Arzneimittelforschung und -entwicklung

VonShalini S. Lynch, PharmD, University of California San Francisco School of Pharmacy
Überprüft/überarbeitet Mai 2022 | Geändert Sept. 2022
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Die Wirkung vieler derzeit verwendeter Arzneimittel wurde bei Versuchen an Tieren und Menschen entdeckt. Moderne Arzneimittel werden hingegen vielfach mit Blick auf eine bestimmte Erkrankung entwickelt. Es werden die biochemischen und zellulären Veränderungen, die eine Krankheit hervorruft, identifiziert und anschließend wird nach Substanzen gesucht, die solchen Erkrankungen gezielt vorbeugen bzw. die solche Erkrankungen gezielt korrigieren können, indem sie mit speziellen Bereichen des Körpers in Wechselwirkung treten. Wenn ein neues Arzneimittel vielversprechend scheint, wird seine Struktur für gewöhnlich viele Male verändert, um

Untersucht wird auch, ob die Substanz durch die Darmwand absorbiert wird und ob sie in Körpergeweben und -flüssigkeiten stabil ist. Zu diesen Faktoren gehört, welchen Prozessen die Substanz im Körper unterliegt (Pharmakokinetik) und was das Arzneimittel mit dem Körper macht (Pharmakodynamik).

Im Idealfall ist ein Arzneimittel

  • bezüglich des Wirkorts sehr selektiv: Es hat also nur eine geringe oder gar keine Wirkung auf andere Körpersysteme. Das bedeutet, dass es geringe oder gar keine Nebenwirkungen hat (siehe Übersicht über unerwünschte Arzneimittelwirkungen).

  • sehr stark und wirksam: Niedrige Dosen können verwendet werden, sogar bei Erkrankungen, die schwer zu behandeln sind.

  • wirksam, wenn es über den Mund eingenommen wird (wird gut vom Verdauungstrakt absorbiert): zur komfortablen Anwendung.

  • in Körpergeweben und -flüssigkeiten ziemlich stabil: Im Idealfall reicht also eine Dosis am Tag aus (kürzer wirksame Arzneimittel werden möglicherweise für Krankheiten bevorzugt, die nur eine kurze Behandlung benötigen).

Bei der Entwicklung eines neuen Medikaments werden die durchschnittliche sowie die Standarddosierung ermittelt. Menschen sprechen jedoch unterschiedlich auf Arzneimittel an. Viele Faktoren, darunter Alter (siehe Arzneimittel im Alter), Gewicht, genetische Disposition und das Vorliegen anderer Erkrankungen, beeinflussen das Ansprechen auf ein Arzneimittel (siehe Überblick über das Ansprechen auf Arzneimittel). Diese Faktoren sind zu bedenken, wenn ein Arzt die Dosis für einen bestimmten Patienten festlegt.

Stadien der Entwicklung eines Arzneimittels

(Siehe Tabelle Vom Labor in den Medizinschrank für eine Zusammenfassung der Phasen der Arzneimittelentwicklung.)

Frühe Entwicklung

Sobald eine Substanz, die zur Behandlung einer Erkrankung nützlich erscheint, identifiziert wird, wird sie in Tierversuchen getestet (frühe, präklinische Entwicklungsphase). In der frühen Entwicklungsphase werden Informationen über Wirkungsweise und Wirksamkeit des Arzneimittels gesammelt und darüber, welche toxischen Wirkungen es entfaltet. Hierzu gehören auch mögliche Wirkungen auf die Zeugungsfähigkeit und Gesundheit des Nachwuchses. Viele Arzneimittel werden in dieser Phase aussortiert, da sie sich als unwirksam oder als zu toxisch (giftig) erweisen.

Wenn ein Arzneimittel in der Frühphase vielversprechend scheint, muss ein Programm zur klinischen Weiterentwicklung von einer geeigneten Institutionellen Prüfungskommission (IRB) genehmigt werden. Zeitgleich wird bei der FDA ein Zulassungsantrag zur Erforschung eines neuen Arzneimittels eingereicht. Wenn die FDA diese Anwendung genehmigt, darf das Arzneimittel an Menschen getestet werden. Diese folgenden Phasen werden als klinische Studien bezeichnet.

Klinische Studien

Diese Studien erfolgen in mehreren Phasen und nur mit Freiwilligen, die ihre freiwillige Teilnahme daran erklärt haben. Für die Zulassung durch die FDA sind drei Phasen der klinischen Studien erforderlich:

  • Phase I bewertet die Sicherheit des Arzneimittels und seine Toxizität beim Menschen. Unterschiedliche Mengen des Arzneimittels werden einer geringen Anzahl gesunder, junger Probanden verabreicht, um die Dosis zu ermitteln, bei der eine Toxizität zuerst auftritt.

  • In der Phase II geht es darum, die Wirkung des Arzneimittels auf die entsprechende Erkrankung sowie die benötigte Dosis zu bestimmen. Unterschiedliche Mengen des Arzneimittels werden bis zu ca. 100 Personen verabreicht, die an der entsprechenden Erkrankung leiden, um zu sehen, ob eine vorteilhafte Wirkung erkennbar ist. Die nachweisliche Wirksamkeit eines Arzneimittels bei Tieren bedeutet nicht, dass es auch bei Menschen wirksam ist.

  • In der Phase III geht es um die Erprobung des Arzneimittels in einer größeren Patientengruppe (meist mehrere Hundert bis tausende Patienten). Diese Patienten werden danach ausgewählt, wie ähnlich sie den potenziellen tatsächlichen Anwendern des Arzneimittels sind. Die Wirksamkeit des Arzneimittels wird weiter erforscht, und etwaige Nebenwirkungen werden dokumentiert. Tests der Phase III vergleichen üblicherweise ein neues mit einem etablierten Arzneimittel, einem Placebo oder mit beiden.

Zusätzlich zur Bestimmung der Wirksamkeit eines Arzneimittels konzentrieren sich Studien am Menschen auf die Art und Häufigkeit von Nebenwirkungen und auf Faktoren, die Menschen für diese Wirkungen empfänglich machen (wie etwa Alter, Geschlecht, andere Erkrankungen und die Verwendung anderer Arzneimittel).

Zulassung

Wenn diese Untersuchungen belegen, dass das Arzneimittel ausreichend wirksam und gut verträglich ist, wird bei der FDA ein Antrag auf Zulassung gestellt, dem alle Informationen aus den Untersuchungen an Tieren und Menschen, zu Herstellungsverfahren, Verschreibungsinformationen und Produkt-Etikettierung beigefügt werden. Die FDA prüft all diese Informationen und entscheidet, ob das Arzneimittel wirksam und sicher genug ist, um es auf den Markt zu bringen. Wenn die FDA zustimmt, wird das Arzneimittel zugelassen. Der gesamte Ablauf dauert ungefähr zehn Jahre. Im Durchschnitt werden nur fünf von 4.000 im Labor untersuchten Substanzen überhaupt am Menschen getestet, und nur eine von fünf am Menschen getesteten Substanzen wird zugelassen und verschrieben.

Jedes Land verfügt über sein eigenes Zulassungsverfahren, das sich vom Verfahren in den Vereinigten Staaten unterscheiden kann. Nur weil ein Arzneimittel für die Anwendung in einem Land zugelassen ist, bedeutet dies nicht, dass es in einem anderen Land zur Verfügung steht.

Phase IV (Postmarketing)

Nach der Zulassung eines neuen Arzneimittels finden manchmal Studien der Phase IV statt; der Hersteller muss den Einsatz des Mittels überwachen und alle weiteren, zuvor nicht festgestellten Nebenwirkungen sofort an die FDA melden. Ärzte und Apotheker werden dazu aufgerufen, an der weiteren Überwachung des Arzneimittels mitzuwirken. Diese Überwachung ist wichtig, denn vor der Markteinführung eines Arzneimittels können selbst umfangreiche Studien nur relativ häufige Nebenwirkungen aufdecken (die durchschnittlich einmal bei 1.000 Personen auftreten). Wichtige Nebenwirkungen, die nur einmal bei 10.000 (oder mehr) Patienten auftreten, werden erst erkannt, wenn das Medikament von vielen Menschen verwendet wird, also nach der Markteinführung.

Die FDA kann die Genehmigung entziehen, wenn neue Hinweise bestehen, dass ein Arzneimittel schwere Nebenwirkungen verursachen kann. Das Diäthilfsmittel Fenfluramin z. B. wurde vom Markt genommen, da es bei einigen Personen nach der Einnahme Herzstörungen hervorrief.

Tabelle
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Weitere Informationen

Im Folgenden handelt es sich um einige englischsprachige Hilfsmittel, die nützlich sein könnten. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. The Center for Information and Study on Clinical Research Participation (CISCRP): Eine gemeinnützige Organisation, die Patienten, medizinische Forscher, die Medien und politische Entscheidungsträger über die Rolle informiert, die sie alle in der klinischen Forschung spielen

  2. ClinicalTrials.gov: Eine Datenbank für privat und öffentlich finanzierte klinische Studien, die weltweit durchgeführt werden