Bartter-Syndrom und Gitelman-Syndrom

(Bartter-Syndrom; Gitelman-Syndrom)

VonChristopher J. LaRosa, MD, Perelman School of Medicine at The University of Pennsylvania
Überprüft/überarbeitet Dez. 2022
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Das Bartter-Syndrom und das Gitelman-Syndrom sind autosomal rezessiv vererbte Nierenerkrankungen, die sich durch einen hyperreninämischen Hyperaldosteronismus mit einer Flüssigkeits-, Urin- und Elektrolytanomalie gekennzeichnet, begleitet von einem renalen Kalium-, Natrium- und Chloridverlust, einer Hypokaliämie, Hyperreninämie und Hyperaldosteronismus ohne Hypertonie sowie metabolischer Alkalose. Befunde können Störungen in den Elektrolyten, im Wachstum und manchmal im neuromuskulären Bereich sein. Die Diagnose stützt sich auf Urinelektrolytmessungen und Hormontests, ist aber typischerweise eine Ausschlussdiagnose. Die Behandlung besteht aus nichtsteroidalen entzündungshemmenden Medikamenten (bei Bartter-Syndrom) und Elektrolytersatz.

Pathophysiologie

Das Bartter-Syndrom und das häufigere Gitelman-Syndrom entstehen durch

  • Gestörte Rückresorption von Natriumchlorid

Beim Bartter-Syndrom ist der Defekt im aufsteigenden Teil der Henle-Schleife lokalisiert. Beim Gitelman-Syndrom liegt der Defekt im distalen Tubulus.

Bei beiden Syndromen verursacht die Beeinträchtigung der Natriumchlorid-Resorption einen leichten Volumenabbau, der zu einem Anstieg der Renin- und Aldosteron-Freisetzung führt, was in Verlust von Kalium und Wasserstoff resultiert. Beim Bartter-Syndrom liegt eine erhöhte Prostaglandin-Sekretion sowie ein Urin-Konzentrationsdefekt aufgrund eingeschränkter Generation des Markkonzentrationsgradienten vor. Beim Gitelman-Syndrom sind Hypomagnesiämie und eine niedrige Kalzium-Ausscheidung im Urin häufig. Darüber hinaus trägt bei beiden Syndromen der Natriumverlust zu einer chronisch leichten Plasmavolumenkontraktion bei, die trotz hoher Renin- und Angiotensinspiegel durch einen normalen bis niedrigen Blutdruck gekennzeichnet ist.

Die klinischen Merkmale variieren von Fall zu Fall ( siehe Tabelle: Einige Unterschiede zwischen dem Bartter-Syndrom und dem Gitelman-Syndrom).

Tabelle
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Ätiologie

Beide Syndrome sind in der Regel autosomal-rezessiv, obwohl sporadische Fälle und andere Arten familiärer Muster auftreten. Bemerkenswert ist, dass es eine X-chromosomale Mutation im MAGED2-Gen gibt, die ein schweres vorgeburtliches Bartter-Syndrom verursachen kann, das vorübergehend ist und sich bis zum Alter von 1–2 Jahren zurückbildet.

Es gibt mehrere Genotypen beider Syndrome (siehe Tabelle Subtypen des Bartter-Syndroms). Unterschiedliche Genotypen können unterschiedliche Manifestationen haben (1).

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Hinweis zur Ätiologie

  1. 1. Fulchiero R, Seo-Mayer P: Bartter syndrome and Gitelman syndrome. Pediatr Clin North Am 66(1):121–134, 2019. doi: 10.1016/j.pcl.2018.08.010

Symptome und Beschwerden

Das Bartter-Syndrom zeigt sich eher pränatal oder während der Säuglingszeit oder frühen Kindheit. Das Gitelman-Syndrom zeigt sich eher während der späten Kindheit oder im Erwachsenenalter.

Einige Patienten, insbesondere solche mit Gitelman-Syndrom, sind asymptomatisch und werden zufällig nach Bluttests diagnostiziert.

Das Bartter-Syndrom kann sich schon pränatal mit einer intrauterinen Wachstumsverzögerung und einem Polyhydramnion manifestieren. Unterschiedliche Formen des Bartter-Syndroms können spezifische Manifestationen haben, einschließlich Hörverlust, Hypokalzämie und Nephrocalcinose, in Abhängigkeit der zugrunde liegenden genetischen Defekt. Häufiger als diejenigen mit Gitelman-Syndrom können Kinder mit Bartter-Syndrom Frühgeborene sein und nach der Geburt ein schlechtes Größenwachstum sowie eine schlechte Entwicklung haben, und einige Kinder haben eine geistige Behinderung.

Die Unfähigkeit, Kalium, Kalzium oder Magnesium zu speichern, kann zu Muskelschwäche, Krämpfen, Spasmen, Tetanie oder Müdigkeit führen. Dies zeigt sich besonders beim Gitelman-Syndrom. Polydipsie, Polyurie, Verlangen nach Salz und Erbrechen können bei beiden Syndromen auftreten.

Die meisten Patienten mit Bartter-Syndrom oder Gitelman-Syndrom haben einen niedrigen oder niedrig-normalen Blutdruck und können Anzeichen eines Volumenmangels aufweisen.

Im Allgemeinen führen weder das Bartther-Syndrom noch das Gitelman-Syndrom zu einer chronischen Niereninsuffizienz.

Diagnose

  • Serum und Urin-Elektrolytspiegel

  • Ausschluss ähnlicher Erkrankungen

  • Gentests

Das Bartter-Syndrom und das Gitelman-Syndrom sollte bei Kindern mit charakteristischen Symptomen oder zufällig bemerkten auffälligen Laborergebnissen, wie z. B. metabolische Alkalose und Hypokaliämie, vermutet werden. Die Messung der Urin-Elektrolyte zeigt hohe Natrium-, Kalium- und Chloridspiegel, die nicht zum normovolämischen oder hypovolämischen Status des Patienten passen.

Die Diagnose wird durch den Ausschluss anderer Störungen gestellt.

  • Primärer und sekundärer Aldosteronismus kann oft durch einen vorliegenden Bluthochdruck und einen normalem oder niedrigen Plasmaspiegel im Renin erkannt werden (siehe Tabelle Unterscheidung zwischen primärem und sekundärem Aldosteronismus).

  • Heimliches Erbrechen oder Missbrauch von Diuretika kann oft durch niedrige Chlorid-Konzentrationen im Urin (in der Regel < 20 mmol/l) bestätigt werden.

  • Heimlicher Diuretika-Missbrauch kann oft durch niedrige Chlorid-Konzentrationen im Urin und durch einen Urintest auf Diuretika entdeckt werden.

Eine 24-Stunden-Messung des Harn-Kalziums oder des Kalzium/Kreatinin-Verhältnisses im Urin kann dabei helfen, die beiden Syndrome voneinander zu unterscheiden; die Spiegel sind beim Bartter-Syndrom in der Regel normal bis erhöht und beim Gitelman-Syndrom niedrig.

Die endgültige Diagnose, einschließlich der Identifizierung von Krankheits-Subtypen, erfolgt durch Gentests, die jetzt in zunehmendem Maße zur Verfügung stehen.

Kinder von Überträgern haben eine 25-prozentige Chance, von einer rezessiven Form betroffen zu sein, daher sollten asymptomatische Geschwister auf Elektrolytstörungen, vor allem Hypokaliämie und metabolische Alkalose, sowie Hypomagnesiämie untersucht werden. Eltern eines betroffenen Kindes können in Erwägung ziehen, einen genetischen Berater zu konsultieren, um ein pränatales und präimplantationsgenetisches Screening für nachfolgende Schwangerschaften durchzuführen.

Behandlung

  • Bei Bartter-Syndrom: nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)

  • Natrium-, Kalium- und Magnesium-Ergänzung

Da die renale Prostaglandin-E2-Sekretion zur Pathogenese beim Bartter-Syndrom beiträgt, sollten NSAR (z. B. orales Indomethacin 0,33–1,33 mg/kg 3-mal täglich oder 0,25–1 mg/kg 4-mal täglich, Ibuprofen 5–10 mg/kg 3-mal täglich) eingesetzt werden (1, 2). Selektive Cyclooxygenase (COX)-2-Inhibitoren (z. B. Celecoxib) können ebenfalls bei Patienten mit Bartter-Syndrom eingesetzt werden. Wenn COX-2-Inhibitoren eingesetzt werden, sollten die Patienten Medikamente zur Unterdrückung der Magensäure erhalten (1, 2).

Die Elektrolytergänzung ist die Hauptstütze der Behandlung. Die Therapie umfasst in der Regel Natriumchlorid, in der Regel 5–10 mEq/kg/Tag. Zusätzlich sollte eine Kaliumchlorid-Supplementierung erfolgen, anfangs etwa 1–3 mEq/kg/Tag. Patienten mit Magnesiummangel sollten Magnesiumsalze erhalten, aber diese Therapie kann durch die Entwicklung von Durchfall eingeschränkt werden. Einige Magnesiumsalze wie Aspartat, Citrat oder Lactat haben eine bessere Bioverfügbarkeit. Eine hohe Belastung mit gelösten Stoffen, wie sie sich aus einer Natriumergänzung ergibt, sollte bei Patienten mit einer Störung der Harnkonzentration, sekundärem nephrogenem Diabetes insipidus oder beidem vermieden werden, da sie die Polyurie und Polydipsie, die sich aus dem obligaten Wasserverlust ergeben, verschlimmert und eine signifikante Hypernatriämie auslösen könnte. Im Allgemeinen sollte bei der Elektrolytsupplementierung versucht werden, einen angemessenen Serumspiegel mit minimalen Schwankungen aufrechtzuerhalten, weshalb die Dosierung so lange gestreut werden sollte, wie dies das Risiko der Nichteinhaltung nicht signifikant erhöht.

Obwohl kaliumsparende Diuretika, Angiotensin-Converting-Enzym-Inhibitoren und Angiotensin-Rezeptor-Blocker bei einigen Patienten eingesetzt wurden, besteht derzeit Konsens, dass diese Therapien weitgehend nicht bewiesen sind (1, 2).

Thiaziddiuretika zur Behandlung der Hyperkalziurie werden im Allgemeinen nicht empfohlen, da dies die Natriumergänzung erschweren kann, was das Risiko einer Nephrolithiasis und Nephrokalzinose verschlimmern kann.

Die Optimierung der Ernährung ist wichtig, insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder.

Exogenes Wachstumshormon kann in Erwägung gezogen werden, um Kleinwuchs zu behandeln.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Konrad M, Nijenhuis T, Ariceta G, et al: Diagnosis and management of Bartter syndrome: Executive summary of the consensus and recommendations from the European Rare Kidney Disease Reference Network Working Group for Tubular Disorders. Kidney Int 99(2):324–335, 2021. doi: 10.1016/j.kint.2020.10.035

  2. 2. Konrad M, Nijenhuis T, Ariceta G, et al: Diagnosis and management of Bartter syndrome: Consensus and recommendations from the ERKNetWorking Group for Tubular Disorders. 2020. Aufgerufen am 21.11.22.

Wichtige Punkte

  • Beide Bartter und Gitelman Syndrome haben eine eingeschränkte Natriumchlorid-Resorption, die einen leichten Volumenabbau verursacht, was zu einer Erhöhung der Renin- und Aldosteron-Freisetzung führt, die im Verlust von Kalium und Wasserstoff resultiert.

  • Die Manifestationen variieren je nach Genotyp, aber das Größenwachstum und die Entwicklung können beeinträchtigt sein und Elektrolytstörungen können zu Muskelschwäche, Krämpfen, Spasmen, Tetanie oder Müdigkeit führen.

  • Die Diagnose umfasst die Messung der Serum- und Harn-Elektrolyte; zur Bestätigung und Identifizierung der Bartter-Subtypen werden zunehmend Gentests angeboten.

  • Die Behandlung umfasst einen Elektrolytersatz; beim Bartter-Syndrom werden auch NSAR verabreicht.