Gasbedingte Symptome

VonJonathan Gotfried, MD, Lewis Katz School of Medicine at Temple University
Überprüft/überarbeitet Mai 2024
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Der Darm enthält < 200 ml Gas, aber die tägliche Gasausscheidung beträgt durchschnittlich 600 bis 700 ml nach dem Verzehr einer normalen Mahlzeit plus 200 g gebackene Bohnen.

Über 75% der Flatulenzen ist auf die bakterielle Fermentation der aufgenommenen Nährstoffe und endogenen Glykoproteine im Darm zurückzuführen. Die Darmgase enthalten Wasserstoff (H2), Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2). Der Geruch der Flatulenzen korreliert mit der Wasserstoff-Sulfidkonzentration. Verschluckte Luft (Aerophagie) und die Diffusion aus dem Blut in das Lumen können ebenfalls zu Flatulenzen führen. Gas diffundiert zwischen dem Darmlumen und dem Blut, wobei die Richtung von der Differenz der Partialdrücke abhängt. Daher stammt Stickstoff (N2) im Darmlumen überwiegend aus dem Blutstrom, während Wasserstoff im Blutstrom aus dem Darmlumen kommt.

Ätiologie gasbedingter Symptome

Es gibt drei gasbedingte Hauptsymptome: übermäßiges Aufstoßen, Blähungen und übermäßige Flatulenz, die jeweils verschiedene Ursachen haben (siehe Tabelle Einige Ursachen für gasbedingte Symptome).

Immer wieder auftretende Wein- oder Schreianfälle bei Kindern im Alter von 1–4 Monaten hatte man mit Schmerzattacken in Verbindung gebracht, die auf abdominelle Krämpfe oder Gas zurückgeführt und als „Kolik“ bezeichnet wurden. Untersuchungen haben jedoch keine Erhöhung der H2 Produktion oder der Mund-Zäkum-Transitzeit bei Kindern mit Koliken beweisen können. Daher ist die Ursache dieser kindlichen Koliken unklar.

Ausgeprägtes Aufstoßen

Aufstoßen entsteht durch verschluckte Luft oder durch den Genuss von kohlensäurehaltigen Getränken. Eine Aerophagie begleitet in geringem Ausmaß normalerweise den Ess- und Trinkvorgang, manche Menschen schlucken unbewusst vermehrt Luft während des Essvorgangs, beim Rauchen oder bei anderen Gelegenheiten, besonders wenn sie ängstlich sind oder beim Versuch, Aufstoßen hervorzurufen. Ein ausgeprägter Speichelfluss vermehrt die Aerophagie und kann bei verschiedenen gastrointestinalen Erkrankungen (z. B. gastroösophageale Refluxkrankheit), bei schlecht sitzender Zahnprothetik, bei bestimmten Medikamenten, Kaugummikauen oder bei Übelkeit jeglicher Ursache auftreten.

Die überwiegende Menge der verschluckten Luft wird durch Aufstoßen beseitigt, nur eine kleine Menge gelangt in den Dünndarm, wobei die Menge positionsabhängig ist. In stehender Position wird die Luft leicht herausgerülpst, in liegender Stellung wird die Luft oberhalb der Magenflüssigkeit ins Duodenum fortbewegt. Ein exzessives Rülpsen kann auch bewusst herbeigeführt werden. Patienten, die nach der Einnahme von Antazida aufstoßen, schieben die Erleichterung ihrer Beschwerden auf das Aufstoßen und nicht auf die Antazida und stoßen daher bewusst auf, um ihre quälenden Schmerzen zu erleichtern.

Eine seltene Ursache für übermäßiges Aufstoßen ist das supragastrische Aufstoßen. Beim supragastrischen Aufstoßen wird nach Anspannung des Bauches schnell Luft in die Speiseröhre gepresst. Es kann bewusst oder unbewusst auftreten und kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen (1).

Aufgeblähtsein

Blähungen können für sich allein oder zusammen mit anderen gastrointestinalen Symptomen bei Patienten mit funktionellen Störungen (z. B. Aerophagie, nichtulzeröse Dyspepsie, Gastroparese, Reizdarmsyndrom) oder organischen Erkrankungen (z. B. Eierstockkrebs, Darmkrebs) auftreten. Die Gastroparese (und damit Blähungen) hat auch viele nichtfunktionelle Ursachen, deren wichtigste die autonome viszerale Neuropathie aufgrund von Diabetes ist; andere Ursachen sind postvirale Infektionen, Medikamente mit anticholinergen Eigenschaften und die langfristige Anwendung von Opiaten. Allerdings ist exzessives Darmgas nicht eindeutig mit Beschwerden von Aufgeblähtheit und Blähungen verbunden. Bei der Mehrzahl gesunder Individuen kann 1 l/h ohne wesentliche Symptome in den Darm infundiert werden. Wahrscheinlich werden viele Symptome fälschlich auf „zu viel Gas im Darm“ zurückgeführt.

Auf der anderen Seite können einige Patienten mit rezidivierenden gastrointestinalen Symptomen nur geringe Mengen von Darmgas tolerieren. Eine retrograde Kolonerweiterung durch Aufpumpen eines Ballons oder Luftinstillation während einer Koloskopie verursacht bei einigen Patienten (z. B. mit Reizdarmsyndrom) schwere Beschwerden, bei anderen gar keine. In ähnlicher Form geben Patienten mit Essstörungen (Anorexia nervosa, Bulimie) häufig Missempfindungen an und sind besonders beeinträchtigt durch das Symptom des Aufgetriebenseins. Daher könnte die Grundstörung bei Patienten mit gasbedingten Symptomen das Vorliegen eines empfindlichen Darms sein. Eine veränderte Motilität kann die Symptome verstärken.

Exzessive Flatulenz

Menge und Frequenz der Darmgasabgabe sind sehr variabel. Genauso wie bei der Beurteilung der Stuhlfrequenz haben Menschen, die über Flatulenz klagen, oft eine falsche Vorstellung von dem, was normal ist. Die durchschnittliche Abgabe von Darmgas ist auf ca. 13–21 Ereignisse/Tag beschränkt. Eine objektive Feststellung der Häufigkeit der Darmgasabgabe (unter Benutzung eines Tagebuchs) ist ein erster Schritt in der Aufklärung.

Flatus ist ein metabolisches Beiprodukt der intestinalen Bakterienflora, er hat seinen Ursprung nicht in verschluckter Luft oder in der Rückdiffusion von Gasen (v. a. Stickstoff) aus dem Blutstrom. Der bakterielle Metabolismus führt zu signifikanten Mengen von Wasserstoff, Metha und Kohlendioxid.

Wasserstoff wird in großen Mengen bei Patienten mit einem Malabsorptionssyndrom nach Aufnahme von bestimmten Früchten und Gemüsen, die unverdaubare Kohlenhydrate (Bohnen) sowie Zucker (z. B. Fruktose) oder Zuckeralkohole (z. B. Sorbitol) enthalten, gebildet. Bei Patienten mit Disaccharidasemangel (meistens Laktasemangel) gelangen große Mengen von Disacchariden ins Kolon, wo sie zu Wasserstoff fermentiert werden. Zöliakie, tropische Sprue und Bauchspeicheldrüseninsuffizienz sowie andere Ursachen einer Kohlenhydratmalabsorption müssen in Fällen von exzessiver Gasbildung im Kolon ebenfalls in Betracht gezogen werden.

Methan entsteht auch bei der bakteriellen Zersetzung der gleichen Nahrungsmittel (z. B. Ballaststoffe) im Kolon. Allerdings haben etwa 10% der Menschen Bakterien, die Methan produzieren, aber nicht Wasserstoff.

Carbondioxid wird ebenfalls bei der Reaktion von Bicarbonat und Wasserstoffionen gebildet. Wasserstoffionen stammen aus der Salzsäure des Magens oder aus Fettsäuren, die während der Fettverdauung gebildet werden – letztere bilden manchmal mehrere hundert mEq (Milliäquivalent) von Wasserstoffionen. Die sauren Produkte, die durch bakterielle Zersetzung von im Kolon nichtresorbierten Kohlenhydraten gebildet werden, produzieren durch Reaktion mit Bicarbonat Kohlenstoffdioxid. Obwohl Blähungen gelegentlich auftreten können, verhindert die schnelle Diffusion von Kohlenstoffdioxid ins Blut in der Regel eine stärkere Darmausdehnung.

Die Zusammensetzung der Diät ist im Wesentlichen für die unterschiedliche Ausprägung von Flatus bei verschiedenen Individuen verantwortlich. Allerdings mögen auch noch unbekannte Faktoren (wie z. B. Unterschiede in der Kolonflora und Motilität) eine Rolle spielen.

Obwohl Wasserstoff und Methan entflammbar sind, ist es nicht gefährlich, in der Nähe von offenen Flammen zu arbeiten. Gasexplosionen, auch mit tödlichem Ausgang, sind jedoch bei Operationen an Dünn- und Dickdarm und bei der Koloskopie beschrieben worden, wenn Diathermie während der Untersuchungen angewandt wurde und die Patienten nur eine ungenügende Darmreinigung erfahren haben.

Tabelle
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Hinweis zur Ätiologie

  1. 1. Koukias N, Woodland P, Yazaki E, Sifrim D: Supragastric belching: Prevalence and association with gastroesophageal reflux disease and esophageal hypomotility. J Neurogastroenterol Motil 21(3):398–403, 2015. doi: 10.5056/jnm15002

Bewertung der gasbedingten Symptome

Anamnese

Bei Patienten mit Aufstoßen sollte sich die Anamnese der bestehenden Erkrankung auf die Aufklärung der Ursache der Aerophagie richten, besonders auf ernährungsbedingte Ursachen.

Bei Patienten, die über Blähungen, Völlegefühl oder Flatus klagen, sollte die Beziehung zwischen Symptomen und Mahlzeiten (Zeitpunkt sowie Art und Menge der Nahrung), Stuhlgang und Belastung untersucht werden. Bestimmte Patienten, insbesondere in Akutsituationen, benutzen der Begriff "Gas", um ihre Symptome der koronaren Ischämie zu beschreiben. Veränderungen bei Frequenz, Farbe und Konsistenz des Stuhls sollten erfragt werden. Ein Gewichtsverlust in der Vorgeschichte wird notiert.

Überprüfung der Systeme sollten Symptome einer möglichen Ursachen, einschließlich Durchfall und Steatorrhoe (Malabsorptionssyndromen wie Sprue. Sprue, Disaccharidase Mangel und Pankreasinsuffizienz) und Gewichtsverlust (Krebs, chronische Malabsorption) suchen.

In der Anamnese sollten alle Bestandteile der Ernährung auf mögliche Ursachen überprüft werden (siehe Tabelle Einige Ursachen für gasbedingte Symptome).

Körperliche Untersuchung

Im Allgemeinen erfolgt eine normale Untersuchung, bei Patienten mit Blähungen oder Flatus oder Zeichen einer zugrunde liegenden organischen Störung sollte jedoch eine abdominelle, rektale und (bei Frauen) gynäkologische Untersuchung vorgenommen werden.

Warnhinweise

Folgende Befund sind besorgniserregend:

  • Gewichtsverlust

  • Blut im Stuhl (okkult oder makroskopisch)

  • "Gas"-Gefühl in der Brust

Interpretation der Befunde

Chronische, wiederkehrende Blähungen oder Distention bei einem Patienten mit Bauchschmerzen, die mit Stuhlgang zusammenhängen und mit einer Änderung der Häufigkeit oder Konsistenz des Stuhls verbunden sind, aber ohne alarmierende Befunde, lassen auf ein Reizdarmsyndrom schließen.

Lange bestehende Symptome bei einem sonst unauffälligen jungen Patienten ohne Gewichtsverlust sind wahrscheinlich nicht durch eine ernstere physiologische Erkrankung bedingt, obwohl man immer auch an eine Essstörung denken sollte, v. a. bei jungen Frauen. Blähungen, die von Durchfall, Gewichtsverlust oder beidem (oder nur nach der Aufnahme bestimmter Lebensmittel) begleitet werden, legen ein Malabsorptionssyndrom nahe.

Testverfahren

Bei Aufstoßen sind Testverfahren nicht indiziert, es sei denn, andere Symptome deuten auf eine bestimmte Erkrankung hin.

Eine Untersuchung auf Kohlenhydratintoleranz (z. B. Laktose, Fruktose) mit Atemtests sollte in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn die Vorgeschichte einen signifikanten Verzehr dieser Zucker nahelegt. Ein Test auf bakterielle Überwucherung im Dünndarm sollte ebenfalls erwogen werden, insbesondere bei Patienten, die auch Durchfall, Gewichtsverlust oder beides zeigen. Dies geschieht vorzugsweise durch aerobe und anaerobe Kulturen von Dünndarmaspiraten, die während einer Endoskopie des oberen Gastrointestinaltrakts gewonnen wurden. Eine Untersuchung auf bakterielle Überwucherung mit Wasserstoff-Atemtests, in der Regel Glukose-Wasserstoff-Atemtests, ist anfällig für falsch-positive (d. h. mit schneller Passage) und falsch-negative (d. h., es existieren keine H2 produzierenden Bakterien) Ergebnisse. Bei Patienten mit refraktären oder schweren Symptomen kann ein Test auf seltene Erkrankungen wie Saccharase-Isomaltase-Mangel in Betracht gezogen werden (1).

Neu aufgetretene, persistierende Blähungen bei Frauen im mittleren oder höheren Alter (oder bei solchen mit einem abnormen gynäkologischen Untersuchungsbefund) erfordern eine Beckensonographie zum Ausschluss eines Ovarialkarzinoms.

Evaluationshinweis

  1. 1. Husein DM, Rizk S, Naim HY: Differential effects of sucrase-isomaltase mutants on its trafficking and function in irritable bowel syndrome: Similarities to congenital sucrase-isomaltase deficiency. Nutrients 13(1):9, 2021. doi: 10.3390/nu13010009

Behandlung von gasbedingten Symptomen

Aufstoßen und Aufgetriebensein sind nur schwierig zu beseitigen, weil sie in der Regel durch unbewusstes Luftschlucken oder erhöhte Empfindlichkeit gegenüber normalen Gasmengen bedingt sind (1). Aerophagie kann durch Verzicht auf Kaugummi und kohlensäurehaltige Getränke, durch kognitive Verhaltenstherapietechniken zur Verhinderung des Lufschluckens und die Behandlung von assoziierten Krankheiten des oberen Magen-Darm-Trakts (z. B. Magengeschwür) reduziert werden. Nahrungsmittel, die nichtresorbierbare Kohlenhydrate enthalten, sollten ebenfalls vermieden werden. Auch Patienten mit Laktoseintoleranz vertragen in der Regel bis zu 1 Glas Milch, das in kleinen Mengen über den Tag verteilt getrunken wird. Der Vorgang des wiederholten Aufstoßens muss dem Patienten beschrieben und demonstriert werden. Wenn das Luftschlucken störend ist, kann eine Verhaltenstherapie zur Förderung der Zwerchfellatmung mit offenem Mund und zur Vermeidung übermäßigen Schluckens wirksam sein.

Medikamente bieten nur geringe Vorteile. Ergebnisse mit Simethicon, einer Substanz, die kleine Gasbläschen zerstört, und verschiedenen anticholinergen Medikamenten sind unbefriedigend. Einige Patienten mit Dyspepsie und postprandialem Völlegefühl im Oberbauch profitieren von Antazida, einer niedrigen Dosis von Antidepressiva (z. B. Nortriptylin 10–50 mg oral einmal tägl.) oder beidem, um die viszerale Hypersensitivität zu verringern.

Symptome von übermäßigem Blähungen werden durch das Vermeiden von auslösenden Substanzen behandelt (siehe Tabelle Einige Ursachen für gasbedingte Symptome). Die Patienten können versuchen, die Aufnahme der auslösenden Substanzen nach und nach zu reduzieren und die Auswirkungen auf ihre Symptome zu beobachten. Unverdauliche Stoffe in der Nahrung (z. B. Kleie, Psylliumsamen) werden der Diät zugefügt, um die Kolonpassage zu beschleunigen, allerdings kann dies bei einigen Patienten eine Verschlimmerung der Symptome hervorrufen. Patienten können auch eine Low-FODMAP-Diät (fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole) versuchen.

Aktivkohle reduziert manchmal die Gasmenge und den unangenehmen Geruch, allerdings macht sie Flecken auf den Kleidern und färbt die Mundschleimhaut. Unterwäsche mit Aktivkohle-Anteil ist erhältlich.

Probiotika können Blähungen und Flatulenz auch durch Modulation der bakteriellen Darmflora reduzieren, aber die Daten in diesem Bereich sind begrenzt.

Antibiotika sind nützlich bei Patienten mit nachgewiesener bakterieller Überwucherung im Dünndarm.

Gewisse aromatische Öle (Carminative) können die glatte Darmmuskulatur relaxieren und die Schmerzen, die bei manchen Patienten durch Krämpfe auftreten, erleichtern. Pfefferminzöl mit langsamer Wirkstoffabgabe ist die am häufigsten verwendete Substanz in dieser Klasse.

Funktionelles Rülpsen, Spannungsgefühl und Flatulenz manifestieren sich chronisch bei den Patienten, und dies kann nur eingeschränkt durch Therapie gebessert werden. Wenn es angebracht ist, sollte dem Patienten immer wieder versichert werden, dass diese Probleme nicht schädlich für seine Gesundheit sind.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Moshiree B, Drossman D, Shaukat A. AGA Clinical Practice Update on Evaluation and Management of Belching, Abdominal Bloating, and Distention: Expert Review. Gastroenterology. 2023;165(3):791-800.e3. doi:10.1053/j.gastro.2023.04.039

Wichtige Punkte

  • Die Testverfahren richten sich nach den klinischen Hinweisen.

  • Besondere Vorsicht ist geboten in Bezug auf neu aufgetretene, persistierende Symptome bei älteren Patienten.