Neuroblastom

VonKee Kiat Yeo, MD, Harvard Medical School
Überprüft/überarbeitet Juni 2024
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Das Neuroblastom ist ein Karzinom, das meist in der Nebenniere oder, seltener, im sympathischen Grenzstrang, einschließlich im Retroperitoneum, Thorax oder Hals, entstehen kann. Die Diagnose wird mittels Biopsie bestätigt. Die Behandlung kann aus einer chirurgischen Resektion, Chemotherapie, Bestrahlung, einer Hochdosis-Chemotherapie mit Stammzellentransplantation, cis-Retinsäure und Immuntherapie bestehen.

Das Neuroblastom ist der häufigste Krebs bei Säuglingen und der häufigste solide Tumor bei Kindern, abgesehen von Hirntumoren. Es macht 7 bis 8% aller Krebserkrankungen im Kindesalter aus (1). Ungefähr 90% der Fälle treten bei Kindern < 5 Jahre auf.

Neuroblastome sind unreife, undifferenzierte, maligne Tumoren. Ganglioneuroblastome sind intermediäre Tumoren und Ganglioneurome sind vollständig differenzierte, gutartige Varianten des Neuroblastoms; kollektiv werden diese als Neuralleisten-Tumoren bezeichnet.

Die meisten Neuroblastome produzieren Catecholamine, die im Urin als erhöhte Abbauprodukte festgestellt werden können. Neuroblastome verursachen in der Regel keine schwere Hypertonie, da diese Tumoren in der Regel kein Epinephrin absondern.

Neuroblastome können im Bauch (etwa 65%), in der Brust (15–20%), am Hals, am Becken oder an anderen Stellen entstehen. Neuroblastome kommen sehr selten als primäre Tumoren des Zentralnervensystems vor.

Ungefähr 40–50% der Kinder haben bei Diagnosestellung eine lokalisierte oder regionale Krankheit, 50–60% weisen zu diesem Zeitpunkt bereits Metastasen auf. Das Neuroblastom kann Knochenmark, Knochen, Leber, Lymphknoten oder, seltener, Haut oder Gehirn metastasieren. Knochenmarkmetastasen können Anämie und/oder Thrombozytopenie verursachen. Anämie tritt auch gelegentlich auf, wenn eine Blutung in diese hoch vaskulären Tumore einen schnellen Abfall des Hämoglobin verursacht.

Die meisten Neuroblastome treten spontan auf, aber 1 bis 2% scheinen vererbt zu werden. Einige Marker (z. B. MYCN Onkogenamplifikation, DNA-Index, segmentale Chromosomenaberrationen, Histopathologie) korrelieren mit Progression und Prognose. Eine MYCN-Amplifikation tritt in etwa 20% der Neuroblastomfälle auf und ist mit einer fortgeschrittenen Erkrankung und einer ungünstigen Biologie assoziiert.

Tipps und Risiken

  • Das Neuroblastom ist der häufigste Krebs im Kindesalter.

Allgemeine Literatur

  1. 1. Campbell K, Siegel DA, Umaretiya PJ, et al. A comprehensive analysis of neuroblastoma incidence, survival, and racial and ethnic disparities from 2001 to 2019. Pediatr Blood Cancer. 2024;71(1):e30732. doi:10.1002/pbc.30732

Symptome und Anzeichen von Neuroblastom

Die Symptome und Befunde eines Neuroblastoms hängen vom Sitz und Stadium des Primärtumors ab. Die häufigsten Symptome sind Bauchschmerzen, Unwohlsein, Reizbarkeit, verminderter Appetit und ein Völlegefühl aufgrund einer abdominalen Raumforderung.

Bestimmte Symptome können von Metastasen herrühren. Dazu gehören Knochenschmerzen aufgrund der weit verbreiteten Knochenmetastasen, periorbitale Hautblutungen und Exophtalmus aufgrund retrobulbärer Metastasierung, aber auch Bauchauftreibung und Atemwegserkrankungen aufgrund von Lebermetastasen insbesondere bei Säuglingen. Bei Kindern mit Knochenmarkbeteiligung kann es zu Anämie (möglicherweise Blässe) und Thrombozytopenie (Petechien) kommen.

Kinder stellen sich manchmal mit fokalen neurologischen Ausfällen oder Paralyse vor, wenn der Tumor direkt in den Spinalkanal einbricht. Tumoren im Nacken oder im oberen Thorax können ein Horner-Syndrom (Ptosis, Miosis, Anhidrose) verursachen. Sie können ebenso mit einem paraneoplastischen Syndrom auffallen wie mit einer zerebellären Ataxie, Opsoklonus-Myoklonie, wässrigen Durchfällen oder arterieller Hypertonie.

Zu den seltenen Krankheiten, die mit Neuralleisten-Tumoren (z. B. Neuroblastom, Ganglioneuroblastom, Ganglioneurom) assoziiert sind, gehören ROHHADNET (schnell einsetzende Fettleibigkeit mit hypothalamischer Dysfunktion, Hypoventilation, autonomer Dysregulation und neuroendokrinen Tumoren) und das kongenitale zentrale Hypoventilationssyndrom.

Diagnose von Neuroblastom

  • CT/MRT

  • Biopsie

  • Manchmal Knochenmarkaspirat oder Knochenmarkbiopsie sowie Urinuntersuchung auf Katecholaminabbauprodukte

Bei der pränatalen Routine-Ultraschalluntersuchung wird gelegentlich ein Neuroblastom entdeckt. Patienten, die sich mit abdominellen Symptomen oder einer Tumormasse vorstellen, sollten eine Ultraschalluntersuchung oder ein Abdomen-Computertomographie oder MRT erhalten. Die Diagnose eines Neuroblastoms wird dann mittels Biopsie bestätigt.

Alternativ kann die Diagnose auch ohne Biopsie oder Operation des Primärtumors gestellt werden, durch das Vorliegen charakteristischer Krebszellen bei der Knochenmark- oder Sternumbiopsie oder aufgrund von erhöhten Katecholaminabbauprodukten im Urin gestellt werden. Diese Diagnosemethoden werden nicht häufig angewendet, können aber in Situationen nützlich sein, wo Biopsie und/oder Operation aufgrund der Patienten- oder Tumor-Eigenschaften als hohes Risiko eingestuft wird/werden.

Die Vanillinmandelsäure (VMA), die Homovanillinsäure (HVA) oder beide sind bei mehr als 90% der Patienten erhöht. Es kann 24-Stunde-Sammelurin verwendet werden, aber Spontanurin ist in der Regel ausreichend. Wenn die primäre Stelle des Neuroblastoms bei den Nieren liegt, muss es vom Wilms-Tumor und anderen Nierentumoren unterschieden werden. Es muss auch von einem Rhabdomyosarkom, Hepatoblastom, Lymphom und Tumoren genitalen Ursprungs unterschieden werden.

Staging von Neuroblastom

Folgendes sollte getan werden, um Metastasen zu beurteilen:

  • Knochenmarkaspirate und Knochemarkbiopsie aus mehreren Stellen (in der Regel aus beiden posterioren Beckenkämmen)

  • Knochen-Scan oder Jod-131-Metaiodobenzylguanidin (MIBG) -Scan (MIBG-Aufnahme tritt bei > 90% der Neuroblastome auf)

  • Abdomen-, Pelvis- und Thorax-Computertomographie oder Magnetresonanztomographie

Bei Symptomen oder Befunden, die auf Gehirnmetastasen hindeuten, sollte auch eine Schädel-Computertomographie oder -Magnetresonanztomographie erfolgen.

Die Ergebnisse dieser Tests bestimmen den Grad (Ausmaß der Ausbreitung) der Erkrankung. Das International Neuroblastoma Staging System (INSS) erfordert, dass die Ergebnisse der Operation den Grad bestimmen. Das International Neuroblastoma Risk Group Staging System (INRGSS) verwendet durch Bildgebung definierte Risikofaktoren eher als Chirurgie, um ein Neuroblastom einzustufen.

Das Neuroblastom hat auch ein eigenes Stadium, das als Stadium 4S (nach der INSS-Klassifikation) oder MS (nach der INGRSS-Klassifikation) bezeichnet wird und sich oft spontan ohne Behandlung zurückbildet. Diese Phase umfasst Kinder < 12 Monate (4S) oder 18 Monate (MS) mit lokalisiertem Primärtumor, dessen Verbreitung sich auf Haut, Leber und/oder Knochenmark beschränkt. Die Beteiligung des Knochnmarks sollte möglichst gering sein und sich auf < 10% der gesamten kernhaltigen Zellen beschränken und kann nicht die Rinde des Knochens einbeziehen.

Zum Zeitpunkt der Diagnose sollten adäquate Versuche unternommen werden, um geeignetes Tumorgewebe zur Analyse des DNA-Index (das Verhältnis der Menge an DNA in einer Tumorzelle zu der Menge in einer normalen Zelle; der DNA-Index ist daher ein quantitatives Maß für den Chromosomengehalt) und zur Amplifikation des MYCN-Onkogen zu erhalten.

Risikoeinteilung von Neuroblastomen

Nach dem Staging werden die Informationen aus der Stadieneinteilung zusammen mit anderen bekannten prognostischen Faktoren wie Alter des Patienten, Histologie, MYCN-Amplifikation, molekulare Informationen aus dem Tumor und DNA-Index zur Kategorisierung der Patienten verwendet, um die Behandlungsintensität zu steuern und die Prognose und die Wahrscheinlichkeit eines Wiederauftretens der Krankheit nach der Behandlung zu bestimmen.

Die Risikokategorisierung ist komplex, und es gibt zwei wichtige Systeme zur Stratifizierung von Risikogruppen: die Risikogruppe der Children's Oncology Group (COG) und die Klassifikation der International Neuroblastoma Risk Group (INRG). In beiden Systemen werden die Staging- und Prognosefaktoren verwendet, um Patienten in Kategorien mit niedrigem, mittlerem und hohem Risiko zu stratifizieren, die zur Bestimmung der Prognose und zur Steuerung der Behandlung beitragen. Darüber hinaus werden Chromosom 11q-Aberrationen in der INRG-Klassifikation berücksichtigt.

Behandlung von Neuroblastom

  • Chirurgische Resektion

  • Normalerweise Chemotherapie

  • Manchmal Hochdosis-Chemotherapie gefolgt von Stammzelltransplantation

  • Manchmal Strahlentherapie

  • Cis-Retinsäure für die Erhaltungstherapie bei Hochrisiko-Krankheit

  • Immuntherapie

Die Behandlung des Neuroblastoms richtet sich nach der Risikokategorie (siehe auch Behandlung des Neuroblastoms - Version für medizinisches Fachpersonal des National Cancer Institute [Neuroblastoma Treatment—Health Professional Version]).

Die chirurgische Resektion ist bei Erkrankungen mit geringem un mittlerem Risiko wichtig. Bei Patienten mit einem mittleren Erkrankungsrisiko wird die Operation oft so lange hinausgezögert, bis eine neoadjuvante Chemotherapie durchgeführt wird, um die Chancen auf eine adäquate chirurgische Resektion zu erhöhen.

Eine Chemotherapie (Vincristin, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Cisplatin, Carboplatin, Ifosfamid und Etoposid) ist bei Kindern notwendig, deren Krankheit ein mittleres oder hohes Risiko hat. Eine Hochdosis-Chemotherapie mit Stammzelltransplantation und cis-Retinsäure werden bei Kindern mit Hochrisikoerkrankung ebenfalls häufig zusätzlich eingesetzt.

Die Strahlentherapie wird manchmal bei Kindern mit einer Krankheit mit mittlerem Risiko oder bei Kindern mit inoperablen Tumoren benötigt und ist ein Standardteil der Behandlung zur lokalen Kontrolle von Hochrisikokrankheiten.

Die Immuntherapie mit monoklonalen Antikörpern gegen Neuroblastom-Antigene (GD2) in Kombination mit Zytokinen wird als Erhaltungstherapie bei Hochrisikoerkrankungen eingesetzt.

In einer Studie zu rezidivierten/refraktären Neuroblastomen führte eine Kombination aus Immuntherapie und Chemotherapie zu beeindruckenden klinischen Reaktionen (1).

Literatur zur Therapie

  1. 1. Mody R, Naranjo A, Van Ryn C, et al: Randomised Phase II Trial of Irinotecan/Temozolomide (I/T) with Temsirolimus or Dinutuximab (DIN) in Children with Refractory or Relapsed Neuroblastoma (COG ANBL1221): A Report from The Children’s Oncology Group (COG). Lancet Oncol 18(7):946–957, 2017. doi: 10.1016/S1470-2045(17)30355-8

Prognose bei Neuroblastom

Die Prognose des Neuroblastoms ist abhängig von Alter bei der Diagnose, Stadium und biologische Faktoren (z. B. Histopathologie, Tumorzelle Ploidie bei jüngeren Patienten, MYCN Verstärkung). Jüngere Kinder mit lokalisierter Erkrankung haben die beste Prognose.

Die Überlebensraten für Erkrankungen mit geringem und mittlerem Risiko liegen bei etwa 90-95%. Historisch liegt die Überlebensrate bei Hochrisikoerkrankungen bei etwa 15%. Diese Rate wurde auf > 50% mit der Nutzung der intensivierten Therapie verbessert. Und eine randomisierte Studie zeigte, dass eine intensive Therapie in Kombination mit einer Immuntherapie zu einer 2-Jahres ereignisfreien Überlebensrate von 66% führte (1).

Hinweis zur Prognose

  1. 1. Park JR, Kreissman SG, London WB, et al: A phase III randomized clinical trial (RCT) of tandem myeloablative autologous stem cell transplant (ASCT) using peripheral blood stem cell (PBSC) as consolidation therapy for high-risk neuroblastoma (HR-NB): A Children's Oncology Group (COG) study. J Clin Oncol 34(Suppl 18):LBA3-LBA, 2016. doi: 10.1200/JCO.2016.34.15_suppl.LBA3

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. International Neuroblastoma Staging System (INSS): A surgical staging system that requires the results of surgery to determine stage

  2. International Neuroblastoma Risk Group Staging System (INRGSS): A preoperative staging system that uses imaging-defined risk factors rather than surgery to stage neuroblastoma

  3. Children's Oncology Group (COG) and the International Neuroblastoma Risk Group (INRG) classification: COG and INRG risk group stratification systems use staging and prognostic factors to stratify patients into low-, intermediate-, and high-risk categories that help determine prognosis and guide treatment

  4. National Cancer Institute: Neuroblastoma Treatment—Health Professional Version