Ursachen von Taubheitsgefühlen

Grund

Verdächtige Befunde

Diagnostischer Ansatz*

Einseitige Taubheit beider Gliedmaßen (Hemihypästhesie)†

Kortikale Dysfunktion (z. B. Schlaganfall, Tumor, multiple Sklerose, degenerative Gehirnerkrankungen)

Verlust der Gesichts- und Körperempfindungen auf der kontralateralen Seite der Läsion sowie Verlust der kortikalen Empfindungen (z. B. Agraphästhesie, Astereognose, Extinktion)

Üblicherweise nichtsensorische neurologische Defizite (z. B. Schwäche, Hyperreflexie, Ataxie)

MRT oder CT

Dysfunktion von oberem Hirnstamm oder Thalamus (z. B. Schlaganfall, Tumor, Abszess)

Gesichts- und Körperempfindungen gehen auf der kontralateralen Seite der Läsion verloren

Oft Hirnnervenausfälle (z. B. Okulomotorius-Lähmung auf der zur Taubheit kontralateralen Seite bei einigen Insulten im oberen Hirnstamm)

MRT (vorzugsweise bei Hirnstammdysfunktion) oder CT

Dysfunktion desunteren Hirnstamms (z. B. Schlaganfall, Tumor, degenerative Gehirnerkrankungen)

Verlust der Gesichtsempfindungen auf der ipsilateralen Seite der Läsion und Verlust der Körperempfindungen auf der kontralateralen Seite der Läsion (gekreuzte Gesichts-Körper-Verteilung)

Oft Hirnnervenausfälle

MRT

Bilaterales Taubheitsgefühl in Gliedmaßen oder Rumpf

Transversale Myelopathie‡ (z. B. Rückenmarkkompression, Querschnittsmyelitis)

Verlust der sensorischen, motorischen und Reflexfunktion unterhalb eines bestimmten Wirbelsäulensegments

Autonome Dysfunktion (z. B. Darm, Blase und erektile Dysfunktion; Anhidrose)

MRT

Dysfunktion in den Hintersträngen (z. B. multiple Sklerose, Vitamin-B12-Mangel, Tabes dorsalis, HIV-Infektion)

Dysproportionierter Ausfall von Vibrations- und Lagesinn

Bei multipler Sklerose oder anderen Erkrankungen, die sich auf die hinteren Säulen des Rückenmarks auswirken (z. B. B12-Mangel), wird das Taubheitsgefühl vom Patienten oft anders beschrieben (d. h. fühlt sich die Gliedmaße dick an oder umhüllt, als würde man einen Handschuh oder Strümpfe tragen).

Bei Vitamin-B12-Mangel beidseitige und symmetrische Befunde (in der Regel aufgrund einer Funktionsstörung des Rückenmarks, aber oft begleitet von einer peripheren Neuropathie)

MRT

Vitamin-B12-Spiegel, Zellzahl- und Eiweißbestimmung sowie Blutuntersuchungen auf Syphilis im Liquor

Elektromyographie und Nervenleitungstest (elektrodiagnostische Testung)

Kompression der Cauda equina–auch Cauda-equina-Syndrom genannt (z. B. durch Bandscheibenvorfall oder Metastasen in Rückenmark oder Wirbelsäule)

Taubheitsgefühle beeinflussen in erster Linie das Perineum (Reithosenbereich)

Oft Harn- oder Stuhlverhalt oder -inkontinenz und/oder Verlust der Sphinkterreflexe (z. B. Analreflex, Bulbocavernosusreflex)

MRT

Zentralnordsyndrom (z. B. aufgrund von Trauma, Tumor oder Syrinx)

Taubheit und Schwäche betreffen überproportional beide oberen Gliedmaßen

MRT

Polyneuropathien wie

Bilaterale, weitgehend symmetrische, meist distale Parästhesien und sensorische Ausfälle (Strumpf-Handschuh-Verteilung)

Manchmal Schwäche und Hyporeflexie (z. B. bei demyelinisierenden Polyneuropathien)

Elektrodiagnostische Testung

Durch die vermutete Störung begründete Laboruntersuchungen

Multiple Mononeuropathie—auch Mononeuritis multiplex genannt (z. B. assoziiert mit Diabetes, systemischen rheumatischen Erkrankungen, Infektionen oder Stoffwechselstörungen)

Taubheitsgefühl mit oder ohne Schmerz

Gewöhnlich motorische und reflexive Defizite in der Verteilung von ≥ 2 peripheren Nerven, manchmal sind bestimmte Nerven nacheinander betroffen (kann aber klinisch nicht von der Strumpf-Handschuh-Verteilung zu unterscheiden sein)

elektrodiagnostische Tests und Laboruntersuchungen entsprechend der vermuteten Ursache

Taubheitsgefühl in einer Teilextremität

Radikulopathie§ (z. B. Bandscheibenvorfall, Knochenkompression durch Osteoarthritis oder rheumatoide Arthritis, karzinomatöse Meningitis, infektiöse Radikulopatie)

Schmerz (manchmal wie ein Stromschlag), sensorische und oft motorische und/oder reflektorische Defizite im Innervationsgebet einer Nervenwurzel (siehe Tabelle Symptome häufiger Radikulopathien, nach der Höhe des Rückensegments)

Der Schmerz wird durch Bewegen des Wirbels oder ein Valsalva-Manöver möglicherweise verschlimmert

MRT oder CT

Manchmal elektrodiagnostische Untersuchungen

Plexopathie (z. B. brachiale oder lumbale Plexopathie, brachiale Neuritis, Schultergürtel-Kompressionssyndrom)

Sensibilitätsstörungen, Schmerz und motorische Defizite in einer Teilextremität (manchmal im Großteil der Extremität), die in ihrer Ausbreitung über eine Mononeuropathie oder Radikulopathe hinausgehen

Elektrodiagnostische Testung

MRT, mit Ausnahme von Trauma oder vermuteter brachialer Neuritis als Ursache

Einfache Mononeuropathie (z. B. Karpal-, Kubital-, Radial- und Tarsaltunnelsyndrom; ulnare, radiale und peroneale Nervenlähmungen)

Taubheit (mit oder ohne Schmerz) und motorische und reflektorische Defizite im Innervationsgebet eines einzelnen peripheren Nerven

Manchmal Anamnese und körperliche Untersuchung allein

Manchmal elektrodiagnostische Untersuchungen

* Eine klinische Untersuchung wird immer durchgeführt, wird aber in dieser Spalte nur erwähnt, wenn sie das einzige Mittel zur Diagnose sein kann.

† Nur ein Bein kann beeinträchtigt sein; der Rumpf kann betroffen sein.

‡ Conus-medullaris-Syndrom ist eine Querschnittsmyelopathie ca. auf Höhe L1. Ähnliche Befunde wie bei Cauda-equina-Syndrom.

§ Die Befunde können beidseitig auftreten.

CSF = Liquor cerebrospinalis

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