Varizen

VonParswa Ansari, MD, Hofstra Northwell-Lenox Hill Hospital, New York
Überprüft/überarbeitet Mai 2023
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Varizen sind dilatierte Venen im distalen Ösophagus oder im proximalen Magen, verursacht durch einen erhöhten portalvenösen Druck, typischerweise bei einer Leberzirrhose. Sie können zu massiven Blutungen führen, ohne andere Symptome zu verursachen. Die Diagnose wird durch eine Endoskopie des oberen GIT gestellt. Die Behandlung erfolgt in erster Linie durch endoskopische Bändelung und IV Octreotid. Manchmal ist die Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts erforderlich.

(Siehe auch Übersicht über gastrointestinale Blutungen sowie Portalhypertensive Blutung bei Zirrhose: Risikostratifizierung, Diagnose und Management: Praxisleitfaden 2016 der American Association for the Study of Liver Diseases.)

Eine portale Hypertonie kann eine Reihe von Ursachen haben, v. a. aber eine Leberzirrhose. Wenn der portale Druck für längere Zeit höher als der in der V. cava inferior ist, entwickeln sich venöse Kollateralen. Die gefährlichsten Kollateralen entstehen im distalen Ösophagus und im Magenfundus in Gestalt von prall gefüllten, serpentinenartig verlaufenden submukösen Gefäßen, die als Varizen bekannt sind. Diese Varizen vermindern partiell die portale Hypertonie, aber sie können rupturieren und massive gastrointestinale Blutungen verursachen. Der Auslöser für eine Varizenruptur ist nicht bekannt, aber Blutungen treten in der Regel nicht auf, solange der portalsystemische Druckgradient nicht > 12 mmHg beträgt. Blutgerinnungsstörungen aufgrund einer eingeschränkten Leberfunktion begünstigen die Blutung.

Ösophagusvarizen
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Varizen sind dilatierte, submuköse Ösophagusvenen, die durch portale Hypertonie verursacht werden, am häufigsten im Rahmen einer Zirrhose.
Image provided by David M. Martin, MD.

Tipps und Risiken

  • Das Legen von Magensonden bei Patienten mit Varizen löst keine Blutungen aus.

Symptome und Anzeichen von Varizen

Bei den Patienten tritt typischerweise eine unvermittelte, schmerzlose obere GI-Blutung auf, die häufig massiv ist. Es können Schockzeichen bestehen. Die Blutung stammt in der Regel aus dem distalen Ösophagus, weniger häufig aus dem Magenfundus. Blutungen aus Magenvarizen können ebenfalls akut sein, häufiger sind sie jedoch subakut oder chronisch.

Blutungen im GIT können bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion eine portosystemische Enzephalopathie hervorrufen.

Diagnose von Varizen

  • Endoskopie

  • Abklärung bei Gerinnungsstörung

(Siehe auch the American Society for Gastrointestinal Endoscopy's 2014 guidelines on the role of endoscopy in the management of variceal hemorrhage.)

Sowohl Ösophagus- als auch Magenvarizen werden am besten mittels Endoskopie diagnostiziert, wobei auch Varizen mit hohem Blutungsrisiko (z. B. jene mit sog. red spots) identifiziert werden können. Die Endoskopie ermöglicht es auch, andere Ursachen einer akuten Blutung (z. B. peptische Ulzera) auszuschließen, sogar bei Patienten mit bekannten Varizen. Wahrscheinlich sind bei einem Drittel der Patienten mit oberer GI-Blutung und bekannten Varizen diese Varizen nicht die Blutungsursache.

Blutende Ösophagusvarizen
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Blutung aus einer rupturierten Varize (Pfeil).
Image provided by David M. Martin, MD.

Weil Varizen typischerweise mit ausgeprägten Leberkrankheiten assoziiert sind, ist eine Untersuchung auf eine mögliche Blutgerinnungsstörung von Bedeutung. Zu den Labortests gehören ein vollständiges Blutbild (CBC) mit Blutplättchen, Prothrombinzeit (PT), partielle Thromboplastinzeit (PTT) und Lebertests. Bei blutenden Patienten sollten Typ und Kreuzprobe für mehrere (normalerweise ≥ 6) Einheiten Erythrozytenkonzentrate vorliegen.

Tipps und Risiken

  • Da bis zu einem Drittel der Blutungen bei Patienten mit bekannten Varizen eine nichtvarizenbedingte Ursache haben, sollten nichtvarizenbedingte Ursachen mittels Endoskopie ausgeschlossen werden.

Behandlung von Varizen

  • Beatmung und Volumenersatz, einschließlich Bluttransfusion, falls erforderlich

  • endoskopische Bändelung (Verödung ist zweite Wahl)

  • IV Octreotid

  • Gelegentlich Antibiotika

  • ggf. Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts

Atemwegssicherung mit Volumenersatz, einschließlich Transfusions nach Bedarf, wird angewendet, um Hypovolämie und hämorrhagischen Schock zu behandeln. Patienten mit Gerinnungsstörungen (z. B. signifikant erhöhtem International normalized ratio [INR]) können mit 1 bis 2 Einheiten von gefrorenem Frischplasma behandelt werden, dies sollte jedoch mit Vorsicht geschehen, da die Verabreichung großer Flüssigkeitsmengen an Patienten, die nicht hypovolämisch sind, Varizenblutungen fördern kann und mit einer höheren Sterblichkeit verbunden ist (1).

Haben Patienten mit bekannter Leberzirrhose GI-Blutungen, besteht die Gefahr von bakteriellen Infektionen, daher sollten sie eine Antibiotikaprophylaxe mit Norfloxacin oder Ceftriaxon erhalten.

Wenn bei einem Patienten, der einen nichtselektiven Betablocker (z. B. Propanolol) einnimmt, aktive Blutungen und Hypotonie auftreten, sollte der Betablocker abgesetzt werden.

Da Varizen nur während der Endoskopie diagnostiziert werden können, erfolgt die Behandlung in erster Linie endoskopisch. Die endoskopische Bändelung wird einer Sklerotherapie vorgezogen. Gleichzeitig sollte IV Octreotid verabreicht werden (ein synthetisches Analog des Somatostatins, das auch eingesetzt werden kann) (2). Octreotid erhöht den Gefäßwiderstand im Splanchnikusgebiet durch die Inhibition der Freisetzung von gefäßerweiternden Hormonen (z. B. Glucagon, vasoaktive intestinale Peptide). Die übliche Dosis beträgt 50 mcg/h IV als Bolus, gefolgt von einer Dauerinfusion von 50 mcg/h. Octreotid wird gegenüber früher angewandten Substanzen wie Vasopressin und Terlipressin bevorzugt, da es weniger Nebenwirkungen zeigt.

Wenn die Blutung trotz dieser Maßnahmen fortbesteht oder rezidiviert, können Notfalleingriffe in Form von Shunts zwischen dem portalen und dem V.-cava-System den portalen Blutdruck senken und das Blutungsrisiko vermindern. Das TIPS-Verfahren ist die Notfallintervention der Wahl. TIPS ist ein invasives radiologisches Verfahren, bei dem ein Führungsdraht aus der Vena cava über das Leberparenchym in die Pfortader geschoben wird. Die resultierende Verbindung wird durch einen Ballonkatheter dilatiert, ein metallischer Stent wird eingelegt und dadurch ein Bypass zwischen der portalen und der hepatisch-venösen Zirkulation hergestellt. Die Stentgröße ist von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn der Stent zu groß ist, kann eine portosystemische Enzephalopathie infolge der Umleitung des Blutstroms um das Lebergewebe auftreten. Ist der Stent zu klein, besteht das Risiko eines Shunt-Verschlusses. Operative portokavale Shunts, wie der distale splenorenale Shunt, funktionieren ähnlich, stellen aber einen invasiveren Eingriff dar und haben eine höhere unmittelbare Mortalitätsrate.

Eine mechanische Kontraktion blutender Varizen mit einer Sengstaken-Blakemore-Sonde oder einigen ihrer Modifikationen führt zu erheblicher Morbidität und sollte nicht als Behandlung der ersten Wahl eingesetzt werden. Auf der anderen Seite kann eine solche Sonde eine lebensrettende überbrückende Tamponade darstellen, wenn eine Dekompression via TIPS oder operativen Eingriff noch aussteht. Bei der Sonde handelt es sich um eine flexible transnasale Magensonde mit einem Magenballon und einem Ösophagusballon. Nach dem Einführen wird der Magenballon mit einem festgelegten Luftvolumen gefüllt, es wird ein Zug auf die Sonde gelegt, um den Ballon gegen den gastroösophagealen Übergang zu pressen. Dieser Ballon reicht oft schon zur Kontrolle der Blutung aus, ansonsten wird der Ösophagusballon mit einem Druck von 25 mmHg versehen. Diese Prozedur ist unangenehm und kann zu einer Perforation des Ösophagus und zur Aspiration führen, daher werden gleichzeitig eine endotracheale Intubation und eine intravenöse Sedierung empfohlen.

In jüngerer Zeit wurden expandierbare Metallstents für den Ösophagus erfolgreich zur Tamponade von Blutungen eingesetzt.

Eine Lebertransplantation senkt ebenfalls den portalvenösen Druck, stellt aber nur eine Option für Patienten dar, die sich bereits auf der Transplantationsliste befinden.

Die medikamentöse Langzeittherapie der portalen Hypertonie (mit Betablockern und Nitraten) wird an anderer Stelle besprochen. Die Behandlung einer portosystemischen Enzephalopathie kann erforderlich sein.

Die Splenektomie wird zur Behandlung von Magenvarizenblutungen aufgrund einer Milzvenenthrombose (manchmal eine Folge von Pankreatitis) durchgeführt.

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Mohanty A, Kapuria D, Canakis A, et al: Fresh frozen plasma transfusion in acute variceal haemorrhage: Results from a multicentre cohort study. Liver Int 41(8):1901–1908, 2021. doi: 10.1111/liv.14936

  2. 2. Boregowda U, Umapathy C, Halim N, et al: Update on the management of gastrointestinal varices. World J Gastrointest Pharmacol Ther 10(1):1–21, 2019. doi: 10.4292/wjgpt.v10.i1.1

Prognose für Varizen

Bei ca. 40% der Patienten sistiert die Varizenblutung spontan.

Früher lag die Mortalität bei > 50%, aber auch bei der aktuellen Therapie beträgt die Sterblichkeit mindestens 20% innerhalb von 6 Wochen. Die Mortalität hängt in erster Linie von der Schwere der assoziierten Lebererkrankung ab statt von der Blutung selbst. Blutungen sind bei Patienten mit schwerer hepatozellulärer Funktionseinschränkung (z. B. fortgeschrittener Leberzirrhose) häufig tödlich, während Patienten mit guter Leberfunktion sich in der Regel erholen.

Überlebende Patienten haben ein hohes Risiko für weitere Varizenblutungen; typischerweise haben ca. 50–75% Rezidivblutungen innerhalb von 1–2 Jahren. Eine fortlaufende endoskopische oder medikamentöse Therapie (d. h. endoskopische Bändelung oder nichtselektive Beta-Blocker) senkt dieses Risiko erheblich, aber der Gesamteffekt auf die Langzeitmortalität scheint marginal zu sein, wahrscheinlich aufgrund der zugrunde liegenden Lebererkrankung.

Wichtige Punkte

  • Krampfadern sind die wichtigste, aber nicht die einzige Ursache für GI-Blutungen bei Patienten mit Leberzirrhose.

  • Der Schweregrad der zugrunde liegenden Lebererkrankung ist eine wichtige Determinante für die Mortalität einer Blutung.

  • Die Endoskopie erfolgt zur Diagnose und zur Behandlung; Bändelung oder Verödung können dabei zur Anwendung kommen.

  • Die Rezidivrate von Varizenblutungen beträgt 50–75% innerhalb von 1–2 Jahren.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. American Society for Gastrointestinal Endoscopy: Guidelines on the role of endoscopy in the management of variceal hemorrhage (2014)

  2. American Association for the Study of Liver Diseases: Portal hypertensive bleeding in cirrhosis: Risk stratification, diagnosis, and management: 2016 practice guidance (2016)