Bipolare Störung bei Kindern und Jugendlichen

VonJosephine Elia, MD, Sidney Kimmel Medical College of Thomas Jefferson University
Überprüft/überarbeitet Mai 2023
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Bipolare Störungen sind durch sich abwechselnde Perioden von manischen, depressiven und normalen Gemütszuständen charakterisiert. Jede Phase kann Wochen oder Monate dauern. Die Diagnose wird nach klinischen Kriterien gestellt. Die Behandlung ist eine Kombination von Stimmungsstabilisatoren (z. B. Lithium, bestimmte Antiepileptika, Psychopharmaka), Psychotherapie und Antidepressiva.

Bipolare Störungen beginnen typischerweise in den Jahren zwischen Pubertät und Mitte 20. Bei vielen Kindern ist die Erstmanifestation eine oder mehrere depressive Episoden. (Siehe auch Bipolare Störungen bei Erwachsenen.)

Bipolare Störung ist bei Kindern selten. In der Vergangenheit ist die bipolare Störung bei präpubertären Kindern diagnostiziert worden, die durch intensive instabile Stimmungen eingeschränkt wurden. Weil solche Kinder jedoch in der Regel zu einer depressiven anstatt einer bipolaren Störung fortschreiten, werden sie nun als disruptive Stimmungsdysregulationsstörung klassifiziert.

Ätiologie

Die Vererbung spielt eine Rolle, und mehrere genetische Varianten wurden mit der bipolaren Störung in Verbindung gebracht (1), obwohl es derzeit keine nützlichen Marker für die Diagnose der bipolaren Störung gibt. In Studien zur neurologischen Bildgebung bei Jugendlichen wurden jedoch kleinere Volumina in der Amygdala (2–4) und im präfrontalen Kortex (5) sowie das Fehlen der normalen Volumenzunahme der Amygdala (6) und der anterioren weißen Substanz (5) festgestellt, die bei normalen Kontrollpersonen während der Adoleszenz auftreten.

Bestimmte Substanzen (z. B Kokain, Amphetamine, Phencyclidine, bestimmte Antidepressiva) und Umweltgifte (z. B. Blei) können die Störung verschlimmern oder imitieren. Bestimmte Erkrankungen (z. B. Erkrankungen der Schilddrüse) können ähnliche Symptome verursachen. Es gibt auch einige Fallberichte über Manie im Zusammenhang mit asymptomatischen (7) und symptomatischen (8) COVID-19-Infektionen bei Jugendlichen.

Allgemeine Literatur

  1. 1. Craddock N, Sklar P: Genetics of bipolar disorder. Lancet 381(9878):1654-1662, 2013. doi: 10.1016/S0140-6736(13)60855-7

  2. 2. Phillips ML, Swartz HA: A critical appraisal of neuroimaging studies of bipolar disorder: Toward a new conceptualization of underlying neural circuitry and a road map for future research. Am J Psychiatry 171(8):829-843, 2014. doi: 10.1176/appi.ajp.2014.13081008

  3. 3. Hafeman D, Bebko G, Bertocci MA, et al: Amygdala-prefrontal cortical functional connectivity during implicit emotion processing differentiates youth with bipolar spectrum from youth with externalizing disorders. J Affect Disord 208:94-100, 2017. doi: 10.1016/j.jad.2016.09.064

  4. 4. Mwangi B, Spiker D, Zunta-Soares JC, et al: Prediction of pediatric bipolar disorder using neuroanatomical signatures of the amygdala. Bipolar Disord16(7):713-721, 2104.

  5. 5. Najt P, Wang F, Spencer L, et al: Anterior cortical development during adolescence in bipolar disorder. Biol Psychiatry 79(4):303-310, 2016.

  6. 6. Bitter SM, Mills NP, Adler CM, et al: Progression of amygdala volumetric abnormalities in adolescents following their first manic episode. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 50(10):1017-1026, 2011.

  7. 7. Meeder R, Adhikari S, Sierra-Cintron, et al: New-onset mania and psychosis in adolescents in the context of COVID-19 infection. Cureus14(4):e24322, 2022. doi: 10.7759/cureus.24322

  8. 8. Uzun O, Akpolat T, Varol A, et al: Could COVID-19 be a trigger for manic attack in an adolescent?Neurol Sci. 42(9):3521-3522, 2021. doi: 10.1007/s10072-021-05390-0

Symptome und Beschwerden

Die bipolare Störung ist durch wiederkehrende Episoden erhöhter Stimmung (Manie oder Hypomanie) gekennzeichnet. Manische Episoden wechseln sich mit depressiven Episoden ab, die häufiger auftreten können. Während einer manischen Episode bei Jugendlichen kann die Stimmung sehr positiv oder hyperreizbar sein; die beiden Stimmungen wechseln sich je nach sozialen Umständen häufig ab. Das Sprechen ist schnell und gepresst, der Schlaf vermindert und die Selbsteinschätzung überhöht. Die Manie kann psychotische Ausmaße erreichen (z. B. "Ich bin Eins mit Gott"). Das Urteilsvermögen kann stark beeinträchtigt sein, und Jugendliche können riskante Verhaltensweisen (z. B. Promiskuität, rücksichtsloses Fahren) zeigen.

Vorpubertäre Kinder können dramatische Stimmungsschwankungen erleben, aber die Dauer dieser Stimmungen ist sehr viel kürzer als bei Erwachsenen. Oft halten sie nur einige Minuten an.

Der Beginn ist typischerweise heimtückisch, und der Bericht lautet immer, das Kind sei schon immer temperamentvoll und schwer zu handhaben gewesen.

Diagnose

  • Psychiatrische Beurteilung

  • Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fünfte Auflage, (DSM-5-TR) Kriterien

  • Untersuchung auf toxikologische Ursachen

Die Diagnose der bipolaren Störung beruht auf der Identifizierung von manischen Symptomen, wie oben beschrieben, sowie einer Anamnese mit Remissionen und Rezidiven.

Eine Reihe von Erkrankungen (z. B. Erkrankungen der Schilddrüse, Infektionen des Gehirns oder Tumoren) und Drogenabhängigkeit müssen durch geeignete medizinische Verfahren ausgeschlossen werden. Dazu gehören auch toxikologische Untersuchungen auf Drogen und Umweltgifte. Der Arzt sollte auch nach auslösenden Ereignissen wie psychologischer Stress (darunter auch sexueller Missbrauch und Inzest) suchen.

Therapie

  • Manie: Antipsychotika der 2. Generation, manchmal Stimmungsstabilisatoren

  • Depression: Antipsychotika der 2. Generation plus ein SSRI, manchmal Lithium

Bei Manie sind Antipsychotika der 2. Generation die erste Wahl bei der Behandlung (1–3). Zu den Wirkstoffen gehören Aripiprazol, Lurasidon, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon. Lithium oder andere Stimmungsstabilisatoren (Divalproex, Lamotrigin, Carbamazepin) können bei Patienten eingesetzt werden, bei denen 2 oder 3 Versuche mit Antipsychotika fehlgeschlagen sind (4).

Bei Depressionen sind Antipsychotika der 2. Generation in Kombination mit einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) die erste Wahl bei der Behandlung. Lithium ist eine Alternative und kann auch mit einem SSRI kombiniert werden. Im Vergleich zu anderen Stimmungsstabilisatoren und Antipsychotika führt Lithium zu einer geringeren Suizidalität, weniger Depressionen und besseren psychosozialen Funktionen. Diese Befunde ähneln denen, die bei Erwachsenen gefunden wurden (5). Antidepressiva sollten nicht allein, sondern in Kombination mit Antipsychotika oder Lithium eingesetzt werden. Antidepressiva erhöhen nicht das Risiko einer behandlungsbedingten Manie (wie früher angenommen wurde), können aber Kinder und Jugendliche mit einer bipolaren Störung destabilisieren (6–8). Psychotherapie ist ebenfalls wichtig.

Tipps und Risiken

  • Antipsychotika der 2. Generation (z. B. Risperidon) sind die erste Wahl bei der Behandlung der bipolaren Störung bei Kindern.

  • Lithium kann Suizidgedanken vermindern.

Tabelle
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Literatur zur Behandlung

  1. 1. Kendall T, Morriss R, Mayo-Wilson E, et al: Assessment and management of bipolar disorder: Summary of updated NICE guidance. BMJ 349:g5673, 2014. doi: https://doi.org/10.1136/bmj.g5673

  2. 2. Yatham LN, Kennedy SH, Parikh SV, et al: Canadian Network for mood and anxiety treatments (CANMAT) and International Society for Bipolar Disorders (ISBD) collaborative update of CANMAT guidelines for the management of patients with bipolar disorder: Update 2013. Bipolar Disord 15(1):1-44, 2013. doi: 10.1111/bdi.12025

  3. 3. Walkup JT, Wagner KD, Miller L: Treatment of early-age mania: Outcomes for partial and nonresponders to initial treatment. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 54(12):10081019, 2015.

  4. 4. Kowatch RA, Suppes T, Carmody TJ, et al: Effect size of lithium, divalproex sodium, and carbamazepine in children and adolescents with bipolar disorder. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry39(6):713-720, 2000. doi: 10.1097/00004583-200006000-00009

  5. 5. Hafeman DM, Rooks B, Merranko J, et al: Lithium versus other mood-stabilizing medications in a longitudinal study of youth diagnosed with bipolar disorder. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 59(10):1146-1155, 2020. doi: 10.1016/j.jaac.2019.06.013

  6. 6. Biederman J, Mick E, Spencer TJ, et al: Therapeutic dilemmas in the pharmacotherapy of bipolar depression in the young. J Child Adolesc Psychopharmacol 10(3):185-192, 2000. doi: 10.1089/10445460050167296

  7. 7. Scheffer RE, Tripathi A, Kirkpatrick FG, et al: Guidelines for treatment-resistant mania in children with bipolar disorder. J Psychiatr Pract 17(3):186-193, 2011. doi: 10.1097/01.pra.0000398411.59491.8c

  8. 8. Baumer FM, Howe M, Gallelli K, et al: A pilot study of antidepressant-induced mania in pediatric bipolar disorder: Characteristics, risk factors, and the serotonin transporter gene. Biol Psychiatry60(9):1005-1012, 2006. doi: 10.1016/j.biopsych.2006.06.010

Prognose

Die Prognose für Jugendliche mit bipolarer Störung variiert, verschlechtert sich aber mit jedem Rezidiv. Zu den Faktoren, die das Risiko eines Rückfalls erhöhen, gehören das frühe Alter des Ausbruchs, die Schwere der Erkrankung, die Psychopathologie in der Familie und die fehlende und/oder schlechte Compliance bei der Behandlung (1). Patienten mit leichten oder mittelschweren Symptomen, die gut auf die Behandlung ansprechen und kooperativ sind, haben eine hervorragende Prognose. Allzu oft ist das Ansprechen auf die Behandlung aber unzureichend und der Jugendliche hinsichtlich der Medikamenteneinnahme notorisch unzuverlässig. Für diese Jugendlichen ist die langfristige Prognose nicht so gut.

Im Augenblick weiß man noch nichts über die Langzeitprognose bei jungen Kindern mit einer bipolaren Störung und hochinstabilen, wechselnden und heftigen Gemütsschwankungen.

Hinweis zur Prognose

  1. 1. Birmaher B, Merranko JA, Gill MK: Predicting personalized risk of mood recurrences in youths and young adults with bipolar spectrum disorder. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 59(10):1156-1164, 2020. doi:https://doi.org/10.1016/j.jaac.2019.12.005

Wichtige Punkte

  • Bipolare Störungen sind durch sich abwechselnde Perioden von manischen, depressiven und normalen Gemütszuständen charakterisiert. Jede Phase kann Wochen oder Monate dauern.

  • Bipolare Störungen beginnen typischerweise in den Jahren zwischen Pubertät und Mitte 20. Sie ist selten bei Kindern.

  • Typischerweise ist der Beginn heimtückisch; Kinder haben eine Vorgeschichte, in der sie sehr temperamentvoll und schwer zu handhaben sind.

  • Bei Jugendlichen und präpubertären Kindern sollten manische oder unruhige Episoden zunächst mit Antipsychotika behandelt werden, da diese Medikamente schnell wirken, gefolgt von Stimmungsstabilisatoren zur Verhinderung von Rückfällen und SSRI und Psychotherapie zur Behandlung depressiver Episoden.