Bei der nichtinfektiösen Endokarditis kommt es zur Bildung von sterilen Thromben aus Fibrin und Thrombozyten an den Herzklappen und dem benachbarten Endokard. Derartige Thromben entstehen infolge einer Verletzung, zirkulierender Immunkomplexe, Vaskulitis oder einer gesteigerten Koagulabilität. Die Symptome entsprechen denen einer systemischen arteriellen Embolie. Die Diagnose ergibt sich aus dem Echokardiographiebefund und aus negativen Blutkulturen. Die Therapie besteht aus der Gabe von Gerinnungshemmern.
In der Regel verweist der Terminus „Endokarditis“ auf eine Infektion des Endokards, d. h. auf eine infektiöse Endokarditis. Er bezieht sich jedoch auch auf die nichtinfektiöse Endokarditis, bei der sich an den Herzklappen und dem angrenzenden Endokard sterile Thromben aus Thrombozyten und Fibrin bilden. Die nichtinfektiöse Endokarditis geht manchmal in die infektiöse Form über. Beide Formen können zu Embolien und einer Beeinträchtigung der Herzfunktion führen.
Eine nichtinfektiöse Endokarditis ist selten, und die Diagnose wird in der Regel bei der Autopsie gestellt (1). Die klinische Diagnose basiert auf einer Konstellation von klinischen Befunden und nicht auf einem einzigen eindeutigen Testergebnis.
Allgemeiner Hinweis
1. Hurrell H, Roberts-Thomson R, Prendergast BD: Non-infective endocarditis. Heart 106(13):1023–1029, 2020. doi: 10.1136/heartjnl-2019-315204
Ätiologie der nichtinfektiösen Endokarditis
Die Vegetation wird nicht durch eine Infektion verursacht. Entweder bleiben sie unentdeckt oder werden zum Ausgangspunkt für eine infektiöse Endokarditis, führen zu Embolien oder verursachen eine Beeinträchtigung der Klappenfunktion. Eine Zerstörung der Ventile ist selten.
Bei einer Rechtsherzkatheteruntersuchung kann es zu einer Verletzung der Trikuspidal- und Pulmonalklappe kommen. An einer solchen Verletzungsstelle lagern sich Thrombozyten und Fibrin an. Bei Krankheiten wie dem systemischen Lupus erythematodes können sich zirkulierende Immunkomplexe in Form von wärzchenförmigen Auflagerungen aus Fibrin-Thrombozyten-Vegetationen entlang der Klappensegel festsetzen (Libman-Sacks-Läsionen). Derartige Läsionen führen gewöhnlich nicht zu einer signifikanten Klappenobstruktion oder -insuffizienz. Das Antiphospholipid-Syndrom (mit Lupusantikoagulans, rezidivierenden venösen Thrombosen, Apoplexie, Spontanaborten und Livedo reticularis) kann auch sterile Endokardvegetationen und systemische Embolien verursachen. Selten führen Granulomatose mit Polyangiitis, HIV-Infektion oder COVID-19 zu einer nichtinfektiösen Endokarditis.
Marantische Endokarditis
Bei Patienten mit chronisch konsumierenden Krankheiten, disseminierter intravasaler Gerinnung, muzinproduzierenden metastasierenden Karzinomen (z. B. Lunge, Magen oder Pankreas) oder bei chronischen Infektionen wie Tuberkulose, Pneumonie oder Osteomyelitis können sich große thrombotische Vegetationen an den Klappen bilden und signifikante Embolien in Gehirn, Nieren, Milz, Mesenterium, Extremitäten und Koronararterien verursachen. Derartige Vegetationen bilden sich eher an kongenital veränderten oder durch rheumatisches Fieber vorgeschädigte Klappen. Die Hälfte der Patienten mit disseminierter intravaskulärer Gerinnung hat eine nicht-infektiöse Endokarditis, was auf einen Zusammenhang zwischen den beiden Erkrankungen hindeutet.
Symptome und Anzeichen einer nichtinfektiösen Endokarditis
Vegetationen selbst verursachen nur selten Symptome, es sei denn, ihre Größe und Lage verursachen eine Klappenfunktionsstörung, die manchmal zu Dyspnoe und/oder Herzklopfen führt. Symptome zeigen sich erst infolge einer Embolie und sind je nach betroffenem Organ (z. B. Gehirn, Nieren, Milz, Gliedmaßen) unterschiedlich. In einigen Fällen entwickelt der Patient Fieber und Herzgeräusche.
Diagnose von nichtinfektiöser Endokarditis
Blutkulturen
Echokardiographie
Der Verdacht auf eine nichtinfektiöse Endokarditis ist dann gegeben, wenn chronisch Kranke eine Symptomatik entwickeln, die auf eine arterielle Embolie hindeutet. Die Diagnose ergibt sich aus seriellen Blutkulturen und dem Echokardiographiebefund. Negative Blutkulturen und das Vorhandensein von Klappenvegetationen (aber kein Vorhofmyxom) deuten auf die Diagnose hin. Die Diagnose kann durch die Untersuchung von embolischem Material gesichert werden, das bei einer Embolektomie entnommen wurde.
Differenzialdiagnostisch kann eine Unterscheidung von einer infektiösen Endokarditis mit negativen Blutkulturen schwierig sein, sie ist jedoch wichtig. Eine Antikoagulation ist bei nichtinfektiöser Endokarditis häufig erforderlich, wird aber bei infektiöser Endokarditis vermieden, es sei denn, es besteht eine Vorbedingung wie eine mechanische Klappe. Tests auf Hyperkoagulabilität, antinukleäre Antikörper und Antiphospholipid-Syndrom sollten durchgeführt werden, um die Ursachen einer echten nicht-infektiösen Endokarditis zu ermitteln.
Die Bildgebung des Gehirns wird zur Unterstützung der Behandlung durchgeführt.
Behandlung der nichtinfektiösen Endokarditis
Antikoagulation
Behandlung der Grunderkrankung
Selten chirurgischer Eingriff
Sofern in der Bildgebung des Gehirns keine Läsion festgestellt wird, die zu einer hämorrhagischen Transformation neigt, besteht die Behandlung in einer unbegrenzten Antikoagulation mit Heparin (entweder intravenös unfraktioniert oder subkutan mit niedrigem Molekulargewicht) (1). Direkten oralen Antikoagulanzien und Warfarin werden nicht als wirksam angesehen, obwohl in diesem seltenen Zustand keine Vergleichsstudien durchgeführt wurden (2).
Soweit möglich, sollten die ursächlichen Grunderkrankungen behandelt werden.
Ein herzchirurgischer Eingriff (z. B. Entfernung der Vegetation, Klappenersatz) kann in Betracht gezogen werden, wenn eine erhebliche Klappenfunktionsstörung vorliegt, die trotz optimaler medizinischer Therapie eine hämodynamische Instabilität oder wiederkehrende Embolieereignisse verursacht.
Literatur zur Behandlung
1. Whitlock RP, Sun JC, Fremes SE, Rubens FD, Teoh KH. Antithrombotic and thrombolytic therapy for valvular disease: Antithrombotic Therapy and Prevention of Thrombosis, 9th ed: American College of Chest Physicians Evidence-Based Clinical Practice Guidelines. Chest 2012;141(2 Suppl):e576S-e600S. doi:10.1378/chest.11-2305
2. Zmaili M, Alzubi J, Lo Presti Vega S, Ababneh E, Xu B. Non-bacterial thrombotic endocarditis: A state-of-the-art contemporary review. Prog Cardiovasc Dis 2022;74:99-110. doi:10.1016/j.pcad.2022.10.009
Prognose für nichtinfektiöse Endokarditis
Die Prognose ist im Allgemeinen eher aufgrund der Schwere anderer Grunderkrankungen als aufgrund der Herzläsion schlecht.
Wichtige Punkte
Die nichtinfektiöse Endokarditis ist viel seltener als die infektiöse Endokarditis.
Sterile Vegetationen bilden sich an Herzklappen als Reaktion auf Faktoren wie Trauma, zirkulierende Immunkomplexe, Vaskulitis oder einen hyperkoagulierbaren Zustand.
Die sterilen Vegetationen können embolisieren oder infiziert werden, beeinträchtigen aber selten die Herzklappen- oder Herzfunktion.
Die Untersuchung umfasst eine Echokardiographie und den Ausschluss einer infektiösen Endokarditis mittels Blutkulturen.
Die Prognose hängt vor allem von der zugrundeliegenden Störung ab, bei der es sich häufig um eine schwere Erkrankung handelt.
Die Behandlung erfolgt in der Regel mit Antikoagulation.