtet werden, werden Harnwegsinfektionen diagnostiziert. Das Anlegen dieser Bakterienkulturen ist nicht Bestandteil einer routinemäßigen Urinanalyse. Die Urinprobe muss mithilfe des Clean-Catch-Verfahrens (siehe Randleiste Sammeln einer Clean-Catch-Urinprobe) oder durch das kurze Einführen eines sterilen Katheters über die Harnröhre in die Harnblase gesammelt werden.

    Erhalten einer Clean-Catch-Urinprobe

    1. Die Penisspitze des Mannes oder die Harnröhrenöffnung bei der Frau wird in der Regel mit einem kleinen antiseptischen Pad gereinigt. Nicht beschnittene Männer sollten ihre Vorhaut zurückziehen, um die Penis-Eichel zu reinigen.

    2. Die ersten Urintropfen, die die Harnröhre auswaschen, werden nicht aufgefangen.

    3. Der danach folgende Urin wird in einem sterilen Becher aufgefangen. In der Regel ist die Probe ausreichend, bereits bevor die Blase vollständig entleert wurde (Mittelstrahlurin).

    Die Urinanalyse umfasst

    • Chemische Tests zur Bestimmung und Messung der Konzentration verschiedener Substanzen im Urin

    • Häufig eine Untersuchung des Urins unter dem Mikroskop

    Mit chemischen Tests wird nach Eiweißen (Proteinen), Glukose (Zucker), Ketonen, Blut und anderen Substanzen gesucht. Sie werden mit einem Teststreifen durchgeführt, an dessen Ende sich ein mit Chemikalien getränktes Feld befindet; die Chemikalien reagieren auf Substanzen im Urin, und das Feld verfärbt sich innerhalb von kurzer Zeit. Zur Bestätigung der Testergebnisse werden manchmal komplexere und präzisere Laboruntersuchungen durchgeführt.

    Die Untersuchung des Urins unter einem Mikroskop kann erfolgen, um ihn auf eventuell vorhandene rote und weiße Blutkörperchen, Kristalle und Harnzylinder (Ausgüsse der Nierentubuli oder Sammelrohre; sie entstehen durch glomeruläre Ausscheidung von Zellen, Protein oder beidem aus dem Urin) zu untersuchen.

    Eiweiß im Urin (Proteinurie) lässt sich meistens schnell mit einem Teststreifen nachweisen, wenn größere Mengen vorhanden sind. Je nach Ursache kann das Eiweiß ständig oder nur zeitweise im Urin vorhanden sein. Eine Proteinurie kann auch nach extremer sportlicher Verausgabung, wie beim Marathonlauf, ganz normal sein, aber meist ist es auch ein Zeichen für eine Nierenerkrankung. Kleine Mengen Eiweiß im Urin können ein frühes Zeichen einer Nierenschädigung aufgrund von Diabetes sein. Diese können mit einem Teststreifen unter Umständen nicht festgestellt werden. In diesen Fällen wird der Urin über einen Zeitraum von 12 bis 24 Stunden gesammelt und anschließend im Labor untersucht.

    Glukose im Urin (Glukosurie) lässt sich ebenfalls mit einem Teststreifen nachweisen. Der häufigste Grund für Glukose im Urin ist Diabetes mellitus; doch selbst wenn keine Glukose im Blut festgestellt wird, ist das keine Garantie dafür, dass kein Diabetes mellitus vorliegt oder dass dieser gut eingestellt ist. Auch deutet das Vorhandensein von Glukose im Urin nicht unbedingt auf Diabetes oder eine andere Krankheit hin.

    Ketone im Urin (Ketonurie) können mit Teststreifen nachgewiesen werden. Sie entstehen, wenn der Körper Fett abbaut. Ketone können infolge von Hungern oder Fasten, unkontrollierten Diabetes mellitus oder bei Menschen, die übermäßig viel Alkohol konsumiert haben (normalerweise Menschen mit Alkoholkrankheit), im Urin auftreten.

    Blut im Urin (Hämaturie) ist mit einem Teststreifen oder bei einer mikroskopischen Untersuchung feststellbar. Manchmal enthält der Urin so viel Blut, dass er rot oder braun verfärbt ist.

    Nitrite im Urin (Nitriturie) sind ebenfalls mit einem Teststreifen nachweisbar. Eine hohe Nitritkonzentration deutet auf eine Harnwegsinfektion hin.

    Leukozytenesterase (ein Enzym in bestimmten weißen Blutkörperchen) im Urin kann mit einem Teststreifen festgestellt werden. Eine Leukozytenesterase ist ein Zeichen für eine Entzündung, am häufigsten beruht diese auf einer Harnwegsinfektion.

    Der Säuregehalt (pH-Wert) des Urins wird mit einem Teststreifen gemessen. Bestimmte Nahrungsmittel und ein chemisches Ungleichgewicht können ihn verändern. Manchmal kann eine Veränderung des Säuregehalts die Betroffenen für Nierensteine anfällig machen.

    Die Konzentration des Urins (auch Osmolalität genannt, in etwa durch das spezifische Gewicht angegeben) kann je nachdem, ob eine Dehydratation vorliegt, wie viel Flüssigkeit die Person aufgenommen hat und aufgrund anderer Faktoren extrem variieren. Die Urinkonzentration ist manchmal auch wichtig bei der Diagnose einer gestörten Nierenfunktion. Die Nieren verlieren in einem frühen Stadium einer Erkrankung, die eine Niereninsuffizienz zur Folge hat, ihre Fähigkeit, Urin zu konzentrieren. Bei einem bestimmten Test darf der Betroffene 12 bis 14 Stunden kein Wasser oder andere Flüssigkeiten trinken. Bei einem anderen Test wird dem Patienten Vasopressin injiziert (auch als antidiuretisches Hormon bezeichnet). Danach wird die Harnkonzentration gemessen. Normalerweise sollte jedes dieser beiden Testverfahren den Urin stark konzentrieren. Bei bestimmten Nierenerkrankungen jedoch (wie nephrogener Diabetes insipidus) kann der Urin nicht konzentriert werden, selbst wenn die übrigen Funktionen der Niere normal sind.

    Das Sediment kann man unter dem Mikroskop untersuchen, um Informationen über eine mögliche Erkrankung der Nieren oder der Harnwege zu erhalten. Normalerweise enthält der Urin eine kleine Anzahl an aus den Harnwegen abgeschilferten Zellen und anderen Rückständen. Bei Personen mit Erkrankungen der Niere oder Harnwege werden gewöhnlich mehr Zellen abgeschilfert, die ein Sediment bilden, wenn man den Urin in einer Zentrifuge schleudert (dabei handelt es sich um ein Laborinstrument, bei dem mithilfe der Zentrifugalkraft Komponenten einer Flüssigkeit getrennt werden) oder sich absetzen lässt.