Unter einem Postcholezystektomiesyndrom versteht man das Auftreten von abdominellen Beschwerden nach einer Cholezystektomie.
(Siehe auch Übersicht Gallenfunktion.)
Das Postcholezystektomiesyndrom tritt bei 5 bis 40% der Patienten nach einer Cholezystektomie (1) auf. Es handelt sich um Gallenblasensymptome, die andauern oder sich nach der Cholezystektomie entwickeln oder auf andere Symptome, die nach der Cholezystektomie entstehen. Die Entfernung der Gallenblase, des Speicherorgans für die Galle, hat normalerweise wenig unerwünschte Wirkungen auf die Funktion der Gallenwege oder die Druckverhältnisse. Bei ca. 10% der Patienten hat die Gallenkolik ihre Ursache anscheinend in funktionellen oder strukturellen Veränderungen des M. sphincter Oddi mit der Folge von verändertem biliärem Druck oder erhöhter Empflindlichkeit.
Die häufigsten Symptome sind eher Verdauungsstörungen oder andere unspezifische Symptome als echte Gallenkoliken. Die selten auftretende Papillenstenose ist eine fibrotische Verengung im Sphinktergebiet, die wahrscheinlich durch Trauma oder Entzündung als Folge von Pankreatitis, endoskopischen Eingriffen (z. B. endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie) oder stattgehabtem spontanem Steinabgang auftritt. Andere Ursachen sind verbliebene Gallengangssteine, Pankreatitis und gastroösophagealer Reflux.
Nach einer Cholezystektomie entwickeln manche Patienten Diarrhö, weil zu viel Gallensäure in den Dickdarm gelangt. Häufig verschwindet diese Diarrhö spontan, kann aber eine Behandlung mit gallensäurebindenden Harzen erfordern.
Allgemeine Literatur
1. Lamberts MP, Den Oudsten BL, Gerritsen JJGM, et al: Prospective multicentre cohort study of patient-reported outcomes after cholecystectomy for uncomplicated symptomatic cholecystolithiasis. Br J Surg 102(11):1402-1409, 2015. doi: 10.1002/bjs.9887
Diagnose des Postcholezystektomiesyndroms
Endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) mit biliärer Manometrie oder biliärer nuklearmedizinscher Diagnostik
Ausschluss von nicht-biliärenSchmerzursachen
Patienten mit einem Postcholezystektomieschmerz sollten wie beschrieben hinsichtlich extrabiliärer wie auch biliärer Ursachen abgeklärt werden. Wenn die Schmerzen auf eine Gallenkolik hindeuten, sollten alkalische Phosphatase, Bilirubin, ALT, Amylase und Lipase gemessen und eine endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) mit biliärer Manometrie oder biliärer nuklearmedizinischer Diagnostik durchgeführt werden (siehe Laboruntersuchungen der Leber und Gallenblase und Bildgebende Untersuchungen der Leber und Gallenblase). Erhöhte Lebertests lassen eine Dysfunktion des M. sphincter Oddi vermuten; erhöhte Werte der Amylase und Lipase deuten auf eine Dysfunktion des pankreatischen Teils des Sphinkters hin.
Eine Funktionsstörung lässt sich am besten durch eine biliäre Manometrie während der ERCP, nachweisen, obwohl die ERCP mit biliärer Manometrie bei bis zu 25% der Patienten eine Pankreatitis auslösen kann (1). Die Manometrie zeigt einen erhöhten Druck im Gallentrakt. Eine langsame Transitzeit in den Gallenwegen bei der Szintigraphie weist ebenfalls auf eine Dysfunktion des M. sphincter Oddi hin. Die Diagnose von Papillenstenose basiert auf einer eindeutigen Anamnese wiederkehrenden Episoden von Gallenwegsschmerzen und anomalen Leber- (oder Pankreas-)enzymwerten.
Diagnosehinweis
1. Maldonado ME, Brady PG, Mamel JJ, et al: Incidence of pancreatitis in patients undergoing sphincter of Oddi manometry (SOM). Am J Gastroenterol 94(2):387-390, 1999. doi: 10.1111/j.1572-0241.1999.00864.x
Behandlung des Postcholezystektomiesyndroms
Gelegentlich endoskopische Sphinkterotomie
Eine endoskopische Sphinkterotomie kann wiederkehrende Schmerzen aufgrund einer Dysfunktion des sphincter Oddi beheben, inbesondere, wenn sie aufgrund einer Papillenstenose entstanden sind. Die endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) und die Manometrie wurden zur Behandlung der Schmerzen nach einer Cholezystektomie eingesetzt; jedoch gibt es keine aktuellen Hinweise darauf, dass diese Behandlung bei Patienten ohne objektive Krankheitszeichen wirksam ist. Diese Patienten sollten symptomatisch behandelt werden.