Juvenile idiopathische Arthritis ist eine Gruppe von verwandten Erkrankungen in der Kindheit, die ab dem 16. Lebensjahr eintreten und andauernde oder wiederkehrende Entzündungen der Gelenke verursachen.
Quellen zum Thema
Bestimmte Formen von juveniler idiopathischer Arthritis können mit Fieber, Ausschlag und dem Anschwellen der Lymphknoten einhergehen und sich auf das Herz auswirken.
Die Diagnose basiert auf den Symptomen des Kindes und einer körperlichen Untersuchung, da die Erkrankung nicht anhand eines einzelnen Labortests festgestellt werden kann.
Zur Linderung der Schmerzen und Behandlung der Entzündung werden den Kindern Medikamente verabreicht.
Physiotherapie und Dehnübungen können die Gelenkbewegung verbessern.
Die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist eine Gruppe seltener Krankheiten, die sich durch die Entzündung von Gelenken (Arthritis) oder von Bindegewebe auszeichnet. JIA kann auch andere Organe oder Bindegewebe in Mitleidenschaft ziehen.
Die meisten Kinder mit JIA haben eine andere Erkrankung als die rheumatoide Arthritis bei Erwachsenen, doch bei einem kleinen Prozentsatz von Kindern mit JIA äußert sich die Erkrankung ähnlich wie die rheumatoide Arthritis bei Erwachsenen.
Die Ursache für JIA ist unbekannt. Die JIA ist zwar keine erbliche Krankheit, doch scheinen erbliche Faktoren das Erkrankungsrisiko zu erhöhen. JIA ist nicht auf eine Infektion zurückzuführen, wie das bei einigen anderen Formen von Arthritis der Fall ist.
Klassifizierung der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA)
Es gibt verschiedene Formen von JIA. Sie haben sowohl unterschiedliche als auch gemeinsame Merkmale. Die jeweilige Form wird durch die Befunde der ärztlichen Untersuchung und durch Labortests bestimmt. Es existieren die folgenden Formen:
Oligoartikuläre JIA
Polyartikuläre JIA (Rheumafaktor negativ oder positiv)
Enthesitis-assoziierte JIA
Psoriasis-JIA
Undifferenzierte JIA
Systemische JIA
Bei Kindern kann zunächst eine Form diagnostiziert werden, manchmal entwickeln sie jedoch im Verlauf der Krankheit eine andere Form.
Oligoartikuläre JIA ist die häufigste Form und betrifft meist junge Mädchen. Bei dieser Form sind während der ersten 6 Monate der Krankheit 4 oder weniger Gelenke betroffen („oligo“ bedeutet „wenige“). Das Knie ist dabei das am häufigsten betroffene Gelenk.
Polyartikuläre JIA ist die zweithäufigste Form und setzt in der späten Kindheit ein. Dabei sind 5 oder mehr Gelenke betroffen („poly“ bedeutet „viele“). Es gibt 2 Typen dieser Form: Rheumafaktor negativ und Rheumafaktor positiv. Der rheumatoide Faktor ist ein Antikörper im Blut. Hohe Konzentrationen des rheumatoiden Faktors können bei Menschen mit rheumatoider Arthritis, aber auch bei Menschen mit anderen Autoimmunerkrankungen auftreten (z. B. bei systemischem Lupus erythematodes, Polymyositis oder systemischer Sklerose).
Bei Kindern mit Rheumafaktor positiv ist der Rheumafaktor-Antikörper im Blut vorhanden. Dieser Rheumafaktor-positive Typ der JIA tritt meist bei Mädchen im Jugendalter auf und äußert sich auf die gleiche Weise wie die rheumatoide Arthritis bei Erwachsenen. Bei beiden Typen kann die Arthritis das gleiche Gelenk an beiden Seiten des Körpers befallen (z. B. beide Knie oder beide Hände) und entsteht häufig in den kleinen Gelenken von Händen und Füßen.
Bei der Enthesitis-assoziierten Arthritis kommt es zu Enthesitis (einer Entzündung der Enthese, d. h. der Ansatzstelle von Bändern oder Sehnen am Knochen). Die Arthritis betrifft häufig Gelenke auf nur einer Seite des unteren Körpers (z. B. Hüfte, Knie, Knöchel und Fuß). Sie tritt häufiger bei älteren Jungen auf. Sie können auch Arthritis in der unteren Wirbelsäule entwickeln.
Eine psoriatische JIA tritt typischerweise bei kleinen Mädchen, aber auch bei älteren Jungen oder Mädchen auf (die dann in gleicher Weise davon betroffen sind). Betroffene können die Hautkrankheit Psoriasis haben oder durch einen Elternteil oder Geschwister familiär mit Psoriasis belastet sein.
Eine undifferenzierte JIA wird diagnostiziert, wenn Kinder JIA haben, aber nicht die Kriterien für eine bestimmte Form oder die Kriterien mehrerer Formen erfüllen.
Die systemische JIA (Morbus Still) geht mit einer Arthritis und Symptomen außerhalb von Gelenken, unter anderem mit Fieber, Ausschlag, Lymphknotenschwellung und Entzündung um das Herz und die Lungen einher.
Symptome der JIA
JIA verursacht Symptome in den Gelenken und manchmal an den Augen, auf der Haut oder beiden. Komplikationen können sich bei jeder Form von JIA entwickeln.
Gelenksymptome
Symptome an den Gelenken treten bei jeder Form von JIA auf.
Die Gelenke des Kindes können beim Aufwachen steif sein. Sie sind oft geschwollen und warm. Später kommen Schmerzen hinzu, die allerdings nicht so stark ausgeprägt sind, wie es die Schwellung vermuten lässt. Die Schmerzen können sich bei Bewegung verschlimmern. Kinder möchten möglicherweise nicht gehen oder sie humpeln. Einige Kinder verspüren jedoch überhaupt keine Schmerzen.
Die Gelenkschmerzen können Jahre andauern, wenn sie nicht behandelt werden.
Enthesitis-Symptome
Enthesitis kann eine Empfindlichkeit des Beckens, der Hüftknochen, Wirbelsäule, Kniescheibe, der Schienbeine direkt unter dem Knie, der Achillessehne und der Fußsohle hervorrufen.
Augensymptome
Eine Augenentzündung kann bei jeder Form von JIA auftreten, ist jedoch bei der oligoartikulären JIA am häufigsten und bei der rheumafaktorpositiven, polyartikulären und systemischen JIA sehr selten.
Von der Entzündung ist meist die Iris des Auges betroffen (Iridozyklitis). Die Iridozyklitis bei einer JIA ruft meist keine Symptome (keine Schmerzen oder Rötungen) hervor, verursacht jedoch manchmal verschwommenes Sehen und ungleiche Pupillen. Wenn die Iridozyklitis nicht behandelt wird, kann sie zu Vernarbungen, Katarakt (grauer Star), Glaukom (grüner Star) und permanentem Verlust des Sehvermögens führen.
In seltenen Fällen haben Kinder, die unter Enthesitis-assoziierter Arthritis leiden, Rötungen und Schmerzen im Auge und sind lichtempfindlich.
Hautsymptome
Hautanomalien treten meist bei der Psoriasis- und systemischen JIA auf.
Kinder mit Psoriasis-JIA können raue, schuppende, psoriasisartige Flecken auf der Haut, geschwollene Finger und Zehen sowie Nägel mit tiefen Furchen haben, die sich teilweise oder vollständig vom Nagelbett ablösen können (Onycholyse).
Bei Kindern mit systemischer JIA bilden sich manchmal kurzzeitig flache, rosa- oder lachsfarbene Ausschläge mit einem hellen Mittelpunkt, vor allem an Rumpf, Oberarmen und Oberschenkeln. Der Ausschlag bleibt einige Stunden (oft abends mit Fieber) und tritt nicht immer an derselben Stelle auf.
Symptome der systemischen JIA
Eine systemische JIA verursacht Fieber und Entzündungen an anderen Stellen als an den Gelenken.
Kinder mit systemischer JIA haben oft hohes Fieber und einen Ausschlag, der häufig vor Gelenkschmerzen und -schwellungen auftritt. Das Fieber tritt jeden Tag auf und ist am Nachmittag oder Abend am höchsten (oft 39 °C oder höher). Das Fieber kann mehrere Wochen lang immer wieder abklingen und wiederkehren. Kinder mit Fieber sind oft müde und gereizt.
Die Entzündung kann zu Vergrößerungen der Leber, Milz und Lymphknoten führen. Manchmal kommt es zu Entzündungen des Herzbeutels (Perikarditis), der Membranen, welche die Lunge auskleiden (Pleuritis) oder in den Lungen selbst, was zu Schmerzen im Brustkorb führt. In der Folge können sich Flüssigkeiten am Herzen, an der Lunge oder an anderen Organen sammeln.
Komplikationen von JIA
Jede Form von JIA kann das körperliche Wachstum beeinträchtigen.
Ist das Kieferwachstum betroffen, kann sich ein „fliehendes Kinn“ (Mikrognathie) entwickeln.
Die Gelenke können sich verformen, wenn die JIA nicht behandelt wird. Selbst mit Behandlung kann eine lang dauernde (chronische) Gelenkentzündung die betroffenen Gelenke letztlich verformen und dauerhaft schädigen.
Diagnose einer JIA
Untersuchung durch den Arzt
Bluttests
Die Diagnose wird anhand der Symptome des Kindes und der Befunde der körperlichen Untersuchung gestellt.
JIA lässt sich nicht anhand eines einzelnen, bestimmten Labortests feststellen. Anhand einiger Bluttests können die einzelnen JIA-Formen jedoch voneinander unterschieden werden. Mit einem großen Blutbild wird das Blut auf den rheumatoiden Faktor, antinukleäre Antikörper, Antikörper gegen das zyklische citrullinierte Peptid und ein bestimmtes Antigen namens HLA-B27 getestet. Manche von diesen liegen bei einigen Menschen mit rheumatoider Arthritis und einigen verwandten Autoimmunerkrankungen vor. Bei den meisten Kindern mit systemischer JIA finden sich weder Rheumafaktoren noch antinukleäre Antikörper im Blut.
Es können auch andere Blutuntersuchungen wie Ferritin, C-reaktives Protein (CRP) und Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) durchgeführt werden. Erhöhte CRP–und BSG-Werte weisen auf eine Entzündung hin.
Bei Kindern mit JIA, die antinukleäre Antikörper im Blut aufweisen, ist das Risiko einer Iridozyklitis höher. Kinder mit und ohne Symptome müssen mehrmals im Jahr von einem Augenfacharzt (Ophthalmologen) auf Iridozyklitis untersucht werden, da Iridozyklitis neben einer Augenentzündung möglicherweise keine weiteren Symptome verursacht. Kinder mit oligoartikulärer JIA oder polyartikulärer JIA, bei denen antinukleäre Antikörper im Blut nachgewiesen wurden, sollten alle 3 Monate zur Augenuntersuchung gehen. Kinder mit oligoartikulärer JIA oder polyartikulärer JIA, bei denen keine antinukleäre Antikörper im Blut nachgewiesen wurden, sollten alle 6 Monate zur Augenuntersuchung gehen. Kinder mit systemischer JIA sollten ein- oder zweimal im Jahr zur Augenuntersuchung gehen.
Anhand von Röntgenaufnahmen können charakteristische Veränderungen der Knochen oder Gelenke festgestellt werden.
Behandlung einer JIA
Krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARD)
Manchmal Kortikosteroide
Manchmal nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) zur Symptomlinderung
Wie bei Erwachsenen werden die verschiedenen Formen der JIA mit bestimmten Medikamenten gegen Arthritis, den sogenannten krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (Disease-modifying anti-rheumatic drugs, DMARD), behandelt.
DMARD können das Fortschreiten der JIA verlangsamen und zu besseren Ergebnissen führen, wodurch sich die Lebensqualität der Patienten erheblich verbessert. Beispiele für diese Medikamente sind:
Methotrexat (um Entzündungen zu bekämpfen)
Etanercept, Adalimumab und Infliximab (um ein an der Entzündung beteiligtes Protein, den Tumornekrosefaktor, zu blockieren)
Anakinra und Canakinumab (um das an der Entzündung beteiligte Protein Interleukin-1 zu blockieren)
Tocilizumab (um Interleukin-6 zu blockieren)
Tofacitinib und Upadacitinib (um das an der Entzündung beteiligte Protein Januskinase zu blockieren)
Abatacept (um Zellen zu blockieren, die Entzündungen verursachen)
Kortikosteroide können direkt in die betroffenen Gelenke eingespritzt werden. Ärzte versuchen nach Möglichkeit, keine systemischen Kortikosteroide einzusetzen (wie Prednison, das oral verabreicht wird), aber diese Medikamente können bei Kindern mit schwerer systemischer oder polyartikulärer JIA notwendig sein. Wenn systemische Kortikosteroide erforderlich sind, wird die kleinstmögliche Dosis verwendet, um die Risiken von langfristigen Komplikationen wie verlangsamtes Wachstum, Osteoporose (brüchige Knochen), Katarakt (grauer Star) und Osteonekrose (Absterben von Knochengewebe) zu minimieren.
Eine Iridozyklitis wird zunächst mit kortikosteroidhaltigen Augentropfen behandelt, die die Entzündung unterdrücken, und mit Augentropfen, die die Pupille erweitern (dilatieren), um bleibende Augenschäden zu verhindern. Wenn diese Behandlung nicht ausreicht, kann Methotrexat und bei Bedarf Etanercept, Adalimumab oder Infliximab verabreicht werden. Wenn das Auge geschädigt wurde, ist in manchen Fällen eine Augenoperation erforderlich.
Normalerweise werden NSAR (wie Naproxen und Ibuprofen) verabreicht, um die Symptome zu lindern, und sie sind am nützlichsten bei Enthesitis-assoziierter Arthritis. Trotz ihrer lindernden Wirkung stoppen die NSAR jedoch nicht den Fortschritt der Gelenkerkrankung.
Andere nicht pharmakologische Therapien, die empfohlen werden können, sind Physiotherapie oder Ergotherapie. Beispielsweise kann Physiotherapie dazu beitragen, die Flexibilität und Funktion der Gelenke aufrechtzuerhalten und sie zu stärken.
Prognose bei JIA
Während einer 5-jährigen Behandlung erleben etwa 50 Prozent der Kinder symptomfreie Phasen (Remissionen).
Bei frühzeitiger Behandlung können die meisten Kinder ein aktives, normales Leben führen.
Bei Kindern mit polyartikulärer JIA mit Rheumafaktor positiv ist die Prognose schlechter.
Weitere Informationen
Bei dem Folgenden handelt es sich um ein englischsprachiges Hilfsmittel, das nützlich sein kann. Bitte beachten Sie, dass MSD MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.
The Arthritis Foundation: Juvenile Arthritis: Comprehensive information on various types of arthritis in children, including JIA, and information regarding living with a juvenile arthritis and transitioning from pediatric care to adult care