Rezidivierendes Fieber ist eine wiederkehrende fieberhafte Erkrankung, die von mehreren Arten der Spirocheten-Borrelien (Borrelia) verursacht und durch Läuse oder Zecken übertragen wird. Die Symptome sind rekurrierende fieberhafte Episoden mit Kopfschmerzen, Myalgien und Erbrechen, die 3–5 Tage andauern und durch beschwerdefreie Intervalle unterbrochen werden. Die Diagnose wird klinisch gestellt und durch Färbung von peripheren Blutausstrichen bestätigt. Die Behandlung erfolgt mit einem Tetracyclin, Doxycyclin, Erythromycin oder Procainpenicillin G.
Spirochäten zeichnen sich durch die Helixform der Bakterien aus. Zu den pathogenen Spirochäten gehören: Treponema, Leptospira und Borrelia. Sowohl Treponema als auch Leptospira sind zu dünn, um mit der Hellfeldmikroskopie gesehen zu werden, werden aber mit der Dunkelfeld- oder Phasenmikroskopie deutlich gesehen. BorreliaBorrelien sind dicker und können auch mit dem Hellfeldmikroskop angefärbt und gesehen werden.
Der Insektenvektor für Rückfallfieber kann je nach geografischer Lage die menschliche Körperlaus oder bestimmte Zecken sein.
Läusebedingtes Rückfallfieber ist selten in den Vereinigten Staaten; es ist nur in Nordostafrika (Äthiopien, Sudan, Eritrea, Somalia) endemisch und wurde kürzlich in Europa bei Flüchtlingen aus diesen afrikanischen Ländern diagnostiziert. Das durch Läuse übertragene Rückfallfieber neigt dazu, in Epidemien aufzutreten, insbesondere in Regionen, die von Krieg betroffen sind, und in Flüchtlingslagern. Die Laus infiziert sich bei der Nahrungsaufnahme bei einem febrilen Patienten; Menschen sind das einzige Reservoir. Die Laus kann B. recurrentis nicht mit Speichel oder Kot ausscheiden (1). Wenn die Laus auf einem neuen Wirt zerquetscht wird, wird Borrelia recurrentis freigesetzt und kann durch die erodierte Haut oder Stiche eindringen. B. recurrentis kann auch intakte Schleimhäute und Haut durchdringen. Unversehrte Läuse übertragen keine Krankheiten.
Durch Zecken übertragenes rezidivierendes Fieber kann durch Lederzecken der Gattung Ornithodorus oder durch die Schildzecken Ixodes scapularis übertragen werden.
Das durch Zecken übertragene Rückfallfieber wird durch eine von mehreren Borrelia-Arten verursacht und ist in Amerika, Afrika, Asien und Europa endemisch. In den USA ist die Krankheit im Allgemeinen auf die westlichen Staaten beschränkt, wo sie vor allem zwischen Mai und September vorkommt. Zecken erwerben die Spirochäten von Nagetierreservoiren. Menschen werden infiziert, wenn Spirochäten im Zeckenspeichel oder -exkret beim Zeckenstich schnell in die Haut eindringen. Die Infektion wird eher von Personen erworben, die in von Nagetieren befallenen Hütten in den Bergen schlafen, und wird auch mit Höhlenforschung in Verbindung gebracht.
Die Schildzecke I. scapularis (die auch die Lyme-Borreliose überträgt) kann Borrelia miyamotoi übertragen. Da I. scapularis auch der Vektor für die Lyme-Borreliose ist, tritt das von dieser Zecke übertragene rezidivierende Fieber an denselben Orten auf, an denen auch die Lyme-Borreliose auftritt. Koinfektion mit anderen Borrelia Krankheiten wie Lyme-Borreliose wurden ebenfalls berichtet.
Bild mit freundlicher Genehmigung von James Gathany via the Public Health Image Library of the Centers for Disease Control and Prevention.
Borrelien (Borrelia) sind auch selten durch Bluttransfusionen übertragen worden.
Allgemeiner Hinweis
1. Raoult D, Roux V: The body louse as a vector of reemerging human diseases. Clin Infect Dis 29(4):888–911, 1999. doi: 10.1086/520454
Symptome und Anzeichen von Rückfallfieber
Da sich die Weichzecken der Gattung Ornithodoros nachts vorübergehend und schmerzlos ernähren und nicht lange haften bleiben, berichten die meisten Patienten nicht von einem Zeckenstich, sondern von einem nächtlichen Aufenthalt in Höhlen oder einfachen Behausungen.
Sofern vorhanden, ist ein Läusebefall meist offensichtlich.
Die Inkubationszeit liegt zwischen 3 und 11 Tagen (Median 6 Tage).
Die klinischen Manifestationen des durch Zecken übertragenen und lausbedingten Rückfallfiebers sind sehr ähnlich. Die Symptome entsprechen dem Grad der Bakteriämie und lösen sich nach einigen Tagen auf, wenn Borrelia aus dem Blut gelöscht ist. Bakteriämie und Symptome kehren dann nach einer 1-wöchigen afebrilen Periode zurück. Die Symptome sind bei jeder weiteren Rückkehr weniger schwerwiegend. Ein einzelner Rückfall charakterisiert lausbedingtes Rückfallfieber, und bis zu 10 Rückfälle können bei durch Zecken übertragenem Rückfallfieber auftreten.
Zu Beginn kommt es zu plötzlichem Schüttelfrost, gefolgt von hohem Fieber, Tachykardie, heftigen Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Muskel- und Gelenkschmerzen und oft Delir. An der Stelle des Zeckenstichs kann ein Schorf vorhanden sein. Am Stamm und an den Extremitäten kann früh ein erythematöses makuläres oder Purpuraexanthem auftreten. Konjunktivale, subkutane oder submuköse Hämorrhagien können vorhanden sein. Das Fieber bleibt über 3–5 Tage hoch und fällt dann abrupt ab, was den Wendepunkt der Krankheit markiert. Die Krankheitsdauer liegt zwischen 1 und 54 Tagen (Median 18 Tage). Im späteren Verlauf der mehrwöchigen Krankheit können Ikterus, Hepatomegalie, Splenomegalie, Myokarditis und Herzversagen auftreten, insbesondere bei durch Läusen übertragenen Krankheiten.
An weiteren Symptomen können z. B. Ophthalmitis, Iridozyklitis, Asthmaexazerbation und Erythema multiforme auftreten. Neurologische Komplikationen (z. B. Meningitis, Meningoenzephalitis, Radiculomyelitis) können auftreten. Sie sind häufiger bei durch Zecken übertragenem Rückfallfieber. Spontanaborte können auftreten.
Patienten sind meist über mehrere Tage bis ≥ 1 Woche zwischen der initialen Episode und dem ersten Rezidiv asymptomatisch. Rezidive korrelieren mit der zyklischen Entwicklung der Parasiten und führen zu einer plötzlichen Rückkehr des Fiebers und oft auch zu Arthralgien und dem Auftreten aller früherer Beschwerden. Ikterus kommt häufiger während des Rückfalls vor. Die Beschwerden sind dann wieder rückläufig, es können aber 2–10 ähnliche Episoden in Intervallen von 1–2 Wochen folgen. Die Episoden werden immer weniger schwer, und mit zunehmender Immunität des die Patienten kommt es schließlich zur Genesung.
Diagnose des Rückfallfiebers
Dunkelfeld- oder Hellfeldmikroskopie
Die Diagnose von rezidivierendem Fieber wird durch wederkehrendes Fieber nahegelegt und durch den Nachweis der Borrelien im Blut während eines Fieberanfalls bestätigt. Die Spirochäten können in der Dunkelfeld- oder Hellfelduntersuchung sichtbar sein oder in nach Wright oder Giemsa gefärbten dicken und dünnen Blutausstrichen. (Acridinorangefärbung z. B. ist für die Untersuchung von Blut oder Gewebe sensitiver als Wright- oder Giemsa-Färbung)
Serologische Tests sind nicht zuverlässig. Serologische Tests für Syphilis und Lyme-Krankheit können falsch positiv sein.
B. miyamotoi kann auch durch Polymerase-Kettenreaktion (PCR)-Tests diagnostiziert werden.
Eine leichte polymorphonukleäre Leukozytose und Thrombozythämie kann auftreten.
Die Differenzialdiagnose umfasst Lyme-Borreliose, Malaria, Denguefieber, Gelbfieber, Leptospirose, Typhus, Influenza und enteritische Fieber.
Nach Angaben der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) wird die ursächliche Borrelia-Spezies häufig aus dem Ort der Exposition des Patienten abgeleitet. So wird beispielsweise in den Vereinigten Staaten in einem westlichen Bundesstaat in großer Höhe (1200 bis 8000 Fuß) das durch Weichkörperzecken übertragene Rückfallfieber in der Regel durch B. hermsii verursacht, während es in einem südlichen Bundesstaat in geringer Höhe, insbesondere in Texas oder Florida, in der Regel durch B. turicatae verursacht wird (1).
Diagnosehinweis
1. Centers for Disease Control and Prevention (CDC): Tick-borne relapsing fever: Information for clinicians. Aufgerufen am 22.09.22.
Prognose bei Rückfallfieber
Die Todesfallrate liegt mit einer Therapie im Allgemeinen bei < 5%, kann aber bei sehr jungen, schwangeren, alten, schlecht ernährten oder geschwächten Personen oder während einer Epidemie des Läuserückfallfiebers wesentlich höher liegen.
Bei durch Läuse übertragenem rezidivierendem Fieber tritt der Tod bei 10 bis 40% der unbehandelten Patienten und bei 2 bis 5% der behandelten Patienten auf.
Für durch Zecken übertragenes rezidivierendes Fieber ist die Prognose besser. Die Mortalitätsrate liegt bei < 10% bei unbehandelten Patienten und bei < 2% bei behandelten Patienten.
Behandlung des Rückfallfiebers
Tetrazykline, Doxyzyklin, Erythromycin, oder Procain Penicillin G
Bei durch Zecken übertragenem Rückfallfieber ird 10 Tage lang Tetracyclin oder Erythromycin 500 mg oral alle 6 Stunden oder Doxycyclin 100 mg oral alle 12 Stunden gegeben.
Bei dem durch Läuse übertragenen Rückfallfieber, ist eine orale Einzeldosis von 500 mg Tetracyclin oder Erythromycin, eine orale Einzeldosis von 200 mg Doxycyclin oder eine Einzeldosis von Procain-Penicillin G 400.000 bis 800.000 Einheiten i.m. wirksam. Kinder < 8 Jahre erhalten 3-mal täglich oral 10 mg/kg Erythromycinestolat.
Wenn Erbrechen oder eine schwere Erkrankung eine orale Verabreichung ausschließt oder wenn das zentrale Nervensystem betroffen ist, kann Erwachsenen oder Kindern > 8 Jahren parenterales Ceftriaxon 2 g einmal täglich oder 1 g alle 12 Stunden über 10 bis 14 Tage, Doxycyclin 1 bis 2 mg/kg intravenös alle 12 bis 24 Stunden oder Penicillin G 3 Millionen Einheiten intravenös alle 4 Stunden verabreicht werden. Kinder < 8 Jahre erhalten Penicillin G 25.000 Einheiten/kg IV alle 6 Stunden.
Die Therapie sollte frühzeitig bei Fieber gestartet werden. Eine Jarisch-Herxheimer-Reaktion kann innerhalb von 2 Stunden nach Beginn der Behandlung auftreten. Der Schweregrad der Jarisch-Herxheimer-Reaktion kann durch die orale Verabreichung von Paracetamol (650 mg 2 Stunden vor und 2 Stunden nach der ersten Antibiotikatherapie) vermindert werden. Diese Reaktion ist bei Patienten mit durch Läuse übertragenem rezidivierendes Fieber, die mit Penicillin behandelt werden, tendenziell schwerer.
Eine Dehydratation und Störungen des Elektrolythaushalts sollten mit parenteraler Flüssigkeit ausgeglichen werden.
Acetaminophen mit Oxycodon oder Hydrocodon kann bei schweren Kopfschmerzen verwendet werden.
Übelkeit und Erbrechen sollten mit Prochlorperazin 5–10 mg p.o. oder i.m. 1- bis 4-mal täglich behandelt werden.
Bei Auftreten einer Herzinsuffizienz, wird eine spezifische Therapie erforderlich.
Wichtige Punkte
Rückfallfieber wird durch mehrere Borrelia-Arten verursacht und durch Läuse oder Zecken verursacht.
Die Patienten haben plötzlichen Schüttelfrost, hohes Fieber, schwere Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Muskel- und Gelenkschmerzen und oft Delirium und/oder Hautausschlag am Rumpf und an den Extremitäten; später können Ikterus, Hepatomegalie, Splenomegalie, Myokarditis und Herzversagen auftreten, insbesondere bei durch Läusen übertragenen Krankheiten.
Unbehandelte Patienten haben 2 bis 10 Rückfälle im Abstand von 1 bis 2 Wochen; Rückfälle manifestieren sich mit einem plötzlichen Wiederauftreten von Fieber und oft Arthralgie und allen früheren Symptomen und Anzeichen, obwohl sie weniger schwerwiegend sein können.
Die Diagnose wird mittels Dunkelfeldmikroskopie oder Wright- oder Giemsa-gefärbten dicken und dünnen Blutausstrichen gestellt; serologische Tests sind unzuverlässig.
Die Behandlung erfolgt mit Tetrazyklin, Doxyzyklin oder Erythromycin.
Weitere Informationen
Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.
Centers for Disease Control and Prevention (CDC): Louse-Borne Relapsing Fever: Information for clinicians about distribution, transmission, and prevention of tick-borne relapsing fever and information about louse-borne relapsing fever and B. miyamotoi disease