Verschiedene kontrazeptive Gestageninjektionen sind weltweit verfügbar.
Depot-Medroxyprogesteronacetat (DMPA) ist eine langfristig wirksame, injizierbare Zubereitung von Medroxyprogesteronacetat in kristalliner Suspension.
Bei DMPA beträgt die Schwangerschaftsrate im ersten Jahr 0,2% bei perfekter Anwendung und etwa 6% bei typischer Anwendung (d. h. Verzögerungen zwischen den Injektionen).
Medroxyprogesteronacetat-Depot ist in zwei verschiedenen Rezepturen erhältlich; es kann als IM (150 mg) oder als subkutane Injektion (104 mg) alle 3 Monate verabreicht werden. Die Injektionsstelle sollte nicht massiert werden, da dies die die Rate der Resorption erhöhen kann. Wirksame kontrazeptive Hormonserumspiegel werden in der Regel bereits 24 Stunden nach der Injektion erreicht und bleiben mindestens 14 Wochen lang erhalten, obwohl die Spiegel hoch genug sein können, um bis zu 16 Wochen lang wirksam zu bleiben.
Wenn der Abstand zwischen den Injektionen > 16 Wochen beträgt, sollte vor der nächsten Injektion ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Mit DMPA kann sofort gestartet werden (ein "Schnellstart-Protokoll"), wenn DMPA innerhalb der ersten 5–7 Tage des Menstruationszyklus verabreicht wird. Wird außerhalb dieses Zeitraum begonnen, sollte für 7 Tage zur Sicherheit noch zuätzlich eine andere Kontrazeptionsmethode angewandt werden.
DMPS kann auch unmittelbar nach einem spontanen oder induzierten Abort oder unmittelbar nach der Entbindung unabhängig von einem etwaigen Stillen gegeben werden.
Noristerat (NET-DE), das in den Vereinigten Staaten nicht erhältlich ist, ist eine lang wirkende injizierbare Formulierung von Norethisteronenanthat in einer Rizinusöl-Benzylbenzoat-Suspension. Die Schwangerschaftsraten sind die gleichen wie beim Medroxyprogesteronacetat-Depot. NET-EN kann als IM-Injektion (200 mg) tief in die Gesäß- oder Deltamuskeln verabreicht werden, in der Regel alle 8 Wochen, doch kann das Intervall nach den ersten 6 Monaten der Anwendung auf 12 Wochen verlängert werden. Wie bei DMPA sollte die Injektionsstelle nicht massiert werden. Wirksame empfängnisverhütende Hormonspiegel im Serum werden in der Regel innerhalb von 72 Stunden erreicht. Wenn der Abstand zwischen den Injektionen > 13 Wochen beträgt, sollte vor der nächsten Injektion ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. NET-EN kann nach demselben Schnellstartprotokoll wie DMPA angewendet werden, mit denselben Protokollen für die Backup-Kontrazeption. Wie Medroxyprogesteronacetat-Depot kann auch Noristerat unmittelbar nach einem spontanen oder induzierten Abort oder unmittelbar nach der Entbindung unabhängig von einem etwaigen Stillstatus gegeben werden.
Kontraindikationen und unerwünschte Wirkungen
Es gibt nur wenige Kontraindikationen für Gestageninjektionen, und diese sind ähnlich wie bei den oralen Kontrazeptiva, die nur Gestagen enthalten.
Die häufigste unerwünschte Wirkung der Gestageninjektionen sind unregelmäßige vaginale Blutungen. In den 3 Monaten nach der ersten Injektion haben etwa 30% der Anwenderinnen eine Amenorrhö. Weitere 30% haben Schmierblutungen oder (gewöhnlich leichte) unregelmäßige Blutungen über > 11 Tage/Monat. Trotz dieser Blutungsanomalien resultiert daraus meistens keine Anämie. Im Laufe der weiteren Anwendung nehmen die Blutungen tendenziell ab. Nach 2 Jahren haben etwa 70% der Anwenderinnen eine Amenorrhö.
Da das Medroxyprogesteronacetat-Depot (DMPA) eine lange Wirkungsdauer hat, kann sich die Ovulation nach Absetzen des Arzneimittels verzögern. Nach der letzten Injektion setzt bei etwa der Hälfte der Frauen innerhalb von sechs Monaten und bei etwa drei Vierteln innerhalb eines Jahres wieder ein regelmäßiger Menstruationszyklus ein. Allerdings kann der Eisprung um bis zu 18 Monate verzögert sein. Nach einer Ovulation ist die Fertilität gewöhnlich schnell wieder hergestellt. Bei Frauen, die NET-EN verwenden, tritt die Rückkehr zum Eisprung schneller ein, im Durchschnitt innerhalb von 3 Monaten, und die Fruchtbarkeit kehrt innerhalb von 6 Monaten zurück (1).
Frauen nehmen im ersten Jahr der Anwendung von Gestageninjektionen in der Regel 1,5 bis 4 kg zu und nehmen danach weiter zu. Da angenommen wird, dass die Veränderungen eher auf den Appetit als auf den Metabolismus zurückzuführen sind, rät man gewöhnlich Frauen, die Gestagenspritzen verwenden wollen, ihre Kalorienaufnahme herabzusetzen und ihren Energieverbrauch zu steigern.
In einigen Studien berichteten 1–5% der Frauen, die DMPA anwendeten, über depressive Stimmungsschwankungen (2). Der Ausgangswert vor Beginn der DMPA-Behandlung wurde jedoch nicht berücksichtigt. In gut konzipierten Studien wurden keine Hinweise auf eine Verschlimmerung einer bereits bestehenden Depression durch DMPA gefunden (3, 4). Es gibt einige Hinweise darauf, dass NET-EN-Anwenderinnen nach der Geburt häufiger an Depressionen leiden (5).
Kopfschmerzen sind ein häufiger Grund für das Absetzen von Gestageninjektionen, aber der Schweregrad nimmt in der Regel mit der Zeit ab. Die meisten Frauen, die Gestageninjektionen erhalten, haben keine Kopfschmerzen, und bereits bestehende Spannungskopfschmerzen oder Migräne verschlimmern sich in der Regel nicht.
Obwohl die Knochenmineraldichte abnehmen kann, wenn die Östrogen-Spiegel aufgrund der Anwendung von Gestageninjektionen niedrig sind, gibt es keine Hinweise auf ein erhöhtes Frakturrisiko, und eine Knochendichtemessung wird nicht empfohlen (6, 7). Jugendliche und junge Frauen, die Gestageninjektionen verwenden, sollten sich ebenso wie Frauen, die keine Gestageninjektionen verwenden, körperlich betätigen, Sport treiben und Kalzium und Vitamin D zu sich nehmen. Nach Absetzen der Injektionen kehrt die Knochendichte in der Regel zum Ausgangswert zurück.
Es kann eine leichte, reversible Verschlechterung der Glukosetoleranz auftreten. Es ist zwar bekannt, dass DMPA die Lipoproteine verändern kann, indem es die High-Density-Lipoproteine (HDL) senkt und das Verhältnis von Low-Density-Lipoproteinen (LDL) zu HDL erhöht, doch scheint dieser Effekt vorübergehend zu sein und sich innerhalb von 36 Monaten nach der DMPA-Anwendung zu bessern. Eine ähnliche Wirkung wäre bei NET-EN zu erwarten. Im Gegensatz zu Östrogen-basierten Methoden erhöhen Gestageninjektionen das Risiko einer Hypertonie nicht (8).
Das Risiko für Brust-, Ovarial- oder ein Zervixkarzinom wird durch DMPA offenbar nicht erhöht.
Vorteile
Gestageninjektionen sind mit einem verringerten Risiko verbunden für
Es gibt Hinweise darauf, dass DMPA die Zahl der schmerzhaften Krisen bei Frauen mit Sichelzellanämie reduziert.
Gestageninjektionen können eine geeignete kontrazeptive Option für Patientinnen mit einer Anfallsstörung sein, da es nicht mit Antiepileptika, die Leberenzyme induzieren, interagiert.
Literatur
1. Fotherby K, Howard G: Return of fertility in women discontinuing injectable contraceptives. J Obstet Gynaecol (Lahore) 6 Suppl 2:S110-S115, 1986. doi:10.3109/01443618609081724
2. Westhoff C, Truman C, Kalmuss D, et al: Depressive symptoms and Depo-Provera. Contraception 57(4):237-240, 1998. doi:10.1016/s0010-7824(98)00024-9
3. Singata-Madliki M, Carayon-Lefebvre d'Hellencourt F, Lawrie TA, et al: Effects of three contraceptive methods on depression and sexual function: An ancillary study of the ECHO randomized trial. Int J Gynaecol Obstet 154(2):256-262, 2021. doi:10.1002/ijgo.13594
4. Gupta N, O'Brien R, Jacobsen LJ, et al: Mood changes in adolescents using depot-medroxyprogesterone acetate for contraception: a prospective study. J Pediatr Adolesc Gynecol 14(2):71-76, 2001. doi:10.1016/s1083-3188(01)00074-2
5. Lawrie TA, Hofmeyr GJ, De Jager M, et al: A double-blind randomised placebo controlled trial of postnatal norethisterone enanthate: the effect on postnatal depression and serum hormones. Br J Obstet Gynaecol 105(10):1082-1090, 1998. doi:10.1111/j.1471-0528.1998.tb09940.x
6. Kaunitz AM, Miller PD, Rice VM, et al: Bone mineral density in women aged 25-35 years receiving depot medroxyprogesterone acetate: recovery following discontinuation. Contraception 74(2):90-99, 2006. doi:10.1016/j.contraception.2006.03.010
7. Rosenberg L, Zhang Y, Constant D, et al: Bone status after cessation of use of injectable progestin contraceptives. Contraception 76(6):425-431, 2007. doi:10.1016/j.contraception.2007.08.010
8. Berenson AB, Rahman M, Wilkinson G: Effect of injectable and oral contraceptives on serum lipids. Obstet Gynecol 114(4):786-794, 2009. doi:10.1097/AOG.0b013e3181b76bea