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Verteilung von Arzneistoffen im Körper

VonJennifer Le, PharmD, MAS, BCPS-ID, FIDSA, FCCP, FCSHP, Skaggs School of Pharmacy and Pharmaceutical Sciences, University of California San Diego
Überprüft/überarbeitet Nov. 2024
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Unter der Verteilung versteht man den Weg eines Arzneistoffs in das Blut und Gewebe des Körpers (z. B. Fett, Muskeln und Gehirngewebe) und wieder zurück sowie den relativen Anteil des Arzneimittels in den verschiedenen Gewebearten.

    (Siehe auch Einleitung zum Thema Verabreichung und Kinetik von Arzneimitteln.)

    Sobald ein Arzneimittel in den Blutkreislauf gelangt (siehe Aufnahme des Arzneimittels), verteilt es sich schnell im ganzen Körper. Die durchschnittliche Zirkulationszeit von Blut beträgt 1 Minute. Aus dem Blutkreislauf tritt das Arzneimittel in das Körpergewebe über.

    Die meisten Arzneimittel verteilen sich nach ihrer Aufnahme nicht gleichmäßig im Körper. Wasserlösliche Arzneistoffe, wie das blutdrucksenkende Atenolol, bleiben tendenziell eher im Blut und in der Flüssigkeit, die die Zellen umspült (in der Gewebsflüssigkeit). Fettlösliche Arzneistoffe wie das Narkosemittel Clorazepat neigen dazu, sich im Fettgewebe anzureichern. Andere Medikamente konzentrieren sich nur in einem Körperteil oder Organ (beispielsweise sammelt sich Jod vorwiegend in der Schilddrüse an), weil der Arzneistoff eine hohe Affinität zu dem entsprechenden Gewebe aufweist und dort gespeichert werden kann.

    Arzneimittel durchdringen die Gewebe unterschiedlich schnell, je nachdem, wie gut das Mittel die Membranen passieren kann. So überwindet zum Beispiel das Antibiotikum Rifampin, ein hoch fettlöslicher Arzneistoff, sehr rasch die Blut-Hirn-Schranke, das wasserlösliche Antibiotikum Penicillin hingegen gar nicht. Im Allgemeinen können fettlösliche Substanzen leichter die Zellmembranen durchdringen als wasserlösliche. Bei einigen Arzneimitteln unterstützen Transportmechanismen den Weg in das Gewebe und wieder heraus.

    Manche Wirkstoffe verlassen die Blutbahn nur sehr langsam, weil sie sich fest an die im Blut zirkulierenden Proteine (Eiweiße) binden. Andere treten rasch aus dem Blut in andere Gewebe über, denn ihre Verbindung mit den Blutproteinen ist weniger fest. Von einer Substanz können nahezu alle Moleküle oder nur ein Teil von ihnen an Proteine binden. Der proteingebundene Teil ist im Allgemeinen inaktiv. Wenn der ungebundene Anteil in den Geweben verteilt wird und der Blutspiegel der Substanz sinkt, setzen die Blutproteine allmählich den gebundenen Anteil des Arzneimittels frei. Auf diese Weise kann das im Blut gebundene Arzneimittel wie ein Speicher wirken.

    Einige Arzneistoffe sammeln sich in bestimmten Geweben an (Digoxin z. B. in Herz und Skelettmuskulatur), die auch als Reservoir für zusätzliche Mengen des Arzneimittels wirken können. Diese Gewebe geben das Arzneimittel allmählich in den Blutkreislauf ab und sorgen so dafür, dass der Spiegel im Blut nicht zu rasch abfällt und die Wirkung des Arzneimittels verlängert wird. Manche Wirkstoffe wie solche, die sich in Fettgeweben ansammeln, verlassen die Gewebe so langsam, dass sie noch Tage, nachdem sie eingenommen wurden, im Blutkreislauf zirkulieren.

    Die Verteilung eines Wirkstoffes im Körper kann je nach Person variieren. Menschen mit Adipositas können größere Mengen fettlöslicher Arzneistoffe einlagern, sehr schlanke Menschen hingegen weniger. Ältere Erwachsene wiederum können selbst dann, wenn sie schlank sind, eine größere Menge fettlöslicher Substanzen speichern, weil der Anteil an Körperfett mit zunehmendem Alter steigt.