Verletzung durch Inhalation von Reizgasen

VonCarrie A. Redlich, MD, MPH, Yale Occupational and Environmental Medicine Program Yale School of Medicine;
Efia S. James, MD, MPH, Bergen New Bridge Medical Center;Brian Linde, MD, MPH, Yale Occ and Env Medicine Program
Überprüft/überarbeitet Nov. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Eine Verletzung durch Inhalation von Reizgasen entsteht durch Gase, die sich beim Einatmen in der Flüssigkeit der Atemwegsschleimhaut auflösen und damit eine Entzündungsreaktion hervorrufen.

  • Symptome hängen davon ab, welche Gase oder Chemikalien und wie tief und wie lange sie eingeatmet wurden.

  • Sie können eine Reizung von Augen oder Nase, Husten, blutigen Auswurf und Kurzatmigkeit umfassen.

  • Röntgenaufnahmen des Brustkorbs, eine Computertomografie und Atemtests dienen der Beurteilung des Ausmaßes der Lungenschädigung.

  • Sauerstoff sowie Medikamente zur Erweiterung der Atemwege und zur Linderung der Entzündung werden verabreicht.

Bei Industrieunfällen können viele Arten von Gasen – z. B. Chlor, Phosgen, Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff, Stickstoffdioxid oder Ammoniak – plötzlich freigesetzt werden und die Lunge ernsthaft reizen. Gase wurden auch als chemische Kampfstoffe eingesetzt.

Potenziell gefährliche Substanzen können als Gase, Dämpfe, Dunstschwaden, Nebel, Aerosole und Rauch eingeatmet werden. Toxische Substanzen in der Luft können die Atemwege schädigen (lokale Auswirkungen haben) und auch eine körperweite (systemische) Schädigung verursachen. Die meisten Reizgase sind wasserlöslich und führen zu einer abrupt einsetzenden Reizung der Schleimhautoberflächen, mit denen sie in Kontakt kommen. Die Symptome einer Reizung – tränende Augen, laufende Nase und ein brennendes Gefühl am Mund und im Gesicht – können Warnsignale sein, dass man den Kontakt mit dem Reizauslöser möglichst meiden sollte.

Gase, die weniger wasserlöslich sind, wie Stickstoffdioxid und Phosgen, haben Eigenschaften mit weniger deutlichen Warnsignalen. Die Silofüllerkrankheit, die hauptsächlich Landwirte betrifft, entsteht durch das Einatmen stickstoffdioxidhaltiger Dämpfe aus feuchtem Gärfutter (Silage), wie frischem Mais oder Getreide. Noch 12 Stunden nach dem Kontakt kann sich in der Lunge Flüssigkeit ansammeln.

Die Möglichkeit einer Exposition besteht in Umgebungen außerhalb des Arbeitsplatzes. Eine häufige mögliche Belastung im Haushalt besteht durch die Mischung von handelsüblichen Ammoniak mit bleichmittelhaltigen Reinigungsmitteln, was zur Freisetzung des Reizgases Chloramin führt.

(Siehe auch Lungenkampfstoffe und Überblick über umwelt- und berufsbedingte Lungenerkrankungen.)

Symptome einer Verletzung durch Inhalation von Reizgasen

Lösliche Gase wie Chlor, Ammoniak und Flusssäure führen innerhalb von wenigen Minuten nach dem Kontakt zu schweren Verätzungen in Augen, Nase, Rachen, Luftröhre und in den großen Atemwegen. Zusätzlich rufen sie oft Husten mit blutigem Auswurf hervor (Hämoptyse). Brechreiz und Kurzatmigkeit kommen ebenfalls häufig vor.

Schwerer lösliche Gase wie Stickstoffdioxid und Ozon verursachen zum Teil schwere Kurzatmigkeit, die mit einer Zeitverzögerung von 3 bis 4, manchmal auch bis zu 12 Stunden nach der Exposition einsetzt. Bei schwerer löslichen Gasen kann es zu einer längeren Schädigung der Lunge kommen, was zu chronischer Keuchatmung und dauerhafter Kurzatmigkeit führen kann.

Diagnose einer Verletzung durch Inhalation von Reizgasen

  • Frühere Belastung

  • Aufnahme des Brustkorbs (Röntgen oder Computertomografie)

Eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs kann klären, ob sich ein Lungenödem (Flüssigkeit in der Lunge) gebildet hat. Eine Computertomografie ist besonders nützlich, wenn Patienten Symptome aufweisen, die Röntgenaufnahme des Brustkorbs aber unauffällig aussieht.

Ein Sensor wird am Finger angebracht, um die Sauerstoffmenge im Blut zu bestimmen (Pulsoximetrie).

Lungenfunktionstests werden durchgeführt, um chronische Auswirkungen zu beurteilen, wenn nach einer akuten Verletzung anhaltende Symptome auftreten.

Behandlung einer Verletzung durch Inhalation von Reizgasen

  • Entfernung aus der entsprechenden Umgebung

  • Unterstützende Atemtherapie

Die Behandlung hängt von der Art und Schwere der Exposition ab. Die Entfernung von der Expositionsquelle und eine unterstützende Atemtherapie sind ein Eckpfeiler der Behandlung. Die Patienten sollten zunächst an die frische Luft gebracht werden und zusätzlichen Sauerstoff erhalten. Menschen, die starken exponiert waren, etwa bei einem Arbeitsunfall, werden oft zunächst von Ersthelfern behandelt und dann zur weiteren Untersuchung und Behandlung in ein Krankenhaus gebracht. Bronchodilatatoren, die die Atemwege öffnen, und eine Sauerstofftherapie können bei weniger stark exponierten Patienten eingesetzt werden.

Prognose bei Verletzungen durch Inhalation von Reizgasen

Die Prognose hängt von der Art und dem Ausmaß der Exposition ab. Die meisten Menschen mit einer weniger starken Exposition erholen sich vollständig. Betroffene können aber auch eine anhaltende Lungenschädigung mit einer vorübergehenden Verlegung der Atemwege (reaktives Atemwegsdysfunktionssyndrom) oder seltener eine Bronchiolitis und/oder Bronchiektasie entwickeln.

Wussten Sie ...

  • Wenn giftige Gase vorhanden sind, sollte eine Person eine andere Person nur mit entsprechender Schutzausrüstung retten, die sie mit frischer Luft oder Sauerstoff aus einem Tank versorgt.

Vorbeugung gegen Verletzungen durch Inhalation von Reizgasen

Die beste Vorbeugung besteht darin, im Umgang mit Gasen und Chemikalien größte Vorsicht walten zu lassen. Bei der Verwendung von Reinigungsmitteln oder anderen Chemikalien zu Hause sollte auf eine gute Belüftung geachtet werden.

Landwirte sollten sich bewusst sein, dass der versehentliche Kontakt mit giftigen Gasen aus Futtersilos gefährlich ist und möglicherweise zum Tod führen kann. Wenn giftige Gase vorhanden sind, sollte eine Person eine andere Person nur mit entsprechender Schutzausrüstung retten.