Stridor

VonRebecca Dezube, MD, MHS, Johns Hopkins University
Überprüft/überarbeitet Nov. 2023
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Stridor ist ein schrilles, überwiegend inspiratorisches Geräusch. Es wird am häufigsten mit akuten Erkrankungen wie Fremdkörperaspiration assoziiert, kann aber auch durch mehr chronische Erkrankungen wie Tracheomalazie entstehen.

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Pathophysiologie des Stridors

Stridor wird durch den schnellen, turbulenten Luftstrom durch ein verengtes oder teilweise verstopftes Segment der extrathorakalen oberen Atemwege erzeugt. Beteiligt sind unter anderem Pharynx, Epiglottis, Larynx sowie die extrathorakale Trachea

Ätiologie von Stridor

Die meisten Ursachen manifestieren sich akut, aber einige Patienten haben chronische oder wiederkehrende Symptomen (siehe Tabelle Ursachen von Stridor).

Akute Ursachen sind in der Regel bis auf Fremdkörper und Allergien ansteckend.

Chronische Ursachen sind in der Regel angeborene oder erworbene strukturelle Anomalien der oberen Atemwege.

Vorübergehender oder intermittierender Stridor kann aufgrund von Aspiration mit akutem Laryngospasmus oder durch Vocal Cord Dysfunction entstehen.

Kinder

Die häufigsten Ursachen des akuten Stridors bei Kindern sind

Epiglottitis war eine häufige Ursache von Stridor bei Kindern, aber ihre Häufigkeit hat sich seit der Einführung des Impfstoffes gegen Haemophilus influenzae Typ B (HiB) verringert.

Verschiedene angeborenen Atemwegserkrankungen können sich als wiederkehrender Stridor bei Neugeborenen und Kleinkindern manifestieren.

Erwachsene

zu den häufige Ursachen bei Erwachsenen gehören

  • Vocal Cord Dysfunction (auch als paradoxe Stimmbandbewegungsstörung bezeichnet)

  • Larynxödeme nach invasiver Beatmung

  • Stimmbandödem oder-lähmung

  • Kehlkopftumoren

  • Allergische Reaktionen

Eine Stimmbandfunktionsstörung imitiert oft Asthma, daher werden vielen Patienten mit Stimmbandfunktionsstörung fälschlicherweise Medikamente gegen Asthma gegeben, die aber nicht wirken.

Die Epiglottitis tritt jetzt häufiger bei Erwachsenen auf, aber Erwachsene mit Epiglottitis haben seltener Stridor (1) als Kinder.

Tabelle
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Hinweis zur Ätiologie

  1. 1. Shah RK, Stocks C. Epiglottitis in the United States: national trends, variances, prognosis, and management. Laryngoscope 2010;120(6):1256-1262. doi:10.1002/lary.20921

Beurteilung des Stridors

Anamnese

Bei der Anamnese der gegenwärtigen Erkrankung sollte zunächst festgestellt werden, ob die Symptome akut oder chronisch sind und ob sie vorübergehend oder intermittierend auftreten. Sind diese akut, werden alle Symptome von Infektion der oberen Atemwege (laufende Nase, Fieber, Halsschmerzen) oder Allergie (Juckreiz, Niesen, Schwellungen im Gesicht, Hautausschlag, potenzielles Exposition gegenüber Allergen) zur Kenntnis genommen. Kürzliche Intubation oder Halsoperation sollte klinisch deutlich erkennbar sein. Wenn die Symptome chronisch sind, werden das Alter bei Erkrankungsbeginn (z. B. seit der Geburt, seit der Kindheit, nur im Erwachsenenalter) und die Dauer bestimm und, ob die Symptome kontinuierlich oder intermittierend sind. Bei intermittierenden Symptomen wird nach auslösenden oder verstärkenden Faktoren (z. B. Lage, Allergenexposition, Kälte, Angst, Füttern, Weinen) gesucht. Wichtige Begleitsymptome in allen Fällen sind Husten, Schmerzen, Speichelfluss, Atemnot, Zyanose und Schwierigkeiten beim Füttern.

Bei der Untersuchung der Körpersysteme sollte nach Symptomen gesucht werden, die auf die ursächlichen Störungen hinweisen wie Sodbrennen oder andere Refluxsymptome (Laryngospasmus); Nachtschweiß, Gewichtsverlust und Müdigkeit (Krebs); Veränderung der Stimme, Schwierigkeiten beim Schlucken, und rezidivierende Aspiration (neurologische Erkrankungen)

Die Anamnese Kinder sollte die perinatale Vergangenheit, insbesondere hinsichtlich notwendiger endotracheale Intubationen, bekannter angeborener Anomalien sowie die Impfanamnese (insbesondere Hib) beinhalten. Bei Erwachsenen sollten zurückliegende Intubation, Tracheotomie rezidivierende Atemwegsinfektionen sowie Tabak- und Alkoholkonsum erfragt werden.

Körperliche Untersuchung

Der erste Schritt besteht darin, das Vorhandensein und den Grad von Atemnot durch Auswertung der Vitalzeichen (einschließlich Pulsoxymetrie) und durch eine schnelle Prüfung zu bestimmen. Zu den Anzeichen von schwerem Leiden gehören Zyanose, Bewusstseinstrübung, niedrig Sauerstoffsättigung (z. B. < 90%), Lufthunger, Verwendung der Atemhilfsmuskulatur und Schwierigkeiten beim Sprechen. Kinder mit Epiglottitis sitzen eventuell aufrecht, mit den Armen auf die Beine oder den Untersuchungstisch gestützt, nach vorn gebeugt mit überstrecktem Hals, vorgeschobenem Kiefer und offenem Mund und ringen angestrengt nach Luft (Dreifußzeichen-Sitzhaltung) Eine gemäßigte Atemnot wird durch Tachypnoe, Verwendung der Atemhilfsmuskulatur und Einzug der Interkostalmuskulatur angezeigt. Bei schwerer Atemnot wird eine weitere Untersuchung verschoben bis Ausrüstung und Personal für eine Notfallbehandlung vorhanden sind.

Die oropharyngeale Untersuchung eines Patienten (insbesondere eines Kindes) mit Epiglottitis kann Angstzustände auslösen, was zu funktioneller Behinderung und Verlust der Atemwege führt. Wenn demnach eine Epiglottitis vermutet wird, sollten weder ein Spatel noch ein anderes Instrument in den Mund geführt werden. Besteht nur ein geringer Verdacht und leiden die Patienten nicht an Atemnot, können bildgebende Verfahren durchgeführt werden. Andere Patienten sollten für eine direkte Laryngoskopie in den OP geschickt werden, die von einem HNO-Arzt unter Narkose durchgeführt werden sollte.

Wenn die Vitalfunktionen und Atemwege des Patienten stabil sind und keine akute Epiglottitis vermutet wird, sollte die Mundhöhle gründlich auf gepoolte Sekrete, hypertrophische Tonsillen, Verhärtung, Rötung, oder Fremdkörper untersucht werden. Der Hals wird auf Raumforderungen und Trachealabweichungen abgetastet. Eine sorgfältige Auskultation der Nase, des Oropharynx, Halses und Thorax kann helfen die Position des Stridors zu erkennen. Säuglinge sollten mit besonderem Augenmerk auf kraniofaziale Morphologie (Suche nach Anzeichen von angeborenen Fehlbildungen), Durchgängigkeit der Nasenlöcher, und kutane Auffälligkeiten untersucht werden.

Warnzeichen

Die folgenden Ergebnisse sind von besonderer Bedeutung:

  • Speichelfluss und Agitation

  • Dreifußzeichen-Sitzhaltung

  • Zyanose oder Hypoxie auf Pulsoxymetrie

  • Bewusstseinstrübung

Interpretation der Befunde

Die Unterscheidung zwischen akutem und chronischem Stridor ist wichtig. Auch andere klinische Befunde sind oft hilfreich (siehe Tabelle Ursachen von Stridor).

Akute Symptome reflektieren eher eine unmittelbar lebensbedrohliche Erkrankung. Bei diesen Erkrankungen deutet das Fieber auf eine Infektion hin. Fieber zzgl. bellendem Husten deutet auf Krupp hin oder, sehr selten, auf Tracheitis. Patienten mit Krupp weisen in der Regel mehr hervorstechende Symptome von Infektion der oberen Atemwege auf und weniger Symptome eines toxischen Erscheinungsbildes. Fieber ohne Husten, insbesondere wenn es mit Vergiftungssymptomen, Halsschmerzen, Schluckbeschwerden oder Atemnot einhergeht, und ohne Anzeichen einer Pharyngitis, deutet auf eine Epiglottitis und, bei kleinen Kindern, auf den selteneren Retropharyngealabszess hin. Speichelfluss und Dreifußzeichen-Sitzhaltung deuten auf eine Epiglottitis hin, während ein Retropharyngealabszess sich mit Nackensteifigkeit und die Unfähigkeit den Hals zu verlängern manifestieren kann.

Patienten ohne Fieber oder Symptomen von Infektion der oberen Atemwege können eine akute allergische Reaktion oder aspirierte Fremdkörper aufweisen. Eine akute allergische Reaktion, die stark genug ist, um einen Stridor zu bewirken, weist in der Regel andere Manifestationen von Atemwegödemen (z. B. orale oder faziale Ödeme, Giemen) oder Anaphylaxie (Juckreiz, Urtikaria) auf. Eine Fremdkörperobstruktion der oberen Atemwege, die Stridor verursacht, ist immer akut, kann aber bei Kleinkindern okkult sein (ältere Kinder und Erwachsene können den Vorfall kommunizieren, es sei denn es liegt eine nahezu vollständigen Obstruktion der Atemwege vor, die sich als solche manifestiert, nicht als Stridor). Husten tritt häufig bei Fremdkörpern auf, aber selten bei allergischen Reaktionen.

Chronischer Stridor, der früh in der Kindheit und ohne einen eindeutigen auslösenden Faktor beginnt, deutet auf eine angeborene Anomalie oder einen Tumor der oberen Atemwege hin. Bei Erwachsenen sollte starkes Rauchen und Alkoholkonsum den Verdacht von Kehlkopfkrebs erhöhen. Eine Stimmbandparese hat in der Regel einen eindeutigen Auslöser, wie eine Operation oder Intubation oder wird mit anderen neurologischen Befunden, wie Muskelschwäche in Zusammenhang gebracht. Patienten mit Tracheomalazie haben häufig Sputum produzierenden Husten und zurückliegende rezidivierende Atemwegsinfektionen.

Tipps und Risiken

  • Seitliche Röntgenaufnahmen des Halses lassen oft fälschlicherweise auf eine vergrößerte Epiglottis oder einen vergrößerten retropharyngealen Raum schließen, weil die Aufnahme während der Exspiration gemacht wird oder keine präzise seitliche Ansicht darstellt.

Tests

Die Tests sollten eine Pulsoxymetrie beinhalten. Bei Patienten mit minimaler Atemnot können Weichteilaufnahmen des Halses helfen. Eine vergrößerte Epiglottis oder ein Retropharyngealraum sind auf der Seitenansicht zu sehen, und die subepiglottische Einengung bei Krupp (Kirchturm-Zeichen) kann auf der anteroposterioren Ansicht erkannt werden. Für eine genaue Beurteilung der Epiglottis oder des retropharyngealen Raums ist jedoch eine präzise seitliche Röntgenaufnahme während der Inspiration erforderlich; falsch-positive Ergebnisse sind aufgrund von Ausatmung oder leichter Rotation häufig. Auch Fremdkörper im Hals- und Thoraxbereich können radiologisch dargestellt werden.

In anderen Fällen kann eine direkte Laryngoskopie Stimmbandanomalien, strukturelle Anomalien und Tumoren erkennen. Eine CT des Halses und der Brust sollte durchgeführt werden, wenn Besorgnis über eine strukturelle Anomalie, wie ein Tumor der oberen Atemwege oder Tracheomalazie besteht. Flussvolumenkurven können bei chronischem und intermittierenden Stridor nützlich sein, um eine Obstruktion der oberen Atemwege aufzuzeigen. Ergebniss von Flussvolumenkurven, die von der Norm abweichen, erfordern in der Regel ein Follow-up mit CT oder Laryngoskopie.

Behandlung des Stridors

Zur definitiven Therapie von Stridor gehört die Behandlung der zugrunde liegenden Ursache.

Als überbrückende Maßnahme bei Patienten mit schwerer Atemnot, verbessert ein Gemisch aus Helium und Sauerstoff (Heliox) den Luftstrom und reduziert Stridor bei Erkrankungen der großen Atemwege, wie Larynxödem nach invasiver Beatmung, Krupp und Kehlkopftumoren. Der Wirkmechanismus scheint in einer reduzierten Strömungsturbulenz infolge niedrigerer Dichte von Helium im Vergleich mit Sauerstoff und Stickstoff zu bestehen.

Vernebeltes Epinephrin (0,5–0,75 ml von 2,25%igem Epinephrin-Razemat wird zu 2,5–3 ml physiologischer Kochsalzlösung hinzugefügt) und Dexamethason (10 mg IV, dann 4 mg IV alle 6 h) können bei Patienten mit Atemwegsödem als Ursache nützlich sein.

Eine endotracheale Intubation sollte zur Sicherung der Atemwege bei Patienten mit fortgeschrittener Atemnot, drohendem Verlust der Atemwege oder verminderter Bewusstseinslage durchgeführt werden; wenn möglich, sollte dies im Operationssaal geschehen. Signifikante Ödeme können eine endotracheale Intubation erschweren und chirurgische Notmaßnahmen der Atemwege (z. B. Koniotomie, Tracheotomie) erforderlich machen.

Tipps und Risiken

  • Bei Patienten mit fortgeschrittener Atemnot und Stridor (auch bei Kindern mit Verdacht auf Epiglottitis) sollte die endotracheale Intubation nach Möglichkeit im Operationssaal durchgeführt werden.

Wichtige Punkte

  • Inspiratorischer Stridor stellt oft einen medizinischen Notfall dar.

  • Der erste Schritt besteht in der Beurteilung der Vitalfunktionen und des Grades der Atemnot.

  • In einigen Fällen kann die Sicherung der Atemwege vor oder während der körperlichen Untersuchung notwendig sein.

  • Eine akute Epiglottitis ist bei Kindern, die gegen Haemophilus influenzae Typ B (HiB) geimpft wurden, selten.