Koordinationsstörungen

VonAlex Rajput, MD, University of Saskatchewan;
Eric Noyes, MD, University of Saskatchewan
Überprüft/überarbeitet Feb. 2024
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Koordinationsstörungen resultieren häufig aus einer Fehlfunktion des Kleinhirns. Das ist der Gehirnbereich, der die willkürlichen Bewegungen koordiniert und das Gleichgewicht kontrolliert.

  • Das Kleinhirn funktioniert nicht richtig, wodurch es zu einem Koordinationsverlust kommt.

  • Oft können die Betroffenen nicht ihre Arme und Beine koordinieren und machen mit ihnen große, unsichere Schritte, wenn sie laufen.

  • Die Ärzte gründen die Diagnose auf Symptome, die Familienanamnese und der Aufnahmen des Gehirns mithilfe von Magnetresonanztomografie, sowie häufig auf Gentests.

  • Die Ursache wird, wenn möglich, behoben. Wenn dies nicht möglich ist, konzentriert sich die Behandlung auf die Symptomlinderung.

(Siehe auch Überblick über Bewegungsstörungen.)

Das Kleinhirn ist der Teil des Gehirns, der an der Koordinierung von Bewegungsabläufen beteiligt ist. Es steuert auch das Gleichgewicht und die Haltung. Alles, was das Kleinhirn schädigt, kann zu Koordinationsverlust (Ataxie) führen. Doch auch viele andere Erkrankungen können einen Koordinationsverlust verursachen.

Ursachen von Koordinationsstörungen

Die Hauptursache von Koordinationsstörungen ist:

  • Ein anhaltender, übermäßiger Alkoholkonsum, der das Kleinhirn dauerhaft schädigt

Schlaganfall und multiple Sklerose sind ebenfalls häufige Ursachen für Koordinationsstörungen.

Andere Erkrankungen, wie eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose), Vitamin-E-Mangel und Hirntumoren, verursachen weniger oft Koordinationsstörungen. Manche Erbkrankheiten, wie die Friedreich-Ataxie, führen zu einem Koordinationsverlust.

In seltenen Fällen ist bei Krebspatienten (unter anderem bei Brustkrebs, Ovarialkrebs und Lungenkrebs) das Immunsystem gestört und greift in einer sogenannten Autoimmunreaktion das Kleinhirn an. Diese Erkrankung, die als subakute zerebelläre Degeneration bezeichnet wird, führt zu Koordinationsproblemen.

Bei Kindern können Hirntumoren die Ursachen sein.

Bestimmte Medikamente (z. B. Antiepileptika) und andere Substanzen, insbesondere, wenn sie in hohen Dosen eingenommen werden, können Koordinationsstörungen verursachen. In solchen Fällen kann die Störung verschwinden, wenn das Medikament oder die Substanz abgesetzt wird.

Wussten Sie ...

  • Langanhaltender, übermäßiger Alkoholkonsum ist die häufigste Ursache für Koordinationsstörungen.

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Symptome von Koordinationsstörungen

Koordinationsstörungen führen dazu, dass die Betroffenen die Haltung ihrer Arme und Beine oder ihre Körperhaltung nicht steuern können. Daher machen sie beim Laufen breite Schritte und torkeln und machen mit ihren Armen ausladende Zickzackbewegungen, wenn sie nach einem Gegenstand greifen.

Koordinationsstörungen können wie folgt andere Auffälligkeiten verursachen:

  • Ataxie: Die Koordination geht verloren. Die Betroffenen können beim Gehen schwanken und machen breite Schritte. Sie müssen sich möglicherweise an Möbeln und Wänden festhalten, um sich fortbewegen zu können.

  • Dysmetrie: Die Betroffenen haben Schwierigkeiten, zielgerichtete Bewegungen auszuführen, wie z. B. nach etwas zu greifen. Zum Beispiel können Menschen mit Dysmetrie über den Gegenstand hinausreichen, den sie ergreifen möchten.

  • Dysarthrie: Die Aussprache ist undeutlich und Lautstärkeschwankungen können nicht beherrscht werden, weil die Sprechmuskulatur unkoordiniert ist. Die Bewegung der Muskeln um den Mund kann übertrieben sein.

  • Skandierende Sprache: Die Betroffenen sprechen monoton und zögern meist zu Beginn eines Wortes oder einer Silbe.

  • Nystagmus: Beim Betrachten eines Objekts kann es zu Nystagmus kommen. Beim Nystagmus bewegen sich die Augen wiederholt rasch in eine Richtung und gleiten dann etwas langsamer in ihre Ausgangsposition zurück.

  • Tremor: Eine Schädigung des Kleinhirns kann auch einen Tremor verursachen, wenn die Betroffenen eine zweckgerichtete Bewegung machen, z. B., um nach einem Objekt zu greifen (Intentionstremor), oder wenn die Betroffenen eine Gliedmaße auf eine bestimmte Weise halten (posturaler Tremor oder Haltetremor).

Der Muskeltonus kann absinken.

Friedreich-Ataxie

Die Friedreich-Ataxie ist eine erbliche Erkrankung. Das Gen für die Friedreich-Ataxie ist rezessiv. Damit eine Person daran erkrankt, muss sie also zwei Kopien des defekten Gens haben, eine von jedem Elternteil.

Die Friedreich-Ataxie ist progressiv. Bei dieser fortschreitenden Krankheit wird der Gang zwischen dem 5. und 15. Lebensjahr unsicher. Dann werden die Armbewegungen unkoordiniert und die Sprache wird undeutlich und schwer zu verstehen.

Viele Kinder mit der Störung werden mit einem Klumpfuß und/oder einer Wirbelsäulenkrümmung (Skoliose) geboren.

Menschen mit Friedreich-Ataxie können Vibrationen nicht spüren. Auch können sie nicht spüren, wo ihre Arme und Beine sind (verlieren ihren Positionssinn) und haben keine Reflexe mehr. Die geistige Funktion kann zurückgehen. Tremor, wenn vorliegend, ist leicht.

Häufig treten Herzprobleme auf, die sich immer weiter verstärken.

Bis Ende 20 sind Menschen mit Friedreich-Ataxie auf einen Rollstuhl angewiesen. Im mittleren Alter tritt gewöhnlich der Tod ein, oft aufgrund eines auffälligen Herzrhythmus oder Herzversagens.

Spinozerebelläre Ataxien

Das Gen für spinozerebelläre Ataxien (SCA) ist dominant. Daher wird die Erkrankung auch verursacht, wenn man nur eine Kopie des auffälligen Gens von einem Elternteil geerbt hat. Es gibt viele verschiedene Formen dieser Ataxien. Die weltweit häufigste ist womöglich SCA-Typ 3 (früher Machado-Joseph-Krankheit). Diese Erkrankungen sind progressiv, degenerativ und verlaufen oftmals tödlich. Derzeit ist keine wirksame Behandlung bekannt.

Die Symptome der SCA variieren je nach Typ, meist liegen aber Probleme mit der Sinneswahrnehmung vor (beispielsweise können die Patienten kaum oder keine Schmerzen empfinden oder Berührungen oder Vibrationen wahrnehmen). Es können Muskelschwäche und das Restless-Legs-Syndrom vorhanden sein sowie ein Koordinationsdefizit. Die Betroffenen haben Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht, beim Sprechen und bei der Steuerung der Augenbewegungen. Einige Typen führen in der Regel nur zu Koordinationsstörungen.

SCA sind eine häufige Ursache für Intentionstremor (ausgelöst durch eine zweckgerichtete Bewegung). Es können Symptome wie bei der Parkinson-Krankheit (Parkinsonismus) auftreten, z. B. Tremor und Muskelversteifung.

Einige Menschen mit SCA-Typ 3 haben zusätzlich zu den Koordinationsstörungen und zum Tremor noch andere Symptome. Ihre Augenbewegungen können beeinträchtigt sein, die Gesichtsmuskeln und die Zunge unkontrolliert zucken und die Augen hervortreten. Manche Patienten haben langanhaltende (dauerhafte), schmerzhafte, unkontrollierte Muskelkontraktionen (Dystonie).

Diagnose von Koordinationsstörungen

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Normalerweise Magnetresonanztomografie

  • Manchmal genetische Tests

Die Diagnose von Koordinationsstörungen basiert auf den Symptomen. Ärzte fragen auch nach Verwandten, die ähnliche Symptome hatten oder an Erkrankungen leiden, die die Symptome verursachen könnten (Familienanamnese). Ärzte führen zudem eine körperliche Untersuchung, einschließlich einer neurologischen Untersuchung durch, um nach Störungen zu suchen, die bei der betroffenen Person die Symptome verursachen könnten.

Zudem wird eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns durchgeführt.

Immer häufiger werden genetische Untersuchungen durchgeführt, wenn die Betroffenen Koordinationsstörungen in der Familienanamnese aufweisen.

Behandlung von Koordinationsstörungen

  • Behandlung der Ursache, falls möglich

  • Physio- und Ergotherapie

Wenn möglich, wird die Ursache behoben oder behandelt. Wenn die Koordinationsstörung z. B. aufgrund von Alkoholkonsum auftritt, muss dieser beendet werden. Wenn die Störung durch eine hohe Dosis eines Medikaments (z. B. Phenytoin) verursacht wird, wird die Dosis verringert. Manche zugrundeliegenden Störungen, wie Hypothyreose und Vitamin-E-Mangel, können behandelt werden. Eine Operation kann manchen Menschen mit Hirntumoren helfen.

Es gibt keine Heilung für erbliche Koordinationsstörungen. In solchen Fällen konzentriert sich die Behandlung auf die Symptomlinderung. Riluzol kann die Koordination kurzfristig verbessern.

Physiotherapeuten können den Patienten bestimmte Übungen beibringen, mit denen sich Gleichgewicht, Haltung und Koordination unter Umständen verbessern lassen. Diese Übungen können den Betroffenen zu einem normaleren Gangbild und einer unabhängigeren Funktion verhelfen. Ergotherapeuten können gelegentlich Vorrichtungen empfehlen, die beim Gehen, Essen und anderen Alltagsaktivitäten helfen können. Auch eine Sprachtherapie kann hilfreich sein.