Alpha-1-Antitrypsinmangel ist eine erbliche Erkrankung, bei der Lunge und Leber durch niedrige Werte des Enzyms Alpha-1-Antitrypsin geschädigt werden.
Alpha-1-Antitrypsinmangel wird durch eine vererbte Genmutation verursacht.
Bei Kleinkindern kann es zu Gelbsucht und Leberschädigung kommen.
In der Kindheit kann eine Zirrhose entstehen.
Bei Erwachsenen kommt es häufig zu einem Lungenemphysem mit Kurzatmigkeit, Keuchatmung und Husten, bei einigen ebenfalls zu einer Zirrhose.
Zur Diagnose werden Tests herangezogen, mit denen einerseits der Enzymspiegel im Blut gemessen und andererseits die Genmutation aufgedeckt wird.
Menschen mit einem Emphysem nehmen Medikamente zur Verbesserung der Atmung ein und erhalten manchmal auch intravenöse Infusionen mit Alpha-1-Antitrypsin.
Manche benötigen eine Lungen- oder Lebertransplantation.
Alpha-1-Antitrypsin ist ein in der Leber produziertes Enzym, das die Wirkung anderer Enzyme, sogenannter Proteasen, hemmt. Proteasen spalten Proteine im Rahmen der normalen Wundheilung. Alpha-1-Antitrypsin schützt die Lunge vor den schädlichen Auswirkungen der Proteasen.
Ein Alpha-1-Antitrypsinmangel ist auf eine vererbte Mutation des Gens zurückzuführen, das die Produktion und Ausschüttung des Enzyms steuert. Es gibt viele verschiedene Unterarten von Alpha-1-Antitrypsinmangel, denen allen gemeinsam ist, dass der Blutspiegel aktiver Enzyme unzureichend ist und/oder das Enzym eine Strukturänderung aufweist (und daher seine Funktion nicht ausüben kann). Menschen nordeuropäischer Abstammung sind häufiger betroffen als Menschen afrikanischer, asiatischer oder hispanischer Abstammung.
Der Mangel verursacht am häufigsten die folgenden Probleme:
Leberschädigung
Emphysem (eine Form der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung oder COPD)
Wenn das Enzym eine Strukturänderung aufweist, kann es in der Leber Klumpen bilden und Fehlfunktionen der Leber hervorrufen. Bei manchen Menschen führen diese Fehlfunktionen der Leber zu einer Zirrhose und einem erhöhten Risiko für Leberkrebs.
Wegen der niedrigen Werte von Alpha-1-Antitrypsin können Proteasen auch die Lunge schädigen und zu einem Emphysem führen. Emphyseme sind bei Rauchern häufiger (und schlimmer). Emphyseme bei Menschen, die nicht rauchen, können auf einen Alpha-1-Antitrypsinmangel zurückzuführen sein.
Manchmal kommt es auch zu Störungen von anderen Organen. Möglich sind Entzündungen des Unterhautfettgewebes (Pannikulitis), lebensbedrohliche Blutungen, Aneurysmen, Colitis ulcerosa, Vaskulitis und Nierenerkrankungen.
Symptome von Alpha-1-Antitrypsinmangel
Die ersten Symptome können im Säuglings- und Kindesalter oder erst im Erwachsenenalter auftreten. Rund 10 – 20 Prozent der Betroffenen weisen bereits im Säuglingsalter Symptome auf. Bei diesen Kleinkindern kommt es in der ersten Lebenswoche zu einer gelblichen Verfärbung der Haut und des Weißen im Auge (Gelbsucht) und zu einer Vergrößerung der Leber. Die Gelbsucht verschwindet im Alter von 2 bis 4 Monaten wieder. Rund 20 Prozent dieser Kleinkinder entwickeln jedoch eine Zirrhose, und einige von ihnen sterben, bevor sie das Erwachsenenalter erreichen.
Bei Erwachsenen kommt es in der Regel zu einem Emphysem mit zunehmender Kurzatmigkeit sowie anderen Atembeschwerden, Husten und Keuchatmung. Emphyseme treten nur selten vor dem 25. Lebensjahr auf. Bei Rauchern entwickeln sie sich früher und verlaufen schwerer als bei Menschen, die nicht rauchen. Die Ausprägung der Symptome hängt auch von der Art des Mangels, von anderen Erkrankungen, von der Umweltbelastung durch lungenreizende Stoffe und von weiteren Faktoren ab. Wer nie geraucht hat, weist in der Regel nur mäßige Symptome auf und hat meist eine normale Lebenserwartung.
Auch wenn es in der Kindheit zu keinen Leberproblemen kam, entwickelt sich bei etwa 10 Prozent der Erwachsenen eine Zirrhose, die schließlich zu Leberkrebs führen kann.
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Menschen, die unter Pannikulitis leiden, weisen schmerzhafte, druckempfindliche Beulen oder verfärbte Flecken an Unterbauch, Gesäß und Oberschenkeln auf. Die Beulen oder Knötchen können sich hart anfühlen.
Diagnose von Alpha-1-Antitrypsinmangel
Ein Alpha-1-Antitrypsinmangel wird bei folgenden Personen vermutet:
Kleinkinder mit typischen Symptomen
Personen, die rauchen und vor dem 45. Lebensjahr ein Emphysem entwickeln
Personen, die nicht rauchen und in jedem Alter ein Emphysem entwickeln
Patienten mit einer ungeklärten Lebererkrankung
Patienten mit Pannikulitis
Personen mit Emphysemen oder unerklärter Zirrhose in der Familie
Personen mit Alpha-1-Antitrypsinmangel in der Familie
Da der Mangel vererbt wird, fragen Ärzte in der Regel danach, ob auch andere Familienangehörige an einem Emphysem oder einer Zirrhose mit unbekannter Ursache erkrankt sind.
Mit Gentests lässt sich der Mangel oft bestätigen, wobei auch die genaue Art des Mangels bestimmt werden kann. In der Regel werden Bluttests gemacht, um den Alpha-1-Antitrypsinspiegel zu messen.
Behandlung von Alpha-1-Antitrypsinmangel
Emphysem
Rauchern wird empfohlen, das Rauchen aufzugeben. Bronchodilatatoren, Medikamente, die die Muskeln um die kleinen Atemwege entspannen und so die Atemwege erweitern, wie etwa Salbutamol, können die Atmung erleichtern und Husten lindern. Auftretende Lungeninfektionen werden umgehend behandelt.
Alpha-1-Antitrypsin kann zum Ausgleich des Enzymmangels intravenös verabreicht werden. Es wird aus Spenderblut gewonnen und auf durch Blut übertragene Krankheiten untersucht. Es ist daher teuer und eignet sich am besten für Patienten, die nur mäßige Symptome aufgrund eines Emphysems aufweisen und die Nichtraucher sind. Man nimmt an, dass mit dieser Behandlung einer weiteren Schädigung vorgebeugt werden kann, aber bereits bestehende Schäden werden nicht geheilt.
Bei Patienten unter 60 Jahren mit schweren Symptomen kann eine Lungentransplantation erwogen werden. Einige wenige Kliniken führen auch Transplantationen bei ausgewählten Patienten bis zum 70. Lebensjahr durch. Einige Kliniken führen manchmal auch chirurgische Eingriffe zur Reduktion des Lungenvolumens durch.
Leberschädigung
Durch die Verabreichung von Alpha-1-Antitrypsin lassen sich Leberschädigungen weder behandeln noch verhindern, da diese nicht durch einen Enzymmangel, sondern durch die Produktion von Enzymen mit fehlerhafter Funktion verursacht werden. Bei einer schweren Schädigung der Leber kann eine Lebertransplantation angezeigt sein. Die transplantierte Leber wird nicht geschädigt, da sie normales Alpha-1-Antitrypsin produziert, das sich nicht in der Leber ansammelt.
Pannikulitis
Gegen die Entzündung können Dapson, Kortikosteroide oder bestimmte Antibiotika (Tetrazykline) verabreicht werden. Es ist jedoch ungeklärt, ob diese Medikamente wirksam sind.