Diagnostischer Zugang beim neurologischen Patienten

VonMark Freedman, MD, MSc, University of Ottawa
Überprüft/überarbeitet Juli 2023
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Bei Patienten mit neurologischen Symptomen wird nach der neurologischen Methode vorgegangen, bei der in folgenden Schritten vorgegangen wird:

  • Identifikation der anatomischen Lage der Läsion oder der die Symptome verursachenden Läsionen

  • Ermittlung der beteiligten Pathophysiologie

  • Erstellung einer Differenzialdiagnose

  • Auswahl geeigneter spezifischer Tests

Die Identifikation von Anatomie und Pathophysiologie der Läsion durch sorgfältige Anamneseerhebung und genaue neurologische Untersuchung engt die Differenzialdiagnose und somit die Anzahl der erforderlichen Tests deutlich ein. Die Anamnese ist wichtig, um den wahrscheinlichen Ort der neurologischen Funktionsstörung zu ermitteln, und die neurologische Untersuchung dient dazu, den vermuteten Ort zu bestätigen. Dieser Ansatz sollte nicht durch das unüberlegte Anordnen von CT, MRT und Labortests ersetzt werden, denn dies führt zu Fehlern und unnötigen Kosten.

Zur Bestimmung der anatomischen Lage stellt der Untersucher Fragen wie

  • Sind alle Symptome und Anzeichen auf eine einzige Läsion im Nervensystem oder auf mehrere Läsionen zurückzuführen?

  • Ist das zentrale oder periphere Nervensystem beteiligt oder sind beide beteiligt?

Spezifische Teile des Nervensystems sind in Betracht zu ziehen: Kortex, subkortikale weiße Substanz, Basalganglien, Thalamus, Kleinhirn, Hirnstamm, Rückenmark, Plexus brachialis oder Plexus lumbosacralis, peripherere Nerven, neuromuskuläre Endplatte und Muskulatur.

Sobald der Ort der Läsion identifiziert ist, werden Kategorien von pathophysiologischen Ursachen in Betracht gezogen; dazu gehören solche, die primär vom Nervensystem ausgehen, und solche, die ihren Ursprung anderswo im Körper haben und das Nervensystem sekundär betreffen (z. B. vaskulär, infektiös, immunvermittelt). Zu den allgemeinen Kategorien von Ursachen für neurologische Störungen gehören die folgenden:

  • Gefäßbedingt

  • Infektiös

  • Neoplastisch

  • Degenerativ

  • Traumatisch

  • Toxisch-metabolisch

  • Kongenital

  • Immunvermittelt

Richtig angewandt, bietet die neurologische Methode ein geordnetes Vorgehen auch im komplexesten Fall, und der Arzt wird weit weniger durch neurologische Mimikry getäuscht–z. B. wenn die Symptome eines akuten Schlaganfalls eigentlich auf einen Hirntumor zurückzuführen sind oder wenn eine rapide aufsteigende Lähmung, die auf ein Guillain-Barré-Syndrom hindeutet, eigentlich durch eine Rückenmarkkompression bedingt ist.

Anamnese

Die Anamnese ist der wichtigste Teil der neurologischen Beurteilung. Der Patient sollte beruhigt werden, und er sollte seine Geschichte mit eigenen Worten erzählen können. Normalerweise kann ein Kliniker schnell feststellen, ob eine zuverlässige Anamnese erhoben werden kann oder ob stattdessen ein Familienmitglied befragt werden sollte.

Bei der Anamnese der gegenwärtigen Krankheit[ sollte der Patient zu Folgendem befragt werden:

  • Die Qualität, Intensität, Verteilung, Dauer und Häufigkeit jedes Symptoms (die Fragen sollten spezifisch sein)

  • Die Dauer der Symptome zur Unterscheidung zwischen akuten, subakuten und chronischen (einschließlich angeborenen) Erkrankungen

  • Die Umstände, die das Symptom verschlimmern und mildern

  • Die Wirksamkeit früherer Behandlungen

  • Die Reihenfolge, in der die Symptome auftreten, um die Ursache zu ermitteln

  • Symptome, die nicht direkt mit dem Nervensystem zusammenhängen und auf ein allgemeines oder systemisches Leiden hindeuten

  • Spezifische Behinderungen, die quantitativ beschrieben werden (z. B. höchstens 7,6 Meter gehen, bevor man anhalten muss, um sich auszuruhen) und ihre Auswirkungen auf den Tagesablauf des Patienten.

Die gesamte medizinische Eigenanamnese mit einem Überblick über alle Körpersysteme ist aufgrund der Häufigkeit neurologischer Komplikationen bei anderen Krankheiten, besonders Alkoholkonsumstörung, Diabetes mellitus, Malignomen, Gefäßkrankheiten und HIV-Infektionen, unabdingbar.

Da Migräne, viele Stoffwechselkrankheiten, Muskel-, Nerven- und neurodegenerative Syndrome erblich sind, ist die Familienanamnese besonders wichtig.

Sozial-, Arbeits- und Reiseanamnese liefern Informationen über ungewöhnliche Infektionen und Exposition gegenüber Toxinen und Parasiten.

Manchmal sind neurologische Symptome und Anzeichen funktionell und spiegeln eine psychiatrische Störung wider. Typischerweise stimmen diese Symptome und Befunde nicht mit den anatomischen und physiologischen Regeln überein, und der Patient kann depressiv oder ungewöhnlich ängstlich sein. Allerdings können funktionelle und organische Störungen nebeneinander bestehen, und es kann schwierig sein, diese zu unterscheiden.

Körperliche Untersuchung und Tests

Eine körperliche Untersuchung, um alle Körpersysteme zu bewerten wird durchgeführt, aber der Fokus liegt auf dem Nervensystem (neurologische Untersuchung). Die neurologische Untersuchung, die im Detail anderswo in THE MANUAL, diskutiert wird, umfasst Folgendes:

In vielen Situationen erfolgt auch eine zerebrovaskuläre Prüfung.

Diagnostische Tests können notwendig sein, um eine Verdachtsdiagnose zu bestätigen oder andere Möglichkeiten auszuschließen.