Die Von-Willebrand-Krankheit ist ein erblicher Mangel oder eine erbliche Auffälligkeit des Bluteiweißes Von-Willebrand-Faktor, der/die die Funktion der Blutplättchen beeinflusst und so zu übermäßigen Blutungen führt.
(Siehe auch Überblick über Blutplättchenerkrankungen und Überblick über die Thrombozytopenie.)
Der Von-Willebrand-Faktor findet sich im Plasma, in den Blutplättchen und in den Wänden der Blutgefäße. Blutplättchen sind Zellen, die im Knochenmark gebildet werden, in der Blutbahn zirkulieren und die Blutgerinnung unterstützen. Wenn der Von-Willebrand-Faktor fehlt oder defekt ist, können sich die Blutplättchen nicht an der verletzten Stelle der Gefäßwand sammeln. Als Folge davon wird die Blutung nicht ausreichend schnell gestillt.
Im Normalfall enthält das Blut ungefähr 140.000 bis 440.000 Blutplättchen pro Mikroliter (140 bis 440 × 109 pro Liter). Blutungen können selbst nach geringfügigen Verletzungen auftreten, wenn die Anzahl unter ungefähr 50.000 Blutplättchen pro Mikroliter Blut (50 × 109 pro Liter) fällt. Am höchsten ist das Blutungsrisiko, wenn die Zahl der Blutplättchen unter 10.000 bis 20.000 Blutplättchen pro Mikroliter Blut (10 bis 20 × 109 pro Liter) abfällt. Bei diesen Werten können Blutungen auch ohne bekannte Verletzungen auftreten.
Es gibt drei Hauptformen der Von-Willebrand-Krankheit, alle drei erblich. Sie unterscheiden sich im Ausmaß des fehlenden Faktors. Patienten mit dem größten Mangel haben ein höheres Blutungsrisiko.
In selteneren Fällen kann es ohne die Vererbung eines krankhaften Gens zur Von-Willebrand-Krankheit kommen. Diese Erkrankung wird als „erworbene Von-Willebrand-Krankheit“ bezeichnet. Beispielsweise bilden Menschen mit bestimmten Krebsarten oder Autoimmunerkrankungen manchmal Antikörper gegen den Von-Willebrand-Faktor. Eine erhöhte Blutplättchenzahl kann die Menge einiger Formen des Von-Willebrand-Faktors verringern. Bei anderen Menschen mit bestimmten Erkrankungen des Herzens oder der Blutgefäße wird der Von-Willebrand-Faktor abgebaut und es kommt zu einem Mangel. In diesen Fällen, wie auch bei der erblichen Von-Willebrand-Krankheit, hat dies mehr Blutungen zufolge.
Symptome der Von-Willebrand-Krankheit
Gewöhnlich hat ein Mensch mit dieser Krankheit einen Elternteil, der ebenfalls irgendwann einmal Probleme mit dem Bluthaushalt hatte. Typischerweise neigt ein Kind zu Blutergüssen oder übermäßigen Blutungen nach einer Schnittwunde, einer Zahnextraktion oder einer Operation. Eine junge Frau hat vielleicht äußerst starke Menstruationsblutungen. Gelegentlich können die Blutungen schlimmer werden. Allerdings können wechselnde Hormonspiegel, Schwangerschaft, Entzündungen und Infektionen den Körper auch in die Lage versetzen, die Produktion des Von-Willebrand-Faktors zu steigern und vorübergehend die Fähigkeit der Blutplättchen zu verbessern, an der Gefäßwand zu kleben und Blutungen zu stillen.
Diagnose der Von-Willebrand-Krankheit
Blutuntersuchungen zur Bestimmung der Blutplättchenzahl und Gerinnung
Andere Tests zum Ausschluss von Erkrankungen, die zu einer niedrigen Anzahl von Blutplättchen und Blutungen führen
Bei den meisten Formen der Von-Willebrand-Krankheit zeigen Laboruntersuchungen in der Regel, dass die Anzahl der Blutplättchen normal ist. Ein Standardtest der Blutgerinnung (Prothrombinzeit [PT]) fällt in der Regel normal aus, während ein anderer Standardtest (partielle Thromboplastinzeit [PTT]) normalerweise eine verlängerte PTT aufweist.
Ärzte ordnen im Allgemeinen Tests an, die den Von-Willebrand-Faktor im Blut messen und bestimmen, wie gut der Von-Willebrand-Faktor funktioniert. Da der Von-Willebrand-Faktor das Protein ist, das einen wichtigen Gerinnungsfaktor (Faktor VIII) im Blut transportiert, ist bei dieser Krankheit die Konzentration des Faktors VIII im Blut ebenfalls häufig verringert (was zum Test mit verlängerter PTT führt).
Behandlung der Von-Willebrand-Krankheit
Manchmal das Medikament Desmopressin
Manchmal Transfusion des Blutgerinnungsfaktors, der mit dem Von-Willebrand-Faktor angereichert ist
Viele Menschen mit leichter Von-Willebrand-Krankheit brauchen nicht behandelt zu werden.
Bei ungewöhnlich starken Blutungen kann jedoch die Transfusion eines Konzentrats aus Gerinnungsfaktoren, einschließlich des Von-Willebrand-Faktors (Faktor-III-Konzentrat, mittlerer Reinheitsgrad, oder rekombinanter Von-Willebrand-Faktor), helfen.
Bei manchen leichten Formen der Von-Willebrand-Krankheit kann Desmopressin gegeben werden. Dadurch wird der Anteil des Von-Willebrand-Faktors zumindest so weit erhöht, dass bei einer Operation oder Zahnbehandlung keine Transfusion erforderlich wird. Manchmal werden Medikamente zur Förderung der Blutgerinnung, wie z. B. Aminocapronsäure oder Tranexamsäure, allein oder mit Desmopressin angewendet.
Bei Frauen mit starken Monatsblutungen aufgrund der Von-Willebrand-Krankheit kann eine kurzfristige Behandlung mit intranasalem Desmopressin oder Tranexamsäure zum Einnehmen die Blutungen vermindern.